Vortrag von Dr. R.A.W. LOWE, Sekretär des NCCPG


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Vortrag
von
Dr. R. A. W. LOWE
Sekretär des NCCPG
(The National Council for Conservation of Plants and Gardens)
im PARC-HOTEL
am 15.Juni 1990


Meine Damen und Herren!


Ich danke Ihnen für Ihre Einladung und ich möchte Ihnen die Arbeit des NCCPG (Nationaler Rat für die Erhaltung von Pflanzen und Gärten) näher erklären.


Zuerst aber möchte ich mich selbst vorstellen. Ich bin weder professioneller Gärtner, noch Botaniker. In Wirklichkeit, bis zu meiner Annahme als Generalsekretär beim NCCPG war ich nur ein begeisterter aber unwissender Gärtner. Von Beruf bin ich nämlich Verwalter. Jetzt, nach etwa 6 Jahren, verstehe ich etwas mehr über Gartenbau und wie einer meiner Freunde kürzlich freundlicherweise sagte: "Dein dünner Anstrich um das Gartenbauwissen wird etwas fester."


Nach einem Vortrag von etwa 45 Minuten werde ich gerne Ihre Fragen beantworten. Zuerst aber gebe ich Ihnen einen Überblick über verschiedene Gartenpflanzen. Ihre Geschichte erzählen diese selbst.


Danach bekommen Sie eine Einsicht in das Schaffen (Werken) des NCCPG und schließlich zeige ich Ihnen weitere Diapositive über die große Mannigfaltigkeit von Pflanzen aus den "Nationalen Sammlungen".
Ich möchte betonen, dass die "Erhaltungsbewegung" noch sehr jung ist, sie steckt eigentlich noch in den Kinderschuhen. Wir haben noch einen weiten Weg vor uns, aber ich glaube, der von uns eingeschlagene Weg hat neue Fundamente für die Zukunft gelegt.


Mein 1. Bild zeigt Ihnen die Mutisia decurrens, eine Kletterdahlie aus Chile. Einige Jahren wurde sie auf den Britischen Inseln gezogen, aber heute finden wir diese selten in Kultur. Obschon sie relativ gut und leicht bei der Aussaat keimt, besteht aber die Hauptschwierigkeit darin, diese Dahlie groß zu ziehen. Vor einigen Jahren gelang es aber der „RHS – Royal Horticultural Society“ in ihrem Garten in Wisley eine Pflanze zum Blühen zu bringen.

Hier das Bild dieser Blume welches aufgenommen wurde einige Stunden bevor die Blüte von einem Besucher gestohlen wurde. Dieser erhoffte sich wahrscheinlich – aber vergebens – eine Samenproduktion. 3 Tage später wurde die ganze Pflanze gestohlen.

Dieses Beispiel erläutert Ihnen die womöglich schwerste „Krankheit“ gegen die das NCCPG anzukämpfen hat. Dies gilt besonders für die Mitglieder welche ihre Gärten der Öffentlichkeit zugänglich machen.


Das nächste Bild ist eine Calceolaria darwinii. Diese raumzeitalterlich aussehende Pflanze keimt willig aus, aber es ist fast unmöglich sie groß zu ziehen.


Das 3te und 4te Bild zeigt uns Schizophragma integrifolium an der Hintermauer im „Wisley Garden“. Sie können aus dem Bild ersehen, dass das Weiße in Wirklichkeit das Deckblatt ist, befestigt an den sterilen Blütenstängel. Diese Deckblätter produzieren jenen außergewöhnlichen weißen Effekt, der sehr lange anhält. Der Haken an dieser Pflanze besteht in der enormen Schwierigkeit, „Schnittlinge“ von dieser Pflanze zum Anwachsen zu bringen. Man sagt, es dauere etwa 4 Jahre um einen solchen Schnittling erfolgreich zu bewurzeln.




Mein nächstes Bild ist
Heliotropium 'Chatsworth'. Normalerweise verströmen Heliotrope ein starkes Parfum. Da aber viele Varietäten aus Samen anstatt vegetativ gewonnen werden, sind die wohlriechenden Varietäten eine Seltenheit. Dies ist eine sogenannte Bernardhybride. Sie entstand in den 60 Jahren durch Dr. Bernard, durch Kreuzung mit der Südafrikanischen

Gladiolus tristus. Sie sind außergewöhnlich schön und zart, brauchen zur Überwinterung eine Temperatur von etwa 4°Celsius. Bis vor kurzem existierte nur eine Sammlung dieser Knollen, und zwar diejenige von Dr. Bernard's Tochter (Sie ist eine eher leicht erzürnliche Person, die sich mit ihrem Hauptgärtner überwarf). Wir hatten daraufhin Angst, die Sammlung könnte nicht überleben, mangels guter Pflege. Wir konnten Sie aber überzeugen, einem lokalen Gartenbauinstitut einige Knollen zu schenken, wo diese jetzt als Nationale Sammlung gehütet wird, ....von Miss Bernard's Ex-Hauptgärtner.


