Prosa-deutsch

 Inhaltsverzeichnis

Ein Karneol ein Amethyst und ein Smaragd (Kriminalistische Erzählung).
Der verschwundene Galgen.
Drang und Genuss! Ein Aufstoßen.
Mallorca (spanische Bilder).
Advent.
Weihnachten in der Puszta (Legende).
Nachruf für Mady Molitor – Der Blick zurück. (neu 18.3.2006).

Memoiren eines Geldscheines (27.10.2015)

Wie die Giraffe zu ihrem langen Hals kam (25.03.2017)

***

 

Ein Karneol, ein Amethyst und ein Smaragd.

Kriminalistische Erzählung v. H. Reger (1948)

 

Die Zeit war schwer, besonders für Helmut Stein. Die missliche Lage haftete schon etliche Wochen an ihm wie eine Klette.

 

An einem bestimmten Moment, an dem er besonders mit den beklemmenden Geldschwierigkeiten zu kämpfen hatte und er die Situation schon als hoffnungslos ansehen wollte, entschied er sich gegen jede Vernunft, trotzdem den Ausweg zu versuchen, den er so oft schon als unmöglich zu realisieren verworfen hatte.

 

Ein warmer Nachmittag träumte über der Hauptstadt, die sich in dem nie versiegenden Strom des Äthers badete.

 

Helmut Stein schlenderte in Werktagskleidern durch die lang gezogene Lindenallee. Öfters blieb er stehen. Sein Blick ging manchmal bewusst an den nahezu entlaubten Lindenbäumen empor, durch die Äste, die scheinbar wie gequälte Arme, mit aufgestülpten Hemdsärmeln, nach längst verdunsteten Regenwolken griffen.

 

Ein Auto bremste hart am Bordstein, wo er stehen geblieben war.  Einen Augenblick lang betrachtete er seine Gestalt, die sich mit gewölbtem Bauch in der glänzenden Karosserie spiegelte. Sein Spiegelbild war so verunstaltet, dass es schien als habe er mehr als genug vom guten Leben mit sich herumzutragen, fast wie der Direktor einer erfolgreichen Fabrik.

 

Verärgert ging er bis in die Nähe des Zeitungsstandes, in welchem ein älterer Mann sich mit einer Strickarbeit beschäftigte. Nein, es konnte keine Sinnestäuschung sein. Verblüfft starrte er noch einmal hin, um sich zu vergewissern, dass es kein Irrtum sei.

 

Nein, das schien alles pure Realität zu sein. Er konnte ja auch  die Titel der Pocket Bücher und die Schlagzeilen der Tagespresse genau lesen. Da stand der Kardinal von Norton Robinson, der Idiot von Dostojewskij, der alte Mann und das Meer von Hemingway; sogar verbarg sich unter dem flammenden Schutzumschlag, neben dem halb offenen Fenster der  berühmte Roman von Boris Pasternak, Dr. Schiwago. Genau dies alles konnte er sehen und der Mann hielt die Strickarbeit wirklich in seinen Händen. Es war also kein Trugbild. Und nun zählte der Mann mit vorgestrecktem Zeigefinger die bereits geschlungenen Maschen an den gelben Stricknadeln.

 

Wie unvernünftig schien dieser Mensch doch zu sein. Er befand sich wahrhaftig in herrlicher Gesellschaft. Das grenzte schon an Unverschämtheit, so einfach diese Bücher zu ignorieren, als lägen sie nur da um verkauft zu werden. Hatte er vielleicht all diese Romane bereits gelesen?  Die Bücher von Emile Zola, zum Beispiel Thérèse Raquin, den Thomas Mann, Thomas Wolfe und von dem Sprachengenie Ezra Pound.  Da lagen auch Zeitschriften, die Tagespresse. Wie konnte ein Mann bei so einem Angebot an Lektüre sich an Strickarbeiten erquicken?

 

Wenn das Glück ihm, Helmut Stein, in einer halben Stunde hold sein wird, wenn das Netz seines Planes richtig gesponnen ist, wenn also alles klappte, dann könnte er sich einige dieser bekannten Bücher leisten, um sie zu studieren. Niemals würde er sich seiner Männlichkeit berauben lassen, um sich an einer Strickarbeit zu vergreifen.

 

„Grosser Juwelenraub in England“. Die Schlagzeilen in unterschiedlichen Grössen tanzten vor seinen Augen. Juwelen, Juwelen, Juwelier….Juwelierladen. Das hatte ihn auf eine Idee gebracht.

 

Langsam schritt er weiter und versuchte wieder Ordnung in seinem verwirten Hirn zu schaffen. Alle Anschlüsse müssen in einer halben Stunde richtig schalten. Es durfte keinen Misserfolg geben.

 

Die rechte Hand hielt er tief in seiner Hosentasche vergraben, wo sie etwas nervös das Taschentuch umklammerte. Kein Passant konnte auch nur ahnen, welche Kleinode in den dunklen Falten des Taschentuchs verborgen schlummerten. Bald würden sie im Neonlicht einer Theke aufleuchten und Glanz ausstrahlen, verblüffenden, hoffentlich täuschenden ja sogar bestechenden Glanz.

 

Ob er vielleicht doch noch einmal am Zeitungskiosk vorbeikommen sollte, um gleich die Pisaner Gesänge zu kaufen. Nein, das würde er im Bücherladen tun. Nicht bei diesem verweichlichten Mann im Kiosk.

 

Während der Zeit, wo er den Eingang des gegenüberliegenden Juwelierladens  beobachtete, war kein Kunde eingetreten. Das war günstig. Sein Atem, begann schneller zu werden. In der verkrampften Rechten verspürte er den Pulsschlag seines Herzens.

 

Kalter Schweiss perlte auf seiner bereits Falten werfenden und mit Strassenstaub bedeckten Stirn. Mit einem flehenden Blick zum Himmel überquerte er die viel befahrene Strasse. Heute musste das Glück ihm beistehen. Heute, noch war es nicht zu spät.

 

Das seltsame Läuten der beiden kupfernen Hülsen an der Ladentür dröhnte in seinen Ohren wie Glockenschläge. Seine Wangen begannen zu fiebern, denn, obschon er nicht hinschaute, verspürte er, wie durchdringend ihn die beiden Kunden musterten, die er nicht hatte eintreten sehen. Sie mussten also schon länger im Laden gewesen sein. Ihr Blick haftete schon viel zu lange auf ihm. Ihnen mussten unbedingt bereits die verbogenen Kragenspitzen an seinem Hemd, die braunen Kaffeeflecken, auf der hellen Krawatte und möglicherweise sogar das Loch in seiner Schuhsohle aufgefallen sein.

 

Hätte er nicht so lange beim Eintreten gezögert, dann wäre es den beiden Kunden vielleicht nicht eingefallen sich noch einmal nach ihm umdrehen zu müssen, als die Türglocken beim Schliessen der Tür wieder erklangen.

 

Der Juwelier blickt ebenfalls herüber und liess dabei seine dunkle Hornbrille von der niedrigen Stirn auf die Höckernase rutschen. Als Helmut Stein die Klinke ins Schloss drückte, hätte er die Türglocken gerne irgendwo an einer tibetanischen Gebetmühle gewusst.

 

Er trat an den Ladentisch.

 

„Was wünschen Sie, mein Herr“?

 

„Ich habe Zeit. Bedienen sie doch Ihre werte Kundschaft zuerst. Ich kann warten.“

 

Ja er hatte Zeit, seit Langem schon war er ohne Verdienst. Verschwenderisch lag ihm die Zeit zu Füssen. Auch gingen niemanden seine privaten Angelegenheiten etwas an. Er war schliesslich ein einfacher Bürger der Stadt. Vielleicht allzu einfach. Er war kein Schah, kein Agamemnon, weder ein Japaner noch ein Eskimo, nach denen man sich unhöflich umblickt. Er war ein einfacher Bürger und  zurzeit auf Arbeitslosengeld angewiesen.

 

Der Juwelier kümmerte sich weiter um die anderen Kunden.

 

Peter Stein fuhren allerlei Gedanken durch den Kopf. Er war in Geldnot. Nicht wie dieser Peter Tee, der geschiedene neoafrikanische Topfhändler, der unter Zuchtpferden aufgewachsen ist und sich nun mit immer auffälligeren Sensationen  im Zeitgeschehen breitmachte. Wo hatte er ihn doch zuletzt gesehen mit seinem neuesten Opfer. Ach ja, drüben am Zeitungskiosk. Warum schrieb man nicht über Helmut Stein? Zum Beispiel, warum er sich in einer verzwickten finanziellen Lage befindet. Wenn er Peter Tee wäre, wüsste er ein ganz anderes Leben zu führen. Einen nennenswerten Beitrag würde er leisten zur Verbrüderung der Menschen in der ganzen Welt und ganz sicher auch für den Naturschutz.

 

Die Grenzen zwischen den Ländern würde er abschaffen, die das allererste Hindernis sind für eine schnell einsetzende Verbrüderung und die Verständigung zwischen den Völkern. Auch die vielen Sprachen würde er vereinheitlichen, deren Vielfältigkeit man so hoch einschätzt als höchstes Kulturgut. In Wirklichkeit haben sie keinen kulturellen Wert. Sie trennen die Völker, anstatt sie zu vereinen. 

 

Ihm fuhren noch weitere Gedanken durch den Kopf, als der Juwelier begann, die Kunden zu verabschieden.

 

Ja eine Weltsprache würde er einführen, den nationalen Stolz versuchen  ab zu schaffen, denn der bedingt nur eine Abkapselung von den Nachbarländern. Weg mit jeder Ideologie, und das könnte nur eine Abschaffung der Grenzen mit sich bringen.

 

Leider war er nur der unbekannte Schriftsteller Helmut Stein, der seine Schreibmaschine verpfändet hatte, um bis zum Letzten überleben zu können. Jetzt stand er hier im Juwelierladen und verfolgte einen ausgetüftelten Plan. Hoffentlich gehen die Kunden jetzt. Der Mut zur Tat hatte ihn bis hierher noch nicht verlassen.

 

Die Türglocken läuteten. Die Kunden waren bedient. Jetzt war er an der Reihe.

 

Er fühlte noch einmal das Taschentuch in seiner verkrampften Hand und trat an die Geschäftstheke. Der Juwelier sagte nichts. Er musterte seinen Kunden, um ihn richtig einschätzen zu können.

 

Helmut Stein schälte langsam seine Rechte aus der Hosentasche und legte den in ein weisses Taschentuch gehüllten Schatz auf die Glastheke. „Ich habe hier einige Kleinigkeiten. Verstehen sie bitte gut. Ich bin augenblicklich in einer recht miesen Lage. Deshalb habe ich mich schweren Herzen entschlossen, Ihnen diese Steine zum Kauf anzubieten.“

 

Unter dem grellen Schein der Thekenbeleuchtung flammen die unterschiedlich gefärbten Edelsteine auf. Ein Karneol, ein Amethyst und ein Smaragd. Er hatte sie alle fachgerecht vor dem zerstörerischen Licht abgeschirmt aufbewahrt. Nur deshalb hatten sie noch ihre kräftigen Originalfarben.

 

„Dieser Karneol stammt aus Brasilien. Den Wert kann ich nicht einschätzen, denn es ist ein Erbstück von meiner Grossmutter. Wissen sie, meinen Grossvater hatte es nach Südamerika verschlagen, von wo er meiner Mutter nicht nur diesen Stein mitgebracht hatte. Nach und nach tauchten noch mehrere solcher wertvollen Steine auf. Auch diesen Amethyst hatte er mitgebracht. Seine Herkunft ist verbrieft, dass er aus Uruguay stammt. Ein Mineraliensammler hat mir Kenntnis von seinem Wert gegeben. Er hat mir auch gesagt, dass er sich ausgezeichnet eignen würde zum Schleifen, wegen seinem prismatisch-pyramidenförmigen Wuchs. Schauen sie sich doch einmal diese herrliche dunkelviolette Farbe an. Der Mineraliensammler wollte ihn unbedingt kaufen. Er hatte mir bereits eine schöne Summe dafür angeboten, doch wollte ich mich von einem Fachmann beraten lassen. Damals wollte ich mich nicht von den Steinen trennen. Heute aber brauche ich das Geld und so will ich sie auch veräussern. Und nun schauen sie sich doch mal diesen Edelsmaragd an. Welch eine herrliche blaugrüne Farbe. Er ist nahezu durchscheinend. Mein Grossvater hat ihn aus Kolumbien mitgebracht.  Grossmutter hat immer wieder die Geschichte der Steine erwähnt und ich habe in Erinnerung, dass auch dieser Stein seine Geschichte hat. Ich könnte ihnen einige erzählen, doch das würde sie wahrscheinlich nicht interessieren.“

 

Helmut Stein nahm jetzt tief Atem, denn mit diesen letzten Worten war das alles nahezu wortwörtlich gesagt, was und wie er es sich vorgenommen hatte zu sagen.

 

Er hob den Blick und suchte vergebens das Gesicht des Juweliers im Halbdunkel hinter der  blendenden Stehlampe. Vielleicht suchte dieser bereits die Lupe, um wie mit einem Zyklopenauge die Steine zu begutachten.

 

„Haben Sie noch viele solcher Steine, Herr…..“

 

Helmut Stein zuckte zusammen. Sollte er seinen richtigen Namen sagen? Er hatte sich wenigstens vorgenommen, seinen Namen nicht zu verheimlichen.

 

„Stein, Helmut Stein. Ich hätte mich eigentlich vorstellen sollen. Mein Name ist Helmut Stein.“

 

„Ich wollte nur wissen Herr Stein, ob sie noch mehr solcher Steine besitzen.“

 

Das klang doch etwas knapp. So als wenn der Holzhändler fragt: „Möchten sie ein anderes Holz, Herr Holzmacher“ oder der Fischhändler: „Welchen Fisch möchten Sie denn Herr Fisch“. Natürlich braucht es nicht so einen galanten Namen zu sein, wie Baron von Seifenblasen oder Graf Schwertlilie. Auch Leute wie Herr Stein können Steine besitzen. Vielleicht hätte er sagen können: Herr Stein, ich wollte nur wissen, ob sie noch andere Edelmineralien besitzen?

 

„Ja, mein lieber Herr. Ich habe noch andere. Die behalte ich mir aber in der Reserve. Man weiss ja, nie wie die Zeiten sich entwickeln. Wenn sie mir ein faires Angebot machen, schliesse ich nicht aus, dass ich noch einmal zu Ihnen zurückkomme.“

 

„Einen Augenblick, Herr Stein, ich bin gleich zurück.“

 

Als er gegangen war, schaute Helmut Stein beglückt auf die schwere Sicherheitstür, die sich erstaunlich leise hinter dem Juwelier geschlossen hatte.

 

Ein Hoffnungsstrahl spielte während Sekunden nur in seinen Augen, dann nahm er die alte, ernste Miene wieder an. Ob der Händler wohl die Lupe oder sogar das Mikroskop hinzunehmen würde, um die Echtheit der Steine zu prüfen, um deren Wert einzuschätzen. Was wird er wohl bieten? Etwas zwei- oder dreihundert € pro Stück? Das wäre allerdings weit über dem eigentlichen Wert. Doch das würde ihn nicht stören, denn er brauchte Geld. Sollte der Mann mit sich handeln lassen? Wie freundlich und gefällig er doch war. Nach der Herkunft der Steine hat er überhaupt nicht gefragt.

 

Die Sicherheitstür öffnete sich so plötzlich wieder, dass Helmut Stein das Blut in den Kopf schoss vor Aufregung. Er vernahm ein gut wahrnehmbares Knacken, als diese Tür wieder ins Schloss fiel.

 

Der Juwelier liess einen schnellen Blick über seinen eigenartigen Kunden und dessen Edelsteine gleiten, während er an die Ladentür trat und diese zusperrte. Helmut Stein sah, wie er den Schlüssel in seiner Tasche versenkte. Was sich dann ereignete passte so gar nicht ins Konzept von Helmut Stein und heute noch muss er darüber nachdenken, wie sich die Ereignisse plötzlich überstürzten.

