Meconopsis

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Der Bob

Die Symphonie kann beginnen

Der Bob.


Nahe der französischen Grenze befand sich die Garage Jaley. Einer der Jungen hatte in der Garagenwerkstatt einen Bobschlitten gebaut, auf dem mindestens 5 Personen Platz finden konnten.

Neben dem Fussballfeld der Chiers befand sich eine abschüssige Zufahrtsstrasse die etwa 100 Meter lang war und unten auf eine grosse Freifläche stiess, die als Parking benutzt werden konnte. Anschliessend an dieses Parking, befand sich die ehemalige Dorfschutthalde, die immerhin 20 Meter hoch aufgefüllt war und zur Nordseite ziemlich steil in den Wiesengrund abfiel.

Diese Strassenpartie war normalerweise frei von Verkehr. Sobald sich eine längere Frostperiode ankündigte, begannen die Anrainer auf diesem Teil eine circa 1 Meter breite Eispiste anzulegen. Wie sie das anstellten, ist mir heute noch nicht ganz klar. Mir genügte es auf dieser äusserst schnellen Eispiste, allein oder mit andern herunterzurasen, aber immer auf dem Schlitten anderer, denn ich besass keinen. Meistens lag ich dann mit dem Bauch auf dem Schlitten und der Schlittenbesitzer brauchte sich nur auf mich zu setzen. Das Lenken besorgte ich dann mit den Füssen.

Wenn der Feierabend gekommen war, dann wimmelte es hier von Schlittenfahrern und meistens säumten Zuschauer die Strecke. Da wo normalerweise die Eispiste begann, war auch die Strasse mit wenig Durchgangsverkehr. Auf der anderen Seite der Strasse, also quasi in Verlängerung der Eispiste stieg noch ein Weg steil an, der oben auf die Anhöhe führte. Nur wenn die Zuschauer auf beiden Seiten der Piste standen, konnte man es wagen die Gleitstrecke, um wenigstens 100 Meter zu verlängern. Das Problem war die Verkehrsstrasse. Waren Zuschauer vorhanden, dann konnte man sicher diese herrliche Verlängerung nutzen, denn diese stoppten den Verkehr, wenn Schlitten auf der Piste waren.

Im Laufe des Abends oder am Wochenende tauchte dann Kollege Jaley auf mit seinem Bobschlitten. Er hatte inzwischen mit kurzen Kufen vor dem eigentlichen Bob diesen so ausgestattet, dass er sich lenken liess, nahezu wie ein Fahrrad. Mit einer Autobatterie, aus der eigenen Werkstatt, war es ihm auch möglich geworden, vorne an dem Ungetüm eine Autolampe anzubringen. Alle Jungens, die den Spass haben wollten, um mitzufahren, mussten natürlich kräftig zupacken und schieben, um dieses Ungetüm immer wieder den Berg hinauf in Startposition zu bringen.

Es waren nicht nur Sitzplätze vorhanden. Man konnte auch seitlich auf den runden Kufen stehen und es gab da viele Möglichkeiten, sodass nahezu8 oder sogar 10 Personen aufsitzen konnten.

Natürlich trieb mich die Bereitschaft, ebenfalls mitfahren zu wollen. Ich kann mich zwar nicht mehr erinnern, welche Taktik ich angewandt hatte, um als Trittbrettfahrer dabei sein zu können. An dem bemerkenswerten Abend aber war der Bob gerade mit neuen Gadgets versehen worden. Ich sollte alsdann dem beladenen Bob beim Start den letzten Ruck verpassen, um sofort breitspurig hinten auf die runden, weit herausragenden Kufen aufzusteigen. Ich stützte mich dabei auf meinen Vordermann.

Es war wirklich ein einmaliges Erlebnis, welche Schnelligkeit dieser schon sehr schwere Schlitten, dazu noch voll beladen mit Rodelfans, auf der eisglatten Strecke entwickelte. An manchen Stellen, wo die Eisfläche nicht mehr ganz kompakt war, flogen die Funken, wenn der Schlitten in höllischer Fahrt hinunter und über hervorstehende Schottersteine donnerte. Bereits auf der freien Fläche angekommen merkte ich, dass die vorderen freien Lenkkufen dem Schlitten nicht die erwünschte Richtung gaben. Der bereits an sich schwerer gewordene Bob war, durch das nachdrückende Gewicht der Mitfahrer unlenkbar geworden und so raste er gerade aus, auf die Schutthalde zu und im letzten Augenblick, als bereits der vordere Teil des Bobs sich den Abhang hinunter senkte, gab es für mich nur ein Entweichen. Ich sprang seitlich ab, stob auf dem Hintern durch die aufgetürmten Schneewicken und landete mit wild klopfendem Herzen, aber unverletzt am Rande der Schutthalde.

Was alles mit dem Bob und den Rodlern geschehen war, konnte ich im Dunkeln nur erahnen. Jedenfalls erinnere ich mich noch gut an die Schreie der Verletzten. Der Bob war komplett zerschellt, das haben wir am nächsten Tag sehen können,und man kann sich gut vorstellen, dass der Aufprall der Aufsitzenden, mit dem zertrümmerten Eisengestänge, keinesfalls ohne Wunden vor sich gegangen ist.

Ich glaube mich daran erinnern zu können, dass das die letzte Bobfahrt in Rodingen war, die in so einer Konstellation gefahren wurde.

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