Meconopsis

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Ich werde Chorknabe

Die Symphonie kann beginnen

Ich werde Chorknabe oder Messdiener.

Ala meine Mutter, wie auch mein Vater tiefgläubige Menschen waren, glaubten sie, dass ich als Messdiener meinen angeblich äußerst bewegten ändern würde. Das kann ich natürlich nicht bescheinigen, nur musste ich feststellen, dass sich die Kluft in mir zwischen feinen Manieren und Ausreißerdasein nur noch weiter auftat. Anstatt einen Umweg um die ganzeKirche herum zu machen, kletterte ich stets über den hohen Zaun um schneller in die Sakristei zu gelangen. Dieses Stahlgitter befand sich oben auf einer 2 Meter hohen Mauer. Er war oben mit spitzen, lanzenförmigenEnden versehen. Ein eher mörderisches Kunstobjekt. Prompt wurde diese Abkürzung meines alltäglichen Weges zu meinem Problem. Eines Tages rutschte ich oben auf dem Geländer aus und geriet mit dem Hintern in eine dieser platt gehämmerten Eisenspitzen. Meine Mutter, die eine ausgezeichnete Näherin war, nahezu professionell eingerichtet, denn sie arbeitete sehr viel für fremde Leute, scherte sich nicht so sehr um das Loch in meiner Arschbacke, als um die kaputte Hose.Beide Risse mussten genäht werden.
Wenn man mich also einmal nackt auf dem Bauch liegend auffindet, dann erkennt man mich an dieser Narbe in der unteren hinteren rechten Sitzfläche. Das ist aber nicht das einzige Loch, das ich mir in meine Kinderzeit zuzog. Auch unter dem rechten Arm befindet sich ein Wundmal herrührend ebenfalls von den Eisenspitzen eines anderen Zaunes, der mich vor dem Kirschenklauen abhalten sollte. Der Arzt hatte meiner Mutter damals angedeutet besagte Spitze wäre bis nahe an die Lunge vorgedrungen, was ich aber niemals geglaubt habe. Auch trat ich einmal so unglücklich auf den abgebrochenen Bodenteil einer kaputten Literflasche, dass mir das herausragende winklig abgebrochene Sockelende unterm Enkel eine tiefe Wunde schnitt.
ich mich zurückbesinne, muss ich selbstüberheblich feststellen, dass ich in den meisten Dingen des Alltags immer besser war als all die andern. So erklomm ich schnell den Posten als erster Messdiener und das brachte mir die sonderbare Ehre ein, bei der Firmungsfeier den Bischofsstab während der Zeremonie zu halten. Dabei habe ich mich anständig gequält, weil ich nicht bei dieser Gelegenheit erforschen konnte, ob dieser anscheinend aus purem Gold bestehende Zauberstab zerbrechen würde, wenn ich ihn ganz unabsichtlich fallen ließe.
Sogar im Angesicht des Todes gingen mir die verrücktesten, meist unchristliche Gedanken durch den Kopf,besonders weil es meine Pflicht war die Priesterbei ihren Krankenbesuchen zu begleiten, wenn es um die letzte Ölspende ging. Genau diese Dienstleistungen an sterbenden oder dahin siechenden Menschen, ermöglichten mir einen Einblick nicht nur in das mir erfolglos scheinende Treiben des Geistlichen. Ich war gewohnt meine Taten immer von Erfolg gekrönt zu sehen, manchmal auch zu spüren zu bekommen. Auch die Art und Weise, wie andere Familien lebten, fesselte meine Betrachtungen und ich muss gestehen dass ich in keinem der besuchten Häuser lieber gewohnt hätte, als in dem eigenen. Meine Einstellung zur Religion hat sich dabei so intensiv geprägt, dass ich später noch einmal auf meine Eindrücke und mein diesbezügliches Studium zurückkommen werde.

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