 

„Wissen Sie mein lieber Mann, bei so einem Geschäft möchte ich lieber mit meinen Kunden allein sein.“ Dann trat er etwas zurück und sagte noch etwas forscher: “Treten sie doch einmal einige Schritte zurück und sehen sie sich einmal dort drüben die goldene Uhr in der Glaskugel an.“ 

 

Helmut Stein drehte sich um und ging auf die Glaskugel zu und es ging ihm durch den Kopf, ob vielleicht der Juwelier mit ihm ein Tauschgeschäft eingehen werde. Die goldene Uhr gegen die Steine. Das wäre keinesfalls gut und so drehte er sich etwas misstrauisch schnell um und sagte:   „Welch ein Prachtstück. So etwas habe ich mir schon lange gewünscht, für meine Frau!“

 

„Hände hoch, mein lieber Freund, jetzt hab ich dich in der Hand und du wirst mir augenblicklich verraten, woher du diese Steine hast!“

 

„Mein lieber Herr, was erlauben sie sich eigentlich. Wollen sie mich überfallen, ausrauben vielleicht umbringen, wegen diesen Steinen, das ist doch purer Unsinn.  Gut ich nehme die Hände hoch. Aber das werden sie noch bereuen. Meine Frau weiss übrigens, dass ich bei Ihnen im Laden bin. Denken sie gar nicht daran mich heimlich wegschaffen zu können. Ich hatte schon damit gerechnet, dass auch sie ein niederträchtiger Schuft sein könnten, doch habe ich mich auf die Aussagen mancher Freunde verlassen. Meine Frau wird übrigens bald vor Ihrer Tür auftauchen und so wie ich sie kenne, wird sie sofort Alarm schlagen. Dann werden sie mal erleben, was es heisst, einen anständigen Kunden so zu behandeln. Dann wird Ihr Geschäft am Ende sein und sie werden im Knast landen.“

 

Das alles hatte Helmut Stein fast in einem Atemzug herausgesprudelt, wobei sich seine Stimme mehrmals überschlug.

 

Der Juwelier war bewegungslos,  sicherlich erschreckt,  aber verunsichert stehen geblieben. Er versuchte ein verkrampftes Lächeln. Seine Mundwinkel aber wollten nicht mitmachen. Seine Augen begannen zu glänzen wie Quecksilber, als ob sie Feuer spieen.

 

Das Mündungsrohr des Revolvers, den der Juwelier auf ihn gerichtet hatte, machte doch Eindruck auf Helmut Stein. In seinen Vorstellungen wurde es immer grösser, immer drohender. Was würde geschehen, wenn er jetzt abdrückt. Helmut Stein war trotz allem nicht der Kerl, für den er sich gehalten hatte. Er verspürte, wie auf einmal seine Knie weich wurden, doch er musste Kraft zeigen, den Juwelier beeindrucken.

 

„Warum schiessen sie denn nicht? "Was haben sie mit mir vor. So eine Kanaille wie sie ist mir noch nie über den Weg gelaufen und ich dachte ich würde hier ein faires Geschäft machen. Schiessen sie doch, aber sie wissen bereits, dass es keinen Ausweg mehr gibt und Ihnen das schmutzige Handwerk bald gelegt sein wird.“

 

Er schrie so laut er konnte. Vielleicht konnte man draußen sein Geschrei hören. Seine Hände über dem Kopf ballten sich zu Fäusten. Er wusste aber ganz genau, dass es womöglich sehr gefährlich werden könnte, wenn er sich jetzt zur Wehr gesetzt hätte. Er musste stark bleiben und den Theatercoup jetzt bis zum Ende durchstehen, egal was noch auf ihn zukommt.

 

Die schwere Panzertür flog plötzlich auf und herein stürmten maskierte Männer. Helmut Stein war so erschreckt, dass er nur noch einen Schrei von sich geben konnte, dann brach er wirklich ohnmächtig zusammen. Im Fallen hatte er fast das Glasgehäuse mit der wunderbaren Uhr zu Boden gerissen. 

 

„Aufstehen“! Das hörte er auf einmal ganz dicht neben seinem Kopf. Jemand war im Begriff seine Taschen zu durchsuchen. Man legte ihm Handschellen an. Die Handgelenke schmerzten ihn sofort, wenn er sie bewegte. Um ihn herum sah er nur Fratzen. Vermummte Fratzen aus dem Alltag mit beweglichen Augenwimpern. Es waren wirklich keine asiatischen Puppenaugen, die ihn anstarrten. Das was er hörte waren vertraute laute und verständliche Worte, die aus diesen Fratzen heraus gesprochen wurden. Dies alles war blitzschnell gegangen. Jetzt war er überwältigt und absolut sicher, dass der Juwelier ihn nicht doch zufällig töten könnte. Man führte ihn sofort hinaus, über den Bürgersteig,  zum Polizeiauto. Die Passanten merkten sofort, dass da einer verhaftet worden war. „Wer ist es? Was hat er angestellt?“ Niemand war unter den Passanten, der ihn kannte, der ihm sofort hätte beistehen können. Sofort hatte sich eine Menge Leute um den Polizeiwagen versammelt. Da blitzte eine Kamera. Die Männer, die ihn weggeschleppt hatten, gingen überhaupt nicht zimperlich mit ihm um. Sie kamen ihm plötzlich vor wie Menschenfresser, die ein Opfer gefunden hatten. Menschenfresser, in Uniform. Menschenfresser, mit falschem Gebiss. Fast musste er über seine Gedankengänge lachen.

 

Noch bevor er ins Polizeiauto gezerrt wurde, rief er so laut er konnte: „Ich bin unschuldig." Ich habe nichts verbrochen. So helft mir doch.“ Doch die Wagentür schloss sich und seine Worte drangen nicht mehr nach draußen. Er liess sich hinfallen, so als ob er wieder ohnmächtig geworden wäre.

 

Er öffnete die Augen erst wieder, als er in einer engen vergitterten Zelle sass. In dem Gebäude hallten die Schritte der eifrigen Diensthabenden ganz anders als in dem Gebäude, wo er ehemals angestellt war. Draußen standen zwei Männer in Zivil, die zu ihm hereinwollten. Sie kamen nahe an ihn heran.

 

„Herr Stein, Kriminalpolizei!“

 

Helmut Stein drehte sich zur Wand. Jetzt musste er seine Rolle sicher und gekonnt weiter spielen. Das verlangte seine Vorbereitung. Der Erfolg seiner Planung war bereits halbwegs gesichert. Er schrie gegen die Wand: “Lasst mich doch in Ruhe. Ihr seid Menschenschinder. Es ist doch unerhört. Die Unschuldigen fasst man, die echten Verbrecher aber lassen sie laufen. Was ist das für eine Sauerei, was werden meine Nachbarn von mir denken, wenn sie erfahren, dass ich eingelocht wurde, obschon ich nichts verbrochen habe. Mein Gott diese Schmach für meine ganze Familie. Dafür wird er berappen müssen. Dieser Schuft.“

 

Ein anderer kam näher und meinte zur Person gewandt, die ihn verhören wollte: “Lassen sie davon ab, der Mann scheint geistig gestört zu sein.“ Dieser antwortete etwas belämmert: „Wie sie wollen, ich hätte dem Lümmel etwas bessere Manieren beigebracht.“

 

Helmut Stein drehte sich sofort um, damit er dessen Gesicht noch sehen konnte. Er prägte sich das Bild ein. Das war wichtig bei einer Gerichtssitzung. Das war eine Drohung.  „Sie werden bald sehen, dass sie wiederum eine glänzende Fehlleistung vollbracht haben. Ich habe absolut nichts verbrochen. Der Juwelier ist ein Wahnsinniger. Der leidet an Verfolgungswahn und sieht hinter jedem Kunden einen potenziellen Ladendieb. Das wird er noch bereuen und sie auch, meine lieben Herren. Sie werden mich noch kennenlernen!“

 

Hätte er sich doch am Kiosk ein Buch zum Lesen gekauft. Vielleicht die Pisaner Gesänge. Sein Blick fiel auf eine Kritzelei an der Wand.

Viele kommen nach mir hierher,

Sie werden dies Sprüchlein lesen.

Manch einer ist schlechter und klüger nachher,

Als er es vorher gewesen.

 

Das betrifft nicht mich. Vielleicht haben die Abendzeitungen bereits über seinen Fall berichtet. Sicherlich werden die Korrespondenten wieder alles besser wissen. Der Ladendieb heisse Helmut Stein. Einer aus unserer Mitte. Herr Stein hat Steine gestohlen.

 

„Herr Stein!“ Das Gitter öffnete sich bereits viel früher als er erwartet hatte. „Herr Stein, es tut uns leid. Es liegt wirklich ein Missverständnis vor. Bei der Hausdurchsuchung haben wir festgestellt, dass die Steine aus Ihrer privaten Sammlung stammen. Wir fahren sie sofort nach Hause, sie werden sicher sehr müde sein. Wir wünschen Ihnen viel Glück. Und nochmals bitten wir, uns zu entschuldigen.““

 

Helmut Steins Gesicht triumphierte in allen Grübchen. Das ist aber schneller gegangen als erwartet, dachte er. An die Begleiter gewand sagte er schelmisch: „Ich hatte ja nicht einmal Zeit meine Koffer aus zu packen!“

 

Im Wagen, der ihn nach Hause fuhr, sass eine hohe Persönlichkeit.  Diese drückte ihm die Hand. Er war froh die untergehende Sonne wieder zu sehen. „Ich habe mir ihre Steinsammlung persönlich angesehen“, sagte der unbekannte Herr. Ich bin ihr Untersuchungsrichter und ich muss ihnen gratulieren für diese schöne Sammlung, die sie angelegt haben. Es muss ihnen ganz gewiss schwergefallen sein einige von den Steinen zu veräussern. Sie müssen auch verstehen, dass der Juwelier sich nicht vorstellen konnte, dass so ein junger Mann wie sie sich mit Edelsteinen abgibt.“

 

„Das können sie kaum verstehen, mein lieber Herr. Es war schon schwer sich von den Steinen trennen zu müssen. Dabei wurde ich ungewollt wie ein Verbrecher behandelt. Das ist ganz besonders schlimm.“

 

„Es ist ja aber auch ein ganz besonderer Zufall, dass sie gerade nach einem Juwelenraub in England ihre Edelsteine zum Verkauf anbieten. Die Polizei hatte jeden Juwelier vorgewarnt sofort Meldung zu erstatten, wenn Edelsteine zum Verkauf angeboten werden. Der Juwelier hat nur seine Pflicht getan. Leider hat es den Falschen erwischt. Vielleicht morgen schon trifft es besser, den oder die Richtigen. Dank der Hausdurchsuchung bei Ihnen konnten wir schnell feststellen, dass Nummer 13, 24 und 76 in ihrer Sammlung fehlten. Genau das was ich ihnen jetzt zurückgeben soll. Bitte Herr Stein.“

 

Helmut Stein nahm den Umschlag in Empfang.

 

„Ich habe aber noch einen Umschlag für sie vom Juwelier erhalten. Er hat mich gebeten ihn vielmals zu entschuldigen für seinen Irrtum. Er würde sie persönlich noch zu einem Essen  einladen. Ich soll ihnen neben den drei Steinen, dem Karneol, dem Amethyst und dem Smaragd diesen Umschlag aushändigen. Ich weiss nicht was er enthält aber es scheint mir der Juwelier möchte seinen Irrtum, mit einer entsprechenden Entschädigung wieder gutmachen. Das Paket neben ihnen auf dem Sitz hat er auch mitgegeben. Es ist eine goldene Uhr in einem Glaskasten, soviel konnte ich sehen, als er die Sachen einpackte.“

 

Helmut Stein wusste nicht, was er antworten sollte. Ihn plagte der Vorwitz so sehr schnell in den Umschlag zu schauen, was er da alles hervorblättern konnte.

 

„Nicht schlecht,“ meinte der Untersuchungsrichter, "„Ich finde das wirklich eine grosszügige Geste vom Juwelier. Ich nehme an, dass sie diese Entschädigung akzeptieren.“

 

„Naja, das ist schon ein schöner  Batzen. Doch diese peinlichen  Unannehmlichkeiten haben mich nahezu den letzten Nerv gekostet. Was meinen sie, wie ich gezittert habe, als er mir seinen Revolver vor die Nase hielt. Und was kommt noch alles auf mich zu. Das, was in den Zeitungen berichtet wurde, wird wie Pech und Schwefel an mir hängen bleiben.“

 

Als er vor seinem Haus aus dem Wagen stieg, war noch eine grosse Menge Leute dort versammelt. Sie jubelten ihm zu. Es waren seine Freunde. Seine Frau kam ihm entgegen geeilt und umarmte ihn. „Da bist du aber schön hereingesaust, mein Liebster!“

 

„Das sehe ich aber anders, meine Liebe. Zu deinem Geburtstag kann ich dir eine goldene Uhr schenken und mit dem erhaltenen Taschengeld lade ich dich ein, mit mir heute Abend auszugehen. Dann feiern wir den Erfolg gemeinsam.“

 

PS. Dies war der erste Versuch in meinem Leben, um eine längere Geschichte zu schreiben. Anlass gab mir eine wirklich angelegte Edelsteinsammlung in einem schmucken Sammlerkästchen. Mit meinem heutigen Auge sehe ich allerdings noch etliche Stolpersteine in dem Text in Form von eher juvenilen Bemerkungen. Ich habe allerdings einige Textpassagen meiner heutigen Sichtweise angepasst.

 

 

Der verschwundene Galgen

 

Die hier namentlich nicht genannte Stadt hatte nur einen Galgen. Und der genügte vollauf. Es gab auch nur einen Henker in dieser Stadt. In seinem Arbeitsbrief war festgehalten, dass er bis zu seinem Tode die Urteile durch den Strang zu vollstrecken habe.

 

Diese Nebenbeschäftigung war langweilig, denn er musste dem Verurteilten die letzte Pfeife anzünden oder ihm eine Schnulze vorsingen, je wie es dem Todgeweihten auf der Leiter in den Kopf kam.

 

So hängte er denn Männer und Frauen, Kinder und sogar Tiere, denn diese oblagen demselben Gesetz wie die Menschen. Das hatten die Politiker so gewollt und die Gewerkschaftler ebenso. Nur die Tierschützer und die Grünen, wohl verstanden alle Grünliche, auch jene, die mehr zum Blauen neigten, versuchten ihre Einwände vorzubringen.

 

Hatte ein Pferd jemanden mit seinem Huf in den Magen getreten, so kam es vor Gericht, und weil es keinen Verteidiger aus dem Tierreich hatte, und es sich nicht verteidigen konnte, trotzdem doch verurteilt werden musste, so wurde es meistens gehängt. So erging es Stieren, Hunden, den Katzen und sogar auch Papageien, wahrscheinlich weil sie nicht tolerierten Unfug ausgeplaudert hatten. Nachher wurden die Kadaver verbrannt.

 

Die Hinrichtungskosten zahlte der Staat in Form von aussergewöhnlichen Spesen an den Henker, denn er musste den Tieren in Erfüllung eines letzten Wunsches einen üppigen Frass zubereiten und das kostete Geld.

 

Nun, eines Morgens als man geschlossen zur ersten Hinrichtung des Tages, auf dem Marktplatz vor dem Stadthaus erschien, war der Galgen verschwunden.

 

Der Richter setzte seine Brille auf. Die Advokaten schirmten ihre Augen vor der grellen Sonne und alle harrten auf der Stelle, wo gestern noch der Galgen stand.

 

Der Richter rief: „Im Namen des Gesetzes und des scheinheiligen Teufels, Galgen wo bist du?“

 

Die Advokaten drehten sich nach allen Richtungen und riefen; „Galgen wo bist du?“

 

Die Zuschauer aber blickten mit frohem Herzen auf die Kuh, die gehängt werden sollte, und kniffen ihr ein Auge zu. Als das Tier hörte, wie man nach allen Richtungen rief, glaubte es noch ein gutes Werk zu verrichten und muhte plötzlich so laut, dass der Richter und die Advokaten erschrocken herumfuhren.  Die Kuh markierte alsdann die Strasse, um den Weg in den eigenen Stall wiederfinden zu können.

 

„Henker“ rief der Richter. Als niemand sich rührte, stiess einer der Advokaten den Richter in die Seite und flüsterte ihm ins Ohr. „Der Henker wurde doch von der Kuh getötet. Das elende Vieh hat ihn doch mit den Hörnern aufgespiesst.“

 

„Ach ja, wo sind denn nur meine Gedanken. Und der Galgen, wo ist der denn?“

 

„Ist ebenfalls nicht mehr vorhanden. Vielleicht hatte der Henker ihn mit nach  Hause genommen. Wir müssen sein Haus durchsuchen.“

 

Eine Karawane, wie bei einem Leichenzug, setzte sich in Bewegung und zog zu dem Haus des Henkers. Hinterher trabte die Kuh und seufzte ab und zu, wahrscheinlich um die Prozession anzukünden. Es wurden der Leute immer mehr die hinterher gingen und so kam man zum Hause des Toten.

 

Das Hohe Gericht trat zögernd über die Schwelle und die Menge gaffte im Kreis um die Kuh herum, die mit dem Schwanz hin und her wedelte.

 

Als der Richter und die Advokaten im Haus waren, verteilten sie sich in den Gemächern, um nach dem verschwundenen Galgen zu suchen. Dem Richter stand der Schweiss auf der Stirne, denn für ihn war dies eine schwere Arbeit und er hatte Angst. Dazu beschäftigten ihn noch allerlei Gedanken. Was sollte werden, wenn man den Galgen nicht wieder findet?

 

So begann er denn im ganzen Haus hin und her zu laufen, bis er in das Zimmer kam, wo der Henker aufgebahrt war. Er blieb zuerst erschrocken stehen, dann nahm er den Zylinder vom Kopf und schaute andachtsvoll auf die Bahre. Seine Blicke wanderten dann aber umher, bis sie plötzlich auf einer Inschrift ruhten, die auf dem Sarg geschrieben stand.

