Meconopsis

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Feuersbrunst

Die Symphonie kann beginnen

Feuersbrunst.


Er wollte sichauf Art und Weise hervortun. So kam es, dass an einem Samstag, dem Reinigungstag für alle, wir die Kopf- und Körperwäsche bereits über uns hatten ergehen lassen. Das war eine Beschäftigung meiner Mutter. Ich erinnere mich noch sehr genau, dass sie sich immer wieder etwas verärgert gab, wenn sie an unserm Geschlechtsorgan herum einseifte und schrubbte und dieses Organ sich zu unserm eigenen Erstaunen versteifte und aufrichtete. Sie war so gutgläubig zu meinen dieses Phänomen liesse sich einfach auf Befehl an und abstellen, wenn sie sagte: „Nujé, dach“.

Doch zurück nun zur viel bedeutsameren Feuersbrunst. Also wir waren mit einem Spiel beschäftigt in der kleinen Stube. Zu diesem Zeitpunkt befanden sichdie beiden Eltern oben allein im Badezimmer.

Es war so um die Weihnachtszeit. In dieser kleinen Stube hatte mein Vater bereits einen festlich geschmückten Weihnachtsbaum errichtet, der fast bis an die Decke reichte und daneben lagen auch Funken sprühende Leuchtkörper (Spéitzmännercher). Wir beide amüsierten uns wie immer, wenn wir ohne Aufsicht waren, meist entgegen der Regeln, die unsere Mutter mündlich verfasst hatte. Als mein Bruder unsere schwarze Katze Micki fangen wollte, um sie wie üblich zu ärgern,kam er auf den Gedanken ihr einmal ein solch Funken sprühendes Ungetüm vor die Nase zu halten. Er wusste, wo die Streichhölzer lagen, und hatte schnell so ein Ding angezündet. Die Katze machte sich sofort davon, konnte aber nirgends anders hinflüchten als unter dem langen Woll-Vorhang hindurch auf das schmale Fensterbrett. Mein Bruder verfolgte sie hartnäckig mit dem Feuer speienden Ding und geriet damit verhängnisvoll in die Maschen des Vorhangs, der sofort Feuer fing.

Ich kann mich noch gut erinnern, dass ich spontan in den Hausgang rannte und so laut wie ich konnte um Hilfe schrie: „Höllef, höllef,Feier! Feier!“

Mein Vater nahm sich nicht einmal die Zeit, etwas anzuziehen. Er kam halb nackt die beiden Treppenstücke herunter gedonnert, riss das Doppelfenster auf, stiess die beiden Klappladen auf und riss in grosser Hast sämtliche Gardinen von der Mauer um sie brennend hinaus in den Garten zu werfen. Das war äusserst heldenhaft. Zum Glück waren nachher die Tapeten nur schwarz gesengt, die Decke aber bereits auf dem Punkt in Flammen zu geraten. Wenn diese ebenfalls Feuer gefangen hätte, wäre keine Rettung mehr für unser Haus möglich gewesen, denn die Decken sowie das ganze Treppenhaus bestanden nur aus Holzbalken, die mit Holzlatten und Friesen verkleidet und mit Gips beworfen waren.

Ich weiss nur noch, dass mein Vater fast am ganzen Körperschmerzliche Brandwunden abbekommen hatte, an denen er noch jahrelang laborierte.

Unsere Katzenmutter Micky hatte sich selbstverständlich irgendwohin verkrümelt und kam erst einige Tage später wieder zum Fressen. Dieses Feuer und besonders die tollkühne Leistung unseres Vaters hatten uns Buben mächtig beeindruckt. Ich kann mich nicht erinnern, ob es damals Schelte oder sogar Hiebe gegeben hat. Ich glaube, es waren aber nur Worte der Warnung, solche gefährliche Spiele weiterhin absolut zu meiden.

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