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Die Jubiläumsfeierlichkeiten

Die Symphonie kann beginnen

Die Jubiläumsfeierlichkeiten


Ich hatte im Personalbüro bei der Armee schon eine Menge Namen und Leute kennengelernt, bei den Pfadfindertreffen erweiterte sich der Bekanntenkreis nicht unwesentlich. In diesem Betriebsbüro der Hütte aber in welchem die Namen von mehr als 8000 Leuten zu verwalten war nahm mein Namensgedächtnis gewaltige Ausmasse an. Dabei entdeckte ich dass meine Fähigkeit die Namen von Personen zu speichern wohl aussergewöhnlich gut war, aber sie einer Person zuordnen, das war doch problematisch. Mein Gesichtsgedächtnis ist heute noch super, aber ich habe es nie gelernt meinem Gegenüber seinen richtigen Namen zu geben. Am Gesicht erkennen, auch wenn ich es nur einmal gesehen habe, ist heute noch unkompliziert doch die Namen machen mir Schwierigkeiten. Das Gedächtnis, das bei mir über die Augen aufgebaut wurde und noch immer wird, sehe ich als nahezu phänomenal an. Ich kann mich heute noch an die geringsten Details all meiner Erlebnisse erinnern, selbstverständlich, wenn sie irgendwie relevant waren. Bei der Archivierung meiner Diathek kann ich jedem Bild noch eine Erinnerung zuordnen. Bei Pflanzen, die ich in den Bergen gefunden habe, besonders bei seltenen Exemplaren erinnere ich mich erstaunlicherweise nahezu genau an die Stelle wo ich das Kleinod zuerst gesehen habe. Doch nun zurück zu den Jubiläumsfeierlichkeiten die ich während vielen Jahren nahezu vollständig mit andern gemeinsam, oder aber auch ganz allein zu organisieren hatte.

Natürlich kannte ich bald die Belegschaft vollständig bei ihren Familiennamen. Das beruhte auch auf Gegenseitigkeit. Eine so exponierte Berufsstelle bringt es mit sich, dass die Belegschaft den „Mann aus Havanna“ kennt. Das brachte natürlich bei Jubiläumsfeiern immer einige Probleme. Ich hatte mir ja schon sehr früh vorgenommen das Wort meines Vaters, das mir noch immer in den Ohren klingt: „Sauf net mei, wéis de verdréiss“, mein Leben lang zu beherzigen.

An diesen Tagen allerdings war es unmöglich so vielen Bekannten und vermeintlichen Freunden die Einladung abzuschlagen, eine Runde mit zu trinken. In dem rechten Augenblick, an welchem ich noch erkennen konnte, dass es mit der Erkenntnis bald zu enden gehen werde, verdrückte ich mich und ging in den ersten Jahren zu Fuss, fuhr aber später mit dem Auto nach Hause, wo meine Frau mich voller Verständnis versuchte mit starkem Kaffe wieder zu stärken. Da ich mir immer bewusst sein wollte, was physiologisch in meinem Körper vor sich ging, hatte ich bald erkannt, dass der Alkohol eigentlich vom Magen aus den Weg in den Kopf fand, und das versuchte ich zu bremsen. Bevor ich den Weg zu diesen Feierlichkeiten und später auch vor anderen Gelegenheiten, wo viel getrunken wurde, tapezierte ich meine Magenwände vorab mit ein oder zwei Portionen Ölsardinen, was meine „Standfestigkeit“ zu meiner Zufriedenheit erhöhte. Die lieben Freunde versuchen es ja immer wieder einem in solchen Fällen recht behilflich zu sein, damit man das pure Glück geniessen könne! So geschah es als ich, gestärkt durch meine Erfahrungen, eine Einladung bei einem guten Freund zu Hause gerne annahm. Wir pröbelten an seinem Weinsortiment. In den Jahren bevor ich meine Erfahrungen gesammelt hatte war ich immer schnell an jenem Punkt angekommen, an welchem ich die Vollbremse betätigen musste, ansonsten ich unter die Räder gekommen wäre. An diesem Tag aber schien er sein Ziel nicht zu erreichen, desto schneller aber sackte er seinerseits in sich zusammen und er verschwand ohne noch ein Wort zu sagen fluchtartig in sein Bett.

Seine und meine Frau, sowie auch ich trauten unseren Augen nicht, doch sassen wir noch lang gemütlich zusammen. Kollege Weinkundler aber besänftigte unterdessen die Burgunder und Beaujolais, die Barbera und wie sie alle hiessen, die sich anscheinend nicht zu vertragen schienen.

Als wir später in Zolver wohnten, daran erinnern wir beide uns noch, meine Frau und ich, hatte ich einmal den Wagen reibungslos, im wahrsten Sinne des Wortes rück- und bergabwärts zusätzlich seitwärts in die Garage gerollt, dann verliess mich die Standhaftigkeit. Trotz Ölsardinen und vielen essbaren Köstlichkeiten brauchte ich Hilfe, um aus dem Keller ins Obergeschoss zu gelangen.

Ich weiss nicht wie meine Nachfolger diesen Teil der Jubiläumsfeierlichkeiten jeweils überstehen werden, aber ich bin eigentlich froh von dieser, eher grausamen Zeit meiner Dienstperiode Abstand gewonnen zu haben.

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