 

Hier ruht der letzte Henker,

Ein Meister seiner Art

Er war ein grosser Denker,

Gott hat es ihm erspart

Die eigne Kuh zu hängen

Die aufgespiesst ihn hat.

 

Der Richter ging staunend auf die andere Seite des Sarges und las da weiter.

 

Den Galgen den man suchet

Ist hier,

Der Henker schläft darin.

 

Auf der rechten Seite las der Richter weiter.

 

Es war ihm nicht gegönnt,

Den Herrn zu überleben

Er hätt ihn gern gehänget

Ihm sei darob vergeben.

 

Sein Wunsch der allerletzte

Soll in Erfüllung gehen.

Will laut Gesetz den Richter

Am Baum jetzt hängen sehen.

 

 

Ob der Advokat, wie seine Kollegen das auch tun, ein Märchen erfunden hatte, das wurde nicht hinterfragt. Auf jeden Fall der Henker lebte noch lange unerkannt in einem Nachbarort.

 

HB war der erste, der mir schrieb um mich zu belehren, dass die Geschichte nicht wahr sein konnte. Hiermit sei ihm Recht gegeben.

 

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Drang und Genuss! - Ein Aufstossen.

 

Wenn das Herz überläuft an seltenen Wassern poetischer Farbe, erhellt sich mein Alltag und der Stumpfsinn des Gewöhnlichen spitzt sich zu und wird zu einem treibenden Keil, von verheissender Gewalt.

 

Wenn jedoch das Herz Befriedigung sucht ob des Geschriebenen, quälen es tausend Feuer des Harrens und der Erwartung, die mit einem Schlag erlöschen, wenn der ersehnte Tag kommt und der Erfolg, der Wunschtraum im Nichts versinkt, wie der blaue Dunst einer Zigarette oder eines Streichholzes. Es war dann nur ein kurzes Aufflammen, ein Brennen ohne Beständigkeit, ein Verbrennen im Drang nach Erfolg nach Anklang in sogenannten Kennerhirnen. Doch Kapazitäten wie G.S., die durch ein lapidares Schweigen abweisen, schlagen mir meine Brände nicht und nie in alle Winde, denn immerfort brennen die Stürme dieses inneren Dranges, die nicht an sich selbst vergötternden Klippen verstummen, sondern mit immer gewaltigerem Anlauf an sie aufprallen, um sie in ihrem frostigen Dasein zu erschüttern.

 

Einmal jedoch muss das Herz Befriedigung finden, um erkannt in diesen poetischen Gefilden zu lustwandeln, über ihnen zu kreisen wie ein stolzer Aar über den bezaubernden Tiefen der Macht eines herrlichen Gedankens. Hinaus möchte ich und fliehen vor diesem langsamen Sterben, diesem verheerenden Dahinvegetieren vor zahnlosen Fleischfressern oder Chlorophyll weidender Vegetarier, hineinstürmen in den irren Sturm der mächtige Wogen schlagenden Gehirnmassen.

 

Fort möchte ich gehen, in die Welt freier Gedanken, diesem Scheusal Erdgebundenheit entrinnen, sie alle zu meiden, diese impotenten fast hysterischen Kopfschüttler, die andere Trottel zu nennen wagen und selbst in eigener Trottelhaftigkeit schwelgen und selber zugrunde gehen wie Krebskrankheiten in einem todkranken Menschen.

 

Und wenn Du nicht wärst, Du die mir alle diese frommen Gaben eingehaucht hast, so lägen alle Hirnstränge lahm und könnten sich nicht am steten Aufbau erquicken. Sie lägen brütend in der schwülen Sonne des Alltags auf unbefruchtetem Gelege. Brütend, die weiche Gehirnmasse, die schwammig und doch unbewegt der Austrocknung entgegen sähe, wie die verrinnsalenden Wasser einer Oase in der Wüste.

 

Nur Du vermagst diesen Bogen immer wieder zu spannen, der meine Pfeile hinausspielt in alle Winde, hinaus in den unbeseelten Augenblick des Vergessens, um sie zu treffen die enthuschenden beflügelten Gedanken, um sie zu geniessen und sie im munteren Spiel von Herz und Sinn zu kneten und zu versinnbildlichen wenn auch manchmal nur wie eine scheue Plastik, die den Augen eines Kenners ein viereckiger Feigenbaum zu sein scheint.

 

Bleibe an meiner Seite und enthülle fortan die frömmsten Gedanken, sporne sie an sich zu entpuppen, wenn auch nur als Eintagsfliege, so hätte, sie doch diesen einen erquickenden Genuss, einmal das Licht des Tages erlebt zu haben, um dann wieder zu entschlummern, um neuem Gebären freien Lauf zu lassen, sich zu entwickeln und vielleicht in demselben Augenblick, in demselben Stadium wieder zu versinken in den Abgrund des Vergessens.

5.1.1957

 

 

Mallorca

(Spanische Bilder von H. Reger)

(Aufgenommen in die „Kleine Anthologie“ – Die Warte – Jahrbuch 1958)

 

Die bunten Fahnen von Melsbroek flatterten im frischen Wind. Ein fröhliches Propellersingen sprang vom Flugfeld herauf auf die dicht belebte Terrasse und meine Gedanken eilten dem metallenen Vogel auf seinem Flug nach dem sonnigen Süden voraus, jenem Landstrich zu, der einem frischgebackenen Ehepaar für einige Wochen zum Erlebnis werden sollte.

 

Bilder gaukelten uns schon Wochen vorher in malerischen Skizzen im Geiste, doch jene, die uns erstanden, sollten an der Wirklichkeit verblassen.

 

Nachdem der blaue Vogel, das Alltagsgeräusch fliehend, sich hinauf unter die hellblaue Schädeldecke des Himmelsgewölbes geschwungen hatte, schrumpfte das wie ein hinter schaumig geschlagenem Eiweiss verstecktes Schachbrett Frankreichs zu immer kleiner werdenden geometrischen Figuren, dass es einem unglaublich schien, dass sich dort unten auf den Ameisenpfaden schwere Lastwagen träge dahin schoben, dass auf dem kaum wie eine Handfläche grossen dunklen Punkt ein

Hüttenwerk stand.

 

Ein erfreulicher Anblick und noch mehr, die Empfindung der Waschbrunnenpolitik, den staubigen Akten des Alltags und anderen Übeln mehr, entronnen zu sein und ... genug, schliesslich sind es doch spanische Bilder, die hier folgen sollen.

 

Mallorca: Ein die Arme zum Empfang weit öffnendes Land, Sonnen durchdrungen, schwelgend in friedlichem Hauch aromatischer Lüfte, umspült vom gigantischen Wellenzauber des Mittelländischen Meeres.

 

Orangenfarbig hängt die Abendsonne über der ,,Serralada de Tramuntana", taucht ihre verglühenden Strahlen ein letztes Mal in die tiefblaue Bucht von Palma und im eleganten Stadtviertel ,,Terreno" werden die gelben Schatten allmählich länger.

 

Wie ein Traumschloss aus Tausendundeinernacht hebt sich das Kastell Bellver gegen den schillernden Abendhimmel. Ein lauer Wind wiegt sich in der mit lichtem Nadelholz bewaldeten Anhöhe und raunt ein schweres Lied aus vergangener Zeit.

Mallorca: ,,La isla de la calma " schreibt Santiago Rusinol, und fürwahr, hier scheint die Geburtsstätte der Ruhe zu sein.

 

Und doch spricht das Leben in der Stadt im Gegensatz: ein Ameisenhaufen voll Feuer.

 

Wenn man Spanien sagt, denkt man Sonnenglut, feuriges Gemüt, man denkt Fiesta, Corrida, Bolero, Malagawein und doch schiebt sich wie ein erquickender Schatten zwischen diese Gewalten das unabänderliche gleiche Tempo, die Gelassenheit, die Entspannung, die Ruhe.

 

Betrachtest Du den Spanier, wie er mit tiefer Andacht vor dem Altar, der Messe beiwohnt, dann glaubst Du Dich an ihm geirrt zu haben, doch solltest Du denselben am Nachmittag in der Arena beim Stierkampf erblicken, so täte sich seine grosse Welt  Dir auf. Er schreit: ,,olé“, er pfeift, fuchtelt mit den Armen, kämpft mit dem Matador und ärgert sich, weil das Wetter drückend schwül und damit ungünstig, für einen Stierkampf ist. Der Stier ist zu träge und der Spanier schreit ,,otro Toro"  und kann sich fast nicht halten, weil das Tier nicht wild genug ist.

 

Mallorca eine Insel, wo einem die Widersprüche ins Auge schreien, beherrscht von der drückenden Sonne und der Guardia civil.

 

Der Fischer sitzt gelassen, in dunkler Kleidung, in der prallen Nachmittagssonne, die auf seinem vom Meerwasser rostbraun gefärbten Strohhut brennt und knüpft einen Knoten nach dem andern, an seinen Netzen; der abgemagerte Rappe dreht Schritt für Schritt die Winde am Hebebrunnen; der in graue Uniform gekleidete Kutscher sitzt tief zurückgelehnt auf seiner mit Rot und Blau gestrichenen Kutsche und denkt wie alle Spanier, die ihre Arbeit nicht aufs Heute beschränken, ,,maniana" ist noch ein Tag“.

 

Am Hafeneingang, im Schatten der Palmenallee denkt er ,,maniana" kommt wieder ein Schiff; der Taxi-Chauffeur am Flughafen denkt, ,,maniana" kommen wieder Gäste.

 

Von wo sie sind und wer sie sind, interessiert ihn wenig, wenn er nur wieder mit einer schweren Fracht auf seinem aus dem vorigen Jahrhundert stammenden Wagen, den er wie ein Kleinod bedient, wie ein richtiger Herr fahren kann. Vielleicht auch mal wieder über die Eselsbrücke oder am Marktplatz vorbei, wo sein Bruder Blumen feilbietet, nicht um des kleinen Umweges wegen, wofür er nicht mehr bezahlt haben will, nein, vielleicht nur um dem unkundigen Passagier zu zeigen, dass er es ist, der ihn zum Hotel bringt. Er fährt wie ein Prinz, lässt den linken Arm zum Fenster hinaushängen, nicht weil er sich rühmen will, mit einer Hand fahren zu können, nein, nur um zu zeigen, dass er an der nächsten Strassenecke nach links fährt, oder die Hand zum Dach erhebend das Zeichen zum Rechtseinbiegen gibt. Dies geschieht alles in frommer Gelassenheit, ohne Hast und obschon seine glänzenden dunklen Äuglein ständig auf der Suche sind, nach einem Ausweg aus dem Verkehrslabyrinth, bleibt sein Gesicht immer wie das einer Büste nach vorne gerichtet. Was links oder rechts vorbeifährt, scheint er mit unsichtbaren Fühlern wahrzunehmen.

 

Wenn Du beim Aussteigen eine Peseta über die belaufende Rechnung, die unwahrscheinlich klein ist, herausgibst, verneigt er sich würdevoll, wünscht Dir ein ,,buenos dies" oder ,,buenas tardes", je nach der Tageszeit und trägt zu Deinem Erstaunen die Koffer bis in Dein Hotelzimmer. Du kannst nicht anders und gibst wieder einige Peseta und er verlässt Dich dankbar lächelnd mit einer stolzen Verneigung, so dass Du Dich verpflichtet fühlst, denselben bei Bedarf wieder zu rufen.

 

Dann wirst Du zu Deinem Erstaunen feststellen, dass sie alle so sind.

 

Langsam, wie Schnecken, bewegen sich die Leute, in tiefschwarze Kleider gehüllt, durch die Gassen, dass einem bei dem Anblick der Schweiss auf die Stirne tritt, und sie scheinen alle arbeitslos zu sein. Schaut man aber etwas genauer hin, dann wird man alles entdecken. Ein jeder hat seine kleine Beschäftigung.

 

Der junge Kerl, der mit beiden Händen in den verlotterten Hosentaschen, durch die Gasse zu strolchen scheint, redet Dich mit vorsichtig umherschweifendem Blick an, fördert einige ausländische Rauchwaren zutage und bietet sie Dir zu einem Spottpreis an. Schmuggelware natürlich, aber ein Geschäftszweig.

 

Da steht ein Blinder, wie eben so viele auf der Insel, an der Strassenecke und schreit mit leerem Blick irgendwelche unverständlich zusammengeschweisste Worte in die vorübergleitende Menschenmenge. Er bietet Lose von einem Glücksspiel an; dort trippelt ein altes Männlein, die drückende Sonne meidend, die ihn während sechzig und mehr Jahren zusammengeschrumpft hat, unter den Schatten spendenden Sonnendächern der Bodegas und möchte dem Fremden die Schuhe putzen; hier ein kleines Kind mit einem Korb voll Süssigkeiten, dort ein Maler, der mit aussergewöhnlicher Schnelligkeit die Wahrzeichen der Stadt mit geschickter Hand auf das Zeichenblatt zaubert und überall durch diesen Tumult von Geschäftigkeit, windet sich die Schlange der tausend und abertausend Touristen, sich erbauend an diesem kindlich scheinenden Treiben.

 

Dort steht schon seit 10 Uhr der hellbraune Esel mit dem ihn an Umfang übertreffenden Heuschober auf den Rücken geschnallt an der breiten Treppe, die von der grossen Geschäftsstrasse hinab in die Nebengassen führt, wackelt ab und zu mit den langen Ohren und freut sich sicherlich von Tausenden bewundert, begafft und zum Postkartenbild der Stadt geworden zu sein.

 

Ein alter Strohhut, in den der stolze Inhaber des Esels zwei Löcher für die Ohren geschnitten hat, ist dem braven Tier über den Kopf gestülpt, damit  ihm die pralle Sonne nicht sein Eselsgehirn ausdörre.

 

Jedermann sucht den wohltuenden Schatten auf, der ungefähr dem Werte unseres Sonnenscheins nachkommt. Seltene Ware, die der treue Hund auf seines Meisters Fährte durch die Stadt, unter dem Eselskarren aufsucht und eben so langsam, oder so angetrieben wie das Gespann, sein Tempo dem über  ihm dahin gleitenden Schatten anpasst.

 

Wenn Dein Blick irgendwo durch die geschwungenen Bögen der Hauseingänge irrt, steigt jedes Mal der fromme Wunsch auf, Eigentümer dieses Hauses zu sein. Selten wird jedoch hierzulande der einfache Mann sich solch ein ,,Patio" oder Innenhof leisten können. Man fühlt sich in der Tat vor einem herrschaftlichen Haus.

 

Der unausbleibliche Brunnen in der Mitte des Hofes, überwuchert mit zartem Grün, ein niedliches Gefäss, bereit den erfrischenden Trunk aus der Tiefe zu holen, pendelt hin und her; dickbauchige Vasen, aus denen armstarke Agavenblätter hervor schiessen; irgendwo in einem sonnenüberschwemmten Winkel heben und senken sich die gefiederten Arme einer wuchtigen Palme. Die breite Treppe zum Wohngeschoss hinauf läuft ein in künstlerischen Formen geschwungenes Schmiedeeisengeländer.

 

Wenn am späten Abend die Sonne hinter der Gebirgskette ins Meer getaucht ist und in den engen Gassen Gitarrenspiel aus den matt erhellten  Wirtshäusern erklingt, dann flammen plötzlich tausend Lichter auf und das herrliche Spiel schnürt Dir die Kehle, der ein Freudeschrei entschlüpfen möchte und Du summst mit den reinen Saiten des Instrumentes:

 

Ein Lichtermeer,

Wie bunte Perlenschnur

Schwebt träumend zwischen Meer und Land.

Gitarrenspiel

Erklingt im lauen Wind

Und küsst die fromme Nacht.

Und wie ein Traum

Voll Wahrheit Wärme trinkt,

Jubelt dein Herz und lauschet glückerfüllt.

 

Eine breite Strasse geleitet Dich hinein ins Land. Vielleicht zu den Grotten von

Genova, die mutmasslich vulkanischer Herkunft sind. Hier umhüllt Dich plötzlich ein Farbenspiel ungekannter Pracht. Wie Igelstacheln hängen die spitzen Tropfsteine abwechselnd in einem rötlichen oder grünlichen Lampenschimmer. Einzelne Tropfen fallen mit kristallenem Klang hernieder und heben sich wieder von unten empor in den märchenhaftesten Gebilden.

 

Der Führer zeigt Dir allerlei Bilder und kraft einiger Fantasie erkennst Du das ,,Märchenland Schneewittchens“, ,,Dantes Unterwelt“, das ,,Vipernnest“, den , Venustempel“ und ganz im Hintergrund glaubst Du das  "Heiligenbild der Madonna mit dem Kind“ zu erkennen. Wie ein melancholischer Harfenton erklingt ein sanfter Fingerschlag gegen die ,,Theaterdekoration" und die ,,Tempelsäule" läutet feierlich wie ein Gong.

