Meconopsis

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Wieder weg von zuhause

Die Symphonie kann beginnen

Wieder weg von zuhause.

Doch möchte ich zuerst zurück zu meinem Vater.Mit seiner Versetzung waren verschiedene Begleitumstände verbunden. Eine Verbesserung im Grad denke ich mich zu erinnern war jedoch damit verbunden. Das bedeutet aber wiederum, dass er nach diesem Interim im Ösling als Succursalist in Differdingen eingestellt wurde und die ganze Familie zusätzlich dorthin umziehen musste. Im Ösling konnte man Vater persönlich seine Schichten legen, wie es ihm genehm war, was es ihm alsdann auch erlaubte periodisch mit dem Zug nach Hause zu kommen.
Mein Vater „lag“ also damals in Lieler. Dazu ist die Erläuterung nützlich, dass man immer wieder davon sprach, der Kollege soundso liegt an diesem oder jenem Grenzabschnitt. Die Zöllner lagen also da, wo sie arbeiteten und das war auch meistens wortwörtlich zu nehmen, denn um sich an einem Grenzabschnitt als Zollaufseher zu betätigen, wäre es absolut unsinnig gewesen dies ständig im Stehen zu tun, da man ihn sofort entdeckt hätte. Die Zöllner lagen also sehr oft bei ihrer Arbeit und ich kann eigentlich sehr gut nachvollziehen, wie so eine Schicht abgelaufen ist, denn kaum hatte mein Vater ein gutes Kosthaus gefunden, dann waren wir Buben auch in dem Haus willkommen. Besonders in den Schulferien konnten wir zu ihm und er nahm uns mit in den Dienst. Wir beiden Brüder waren aber nie gemeinsam mit ihm zusammen, sodass jeder ganz persönlich nachholen konnte, was ihm während diesen Kriegsjahren verwehrt blieb, nämlich die Nähe des liebenswürdigen Vaters. Seine Kenntnisse, seine Beobachtungen, seinen Zeitvertreib waren es Wert mit zu erleben. Ich ging sogar mit ihm auf Schicht und manchmal auch auf Nachtschicht. Dann nahmen wir Molly den Mischling aus Wolfshund xStraßenkötermit auf die Tour, die immerhin 8 Stunden dauerte und 10-15 Km ausmachte. Molly war ein sehr folgsamer Hund, der nie Laut gab, wenn ein Fremder sich in gebührender Distanz aufhielt. Er war aber auch so wachsam, dass er auch niemand näher als einige Meter an ihn heranließ. Wenn im Dorf die Jäger zur Sauhatz bliesen, musste Molly als unerschrockener Sauhund mit von der Partie sein. Er rannte mit so einer Todesverachtung auf die Sau oder den Keiler los, dass sofort die Fetzen von dessen Fell flogen. Besonders die Ohren der Schweine hatten es ihm angetan. Auch wenn er im hohen Bogen durch die Luft geschleudert wurde, wuchs er noch weiter über sich hinaus, doch manchmal mussten seine Wunden gepflegt werden. Wie unerschrocken er sich auf jedes Wild stürzte, zeigte er auch nachts, wenn ein Igel in der Hecke raschelte. Dann dauerte es nicht lange und er apportierte das stachelige Tier im Maul, an dem man am helllichten Tag die Blutspuren erkennen konnte. Niemals hat er einen Igel tot gebissen. Wenn man ihm den Befehl gab, dann ließ er auch sofort los, stand still und konnte seinen sich stauenden Jagdtrieb meisterhaft beherrschen.
Bei den gemeinsamen Wanderungen entlang der Our vertiefte sich ganz natürlich meine Liebe zur Natur. Es ist aber auch die freundschaftliche Aufnahme, die meinem Vater in der FamilieXzuteilwurde. Aber man sollte ständig auf der Hut sein, weil unwahrscheinlich schnell Missbrauch einer Freundschaft zustande kommt. Das junge Mädchen im Haus hatte ein Auge auf mich geworfen, doch ich hatte sie vom ersten Tag an als eine sehr gute Freundin eingestuft. Von tiefer Zuneigung konnte ich damals nichts entdecken.
Im Haus wohnte ebenfalls ein kräftiger Junge, dem mein Vater eines Tages sagte: „Ich muss dich leider warnen, denn es ist bekannt geworden, dass du dabei bist, wenn Kaffee geschmuggelt wird. Ich kann es nicht verhindern, dass man dich eines Tages schnappt.“
Mein Vater hatte beobachtet, dass andere Personen in ihrem Büro verkehrten und sichklug machten wann und wo die Zöllner Dienst hatten. Als der Tag gekommen war, an dem der Zoll zuschlagen sollte, vermerkte mein Vater im Dienstbuch ganz andere, das heißt vorgetäuschte Schichten als jene, die wirklich vorgesehen waren. Prompt fielen die Späher auf diese Finte herein und in jener Nacht erwischte man einige Burschen der Dorfjugend, die am illegalen Schmuggel beteiligt waren. Da mein Vater genau wusste, dass er alle Unannehmlichkeiten mit der Familie R. vermeiden musste, war er zur perfekten aber auch strategischen Täuschung zuhause geblieben. Die angeforderte Verstärkung nahm auch den Sohn des Kosthauses fest.
Da Lieler und die ganze Umgegend mir sehr gut bekannt war, durch die Wanderungen mit meinem Vater,lag es ganz nahe, dass dies ein unvergessliches Erlebnis blieb und gut war für wiederholte Campingsaufenthalte mit den Pfadfindern aus Oberkorn.

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