Graham Stuart Thomas, ein renommierter britischer Pflanzenkenner glaubt, dass in Wirklichkeit keine Pflanze verloren ist. Es ist nur eine Frage, wo sie wieder zu finden ist.

Die 2 folgenden Bilder beweisen diese Auffassung.


Das 1.Bild zeigt uns eine Federzeichnung von Rubus coronarius rosafolius hochgepriesen gegen Ende des letzten Jahrhunderts. Dieser Rubus galt als ausgestorben, bis mein Kollege und Gartenberater sich erinnerte, dass während seiner Ausbildung in den „Royal BotanicGardens“ in Kew, eine Pflanze auf die die Beschreibung passte, außerhalb des Gewächshauses wüchse. Bei seinem nächsten Besuch in Kew suchte er nach der Pflanze und wirklich sie wuchs noch immer am selben Standort.


Diese Päonie 'Argosy', in den 60er Jahren in Amerika gezüchtet,


und ein außergewöhnlicher Kultivar von Paeonia suffruticosa galten ebenfalls als ausgestorben. Aber, bei einem Spaziergang in dem wunderschönen Garten des verstorbenen Sir Frederick Stern, fand ich 2 voll ausgewachsene Pflanzen dieses Kultivars. Sie wuchsen geschützt, die ganze Zeit dort und selbst der Hauptgärtner wusste nichts um ihre Seltenheit.



Manche Pflanzen sterben aus, weil wir vergessen, wie wir sie kultivieren sollen.
Dies gilt zum Beispiel für die wohlriechenden Wildblumen Hesperis matronalis 'Flore Plena' (die Gemeine Nachtviole) Diese Pflanze in ihren verschiedenen Farbtönen, war außerordentlich beliebt im letzten Jahrhundert. Unglücklicherweise ist sie anfällig für Viruserkrankungen und ist deshalb schwer zu vermehren, es sei denn man weiß wie. Wir beginnen sie aber jetzt wieder zu kultivieren und wir haben den Leuten erklärt, dass man sie leicht aus Blattachsen-Stecklinge, ähnlich wie der sogenannte Hammerkopf-Steckling (scheint identisch zu sein mit der sogenannten "Rinderzunge"), welche man zur Vermehrung der Berberitzen gebraucht.

Wir konnten sie durch Mikro-Vermehrung "reinigen" und sie virusfrei machen. Dennoch ist es schwierig sie zu kultivieren und sie ist auf keinen Fall eine "Amateurpflanze".

Gegen Ende des letzten Jahrhunderts kultivierte ein gewisser Mr Lee eine Art von sehr wohlriechenden Veilchen, welche als sehr beliebte Blumensträußen bei den Viktorianern galten. (Diese wohlriechenden kleinen Sträußchen - Nosegays - wurden in der Hand getragen, um dem üblen Geruch in den damaligen Straßen mit offenen Abwässern entgegenwirken zu können). Diese Mode verschwand und die Leute vergaßen die Blumen. Vor einigen Jahren aber, während einer Versuchsarbeit, spazierte eine Dame genannt Jean Borrows durch einen alten Obstgarten, wo Veilchen blühten. Dieser befand sich auf dem Grundstück, wo Mr Lee seinen Garten hatte.
Bei ihrer Suche entdeckte sie, dass viele seiner Kultivare noch immer dort wachsen, schön und wohlriechend. Dies hier ist Viola odorata 'Luxon'


und das nächste Bild ist Viola odorata ‚Victoria Regina‘. Mister Lee pflegte der Königin Viktoria jedes Jahr einen solchen Strauss zu schicken; und es war bekannt, dass Sie sogar dieses Geschenk förmlich erwartete.


Es ist überraschend, wie einfach jemand eine Pflanze halten kann, wenn er sie nur gut pflegt. Dieses gilt zum Beispiel für Papaver orientale 'Charming'. Dieser Mohn galt als ausgestorben, bis wir ihn im Garten eines Mitgliedes wachsen sahen. Wir hoffen ihn in nächster Zukunft wieder zu kultivieren. Wegen der "Publicity" über diese Pflanze vor 2 Jahren, kamen andere Papaver orientale 'Charming' ans Tageslicht.