Die Grotten von Genova sind die kleinsten der Insel, aber auch bei weitem die schönsten.

 

Wenn Dich der Grottenzauber aber weiterhin verlockt, so begib Dich in die Drachengrotte bei Porto Cristo. Ein ungefähr 200 Meter langer unterirdischer See nimmt Dich nach kurzem Weg auf, und lautlos gleitet die Barke über die grüne spiegelglatte Fläche, unter den herrlich beleuchteten Mammutstalaktiten hindurch, an denen man deutlich Bruchstellen erkennt, herrührend von einem frühgeschichtlichen Erdbeben. Die Stalagmiten haben sich im Lauf von Jahrtausenden so empor gearbeitet, dass nur noch einige Meter ihre Spitze, von schon meterlangen wie mächtige Eiszapfen herunterhängenden Stalaktiten trennen.

 

Wenn das Glück Dir hold ist, dann wird sich Dir ein Erlebnis ins Gedächtnis einschreiben, das Du niemals vergessen wirst. Auf dem smaragdenen See gibt zur Touristenzeit, einige Male in der Woche, ein Symphonieorchester ein neoklassisches Konzert, das noch lange wegen der Klangreinheit und seiner feierlichen Verschmelzung mit dem kristallenen Echo in Deinen Ohren singen wird.

 

Eine kleine Anekdote will ich hier einschieben, damit man sich ungefähr ein Bild über die Touristen machen kann.

 

Jeden Tag landen nahezu 125 Verkehrsflugzeuge auf der Insel, die neben dem Personenverkehrsflughafen nur noch einen militärischen Flughafen besitzt.

 

Eines Tages, wir hatten uns die Strasse nach ,,Camp de Mar", einem Badestrand, dem Ruf nach der romantischste, auf der vermaledeiten, ich umschreibe, damit man mich nicht missverstehe, also auf der äußerst heimtückischen Karte von Mallorca (Massstab 1:200 000), herausgesucht, und wir fuhren durch einen kleinen Strandort, wo wir vergeblich Ausschau nach einem Wegweiser hielten. Um der Möglichkeit auszuweichen, auf falscher Strasse zu irren, hielten wir aufs Geratewohl bei einem älteren Touristenpaar an, augenscheinlich, der Kleidung und der rötlichen Gesichtsfarbe nach Amerikaner und es entspann sich folgendes Gespräch.

 

,,Camp de Mar this direction?" dabei zeigte ich die von Rosskastanienbäumen beschattete Allee hinunter! 

,,Yes, only a few miles from here, a very, very.." der angebliche Amerikaner suchte nach einem Wort, das ihm nicht gleich einfiel. Ohne sich um den begonnenen Satz zu kümmern, fragte er mich in ziemlichem einwandfreiem Tone:

 

,,Est - ce que vous parlez le français?"

 

Ah, denke ich, da hast du dich also kräftig geirrt und einigermassen stolz, dass ich auch so mit ihm reden konnte, erwiderte ich: « Oui Monsieur, je voudrais savoir si nous sommes sur la bonne route pour Camp de Mar. »

 

Mit einem Lächeln an seine Frau gewandt, rief er ihr zu: ,,Paula, komm mal einen Augenblick herüber und sag den Leuten, wohin es auf Camp de Mar geht, sie sprechen französisch.“

 

Es ging nicht ohnehin, wir brachen in ein schallendes Gelächter aus, als wir festgestellt hatten, wie Brücken schlagend die fremden Sprachen sind.

 

„Ach so, Sie sprechen auch deutsch. Sie sind gewiss auch Deutsche“, wendete der Herr verblüfft ein.

 

Ich musterte meine Frau einmal prüfenden Blickes und konnte mit Beruhigung sagen:

 

,,Nein werter Herr, wir sind von Luxemburg.“

 

,,Luxemburg, ... Luxemburg, “ murmelte er und in Gedanken blätterte er in seinem grossen Hausatlas. ,,Das liegt in Holland, nicht wahr.“

 „Grosser Gott“! Nach einer kurzen Erklärung meinerseits fand er sich in seiner Geografie zurecht und platzte heraus: „Dann haben sie ja dieselbe Muttersprache wie wir.“

 

Das war mir nun doch ein bisschen viel, obschon ich die deutsche Sprache gerne mag, konnte mir diese Feststellung nicht recht behagen.

 

,,Im Gegenteil“, belehrte ich ihn, „wir haben unsere eigene Sprache und sprechen sogar viel englisch.“

 

Ein Gedankenblitz erleichterte mir den Beweis hierzu:

,,Da Sie ja englisch verstehen, hören Sie mal einen Satz im Luxemburger Dialekt: Eng gudd frösch Appeltart „ (ein Satz, den ich von meinem amerikanischen Professor hatte) klingt das nicht Englisch?“

 

,Auffallend eine sehr interessante Sprache!“

 

Nach einigem Hin und Her trennten wir uns von dem Amerikaner aus Stuttgart! mit ,,Danke, gute Reise und auf Wiedersehen." Mit heimlicher Genugtuung im Herzen liess ich den Motorroller schnurren und wir gelangten auch bald nach Camp de Mar.

 

Banalbufar liegt an der nördlichen Küste von Mallorca. Das war unser nächstes Ziel und fürwahr ein Ziel wie bei irgendeinem Motocross. Kaum dass wir auf gewundener Strasse während einigen Kilometern an Esporlas vorbeigefahren waren, verwandelte sich die schöne Strasse plötzlich in einen weit ausgebreiteten Schotterhaufen. Einfach unbeschreiblich.

 

Rechts und links eine Schutzmauer, damit man nicht aus Versehen in den Olivenhain fährt und dann geht es an tausend und abermals so vielen Schlaglöchern vorbei und hindurch, hinauf auf die ,,Serralada de Tramuntana". Der galoppierende Ton beim Ausspruch dieser geographischen Bezeichnung liess mich sie gleich in die Praxis einflechten und bezog mich auf das Sprichwort: ,,Wer selten reitet, dem blättert..."

 

Nun, ich wollte alles erleben, was das weise Sprichwort sagt, und trotzdem nach Banalbufar gelangen. Gelungen ist es uns und wie.

 

Nachdem wir einige Zeit auf der etwas besser gewordenen Kammstrasse geholpert waren, erhaschte mein Blick an einem mächtigen Felsblock die blaue Inschrift ,,Puerto", mit einem Pfeil nach rechts. Da ich für alle Fälle die Kamera mitgenommen hatte, wollte ich mir den grandiosen Ausblick auf den Hafen nicht entgehen lassen.

Also zum Hafen ging es auf einem Seitenweg, anscheinend, nach spanischen Begriffen, eine Strassenkreuzung und nachdem die ersten Meter hinter uns lagen, waren wir schon darauf gefasst, was uns noch bevorstand.

 

Fahrbreite ungefähr 2 Meter, davon drei Teile befahrbar, da tiefe Doppelrinne von Eselkarren vorhanden, so hatte mich der Touringclub belehrt.

 

Da der frische Meereswind aber schon in den Blumen spielte, vermutete ich den Hafen nicht weit entfernt, schaltete den ersten Gang ein und mit gutem Mut fuhren wir dem Schauspiel entgegen.

 

Ich muss gestehen, die Strasse war abwechslungsreich. Doppelrinne von Eselskarren, Wasserrinne von links und rechts, Steine und dürres Geäst überall und dazwischen fusstiefer Sand.

 

Wie von einem betrunkenen Fahrer gesteuert, holperte der Roller jedoch fein meinen

Befehlen gehorchend den Bergweg hinunter. ,,Erster Gang, Bremse, Gas, da Tourenzahlverlust, Linkskurve mit Furche und Sand, Stopp, Gas und an einer scharfen aufsteigenden Kurve drehte das Triebrad wohl, aber immer tiefer in den Sand.

 

Absteigen war ein Gebot des Fallgesetzes. Den Motor wieder anwirft eine Notwendigkeit der Zeit und daneben hergehen und schieben eine Folge des halben Meter hohen Schuttes.

 

Trotzdem knatterten wir bald wieder dahin. Immer steiler ging es bergab, immer enger der Weg, immer gefährlicher die Böschung, und nachdem die Sonnenglut und die Anstrengung uns dicke Schweissbäche im Rücken ans Rieseln gebracht hatten, traf uns fast der Schlag. Nach einer “Himmelfahrt“ ins Tal von einer Stunde, versperrte uns plötzlich ein eisernes Tor den Weg.

 

Schon lange hatten wir das verheissungsvolle Meer gesehen, aber nicht den Hafen. Als wir uns stutzig oder traurig, wie man es nehmen will, umwandten, schienen die Bergzacken verhohlen zu lächeln, die tausendjährigen Olivenbäume schienen vor Genuss die Arme in die Luft zu werfen, oder sich vor Lachen zu krümmen. Aber alles war still. Und diese friedliche Stille erquickte uns, nachdem wir den Motor abgestellt hatten, in scheinbar kondensierter Packung.

 

Weit und breit kein Mensch, keine Seele, kein Laut, ... doch irgendwo im Olivenhain bellte ein Hund.

 

Als wir das gut versteckte Gehöft erreicht hatten, lockte der freundliche Hund seinen Meister heraus. Glücklicherweise konnte ich mich mit diesem Götterboten verständigen, da er etliche Jahre in Marseille verbracht hatte.

 

,,Le port est là-bas", dabei deutete er hinab in einen Olivenbaumwirrwarr, ,,mais le chemin est caputo". Er unterstrich seine Worte mit einer flachen Handbewegung, als schien der Weg von der Erde weggeblasen.

 

Es blieb uns nichts anders übrig, als denselben Weg wieder hinauf.

 

Die Stadt Banalbufar haben wir gesehen, trotz allem, terrassenförmig in die steile Küste angelegt. Der Hafen aber blieb für uns ein stiller, einsamer, verlassener Ort, den nur ein tollkühner Motorradler (wie etwas später auch unser Kellner) mit stundenlangem Geknatter halbwegs erreichen konnte, um dann vor dem ,,chemin caputo" mit einem langen Gesicht kehrt zu machen.

 

Der freundliche Portier in unserm Hotel tröstete uns mit den Worten:

Die schönsten Ecken Mallorcas sind nur den Leuten zugänglich, die über einen guten Schuss Humor verfügen und sie werden für ihre Anstrengung auch gründlich belohnt.

 

Das glaubten wir erst recht, als wir die Haarnadelkurven von Soller hinter uns hatten, die tiefen Schluchten und Steilhänge der felszerklüfteten Küstenstadt Calobra, die sandigen und öden Fichtenhaine von Puntas Salinas, mit ihren Labyrinthwegen inmitten der Salzgewinnungsanlagen, die in dichte Obstbaumbestände eingezwängten Irrwege von Cala Santany und noch anderes mehr.

 

Mallorca ist ein Paradies.

 

Wild zerklüftet, herrliche Sonnenanlagen, traumhafte Blumenkulturen, einladende Orangen- und Zitronenfelder, und an der ganzen nördlichen Küste, die schon erwähnte ,,Serralada de Tramuntana", mit ihren idyllischen Sandwegen und den bezaubernden Örtchen, die wie gewaltige Herbergen während des ganzen Jahres die unzählige Touristenschar aufsaugen und sie wieder ausspeien, wenn diese glückgesättigt nach Hause ziehen müssen.

 

In der ,,Casa Bonet“ einem Stickereiwarenmuseum Palmas, fanden wir unter hundert andern Ovationen diese:

 

« Si vous ne croyez pas au Paradis, venez à Mallorca. Quand vous aurez vu l’île de beauté et de charme, vous ne voudrez peut-être plus connaître l'autre Paradis ou alors le plus tard possible.»

 

Dass diese Worte aus einem beglückten Mund kamen, bewiesen uns nicht nur die eigenen Eindrücke, sondern auch die Tatsache, dass viele Mitteleuropäer sich dort angesiedelt haben und schon vorher markante Personen wie, um nur zwei zu nennen, Chopin und Georges Sand etliche Wochen auf der Insel verbrachten.

 

Im Augenblick fällt mir ein Ausschnitt der ,,National Geographic Magazine" ein, in dem Jean und Franc Shor schreiben, in ihrem Artikel über ,,The Balearics Are Booming". - ,,No one leaves Majorca voluntarily.”

 

Ein Freund riet ihnen: ,,Make sure you have return reservations confirmed and paid for before you leave!”

 

,,Why?"

 

,,First because the island is packed. Airlines and boats are running extra schedules and still can handle the traffic. But maybe even more because Majorca seems to do something to people once they get them. You won’t want to leave, it’ll take bookings made and paid for to get you away.”

 

Den Touristen, die einen Ausflug nach Valdemosa machen, wo Chopin die Regentropfenprelude komponierte, als er eines Nachts vergebens auf seine Geliebte wartete und draußen ein infernales Gewitter über die Landschaft niederging, denen gibt man eine Adresse an: ,,Casa de la Musica Soldado Bonilla Mir."

 

In der ,,Casa de la Musica“ trifft man auf eine charmante deutsche Chopinpianistin, ehemals Musikprofessorin in Düsseldorf, Frau Ilse Jenssen. Mit ihren drei Katzen (zwei wilde und ein Angorakater, ,,Peter" genannt), ihren zwei Schildkröten und des Nachbars Hund, ist Frau Jenssen wohl neben ihren vortrefflichen Chopininterpretationen in die Mallorkinische Touristengeschichte eingegangen.

 

Frau Jenssen empfing uns mit einer, in ihrem Hausbrunnen gekühlte Flasche Malagawein und erzählte uns manche Episoden aus ihrem durchaus nicht immer erfolgreichen Leben. Erfolgreich in puncto Musik wohl, aber nicht in privaten Unternehmungen.

 

Als Frau Jenssen uns von ihrem Können überzeugt hatte, konnte ich nicht anders und schrieb in ihr Gästebuch:

,

 

Es klingt als weckten Engelflügel

Der Tasten wundersamen Sang,

Als ob der Lieder freie Zügel

Erstürmen jenen steilen Hang

Wo träumet nur noch Glück und Freude.

 

Frau Jenssen kennt Palma und ganz Palma kennt sie. Als äußerst strenges Mitglied des Tierschutzvereines empfängt sie bei ihren Besorgungen in der Stadt hier ein freundliches, dort ein etwas hartes Gesicht, aber Frau Jenssen weiss immer, wie die Fälle zu schlichten sind. So hat sie der werten Präsidentin, einer ledigen Frau in den Achtzigerjahren, einen verlotterten Affen, mehrere Dutzend Hunde, unzählige damenlose Katzen, Papageien und Kanarienvögel gebracht, sodass das herrschaftliche Gebäude der Präsidentin des Tierschutzvereines sich bald in eine Arche Noah verwandelt hatte.

 

Die Verpflegung der Tiere war ein leichtes, zumal mit wenig Geld, Tonnen von Abfällen der Hotelküchen herangeschafft werden konnten, sodass die Tiere inzwischen den Tag schon vorausriechen, an dem die Waren aus dem Hotel A oder B ankommen.

 

Ein Bild, das ich noch festhalten möchte und das mir immer wieder in Gedanken auftaucht, das ist die Gastfreundlichkeit, ich kann nicht behaupten aller Mallorkiner, aber gewiss aller, mit denen ich in Verbindung kam.

 

Die schönen Tage schmolzen, wie Schneeflocken auf einem Backofen, in die Vergangenheit und es blieben nur noch einige, bis uns der azurblaue Äther wieder auf seine Fittiche nahm.

 

Es war auf Christihimmelfahrtstag. Die Sonne hatte ihre warmen Finger wieder einmal übers Land ausgestreckt, als wir unsere letzte Fahrt mit dem Roller hinauf aufs Land unternehmen sollten. Cala Radjada war unser Ausflugsziel.

 

Wundersame Küstenstriche hatten wir genossen und uns erquickt an zahlreichen kleinen Kunstbauschönheiten, als wir uns am Nachmittag auf dem Heimweg befanden. Da geschah es in Manacor, einem kleinen Städtchen, bekannt durch seine hervorragende Perlenindustrie, dass ein stürmischer Radler aus einer Nebengasse uns in die Quere fuhr. Zum Glück konnte ich unsern Roller abstoppen, aber es ging nicht ohne Schreck und ohne am Boden zu landen den ab.

 

Allsogleich war die Straf3e voll von mitleidigen Zuschauern. Ich betone ,,mitleidig“, weil ich hinter keinem Gesicht irgendeinen Ausdruck von Sensationslust gewahrte.

,,Pauvre Madame, pauvre Monsieur", waren die einzigen Worte, die die Leute auf Französisch aussprechen konnten und sie taten es mit solcher Ehrlichkeit, dass es mir schien, nicht wir, sondern sie hätten sich bei unserm Sturz weh getan. Es kostete mich einige Anstrengung, um die Leute zu überzeugen, dass noch alles gut verlaufen sei.

