Meconopsis

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Evakuation

Die Symphonie kann beginnen

Evakuation.

Ich war damals noch keine 8 Jahre alt. Niemand von uns war ausgeschlafen, mich aber überfiel wahrscheinlich zuerst der Schlaf, als wir einen Tag später mit dem Zug außer Reichweite der Schusszonen gebracht wurden, denn man hörte immer wieder Gewehrschüsse oder Maschinengewehrsalven. An ein Wohnen in diesem zerschossenen Hause war nicht mehr zu denken. Das war aber nicht die alleinige Ursache der Evakuation. Der ganze Süden des Landes musste aus der Zone eventueller Kampfhandlungen mit den Franzosen an der Maginotlinie. Viele Luxemburger entschlossen sich in den Süden Frankreich zu fliehen, die anderen wurden im Ösling und an der Mosel untergebracht. Nahezu die halbe Landesbevölkerung musste ihr zuhause verlassen. Einige Erinnerungen an diese Zeit hat mein Vater jedoch selber niedergeschrieben.
Wir Buben freuten uns mächtig, als wir zu Verwandten aufs Land kamen. Dort mussten wir zwar zur Schule gehen aber in Heffingen waren wenig einheimische Kinder und so hatten wir in unserer Schulklasse meistens nur evakuierte Kinder in einem Saal und diese über alle Schulklassen verteilt. Zuerst wurden wir beim Paten meines Vaters einquartiert. Er war ein einfacher Dorfbauer, bei dem wir auch prima verpflegt wurden, doch hatte das Rote Kreuz schnell eine Verpflegungsstelle eingerichtet, wo viele dort Evakuierte alsdann jeden Tag eine anständige Ration Buttermilch, Brot, Suppe und so weiter abholen konnten. Damals begann der Zauber bereits mit den Tickets, die man abgeben musste, um eine Essens Ration zu erhalten. Da lernten wir eigentlich die wahre Mentalität vieler Menschen kennen, die auf Kosten anderer sich immer wieder Vorteile verschaffen wollten und sich mehr als nur einmal in die Schlange stellten, bis die unvermeidlichen Essengutscheinewieder Ordnung geschafft haben.
eines möchte ich hier einfügen, was mir auch bereits sehr früh einen unvergesslichen Eindruck verschaffte, wie unanständig sich Menschen benehmen können.
war damals mit meinem Vater einmal nach Rodingen gefahren, von wo er aus unserm Haus notwendige Klamotten,Linnentücher und anderes Bettzeug und sonstiges Geschirr, aus unserm Haus abholen wollte. Er hatte vom Roten Kreuz dazu eine spezielle Erlaubnis erhalten. Es war klar, dass unser Heimathaus für jedermann offen stand und so entdeckte ich bei meinem Rundgang durch die Zimmer, auf dem eisernen Bett, in welchem ich am Abend vor den Explosionen schlafen sollte, den Mist eines menschlichen Dreckbocks der sich mit seinem ganz speziellen Duft im Zimmer wahrnehmbar machte. Mein Vater nahm sich ungeniert der Sache an und meinte dazu, dass dies kaum von einem deutschen Soldaten herrühren dürfte. Er tippte darauf, dass es sich um die Exkremente eines Rachesüchtigen handeln könnte, den er sicherlich einmal beim Schmuggeln erwischt hatte.Mein Vater hatte auch recht gehabt die Schränke keinesfalls mit den Schlüsseln zu verschließen, um Diebstahl zu verhindern. Absichtlich hatte er sogar sämtliche Schranktüren etwas offen stehen lassen damit die Möbel wenigstens vor Vandalismus verschont blieben. Möglicherweise erweckten die offen stehenden Türen auch, dass bereits andere vorher die Schränke nach wertvollen Gegenständen durchsucht hatten.

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