Meconopsis

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Militärzeit

Die Symphonie kann beginnen

Militärzeit


Ich wurde gemustert, eingezogen, und bereits als wir Schlange standen, um die berühmten Impfungen über uns ergehen zu lassen, machte ich Bekanntschaft mit einer Menge Schwächlingen und Simulanten. Mein Vordermann sackte bereits zusammen, noch bevor er an der Reihe war, um die berüchtigte Impfung zu erhalten. Wir waren zwar in Luxemburg eingemustert und eingekleidet worden, doch dann ging es sofort für sechs Wochen Drill nach Bitburg in die Kasernen, wo ich einer A (?) Kompanie angeschlossen wurde. Nach der Impfung, begann die Wirkung sich zu zeigen. Da wanderten bereits einige die es sehr arg gepackt hatte ab in die Erste Hilfe Station, andere blieben mit Fieber und Schüttelfrost im Bett liegen, doch erstaunlicherweise merkte ich glatt keine Nachwehen, so als ob ich gar nicht geimpft worden wäre.

In dieser Kompanie waren die Dienstuntauglichen oder, wie es kursierte, meistens Drückeberger, aber auch meine Minderwertigkeit. Doch hatten wir hochrangige Musikanten unter uns, so ein gewisser Pax aus Monnerich, der ausgezeichnet Saxofon spielte, die beiden hervorragend und virtuos spielenden Oboisten,Norbert Mattern und Fränz Summer, angehender Musikprofessor sowie einen Klarinettisten, dessen Namen mir entfallen ist. Mattern war eine weltweite Klasse für sich, der keinesfalls dem deutschen Oboisten Heinz Holliger nachstand. Er spielte zuletzt im Radioorchester von RTL. Heinz Holliger und Norbert Mattern sind übrigens Freunde. Man sagte sogar Mattern wäre noch einige Grade besser als Holliger. Doch, dieser entwickelte sich weiter zum Komponisten, was Norbert nicht zu interessieren schien. Wenn die genannten Musikanten sich an den Tisch setzten, um zu improvisieren, dann waren viele der Stubenfreunde begeistert. Sie spielten meistens klassische Musikstücke und selten etwas Moderne.

Das war schon nicht schlecht, wenn die Grundstimmung bereits zufriedenstellend war. Doch nicht alles sah so rosig aus. So werde ich einige der herausragenden Erlebnisse schildern, die ich bei meiner Militärzeit erlebt habe.

Die Kost war noch einigermassen geniessbar. Für manche aber war es Dreck und manche begannen sofort ab zu specken. Am meisten schienen aber jene am Essen auszusetzen, die wahrscheinlich nicht so gut zu Hause bedient wurden. Unter diesen Abspeckern befand auch ich mich, doch sicherlich mehr bedingt durch den tagtäglichen Drill, die sportlichen Tätigkeiten, die unsere Körper in ständiger Bewegung hielten.

Eine Episode vom Esstisch könnte ich hier vortragen. Es gab Kartoffelpüree mit Eiern, Spinat und weisse Sosse. Normalerweise stand dies auf der Freitagskarte, wenn es kein Fisch gab, der sowieso selten serviert wurde. Da gab es die berühmte Geschichte der Herausforderung zu einer Tat, die ungewöhnlich war. Am Tisch nebenan mäkelte einer an seinem „Frass“ wie er ihn bezeichnete und meinte: „Traue ich mir das ganze Zeug zum Fenster hinaus zu schmeissen.“ Manch einer malte sich bereits die Folgen aus doch gab es jene, die ihn anfeuerten und ihn als Grossmaul bezeichneten, das sich nicht trauen würde. Er liess sich nicht zweimal bitten und schon flog der ganze Gamellen Inhalt zum Fenster hinaus und absolut unerwartet auf die Uniform eines Offiziers, der gerade vorbei ging. Da hätte man die ganze Bande sollen heulen hören. Ich ahnte, was sich anbahnte und verdrückte mich sofort, denn aus den Erfahrungen, die ich von meinem Bruder gesammelt hatte, würde es alle Anwesenden treffen, die den Missetäter angefeuerthatten.

Mit meinem geistigen Auge aber sehe ich noch einmal den stolz daher, eher paradierenden Offizier, dem auf einmal gekochte Eier um den Kopf flogen, Kartoffelpüree mit Sosse über die Khakiuniform und besonders apart hob sich der dunkelgrüne Spinat auf seiner Uniform ab. Das war Tarnung in höchster Vollendung, aber auf die amüsanteste Weise. Es wäre dem Offizier vielleicht auch zum Lachen gewesen, wenn nicht die ganze Meute innen und Aussen sich krümmte, vor Lachen und andauernd grölte vor Schadenfreude.

Das kurz darauf erfolgende Geschrei des Ge- und Betroffenen vernahm ich bis in die Toiletten, wohin ich mich wohlweislich sofort verdrückt hatte. Ich verspürte keinen Anlass, mich in der Nähe des Geschehens erblicken zu lassen. Und wie ich recht hatte. Der diensthabende Korporal musste alle Namen der noch anwesenden Soldaten notieren und am Tag darauf gab es Spezialdrill und auch Spezialcorvée, die darin bestehen konnte, dass man Treppen waschen, Toiletten reinigen,Kartoffel schälen oder irgendeine andere ungemütliche Beschäftigung verrichten musste.


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