 

Der Radler klopfte mir freundlich auf die Schulter, obschon der Sturz ihn am meisten in Mitleidenschaft gezogen hatte, und sagte in gebrochenem französisch: ,,Excusez mille fois, - ma faute - "und als ich ihm sagte, dass meine Versicherung für sein krummes Vorderrad aufkomme, wollte er nichts davon wissen.

 

,,C'est rien, - Garage - maniana salir avec roue toute neuve "(salir bedeutet ausfahren).

 

Als ich mich nach meiner Frau umschaute, ob sie sich vom ersten Schreck erholt hätte, war sie nicht zu sehen. Auf meine Nachfrage hin, zeigte man mir einen offenen Hauseingang, in dem sie verschwunden war. Einer gewissen Angst folgend, trat ich hinein und da bestürzte mich die mütterliche Fürsorge einer fremden Frau, die im Begriff war, meiner Gattin Merkurochrom auf Arm und Bein zu pinseln. Kaum, dass ich eingetreten war, reichte sie mir ein Glas Bier, musterte mich von oben bis unten und entfernte sich dann einen Augenblick, um gleich darauf mit einer Kleiderbürste wieder zu erscheinen. Ich wollte der guten Frau die Arbeit abnehmen, sie liess sich aber gar nicht überreden, sondern schrubbte und putzte an meinen Beinkleidern herum, dass mich eine Beklemmung befiel beim Gedanken, wie ich der Frau das vergelten sollte.

 

Wir müssten unsere Hände im Badezimmer waschen, nicht in der Küche, darauf bestand die Frau. Sie wollte uns noch einen starken Kaffee zubereiten und ging so weit, dass sie uns ein Kanapee zu Recht rückte, damit wir uns erholen könnten.

 

Nun, da wir dies alles nicht bedurften und wir so schnell wie möglich uns ihrer grosszügigen Nähe entziehen wollten, wusste ich, dass mein Geld keinen Eindruck des Dankes erweckt hätte.

 

Der Gedanke, eine Fotografie von der Frau aufzunehmen, erwies sich als glücklicher als erwartet. Der Frau stiegen Freudentränen in die Augen. Eine solche Wirkung hätte ich mir nicht geträumt, doch bald konnte ich mir vorstellen, dass eine Fotografie etwas Luxuriöses darstellte. Die Frau war ergriffen gewesen von meinem, mir als zu billig scheinendem Angebot. Da sie ein kleines Geschäft besass und ich irgendetwas erstehen wollte mit dem Gedanken, ein weiteres Entgelt zurück zu lassen, ging die Frau hinein und holte aus einer Schublade ein wunderbares Muschelhalsband hervor und hing meiner Frau das Kleinod um. Sie meinte etwas vorwurfsvoll, als ich einen Geldschein hervorzog:

,,Non, non, souvenir de moi, vous humain, moi humain, nous tous frères.“

 

Auf dass dieser Ausspruch einer armen Mallorkinerin in die Herzen aller Menschen eingehe, dachte ich und konnte nicht anders und drückte der Frau einen herzhaften Kuss auf die Wange, was meine Gattin mir nicht verübeln konnte, denn sie fühlte sich zu demselben Ausdruck des Dankes hingezogen.

 

Mit einem dankvollen Händedruck entfernten wir uns und haben es nicht unterlassen, der Frau neben einer Fotografie, eine Auswahl Ansichtskarten von Luxemburg zu senden.

 

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Advent

(Inspiriert durch die Lektüre des Dr. Schiwago von Boris Pasternak).

 

Der schwarze Hund hat wieder Stiefel an. Seine Füsse vertragen keine Nässe, doch der Schweiss perlt wie Nebeltropfen in seinem Fell.

 

Droben auf Nova Semlja, dem Gänseland, wächst der Tod. Ein Tod ohne Sonne, ohne Licht, eingehüllt in Rauch und schleichende, gewaltige Glut. Nun schreien die Wildgänse nicht mehr.

 

Drunten färben sich schwarze Gespensterleiber rot. Die Nacht lastet bleiern auf ihrem Grab. Der Urwald ringt nach Luft, sehnt sich den Morgen herbei!

 

Drüben hält einer der wilden Jäger seine Waffe unter dem Zobel versteckt. Die Fläche gähnt weiss. Ganz weiss. Nur da wo die Hügel wie Dächer dampfen wandern schwarze Schatten, im Spiel mit dem Licht. Ein Dasein, geboren aus einem Licht, das keiner sehen darf. Fern, vor dem eisernen Gehege strahlt eine Sonne. Irrlichter hinter verschlossenen Fensterläden.

 

Hüben flimmert ein Licht über dem grünen Strauch.

 

Die Nacht ist feucht. Der Wind klagt bald aus Nord, bald aus Süd; bringt Frost aus Ost und aus Westen die Nässe. Im grauen Gebälk des Himmels klopfen die Würmer. Tock, tock, jede Sekunde tock, und das Klopfen hallt durch den weiten Raum, wird zum Uhrenschlag des Verderbens.

 

Vom Kerzenstiel tropft rotes Wachs und erstarrt. Bebt auf und erstarrt, geschmolzen in die Zeit.

 

Bald flackern vier Lichter über dem schon durstigen Kranz. Dann beginnen die Nadeln zu fallen, bis nur noch das Gerippe hängt und der Kerzenschein erlischt.

 

Nun flammt das gewaltige Licht erst auf.

 

Droben, drunten, hüben und auch drüben könnte es jetzt heller werden. Doch nur jenem der sich wärmen will spendet dieses Licht wohltuende Kraft.

 

Dem Blinden allein bleibt die Kälte.

 

 

 

WEIHNACHTEN in der PUSSTA

(Legende aus dem XX. Jahrhundert)

 

Erzählt von H.REGER

 

Die Heilige Nacht bricht an.

 

Wie ein von Maschinengewehrkugeln durchlöcherten Baldachin, wölbt sich der sternenbestickte Himmel über dem weissen Linnen der schlummernden Puszta.

 

Heulend fegt der Dezemberwind, Schneeböen vor sich her, jenem Horizont zu, wo eiserne Bänder das gelockerte Land zusammenhalten, wie eine müde Burg, die dem Sturm der Zeit nicht zu trotzen vermag.

 

Jenseits der Grenze wacht das Licht, der Stern, der am hellsten strahlt, um jenen den Weg zu weisen, die dem finsteren Kerker entrinnen wollen, fliehen vor dem Herodes, der den Eulen die Schnäbel verkittet, der nur hungrige Wölfe grosszieht um die friedlichen Schafherden zu zerreissen.

 

Durch die mondüberschwemmte Einöde führt eine beschattete Spur nach Westen, bis zu einem dunklen Fleck, der mit letzter Kraft dem Stern entgegenstrebt.

 

Eine werdende Mutter kämpft sich, bis zur Reife gebürdet, durch die Schneewehen. Ihre Augen, verklärt vom Schmerz, getränkt vom Glanz, der ihr von oben entgegenflutet, beleben sich und neue Hoffnung wallt auf in ihr, als sie die funkelnden Lichter am Horizont erblickt.

 

Sie entflieht dem gähnenden Rachen der Ebene, die ihre eisigen Griffe weit ausstreckt, um die Fliehende zu würgen. Sie flüchtet vor den wunden Augenhöhlen, aus denen Kälte ihr nachstarrt, um sie zu vernichten.

 

Der Wind singt ein uraltes Lied, das ihn Petöfi gelehrt: „Talpra Magyar“ (auf Magyar). Es ist ein Lied, durchdrungen vom Schmerz, der unter ihrem Herzen nagt.

 

„Der Vater wird es ahnen, bestimmt!  Wo mag er nur sein? Vielleicht hat ihn die gierige Puszta verschlungen und kristallene Blumen bedecken sein Grab.“

 

„Aber das Kind, sein Kind soll leben. Sie muss es schaffen. Hinaus in die Freiheit, leben, Leben schenken, die unbekannte Luft einatmen, die schon würzig nach Frieden schmeckt. Das Kind gebären. Ihm, nur ihm die Freiheit am ersten Tag schenken, nach der es sich schon im Schosse sehnt.“

 

Ihre glasigen Augen versuchen zu lächeln; rettende Lichter rufen ihr zu, doch sie strauchelt erschöpft, fällt, weint, bittet und fleht: „Maria, oh hilf, ich schaff es nicht mehr, das rettende Licht ist zu weit. Mein kleines Christkind bedrängt mich zu sehr, ich hätte mich so gefreut.“

 

Eines Toten Stimme reisst sie empor, treibt sie voran: „Talpra Magyar“. Mit dem Wind klagen die Wölfe.

 

Der Schatten in ihrer Spur ist Blut. Blut eines sterbenden Volkes. Versklavtes Blut, das sie vergiesst, das vergebens in den unfruchtbaren Boden einsickert, vergebens auf die erstarrten Herzen der Toten tropft.

 

Die Mutter schleppt sich dahin. Sie flieht vor dem heulenden Tod.  Die Lichter sind nah. Sie taumelt ins Dorf und fällt.

 

Als sie erwacht, hört sie ihr schreiendes Kind und neben dem Lager kniet weinend ihr Mann.

 

Der Blick zurück.

 

Um einen ehrenwerten Abschied von unserer Präsidentin Mady Molitor zu nehmen, möchte ich vollständigkeitshalber zu meinem Nachruf im vorigen Heckefräsch, unsere Leser noch einmal kurz beim Rückblick auf den unaufhaltsamen Aufstieg der AAT begleiten. Seit nahezu 35 Jahren ist unsere Gesellschaft, unter der wissenschaftlichen Führung von Mady Molitor, exemplarisch im Sinne einer aktiven Naturschutzgesellschaft bekannt. Unsere Präsidentin verliess uns auf immer am 28.11.2005.

 

Es begann am 22. August 1972, als 3 Personen gemeinsam in einem Café, im Ort genannt Millebach, beschlossen eine Vereinigung zu gründen, die sich inmitten der Aquarianerföderation (FELAT) und dem Naturschutz Dachverband (NATURA) gut eingebettet und wohlfühlen sollte. Damals erkannten diese drei Aquarianervertreter, Madame Antoinette Unden (Aquariumsverein Letzeburg), Michel Kirpach (Gurami Düdelingen) und Henri Regenwetter (Diskus Differdingen) zwar ein hierzulande existierendes Vakuum, doch überschauten sie es noch nicht. Das betraf den dringend notwendig gewordenen Schutz der einheimischen Wasserfauna und Wasserflora. Diese neue Gesellschaft gab sich den Namen „Amis des Aquario et Terrariophiles“, wovon jeweils die ersten Buchstaben den Kürzel AAT hergaben. Komplementär zu den bestehenden Aquarianervereinigungen, sollten sich die AAT mit der Problematik des Kaltwassers und des Freilandterrariums befassen.

 

Der Bitterling, volkstümlich Drecksschlapp oder Daimchen genannt, ein in Luxemburg bereits vor Jahren in freier Natur ausgestorbener Kleinfisch, wurde schnell zum landesweiten Gesprächsthema. Michel Kirpach bemühte sich mit mir in Radiosendungen, mit Josy Braun diesen Kleinfisch bekannt zu machen. Damals meinte ich in einer Sendung sinngemäss: Das Raumschiff Erde ist keinesfalls eine sichere Sache. Der 3. Weltkrieg hat bereits begonnen. Diesmal ist es ein Kampf zwischen der Umwelt und dem Menschen, wobei das langsame Sterben der Menschheit bereits eingeleitet ist. Der Mensch schaufelt bereits am eigenen Grab. Die Natur aber wird als Siegerin hervorgehen und sich in irgendeiner Form erneut regenerieren.

 

Für uns galt es dieses Ereignis soweit wie nur möglich in die Zukunft zu verschieben. Die erste öffentliche Aktion war die Organisation eines Wettbewerbes mit dem Ziel, den stark bedrohten Bitterling (Rhodeus sericeus amarus) im Kaltwasseraquarium zu vermehren. Es gab auch noch andere bedrohte Kleinfische und dazu alle Wasserbewohner, deren Lebensweise quasi unbekannt war. Das setzte also gute Kenntnisse der Hydrobiologie voraus und es zeigte sich schnell, dass unser laienhaftes Wissen keinesfalls ausreichte, um sich erfolgreich mit dieser umfassenden Materie auseinanderzusetzen.

 

Am 24.März 1973 fand im Restaurant Janin in Bour die erste Generalversammlung statt, verbunden mit einem Besuch in der staatlichen Fischzüchterei in Lintgen. Mady Molitor, junge Biologin in der Forstverwaltung, besorgte die Führung.

 

In der anschliessenden ersten Generalversammlung der AAT zeigte Mady Molitor spontan reges Interesse an unserem Programm und sie war schnell davon überzeugt, dass in aller ersten Linie die führenden Leute eine Lehrmeisterin brauchten um die Biologie der Feuchtgebiete kennen und verstehen zu lernen. Tümpeltouren standen ab sofort regelmässig auf unserm Aktivitätsprogramm. Daran durfte teilnehmen, wer wollte. Wir lernten von Mady, welches Naturfutter in den verschiedenartigen Teichen schwamm, und aus der Luft von der Natur angeboten wurde. Wir lernten dass dieses Futter im Gewässer sich bereits im Winter vermehrt, damit die nachfolgende Fischbrut sofort an einen gedeckten Tisch kommt. Die Zusammenhänge in der Natur wurden uns dabei zusehends klarer bewusst. Wissbegierde führte uns mit den Aquarianern aus Düdelingen und Hagondange in die Trinkwasseraufbereitung von Esch/Sauer. Bereits damals schwebte uns zu Beobachtungszwecken der Bau eines grossen Kaltwasseraquariums vor Augen und dazu trieben wir unsere Lernstunden voran mit mehreren Besuchen im „Aquarium Tropical“ in Nancy, wo Professor Condé uns weitere Geheimnisse der Aquaristik offenbarte. Er beglückwünschte unsere Initiative und zählte sofort zu unseren spezialisierten Beratern.

 

Von der Organisation her war Mady Molitor ebenso beflissen uns behilflich zu sein, so bei der Suche nach noch spärlich vorhandenem didaktischen Material, beim Besorgen von Kescher und kleineren Fangnetzen für das Mikrofutter. Analysenzubehör zum Bestimmen von Härte und pH-Wert des Wassers. So konnten in der nächsten Generalversammlung bereits fünf Kurzfilme gezeigt werden. Die Titel lauteten: „Der Bitterling - der Stichling und seine Brutpflege - Konzert im Tümpel - die Mikrofauna des Süsswassers - und Tierleben im Mittelmeer. Es waren zwar informationsreiche Streifen, entbehrten aber jeder zeitgemässen Aktualität.

 

Das Aktivitätsprogramm begann sich auszuweiten. Unser Überblick weitete sich gleichermassen. Tümpeltouren, Vorträge in Hollenfels, Redaktion des COURRIER der FELAT, nochmals Sebesbesuch, Studienfahrt in die Zoos von Basel und Antwerpen, sowie in die Wilhelma in Stuttgart, gehörten zur Palette unseres Lerneifers. Wer anderer als Mady Molitor konnte bei all diesen Aktivitäten die Hauptrolle spielen. Sie wurde zum geistigen Rückgrad der AAT. Es bereitete Ihr ersichtlich reichlich Spass selber in halbhohen Stiefeln in die Nasszonen zu steigen und „im Trüben zu fischen“, was sie alsdann in einem Glas zur Schau stellte, identifizierte und uns Laien erklärte.

 

Es muss hier unbedingt hervorgehoben werden, dass hierzulande keine Gesellschaft, auch keine staatliche Instanz, sich zu dieser Zeit ernsthaft um den Zustand der einheimischen Feuchtgebiete kümmerte. Wir betraten mit Mady Molitor also Neuland und stiessen weitgehend auf helle Begeisterung unserer Mitglieder. Parallel dazu aber schnallten auch die berühmten Neider ihre Schuhe. Als wir in Düdelingen am „Steinrausch“ Flora und Fauna dieses Gewässers studierten, wurden wir zusätzlich zutiefst geschockt, als uns bekannt wurde, dass unser Studienplatz unter einem neuen Verschiebebahnhof verschwinden sollte. Schnell organisierten wir Rettungsaktionen und es wurde uns dabei mit Erschrecken klar, dass in ähnlicher Weise in unserm Land bisher bereits mehr als 75% aller natürlichen Feuchtzonen zerstört oder sogar verschwunden waren. Wir lagen also mit unserer Zielsetzung goldrichtig.

 

In England startete man eine landesweite Aktion „Save the village pond“. Dies war im Jahr 1974 und auch wir bemühten uns sofort um deren Unterlagen. Wir riefen in unseren Publikationen auf, eine ähnliche Aktion in unserm Land zu starten. Wir bemühten uns bei anderen Gesellschaften um Hilfe, die von sich behaupteten für den Naturschutz einzutreten. Es zeigte sich recht bald, mit welcher geistigen Verbundenheit wir zu rechnen hatten. In Düdelingen versuchte man unsere Rettungsaktion der Lebewesen aus dem Steinrausch, zu sabotieren. Nur der dortige Aquarianerverein Gurami unter Führung der beiden AAT-Gründungsmitgliedern François Bernard und Michel Kirpach waren ständig hilfsbereit. Es gab da auch eine Splittergruppe der Vogelschutzliga, die sich hochaktiv vor Ort engagierte.