Manchmal wird eine neue Pflanze kultiviert; dann fragt es sich, ob sie von der gärtnerischen Öffentlichkeit akzeptiert wird. Die erste solcher Pflanzen ist Phygelius aequalis ‚Yellow Trumpet‘. Vor 6 Jahren wurde sie zuerst kultiviert und ist jetzt eine sehr bekannte Gartenpflanze.


Im Gegensatz zog zum Beispiel Griselinia 'Brodick' nie, obwohl ihr Verdienst gleichwertig ist. Nachteilhaft ist nur ihr langsamer Wuchs. Durch unsere internationalen Kontakte entdecken wir jetzt Pflanzen, verloren auf den Britischen Inseln, welche aber anderswo überlebt haben.


So zum Beispiel Dianthus ‚Spark‘, welche ich üppig wachsend, in Neuseeland kürzlich entdeckte. Wir bemühen uns nun um ihre Wiedereinführung auf den Britischen Inseln, sobald die Einfuhrbestimmungen geregelt sind.


Eine andere "Viktorianische" Lieblingspflanze war die "Clove Pink" oder "Malmaison Carnation". Diese Pflanze wird weiter kultiviert, obwohl heute nur mehr 10 Kultivare existieren. Sie ist sehr attraktiv und riecht sehr gut, obwohl virusanfällig. Wir haben das Interesse an dieser Pflanze so geweckt, dass der Inhaber der Nationalen Sammlung von Malmaison Carnations mir neulich sagte, die Nachfrage sei so groß, dass er sie nicht schnell genug nachzüchten kann.


Diese wunderbare Paeonia suffruticosa ‚Rocks Variety‘ ist die Besonderheit des NCCPG. Wir haben sehr oft Reklame über sie gemacht. Es ist wahrlich eine tolle Pflanze. Sie ist großblumig und wegen ihrer Schönheit vergisst man ihr eher schäbiges Aussehen nach der Blüte. Sie bleibt aber eine wirkliche Rarität, da eine Mikro-Züchtung und eine Züchtung mit den üblichen Mitteln sich als sehr schwierig erweist. Sie wurde von dem Amerikaner Joseph Rock in einem Lama Kloster im Tibet entdeckt. Während Stammesstreitereien, in jenem Landstrich, wurde das Kloster niedergebrannt und seitdem wurde diese Pflanze niemals mehr, in ihrer natürlichen Umgebung gefunden.


Dasselbe gilt für Leycesteria crocothyrsus, welche Kingdom Ward (der Erfinder des Ward’schen Kastens – siehe Internet mit vielen Bildern) in einem Tal in Südchina entdeckte. Auch Sie wurde nie wieder in ihrem natürlichen Habitat wiedergefunden. Sie findet aber keinen Anklang bei den Britischen Gärtnern, trotz ihrer schönen gelben Blumen und ihres hübsch gebogenen Laubes. Die Samenvermehrung ist einfach.


Eine andere aus der Mode geratene Pflanze ist Dahlia ‚Bishop of Llandaff‘, feurig rot und mit bronzefarbenem Laub. Diese Pflanze wurde durch den NCCPG verbreitet und ist jetzt häufiger in den Britischen Gärten zu finden.


Tecophilaea cyanocrocus ist wegen seiner blauen Farbe in der Natur verschwunden (ausgerottet). Er wird jetzt nur noch in den Britischen Botanischen Gärten kultiviert. Erstaunlicherweise sind viele gute Gartenpflanzen in der Natur ausgestorben oder sehr stark bedroht. Tatsächlich werden 25% der bedrohten Pflanzen Neuseelands als gewöhnliche Gartenpflanzen in Großbritannien angeboten. Es ist überraschend, dass viele gartenwürdige Pflanzen die gärtnernde Öffentlichkeit nicht ansprechen.


Dies gilt für Rosa ‚Helen Knight‘ im Wisley Garten gezüchtet. Sie wächst jetzt noch an der Mauer vor dem Büro des Direktors. Jedes Jahr bewundert die Öffentlichkeit sie, aber bis jetzt hat sie noch niemand gezüchtet und verbreitet. Die Ursache liegt vielleicht in der gelben Farbe. Die Ungeduld der Öffentlichkeit lässt niemand gerne mehr schwere Arbeit verrichten für das Vergnügen.


Diese Gazania uniflora 'Yellow Buttons' galt vor einigen Jahren als Symbol der Züchtung beim NCCPG. Es ist eine schöne gelbe Pflanze, mit dunkelgrünen Blättern, grau auf der Unterseite, welches bei einer leichten Bise eine zusätzliche Attraktion bietet. Sie ist eine sehr gute Gartenpflanze, ist nur bedingt winterhart und deshalb gibt es einige Schwierigkeiten für die Gartenfreunde.



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