Meconopsis

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Um eine grassierende Zwiebelhäutung

Die Symphonie kann beginnen

Um eine grassierende Zwiebelhäutung.
HR


Der in Deutschland grassierende Fall einer Zwiebelhäutung hat bei manchen Lesern Tränen fliessen lassen. Tränen des Nichtvergessens, des Nichtbegreifens, der Fassungslosigkeit.

Ein am Dienstag, den 22. August im ZDF ausgestrahlter Dokumentarfilm „Die Waffen-SS“ spiegelte sehr beeindruckend die Wirren jener Zeit, aber auch die Mentalität der noch überlebenden Kampfgenossen von GG. Man verspürte bei manchem der noch lebenden und befragten Zeitzeugen, die immer noch zündende Indoktrinierung von damals. Nachträglich stellt es sich auch noch heraus, dass GG. sich keinesfalls allerbestens erinnern kann, wie das eben in vielen solcher Fälle bekannt ist. Dass er sich freiwillig in die Wehrmacht meldete, zeugt vermeintlich davon, dass er als unerfahrener stupider Hitlerjunge noch unfähig gewesen wäre zu denken, was er erst später als Schriftsteller tat. Zu spät!

Auch ich musste in die Hitlerjugend. Keinesfalls freiwillig. Mein Vater war zwangsversetzt an die polnische Grenze. Mein Bruder und ich halfen der handikapierten Mutter, heil durch diese furchtbare Zeit zu kommen. Da hiess es entweder der Jüngste geht zur Hitlerjugend oder der Älteste wird nach Stahleck gebracht. Dort befand sich das Umerziehungslager (1940-1945), gelegen oberhalb Bacharach am Rhein. 1940 wurden bereits 212 luxemburgische Studenten dort umerzogen. 1942 kamen erneut 183 dorthin, als sie gegen die Einführung der allgemeine Wehrpflicht, für Luxemburger am 30 .August 1942 protestiert hatten. (Nachgeschlagen im Internet  , wo der Luxemburger Lucien Olinger über seinen Aufenthalt im Herbst 1942 auf der Burg Stahleck schreibt). Der ganzen Bevölkerung Luxemburgs war dieser Schandfleck bekannt. Wer Augen und Ohren hatte, konnte sich in diesem macchiavellischen Netzwerk der Nazis orientieren. Ich war 10, als ich zur HJ musste. Da war ich noch nicht so alt wie der „Blech“ Trommler. Warum sollten meine Augen und meine Ohren damals besser informiert gewesen sein, als die von GG. Er musste mehr wissen als ich, und er wusste auch ganz bestimmt was er unter dem Motto „Freiwillige vor“ im Schilde führte. Er hatte weitaus bessere Erkenntnisse als ich damals.

Was mir aber bei der kurzen Zeit meiner HJ-Zugehörigkeit passierte war so amüsant, dass ich in meinen Memoiren, einen kurzen Abriss darüber festgehalten habe.

„Die Blechtrommel“, für welche der Autor den höchst ehrenvollen Literaturnobelpreis erhalten hat, ist das einzige seiner Bücher, das ich gelesen habe. Das genügte mir vollauf, weil es auch die andere Lektüre gibt. Einverstanden, die Kunst des Erzählens mag er verstanden haben, aber noch besser verstand er die Kunst des Verschweigens, was sich in der Zeitspanne spiegelt, in der beides stattgefunden hat.Ob er zusätzlich an der Kunst des Marketing für seine ihn entblössende Biografie gemeisselt hat? Er, der sich als überzeugter linkslastiger Sozialist profilierte, er der nach dieser (möglicherweise kühn berechneten) Selbstenttarnung bereits mit einer ersten Buchauflage von 150.000 Exemplaren entblätterter Zwiebeln rechnen darf, dürfte sich ruhig nun auch noch zu den Kapitalisten, d. h. zu den elitären Wohlhabenden bekennen, obwohl er sein Leben lang gegen diese gesellschaftliche Ausbeuter jede Menge Geschütze aufgefahren hat. Mehrere Herzen schlagen ach…wohin mit all dem Geld?

Grass lebte bisher und wird weiterhin unwiderruflich mit sich selber im flagranten Widerspruch leben müssen, und seine moralisierenden Anschauungen haben meines Erachtens verheerend an Überzeugungskraft verloren. Sein Ruf ist dahin.

Nicht jeder der sich selber einen Schein von Heiligkeit meisselt und sich diesen selber aufsetzt, hat sich über das Physische hinaus darum verdient gemacht.


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