 

Öffentlichkeitsarbeit und Aufklärung taten Not. Wir versuchten mit einem Ministand beim Salon de l’Enfant, speziell den Kindern die bedrohten Kleinfische vorzustellen und bekannt zu machen. Wir schrieben Texte für Radiosendungen mit Josy Braun und mit Henri Rinnen. Mady Molitor war stets bereit einzuspringen, wenn Not am Wissenschaftler war.

 

Zu unserer grössten Begeisterung zeichnete sich eines unserer Ziele am Horizont ab. Dieser Horizont lag in Wasserbillig, wo das Syndikat und die Gemeinde sich um eine lokale Attraktion bemühten und keine ministerielle Erlaubnis erhielten für ein öffentliches Schwimmbad. Die Gemeindeverwaltung trat, auf Hinweis von Josy Braun, alsdann mit der Bitte an den AAT-Vorstand heran, um zu erfahren, welche beratende Möglichkeiten wir hätten, um ihnen behilflich zu sein. Die Vorbesprechungen für den Bau eines Kaltwasseraquarium liefen an, wobei die AAT sich total engagierten, um einen Entwurf und das nötige Know-how zu liefern. Bedrohte Kleinfische, Amphibien, die Fische der beiden Grenzflüsse Mosel und Sauer sollten dort in permanenter Ausstellung als didaktisches Material gezeigt werden. Ein idealer Standort. Wir inspirierten uns dabei an der Anlage im Zoo von Basel, die zum Teil im Freien lag, aber aus dem geschlossenen Innenraum eingesehen werden konnte.

 

1975 wurde der erste Froschzaun in Zolver errichtet. Das war eine Folge der Feststellungen, die wir mit Mady Molitor anlässlich unserer Tümpeltouren gemacht hatten. Die einstigen Populationen von Amphibien – Frösche, Kröten und Molche – waren landesweit gewaltig geschrumpft. Schuld an diesem Massensterben war hauptsächlich der aufkommende Verkehr. Unsere diesbezüglichen Aktionen galten der Sensationspresse als gefundenes Fressen. Der Medienrummel in den Nachbarländern war unbeschreiblich. Nur nicht in Luxemburg. Am 31.Januar 1975 konnte man sogar in der englischen Times lesen: Safe route for frogs: Luxembourg – A special designed tunnel for frogs and hedgehogs (Igel) is to be built under one of the principal country routs of Luxembourg, after protest about the slaughter of Wildlife by speeding cars….

 

Das löste europaweit Interesse an unseren Arbeiten aus. Radio und Fernsehanstalten wollten unbedingt eine Reportage vor Ort. In der Prawda wurde über uns geschrieben. Mady Molitor und auch Robert Thorn sowie die anderen Vorstandsmitglieder der AAT hatten ihre Hände voll zu tun. Die GRENG SCHOUL wurde ins Leben gerufen. Besonders Schulkinder sollten eingeführt werden in die Wasserchemie, in die Futterkunde und es wurden Arbeiten am Mikroskop organisiert. Edy Kohl, ein Jugendfreund von mir, bemühte sich beim Film scolaire besseres und dazu farbiges Bildmaterial für unsere Vorträge zu besorgen. Sogar die Schulen nutzen so ganz nebenbei das für die Schulklassen bereitgestellte didaktische Material.

 

Noch immer zeigte sich bei gleichgesinnten Naturschutzgesellschaften keine Hilfsbereitschaft. Mady Molitor war beflissen den einheimischen Fischern von Wasserbillig die notwendigen Kenntnisse zu vermitteln, die gebraucht wurden, damit das Aquarium funktionstüchtig werde.  Es schien leider, als ob man sich hierzulande gegen unsere Aktivitäten verschworen hätte. Unsere dauernde Aufopferungsbereitschaft und der monatelange Einsatz beim Bau dieses Aquariums in Wasserbillig endete mit einer der miserabelsten Bekundung menschlicher Schwächen, die man sich denken kann. Die Idee, unsere ständige Hilfe sowie unsere Bereitschaft bei aufkommenden Problemen, und dazu auch noch das persönliche Handanlegen beim Aufbau der Becken, wurde von den drei Festrednern bei der Einweihung glatt unterschlagen. Niemand erinnerte sich an unsere Aufopferungsbereitschaft. Das war das Schäbigste, was der AAT als Dank für ihren Einsatz entgegen gebracht werden konnte. Eine Frage, die sich anschließend stellte, war einfach: „Wer hatte Interesse daran und veranlasst, dass gleich drei Festredner bereit waren diese Schande auf sich zu nehmen, um unsere ständige und unschätzbare Hilfe bewusst zu ignorieren?“

 

Mady Molitor stellte sich gleichermaßen die Frage, was da um uns herum vor sich ging. Es hatte während der ganzen Arbeiten keinen einzigen Misston gegeben, der etwa zu einem solchen Verhalten hätte Anlass geben können. Wir mussten also unsere Wunden lecken und gehen. Der unaufhaltsame Aufstieg unserer Gesellschaft konnte jedoch auch durch diese niederträchtige Behandlungsweise nicht gebremst werden, zumal im gleichen Jahr der Automobilklub in AUTOTOURING sich für den Schutz der wandernden Amphibien bekannte. Da begann Manches in den Köpfen der Öffentlichkeit zu dämmern.

 

Als unser öffentlicher Aufruf eine Bestandesaufnahme aller Feuchtzonen in unserm Land zu erstellen und bei der Aktion „Rettet den Dorfweiher“ mitzumachen, ohne Widerhall zu bleiben schien, erklärten wir uns bereit, dies anhand unserer inzwischen nahezu 500 Mitglieder zählende Gesellschaft selber zu unternehmen. Als wir begannen die blauen Flecken auf den uns zur Verfügung stehenden topographischen Karten zu registrieren, teilte Mady Molitor uns mit, dass sie vernommen habe, diese Arbeit werde auf anderer Basis von der Verwaltung gemanagt.

 

Unser Aktionsradius weitete sich ständig aus. Es fehle nicht an Schwachstellen in der gesamten Biologie unseres Landes. Das Bofferdinger Moor wurde zum Studienobjekt. Dort war festgestellt worden, dass durch die öffentlichen, leider komplett falschen Pflegemassnahmen, das Moor zu sterben begann. Damit war eine der wenigen Fundorte des insektenfressenden Sonnentaus bedroht. In Niederkerschen gründeten die beiden AAT - Mitglieder, Henri Petry und François Gratia die Gesellschaft der Naturfreunde Niederkerschen. Diese übernahmen mit überraschendem Erfolg unter anderem die Studien und Arbeiten am Moor. Am Aresdorfer Hof zwischen Zolver und Limpach fand gleich darauf für unser Land erneut eine Premiere statt. Zum ersten Mal in Luxemburg wurde von Privatleuten, unter der Organisation der AAT, eine bedrohte Kopfweidengesellschaft von nahezu hundert Bäumen fachgerecht und gratis zurückgeschnitten und gepflegt. Daraufhin schwangen andere Organisationen sich ebenfalls in die Sättel, um das Problem Baumpflege zu bereiten..

 

Es dauerte bis zur Generalversammlung im Jahr 1979, wo der Beschluss gefasst wurde, die Schwierigkeiten zu unterbinden, die sich bei Arbeiten auf offenem Fremdbesitz immer wieder einstellten, (Betretungsrecht) indem wir beschlossen unsere Hauptaktivitäten sofort in die Hausgärten zu verlagern. Das war der Beginn eines Senkrechtstartes.

 

Man muss bei all diesen Aktionen immer wieder die geistigen Urheber und Antreiber vor Augen haben, welche unter der ständigen Beratung von Mady Molitor, auf dem bereits viel verzweigten Weg nach vorne preschten.

 

1982 lancierten wir das Slogan „Naturschutz im Gartenteich“. Die Folie war auf dem Markt. Ein Millionengeschäft tat sich auf bei den Herstellern und Verkäufern. 1983 zeigte die erste „Gréng Schoul“ im Lycée Michel Lucius auf Limpertsberg Bilder zum Thema „Wie lege ich einen Gartenteich an?“ Wir registrierten damals 65 hoch interessierte Teilnehmer. Dabei tauchten wieder gewaltige Wissenslücken auf, denn die vielseitigen Bepflanzungsmöglichkeiten  in einem naturnahen Garten, sowie im und rundum den Gartenteich, stellten ein kaum überschauberes Wissensgebiet dar. Natura ihrerseits hatte längst begonnen in einer Stiftung Gelder zu sammeln, um landesweit Feuchtgebiete und schützenswerte Standorte zu kaufen, um diese vor jeglicher Zerstörung zu bewahren und sie damit unseren Nachkommen zu erhalten. Mady Molitor, ebenfalls Mitarbeiterin im Gremium der Natura, war begeistert von dieser Initiative. Das Meco und die Vogelschutzgesellschaft hatten inzwischen mit eigenen Stiftungen nachgezogen. Diese unerwünschte Zersplitterung konnte zum Teil wieder aufgefangen werden in der Gründung einer einzigen Stiftung „Hëllef fir d’Natur“ im Haus vun der Natur. Daraufhin lief ein neuer Informationszyklus an, der über Jahre anhielt. Studienreisen, hauptsächlich in Gartenanlagen und Botanische Gärten im Ausland. Gärten in nahezu allen Ländern Europas, China, Kanada und Amerika. Die grosse Gartenkunst begann uns vollständig zu beschäftigen. Die älteren Mitglieder geraten heute noch ins Schwärmen, wenn über diese Reisen gesprochen wird. Mady Molitor hielt weitere Vorträge in Hollenfels, während der periodisch stattfindenden Semaine écologique. Radiosendungen, Gréngen Zuch sowie eine Porte ouverte waren an der Tagesordnung.

 

1984 wird international zum „Jahr der Ufer“ erklärt. Damals schrieben wir in unserer Zeitschrift: Unsere Gesellschaft lebt. Es pulst in allen Winkeln des Landes und die AAT vermitteln ihre Hilfe, wo sie nur können, beim Aufbau von biologischen Inseln der Geborgenheit, zugunsten der bedrohten einheimischen Wassertier- und Pflanzenwelt.

 

Hobbymärkte zeigten Interesse an unseren Aktivitäten. Wir machten mit. Unser Stand auf der Ausstellung Europleinair hatte einen ungeahnten Erfolg. Mady Molitor schlug nahezu Wurzeln dort. In einem grossen Kaltwasseraquarium wurden Bitterlinge und Muscheln gezeigt. Gaston Rollinger drehte einen beachtenswerten Film, nach Anweisungen unserer Vorstandsmitglieder und den ersten Gartenteichbesitzern. Für ihn selber war dies absolutes Neuland und er betrachtete sein fertiges Produkt als eine Glanzleistung. Der Tag der Sendung war bereits bei RTL festgelegt, da schlugen diese absonderlichen Antagonisten wieder zu. Der Film wurde nie gesendet, mit der fadenscheinigen Ausrede der Film sei verlegt worden. Der vorbereitete Text dazu konnte also nie zum Film gesprochen werden.Vertreter der RTL zeigten sich damals von ihrer miesesten Seite. Wir können nur vermuten, wer zu diesem Frevel angeregt oder verleitet hatte. Der Autor des Films lies uns gegenüber unmissverständlich viel mehr wissen und erkennen, dass wir eben ein Opfer einer schäbigen Intrige geworden waren. Auch er war machtlos dieser Sabotage gegenüber.

 

Im AAT - Vorstand liess man sich keinesfalls beirren. Man konnte nur Notiz nehmen und den Fall in den Annalen festhalten. Unsere Zielsetzung wurde desto breitspuriger und mit grossem Vertrauen angestrebt. Bitterlingsnachzucht, Gartenteichausstellung im Park zu Mondorf sowie die Schaffung der Naturaplakette. Der große und endgültige Wurf beim landesweit laufenden Amphibienschutz, gelang 1995 am Hof von Pleitringen, wo in wochenlangen Nachtschichten mit über 250 Beobachtungsstunden, an mehreren Bildschirmen die Froschwanderung peinlichst registriert und aufgezeichnet wurde. Nun wussten wir sowie auch die Verwaltung genau, was wir immer wieder anprangerten. Mady Molitor hatte diese wissenschaftlichen Zusammenarbeiten, mit dem Ministerium und der Strassenbauverwaltung zustande gebracht. Das ermöglichte den Durchbruch. Die alljährlichen Aktionen an allen gefährlichen Strassenabschnitten des Landes hatten ihre Wirkung nicht verfehlt. Man begann überall eifrig dort feste Strassenunterführungen zu bauen, wo es sich als sofort notwendig erwies. Dorfgemeinschaften halfen dabei, um lokale Probleme zu lösen. Wir hatten dabei viele Helfer aus der Bevölkerung auf unserer Seite, denen wir im Namen des Naturschutzes zu Dank verpflichtet sind. Diese Schutzmassnahmen, nicht zu vergessen ganz bestimmt die inzwischen landesweit über 10.000 angelegten Gartenteiche, erlaubten den Amphibienpopulationen sich in kürzester Zeit wieder zu erholen. Auf diesen Riesenerfolg, den wir in handwerklicher Kleinarbeit und hartnäckiger Ausdauer angekurbelt hatten, sind wir ganz apart stolz.

 

1986 wurde vom Naturkundemuseum aus die „Campagne fir Suppen, Dëmpelen a Weiheren“ ins Leben gerufen. Biologische Studien, geleitet von Mady Molitor, standen weiterhin auf dem AAT-Aktivitätsprogramm.  Seit demselben Jahr erhalten die AAT auch eine staatliche Unterstützung, die im ersten Jahr 35.000 LUF betrug. 1991 wurde sie auf 40.000 LUF gehoben und änderte seither nicht auch nur um einen einzigen Cent. Heute sind es immer noch genau 1000 €.  Zieht man die Geldentwertung in Betracht, dann stellt man mit Unbehagen fest, dass wir seither Jahr für Jahr immer weniger an Unterstützungswert erhalten, im Klartext bedeutet das, dass wir heute wir nahezu nur noch weniger als 50% des Initialbetrages erhalten. Heute wird eher die geleistete Arbeit honoriert. Genau das hat Mady Molitor sehr betrübt und mehrfach dazu öfters veranlasst mit einem Griff in die persönliche Kasse, ihrer Vereinigung in speziellen Fällen weiter zu helfen. Es ist also durchaus verständlich, dass wir an dieser Stelle überhaupt auch allen Spendern danken für deren unermesslich wertvolle Hilfe.

 

Inzwischen zählten die AAT über 800 Mitglieder. Wer hätte das geahnt? Wir hatten einen absoluten Höhepunkt unserer Leistungen im Dienste des Naturschutzes erreicht. Gekrönt wurde dieses gemeinsame und unermüdliche Schaffen am 11. August 1993, als die AAT Garten und Teichfreunde offiziell per Gesetz, (Artikel 43) zur Naturschutzgesellschaft erklärt wurden. Damit war unser Einzug in die Gemeinschaft der Naturschützer, im Haus vun der Natur, abgesichert.

 

Wir zogen am 2. Dezember 1994 in unser Büro auf Kockelscheuer ein. Die Miete wurde auf 1000 LUF (25 €) pro Monat festgelegt. Neue Aufgaben und Akivitätsbereiche kamen auf uns zu. Zuerst Mitarbeit beim Chrëschtbasar, dann Schaffung einer Samenliste mit vielen selten angebotenen Samen, gesammelt in privaten Gärten und von Botanischen Gärten zur Verfügung gestellt. Eine Bibliothek mit nahezu 1000 Bänden Fachliteratur wurde aufgebaut. Diese Bibliothek sowie die Samensammelstelle befinden sich im Haus vun der Natur, wo sie jedoch noch viel zu wenig genutzt werden. Die Renaturierungsarbeiten am ehemaligen Naturteich beim Haus vun der Natur wurden uns anvertraut. Der botanische Garten im Weidendall entstand mit der Hilfe der dortigen Bewohner, wobei so ganz nebenbei ein soziales Werk unterstützt wurde. Das Fest vun der Natur, der Gréngen Zuch sowie eine allwöchentliche Beratungsstelle waren weitere Aufgaben, woran natürlich wiederum Mady Molitor sich immer wieder aktiv beteiligte. In demselben Jahr erhielten wir überraschenderweise den ex aequo Preis „Hëllef fir d’Natur“ vom Ministère des Affaires Culturelles.

 

Auch bei unsern Arbeiten am Pleitringer Hof hatten sich Antagonisten aktiv gezeigt. Die Wühlarbeiten gegen unsere Aktionen gingen munter weiter, was die Behörde veranlasste uns am 25.Oktober 1982 eine Mahnung zukommen zu lassen, unsere Aktivitäten würden gegen das Naturschutzgesetz verstossen. Das schien doch schon sehr kritisch zu werden. Man hatte ein sehr schweres Geschütz gegen uns aufgefahren.

