Meconopsis

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Wie ziehen um nach Oberkorn

Die Symphonie kann beginnen

Wir ziehen um nach Oberkorn.

Jahre hatte ich bereits Latein gebrummt und fuhr jeden Tag mit dem Zug in die Stadt. Ich studierte mich auf der Sixta im Athenäum von Luxemburg. „Die as aus o, die x und is, es in pari syllabis“ und so weiter hingen mir zum Hals heraus. Die Geschichte mit dem Mädchen Jeanny hatte mich so vollkommen verwirrt und ins geistige Abseits manövriert, dass sich für mich beachtliche Schwierigkeiten abzeichneten, um die Klasse zu meistern. Bereits in den ersten Klassen dieser Schule konnte ich meine Begeisterung für Literatur mit Gedichten glänzend hervor streichen und ganz besonders meine Deklamationen von Gedichten und meine Aufsätze in Deutsch und Französisch wurden gut benotet. Dazu hatten wir leider einen so abstoßenden Lateinlehrer dass mir jeder Spass an dieser Sprache der Gelehrten verging. Prüssen hieß der Mann der bei den Prüfungen nicht bei einer Nullbenotung stehen blieb sondern auch noch Minuspunkte rechnete und wer Minuspunkte hatte, konnte sicher sein, dass dies von ihm als Doppelnull bewertet wurde, wenn die Durchschnittnummer errechnet wurde. Er war meines Erachtens kein normaler Mensch. Er war ein bestialisches Genie, unfähig etwas freundlicher mit uns Studenten umzugehen. Wir hatten ihn bereits auf Septima in Latein und als er dann auf Sixta wiederum unser Lateinprofessor wurde, da hatte bereits die Mehrzahl der Klassenkameraden den ekligen Geschmack auf der Zunge, von dessen widerwärtigen Erziehungsmethode. Nur ein Beispiel wird genügen, um diesen brutalen Pädagogen zu kennzeichnen. Als er für die erste Stunde Latein auf Sixta in den Klassenraum stürmte, schrie er hitzköpfig und noch auf dem Weg zum Pult: „Na hab ich euch wieder…“ Er schlug sein Heft mit den Namen auf und rief sofort jemanden an die Tafel, der nicht einmal Zeit genug hatte um über die Frage nach zu denken, da hatte dieser Pädagoge ihm bereits eine Null ins Heft geschrieben. Aus heutiger Sicht hätte man einen solchen Sadisten bereits unwiderruflich in die Wüste geschickt.
Ich muss jetzt doch noch einmal zurück zu dem Mädchen, in das ich mich verknallt hatte. Es beschäftigte mich sehr mit ihr zu plaudern und eines Abends traute ich mir, sie zu einem Spaziergang einzuladen.Durch die noch belebte Straße folgte sie mir in großer Distanz. In einer Nebenstraße, die ins grüne Gelände führt, konnten wir uns jedoch zusammentun und gemeinsam, Arm in Arm schlendern. Ich muss sagen, dass ich all meine Sinne zusammenhielt und so blieb es nur beim glücklichen Zusammensein, wenigstens was meine Beurteilung anbelangt, denn diese Glückseligkeit war nicht von langer Dauer. Bereits einige Wochen später, als ich gerade aus der Vesper kam, brach für mich die Welt der Liebe zusammen. Da spazierte Jeanny mit einem belgischen uniformierten Militär, Arm in Arm an mir vorbei und lachte mich verächtlich an. Doch da geschah das große Wunder, das mich bei fast allen Rückschlägen in meinem Leben schnell wieder zur Realität zurückkommen lies. In Bruchteilen von Sekunden hatte ich die Situation in ihrer kompletten Tragweite erkannt und ich lobte mir diese Begegnung, bei welcher mir die Augen geöffnet wurden. Es war mir vollauf bewusst geworden, dass ich nur ein Spielball gewesen bin und daraufhin reagierte ich absolut hervorragend. Der in mir sich entwickelnde Sinn für die Realität ließ mich alle Schwärmerei vergessen und damit war diese Episode für mich abgeschlossen.Die Prügel meiner Mutter musste ich ja auch auf diese Weise schnellstens vergessen. Auch das hat zu meinem Sinn für Realismus beigetragen. In weiteren Lebensabschnitten kam diese äußerst gesunde Qualität meiner Einstellung noch öfters zum Tragen und half mir über manche fatale Situation hinweg.

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