 

In unserem Antwortschreiben, das freundlich aber unmissverständlich war, machten wir der Verwaltung klar, dass die "Papa Klein Medaille", die wir ins Leben gerufen hatten und die wahrscheinlich auch den Anstoss geliefert hatte zu diesem Schreiben, keinesfalls eine Aktion gegen das bestehende Naturschutzgesetz bedeute, sondern genau das Gegenteil zum Ziel habe. Unser Antwortschreiben wurde aber keinesfalls als konstruktiv empfunden. Bedauerlicherweise vermieden die Antagonisten jeden persönlichen Kontakt, um den bestehenden Dissens zu schlichten.

 

Nun erst recht hatten wir den Drang die unzähligen Versäumnisse sowie Tatenlosigkeit unserer oberen Instanzen anzumahnen, indem wir uns erlaubten einen Neudruck der Flora unserer Heimat von Professor Klein zu produzieren und an alle Mitglieder zu verschicken. Die Flora der Heimat war absolut nicht oder nur wenig bekannt. Nëckel Rollinger nahm das Originaldokument in Empfang, das ich in meinem Besitz hatte, und versenkte sich mit seinem Laptop in diese gewaltige Aufgabe. Die Korrekturen der Neuauflage, in grösserem Format, besorgten Mitglieder des Vorstandes, wobei ich mich persönlich um zusätzliche Namen der Pflanzen in unserer Sprache und die aktuelle lateinische Nomenklatur bemühte. Es war keinesfalls die Aufgabe einer privaten Gesellschaft eine solche Publikation zu veröffentlichen. Doch wir wollten die Zeit keinesfalls verschlafen. Unsere Mitglieder brauchten ab sofort Lernhilfen. Wer sonst hätte sich dieser Sisyphusarbeit angenommen, als die Köpfe im Vorstand der AAT, ihnen voran Mady Molitor. Es entbrannte alsdann die weltweit bekannte Diskussion ob Pflanzen „in situ“ (d.h. in der Natur) oder ex situ (d.h. außerhalb des natürlichen Standortes) geschützt, respektive reproduziert werden dürfen. Das einzige Wasserfarnexemplar, das noch in unserm Lande festgestellt wurde: „Osmunda regalis“ entwickelte sich zum Brennpunkt der Diskussion. Es war bedroht, wogegen man aber nichts unternehmen dürfe, so hiess es. Wir prangerten diese negative Betrachtungsweise an mit dem Argument, es wäre absolut falsch an diesem einzigen noch bekannten Farnstandort tatenlos solange zu jammern bis dieses letzte Exemplar entweder eingegangen oder ausgegraben worden sei, um dann akribisch und recht akademisch den letzten Standort zu registrieren.

 

Wir riefen an 2 Jahren in Folge zur Reproduktion der etwa 25 Arten umfassenden einheimischen Farnarten auf. Der Erfolg im Teamwork blieb nicht aus. Die erfolgreiche Nachzucht aus Sporen, die wir von der englischen Pteridological Society (weltweite Farngesellschaft mit Sitz im Museum von London) besorgt hatten, ermöglichte das Auspflanzen von mehreren Exemplaren in privaten Wassergärten, auch des recht schwierig nachzuziehenden „Königsfarns“. Es zeigte sich auch, welche enormen Wissensfortschritte wir inzwischen gemacht hatten, denn bis dato hatte wahrscheinlich noch niemand hierzulande es versucht Farne, in grösserer Anzahl, aus Sporen nachzuzüchten. Das schlug natürlich bei geschäftstüchtigen Gärtnereien ein. Es dauerte keine 5 Jahre, da wurde der Markt mit vielen Farnpflanzenarten nahezu überschwemmt. In privaten Gärten wachsen sie heute mehr oder weniger unter Schutz und Pflege und die Möglichkeit ist gegeben, dass die dort sich bildenden Sporen weit hinausgetragen werden, ins offene Land. Das Ausgraben in den Wäldern zu Privatzwecken ging daraufhin massgeblich zurück. Nach all den inzwischen landesweit angelaufenen Renaturierungsmassnahmen ist eine potenzielle selbstständige Vermehrung des Luxemburger Farnbestandes in natura wieder möglich geworden. Die ex situ Vermehrung hat damit für eine große Zahl auch von anderen Wildpflanzen wieder ein Rückgrad erhalten, dessen Auswirkungen auf eine steigende Artenvielfalt nicht zu leugnen sind. Das wäre in vielen Fällen kaum möglich gewesen. Unsere Gärten sind also zu wahren Reproduktionsinseln des Naturschutzes geworden.

 

Das AAT - Informationsblatt war auf einmal nicht mehr zeitgemäss. Mit der Nr. 50, die 1996 zum ersten Mal erschien, nannte sich das Vereinsblatt ab sofort HECKEFRÄSCH. Auch erschien es meistens in Farbe.

 

Mady Molitor merkte natürlich ,dass alljährlich auch beim Haus vun der Natur eine Froschwanderung stattfand, wobei tausende von Tieren dem Verkehr zum Opfer fielen. Wir hatten mit dem neuen Teich auch eine neue Laichstelle geschaffen. Sie erreichte es, dass binnen kürzester Zeit dieses Problem endgültig gelöst wurde. Damit schloss sich hoffentlich die letzte bekannte Lücke im Schutz der wandernden Amphibien.

 

Natürlich kann man in dieser Kurzfassung nicht alle persönlichen Leistungen von Mady Molitor im Dienste des Naturschutzes aufführen. Eine hohe Ehre wurde ihr aber erwiesen, als man ihr die Auszeichnung „Gëllenen Regulus“ überreichte.

 

Als nach 30 jährigen Vereinstätigkeit Mady Molitor auch noch die Stafette der Präsidentenschaft übernahm, da merkten die Vorstandsmitglieder bereits, dass Sie gesundheitlich gezeichnet und müde geworden war. Perioden, in welchen sie schwächelte, wechselten sich mit guter Erholung ab.

 

Ich glaube bis hierher in jene nebelfreie Zone vorgedrungen zu sein, bis zur welcher man persönlich sich noch gut zurückerinnern kann. Es bedarf also keiner weiteren und besonderen Auflistung anderer Aktivitäten mehr, denn die aktuellen Mitglieder haben sie alle mit ihren exzellenten Qualitäten kennen gelernt, unsere Präsidentin Mady Molitor.

 

In der beachtlichen Zeitspanne von mehr als 30 Jahren haben die AAT manche schwierige Momente überstehen müssen, ohne dabei in die Kniee gezwungen zu werden. In den Reihen dieses motivierten und hochaktiven Vorstandes verloren wir jedoch in den vergangenen Jahren sehr wertvolle Mitarbeiter, die inzwischen aber bereits hervorhebenswerte Nachfolger gefunden haben. Den einen wurden unsere Aktivitäten zur Last, andere schienen unzufrieden. Ich will bei dieser Gelegenheit aber ganz speziell all jenen guten Freunden gedenken, die zu diesem erfolgreichen AAT-Team gehörten, denn nur ein heterogenes kameradschaftliches Teamwork ermöglichte diesen unaufhaltsamen Aufstieg. Das waren Men Bechberger, er erlag einem Herzschlag auf dem Heimweg in seinem Wagen. Michel Kirpach, unser erster Ehrenpräsident, starb ebenfalls an den Folgen einer Herzattacke und seinen im Krieg erlittenen Erfrierungen. Pia Houllard fiel einer der bösartigsten Krankheiten zum Opfer. Von demselben Leiden wurde Roger Feipel in kürzester Zeit dahingerafft. Nicolas Rollinger ebenfalls verlor den Kampf innerhalb einer kurzen Leidensperiode. Mady Molitor war bereits einige Male angeschlagen, doch erkrabbelte sie sich immer wieder. Nach dem letzten Zwischenfall, der ungeklärt bleibt, konnte Mady Molitor dem Schicksal jedoch nicht genügend Kräfte entgegensetzen.

 

Die Präsidentin Mady Molitor geht ohne jeden Zweifel als hervorragender Spiritus Rector in die Annalen der AAT ein. Chapeau.

 

 

Zusammengetragen von Henri Regenwetter, Ehrenpräsident, mit der hilfreichen Unterstützung des Generalsekretärs Marco Franzen.

 

Anmerkung:

Die zum 25 Jahrestag verfasste Jubiläumsnummer (Nr.58) unserer Vereinszeitschrift erfasst  die Chronik noch ausführlicher und kann auf der privaten Homepage www.regenwetterheng1.lu im Internet nachgelesen werden.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Memoiren eines Geldscheines   (27.10.2015)

 

Essay

 

 

 Beim Ausdruck Essay handelt es sich weder um:

 

-eine Gattung der chinesischen Literatur,

-noch um den nicht angenommenen Entwurf für eine Briefmarkenausgabe,

-und nun gar nicht um die französische Gemeinde in der Normandie.

 

Essai, ist eine geistreiche Abhandlung, in der wissenschaftliche, kulturelle oder gesellschaftliche Phänomene betrachtet werden. Im Mittelpunkt steht die persönliche Auseinandersetzung des Autors mit seinem jeweiligen Thema. Die Kriterien wissenschaftlicher Methodik können dabei vernachlässigt werden; der Autor hat also relativ große Freiheiten. (Wikipedia)

 

Erarbeiter

 

Henri Regenwetter

 

 

 

 

Themen

 

Autobiografisches

Gegen die Frauen

Zoologisch gesteigert

‚Den Zongeschlag

Der Knadderer

Kleingeld

Kulinarisch aufgeblättert

Small Brothers

Das Ei des Kolumbus

Federvieh und Hanewacker gefällig

Das schwarze Loch der Banken

Robbery

Im Autorenlexikon? Ausgeschlossen!

Das Erwachen im Turm

Si tacuisses philosophus mansisses

Kontrolle

Variationen auf das Thema

Der Test

Leberwurst

Die Irin, Kurzauftritt

Es wird persönlicher und religiöser

Fischers Fritze fischt frische Fische

Der Irin 2ter und letzter Auftritt

Unterbrechung, Kulinarisches ist angesagt

Astronomie, Astrologie, Horrorskopie und Esoterik

Esoterik und Parawissenschaften

Die Weiße Mafia

Vom Raucher– über den Umweg

               „Zu“ – einem Ausrutscher

  Und dann endlich - zum Nichtraucher

Orakel, ein Debakel

Das Placebo

Plastik, nicht nur

Evolution = Revolution

Mimik

Ökologisches Gleichgewicht.

Plagiat

Kunden gesucht

Nachtrag

 

 

 

Lumpenpack stellt sich niemals vor.

Es kommt ohne Einladung, es geht ohne Abschied, woher, wohin braucht niemand zu wissen.

 

Autobiografisches

 

„Wenn sie gestatten, Tausender ist mein Name. Ich stamme aus einem uralten Geschlecht, das zwar väterlicherseits von elenden Lumpen gezeugt wurde, mütterlicherseits jedoch adliges Ahnenblut aufzuweisen hat. Was meine Manieren betrifft, will ich nur bemerken, dass sie jeweilig auf den zeitlich beschnittenen Umgang mit verschiedenen Menschen abgestimmt sind. Ob sie dabei fein, oder abstoßend wirken, muss der Leser, nach eigenem Geschmack und Gutdünken entscheiden.

 

Ich bin inzwischen sehr reif geworden, nahezu an dem Punkt angelangt, wo man die Fallkraft praktisch erklären und beweisen kann. Diese Reife erlaubt es mir, aus dem Vollen zu schöpfen. Das, worüber ich zu berichten habe, erscheint manchem Leser sicherlich etwas durcheinander und ohne Chronologie. Es gibt zwar schon ein wenig Chronologisches, das Meiste jedoch ist thematisch, zueinander passend, erzählt, ungeordnet. Da ist jedoch noch die Realität, die mitspielt. Hätte ich ausschließlich den Weg über meine Geburt, das Schulalter, meine Lümmeljahre, Vermählung und Vaterschaft gewählt, dann würden logischerweise einige Perioden, der Logik entsprechend, äußerst unattraktiv ausfallen. Der Leser würde sich aufkommender Langeweile nicht entziehen können, und sein Augenmerk schnellstens zurück nach Innen wenden, um den vor ihm leuchtenden Bildschirm zu vergessen. So gedenke ich dieses Essay abwechslungsreich zu gestalten, so wie ich man eigenes Leben modelliert habe.

 

Eine gute Sternstunde verhinderte jedenfalls, dass ich nur ein Hunderter wurde. Das hätte mir jede Lust genommen, Memoiren zu schreiben. Es lag zwar, in meiner früheren Absicht, eine Autobiographie zu Papier zu bringen, da aber schon eine beträchtliche Anzahl von bunten Blättern, sich an bisher bereits öfter veröffentlichten Biographien und Sensationen erhalten müssen, wollte ich nicht auch noch an den überreich garnierten, vielleicht eher überladenen Tisch, sondern entschloss mich für die nachfolgenden Aufzeichnungen, auf dem Bildschirm.

 

Memoiren, sind auf Vorgänge und Personen der Umwelt abgestimmt und damit berichtenswerter, zumal sich alles im Bewusstsein des Miterlebenden und Beteiligten spiegelt, wobei Atmosphäre und Lebenswidrigkeiten einer Epoche greifbar, sogar sichtbar werden.

 

Vor allem und wie es im Konversationslexikon heißt, besteht der Inhalt der meisten Memoiren leider nur aus politisch aufgebauschten Geheimnissen, höfischer Intrigen und enthüllten Liebesaffären. Meine Memoiren dürften jedoch, innerer Ausdauer und Erinnerungskraft entsprechend, weitaus vielschichtiger werden, wie Sandwiche bei McDonald’s etwa, nicht so sehr auf Enthüllungen aus sein, als auf die bloßgelegten Lebenswidrigkeiten, denen man noch allzu oft einen Schleier für unzweckmäßige Verhüllung umwirft.

 

Ich will mit dieser Andeutung keinesfalls bestehende Definitionen umstoßen, nein, denn Meinungsverschiedenheiten sind ja meistens Ursache der geldverschlingenden Lexikonstreitigkeiten. Sogar Wälder wurden einst zu deren Veröffentlichungen umgelegt. Damit ist jetzt Schluss. Die nachkommenden Generationen werden nur noch antiquarische Lexikonausgaben in ihrer Bibliothek ausstellen können, um zu zeigen, wo die eigene Intelligenz gespeichert ist. Ökologisch betrachtet, erkennt man bereits hier, die Vorteile der Elektronik.

 

Als ich nämlich feststellen wollte, wer mein geistiger Memoirenurvater sei, stieß ich auf eindeutige Widersprüche. In einem Lexikon erklärt man, anscheinend wohlwissend, das klassische Altertum habe nur zwei Schriftsteller aufzuweisen, die in dieser Sparte musterhaftes zu Papyrus gebracht hätten. Spuren von Schriftzeichen im Sande, wurden leider vom Winde verweht. Also fand ich nur die Namen von Xenophon und Julius Cäsar. Zurzeit von Xenophon gab es noch keine Notwendigkeit den Eliten einen Vornamen zu geben. An einer anderen Informationsquelle meint man, ebenfalls wohlwissend zu sein und belehrt mich, die Antike hätte eigentliche Memoiren kaum gekannt und Julius Cäsars Schriften, seien literarisch aufbereitete, amtliche Berichte. Logische Schlussfolgerung: Wer nichts weiss muss alles glauben!

 

Ob mir nun Gaius Julius Cäsar oder dieser Herr Xenophon, der es sich leisten konnte, ohne Vornamen, sein Leben in der Literaturwissenschaft gesichert zu haben, den Weg zu diesem Essay gewiesen hat, wird den Leser nicht ernsthaft interessieren. Ich möchte jedoch hervorstreichen, stolz gewesen zu sein, einen dieser illustren Männer, mit einiger Gewissheit, als geistigen Vorfahre, notieren zu können. Zurzeit verlangt der Trend ja einen umfangreichen Stammbaum, so gut bei Hunden, Katzen, Pferden, Schweinen und nicht zuletzt bei Bakterien, wie es bei Antibiotika der Fall ist.

 

Es wird mir dabei bewusst, dass Stammbäume nicht, wie alle anderen Bäume in der Natur, zum Gedeihen, Licht, Luft, Sonne, Wasser und Mineralien verarbeiten, trotzdem aber ungeheure Ausmaße annehmen können. Was man am natürlichen Baum nicht sehen kann, das ist das Fälschen, was jedoch bei vielen Stammbäumen, nahezu immer, jeweils aus bestimmten Existenzgründen, der Fall sein kann. Der Mensch hat es bereits gelernt, wenn man an diesen Bäumen etwas verändern will, man einen anderen Namen erfinden muss, um sie vom Original zu unterscheiden. So mancher Familienname wurde mit dieser Machenschaft zweckentsprechend verändert und verewigt.

 

Ein Stammbaum gleicht einem Baumstamm und ist auch das beste Beispiel, wenn man den Begriff Virtualität erklären will. Virtualität ist nämlich, laut Wikipedia, die Eigenschaft einer Sache, nicht in jener Form zu existieren, in der sie zu existieren scheint, aber in ihrem Wesen oder ihrer Wirkung nach, einer in dieser Form existierenden Sache zu gleichen.

 

Schwer zu begreifen! Dasselbe gilt für die Früchte, welche an diesen virtuellen Bäumen hängen. Da gibt es edle, reife und grüne Früchte. Es gibt weiche, harte und faule. Nicht zu vergessen die Krummen, die Langen und die Kurzen. Manche werden auch als Früchtchen angesehen. Und da dieses letzte Adjektiv auch einen anderen Sinn haben kann, verwende ich es hier um die hoch Angesehenen, in dem wirren Geäst des Stammbaumes, besonders hervor zu heben. Dass ich mich in dieser Gruppe, der etwas weniger hervorragenden, oder auffallenden Letztgenannten, einreihen möchte, erscheint mir ehrlich, klug und sinnvoll.

 

Es liegt mir auch daran etwas Apartes an Beziehungen, zu bedeutenden Persönlichkeiten aufweisen zu können, sei es aus reiner Freude am gepflegten Umgang, sogar weil ein gepflegter Umgang, mir zu einer unumgänglichen Notwendigkeit geworden ist. Es stärkt einem die Moral, die das Innere, dabei sind nicht die Innereien gemeint, irgendwie zusammen hält.

 

Ich war, auf jeden Fall, ein QUELQU‘UN! Obschon, wahrscheinlich nicht nur mir, dieses Wort recht zweideutig vorkommt. Übersetzt ins Deutsche würde es „Irgendeiner“ heißen, was dem „Dahergelaufenen“ doch ziemlich nahe kommt. Ich bitte also inständig, hier nicht auf die tausendjährige Fehde, das heißt der sprachlichen Gegensätzlichkeit, in den deutsch-französischen Beziehungen, aufleben zu lassen. Bitte verwenden sie dieses Wort nur in seiner französischen Bedeutung, wenn sie sich über mich äußern wollen.

 

Obschon es deren noch gibt, die mich nur oberflächlich und nur von oben herab ansehen, hätte nur eine Inflation mich zu einem wahren Nichtsnutz werden lassen, was ich wohl wissend, den Gepflogenheiten der Schreibkunst entsprechend, in meinen Memoiren weg zu lassen, mir erlaubt hätte.

 

Gottseidank kann ich aber, mit dem mir zur Verfügung stehenden Ernst bezeugen, nichts dergleichen weglassen zu müssen, da wie bereits bekannt sein wird, kein Menschenherz in meiner Papierbrust schlägt, sondern die Natur eines Wertes, wie das bei Nuggets und Perlen, sowie bei Edelsteinen, Kaurischnecken und Vielem anderen mehr, der Fall ist.

 

Gleich möchte ich auch offen bekennen, dass ich mich ökonomisch-politisch gesehen, dem Zehnersystem verschrieben habe, weil das mir die leichteste Konvertierbarkeit bedeutet. Das verhilft mir in meinem Leben nicht nur schnell über die bestehenden Landesgrenzen, sondern auch zur Essenz meines bewegten Daseins. Als englische Währung, hätte ich mich nicht so sehr wohl gefühlt, weil diese Länder sich selber bereits mit ‚eng‘ bezeichnen, und ich mich mit atomaren Fraktionen, von Pfunden, nämlich der wertlosen Pence, keinesfalls wohl fühlen könnte.

 

Auf all meinen Tourneen begleitete mich, wie ein Kursschatten, das Sprichwort der Moralisten, die mich ungerechterweise in den Verruf gebracht haben, ich würde nicht glücklich machen.

 

Darüber streiten will ich keinesfalls, denn ich sehe mich als Pazifist, ein Wort, dessen Bedeutung mir nicht so komplett behilflich sein kann, weil ein Pazifist eigentlich nur gegen den Krieg ist. Es scheint so, als ob er sich keineswegs gegen alltägliche, menschliche Streitereien stellt. Gewaltverzicht bezieht sich nicht allein auf muskulös vollzogene Gewalt, sondern auch auf die intellektuelle. Und da stoße ich auf einen Widerspruch, denn die Nichtpazifisten sind doch die intellektuellen Gegner der Pazifisten und von „Pax“ ist dabei kaum die Rede. Die ständige und subtile Suche nach Kompromissen, scheint mir die bessere Lösung zu sein, mit der Voraussetzung, dass Streitigkeiten solange am langen und inzwischen oval gewordenen, aber immer noch als runden Tisch bezeichnet, debattiert werden und bis zur Lösungsfindung, Niemandem ein Haar gekrümmt werden darf. In dem Wort Pazifist ist auch das Verb „facere“ versteckt, was soviel bedeutet wie „etwas tun“, doch was tun die Pazifisten denn schon, gegen den Krieg? Ruspettieren, kommt aus dem französischen und damit wird das „Meckern“ gemeint, tun sie wie jene, die gemütlich auf Kosten ihrer Mitglieder, über die Weltmeere kutschieren und ab und zu, um der eigenen Langeweile zu entrinnen, eine vom Fernseher übertragene „Action“ inszenieren.

 

Pazifismus ist eigentlich mir nur eine verrufene Eigenblödelei. Jedoch kann ich aus Erfahrung von recht glücklichen Herrschaften berichten, in deren Diensten, ich während der Entfaltung meiner Persönlichkeit gelangte und auch dort es war, wo ich die längsten Dienstjahre zu verbuchen habe. Leider wird es mir nicht erspart bleiben, auch von den unglücklichen Perioden meines hektischen Umlaufs zu berichten, die allerdings zusammengerechnet, die weitaus längste Zeitspanne meines Daseins in Anspruch nahmen und noch nehmen.

 

Einige autobiographische Einzelleistungen möchte ich aber in meinen Memoiren nicht unerwähnt lassen, da diese, meines Erachtens, zu einem besseren Einverständnis zwischen dem Leser und mir verhelfen.

 

Ich scheue es keinesfalls versteckte, sogar geheime, charakteristische Eigenschaften, offen darzustellen, obschon es gar nicht so einfach ist, Intimes preis zu geben, wie wohl jeder das aus eigener Erfahrung wissen dürfte. Ich betone ausdrücklich hier „Jeder“ geschrieben zu haben, denn es gibt nur sehr Wenige, denen man weder Scheinheiligkeit noch hinterhältige Niedertracht nachsagen kann. Genau deshalb gibt es so viele, die ihre Bedrängnis verraten, wenn sie behaupten, ihre persönliche Intimität sei mit im Spiel und das verstoße gegen die Menschenrechte. Nun als Pazifist bin ich der Meinung auch, dass niemand das Recht hat sich unmoralisch zu benehmen und sich gleichzeitig den Deckmantel der Unschuld über zu hängen. Da scheinen mir manchmal die Menschenrechte, nicht auf ganz ehrliche Weise, herhalten zu müssen.

 

Bereits in den ersten Tagen meines Aufblühens, reifte in mir das Selbstbewusstsein. Ich wurde auf meine Person und meinen finanziellen Wert so eingebildet, dass mich meine, aus budgetären Gründen, immer zahlreicher werdende Verwandtschaft, fast an den Rand der Verzweiflung brachte. Meine Ungehaltenheit wuchs zur Qual, weil die Geldgenetiker nichts oder nur halbherzig etwas gegen unsere Fruchtbarkeit unternehmen wollten und ich der langsamen Entwertung entgegen sehen musste.

 

Ich kann jedoch zugeben, wie bereits angedeutet, dass es andern Wissenschaftlern, mit Kraft und Ausdauer gelungen ist, den Vervielfältigungsdrang meiner Generation einzudämmen, um diesen in den vernünftigen und zulässigen Schranken eines gesunden Staates zu halten. Allein deshalb  bin ich heute in der Lage als Edelmann, meine Memoiren zu Papier, entschuldigen sie bitte diesen Unfug, also genauer gesagt, per weiß schwarzer Tastatur auf einen farbigen Bildschirm zu zaubern. Wie das funktioniert, davon habe ich absolut keine Ahnung, nur ist es mir bewusst, dass es andere gibt, die das Wissen haben und die unheimlichen Wege der Elektronik, bereits fast „bis ins molekulare Knochenmark“ durchforstet haben.

 

Wie in jeder gehobenen menschlicher Gesellschaft, gibt es in meinem adligen Geschlecht, Emporkömmlinge, die man vulgär mit Bezeichnungen versieht, wie Scheck, Obligationen, Aktien, Wechsel und dergleichen. Sogar uneheliches Gesindel schmuggelt sich in unsere erhabene Klasse ein, hinter denen man schon her ist, seit die Chinesen, aus finanziellen Nöten, um die Jahrtausend Wende, das Papiergeld erfunden haben.

 

Ich nehme an, dass diese Bastarde mit der Zeit, zum Aussterben verurteilt sind, oder sich wenigstens nur noch einer kurzen Lebensdauer erfreuen können. Ein Bastarden Bakterium, das uns ab und zu ernsthaft gefährdet, wirkt wie eine gefährliche menschliche Krankheit, welche ausgerottet werden kann, an Hand von Chemikalien und Mikroskopen, mit Radiologie und Ultraschallwellen aufgespürt und mit Hilfe der Polizei, oder Polente, aber auch Bullen oder Schmiere genannt.

 

Mit einem Paragraphen, aus dem Gesetzbuch, wollte man diejenigen abschrecken, denen beim Wort Zwangsarbeit bereits scharfe Bedenken kommen sollen. Doch es lag entweder an dem zu klein Gedrucktem, auf den Scheinen, oder es war dieser unbändige Drang zur Nachahmung, nicht voll ausgelasteten Kräften und Gepflogenheiten, dass sich im Laufe der Geldgeschichte, viele Bände im kriminalistischen Archiv, eines jeden Staates, dicke Bäuche zulegten. 

 

Fälscher sind seit jeher am Werk. Ihre noch allzu oft ertragreichen Experimente haben zur Nachahmung angespornt und man kann heutzutage seinen eigenen Augen nicht einmal, auf den zweiten, geschweige denn bereits auf den ersten Blick trauen. Man muss noch viel mehr Blicke hinzufügen, gepaart mit dem Tastsinn, mit dem Geruchssinn. Beim Papierknistern, das wissenschaftlich einprogrammiert wurde, muss man sogar die Ohren, mit zur Hilfe nehmen. Doch all das wird in den wenigsten Fällen genügen um die raffinierten Fälschungen aufzudecken. Man wird also kräftig über das berühmte, aber bereits geschwächte Ohr gehauen, das vor so aufgeblähter Elektroakustik, die Sensibilität, für den richtigen Ton, verloren hat, nämlich ein verräterisches Knistern der Geldscheine, für die spezifische Identifikation seiner Echtheit.

 

Die Nachahmung, eine zahme Bezeichnung für Fälschungen, erfordert Berechnungen und Gewandtheit, im Umgang mit den mineralischen Schätzen unsere Erde, denn dieses Geschäft entwickelt sich immer wieder, entweder zur einer Schwer- oder sogar zu einer Missgeburt. Hier kommen nur die raffiniertesten Spezialisten voran.

 

Dem Kunstfälscher bringt eine nachgemachte Antiquität, wenn alles klappt, schnell Millionen ein. Der gewickelte Käufer, zahlt natürlich die Zeche und es ist für seine Gesundheit zum Vorteil, wenn er niemals erfährt, dass er betrogen wurde.

 

Unwillkürlich fällt mir ein Ölgemälde ein, das ich als Mahnung bei einem bekannten und steinreichen Goldwarenhändler ausgestellt sah. Es handelte sich um das Porträt des russischen Goldschmiedes Rachumowski, nicht zu verwechseln, mit dem zeitgenössischen Autoren Urz Rachowski. Ihm war es beschieden die Tiara des Saitaphernes zu fälschen. Saitaphernes ist angeblich ein Skythenherrscher, eines Nomadenvolkes, das einst in den eurasischen Steppen lebte und außergewöhnliche Gewandtheit zeigte, bei der Verarbeitung von goldenen Schmuckstücken. Das Kopieren gelang ihm so vorzüglich, dass es beim Louvre in Paris, im Jahre 1896, mit zweihundert ausgehändigten Kopien, meines Familienclans, geklappt hatte.

 

Man kann sich überhaupt nicht vorstellen, mit wieviel Aufwand versucht wird, alle Falschheiten auszurotten. Aber die Natur der Dinge bringt es allmählich fertig, Fälschungen bereits als Kulturgut anzuerkennen, denen man heute kaum noch mit schiefem Auge begegnet. So ist in der Sparte Kunstmalerei, die Zahl der Kopisten, Legion geworden.

 

Die Anzahl Legion ergibt sich ebenfalls bei Perücken und Prothesen, die vollkommene Echtheit vortäuschen. Vor weiblichen Brüsten muss man sich hüten, wie vor Fesselballons, doch auch hier sind die Abweichungen von der Natur so verwischt, so dass man erst beim Abtasten, etwaiger Operationsnarben, den Betrug erkennen könnte, was meistens aber vermieden wird, um die Selbst- und Enttäuschung nicht wach zu rufen.

 

Politiker regieren hinter falschen Bärten, weil Milchgesichter nicht „in“ oder „cool“ sind. Man verspeist falschen Kaviar, mit demselben Genussgefühl, wie beim echten. Millionen ergötzen sich an der von mir so genannten Duodenaltonmusik. Falsche Propheten durchziehen die Länder und werben mit ihren Seherfähigkeiten, sogar über die Briefkästen. Dabei sehen sie nicht einmal, dass sie vielerorts unerwünscht sind. Heute gibt es von dieser Sorte deren weitaus mehr, als zur Zeit der Bibel.

 

Falsche Steuererklärungen sind zur Stammwürze unserer Kulturbrauerei geworden. Es handelt sich dabei keinesfalls um harmlosen Schabernack, sondern um vermutlich höheren Bildungsstand, den mancher Mensch einfach nicht verlernen will. Vor lauter Falschheiten wäre man berechtigt, an seiner eigenen Echtheit zu zweifeln, wenn diese nicht dokumentarisch festgehalten wäre. Es gibt wahrscheinlich nur sehr wenig reiche Leute, die ihr schwarzes Geldvermögen, nicht bleichen.

 

Es genügt meiner Meinung nach keinesfalls, wenn man einen Steuerzahler wegen Hinterziehung erwischt, ihn mit einer Geldstrafe zu belegen. Man ist sich kaum bewusst, dass durch diese Hinterziehung von Geldern, die Steuerzahler kräftiger belastet werden, damit auch zum Profit wiederum genau dieser skrupellosen Steuerhinterzieher, Straßen, Schwimmbäder und Trambahnen gebaut werden und zwar wiederum ausschließlich mit den vorhandenen Steuergeldern. Und diese menschlichen Haie profitieren wieder, durch die Laxheit mancher Politiker, die sich keinesfalls selber bestrafen wollen. Bei diesen ausschließlich vom Steuerzahler entrichtete Gelder, gewinnen diese Gangster wieder, weil sie als Teilhaber der Firmen, erneut am Geldhahn abzapfen.

 

Man möge mir Glauben schenken, ich war echt. Das was ich erleben werde, in all den verschiedenen Aufenthaltsorten wird möglicherweise nicht ausführlich beschreiblich werden. Es gibt eine ganz normale Aufenthaltsstelle, die ich bevorzuge, die Geldbörse, oder die Brieftasche. Dann folgt gemäß meiner Präferenzen, der Nachttisch, wo ich eine deutliche Übersicht erhalte, betreffend vielerlei menschliche Verhaltensweisen. Nicht so wohl fühle ich mich im Handschuhfach einer Limousine, oder in der hinteren Hosentasche, nun gar nicht in einem Buch, wo man mich meistens zu lange vernachlässigt. Dann gibt es noch die Sparbüchse, die meiner Taille nicht gewachsen ist und ich mich, wenn ich einmal bis dort hinein gezwängt worden bin, überhaupt nicht entfalten kann.

 

Es gibt dann noch die langweiligen Stellen zwischen den Betttüchern, oder inmitten den aufgestapelten Socken im Kleiderschrank, aber auch ganz vornehme Verstecke, so nämlich der Geldschrank. Die Wissenschaft der Technik nennt ihn „safe“. Das bedeutet soviel wie „sicher“, was er aber keinesfalls ist, weil es Zeitgenossen gibt, die fortschrittlich orientiert, zuvor beim Safe Hersteller in die Lehre gegen, um zu erfahren, wie so ein Safe auch im Innern gesäubert werden kann.

 

Hierfür verfüge ich nicht nur über ein Arsenal von schriftstellerischem Beweismaterial, sondern auch über den Vorteil einer einheitlichen, aber umständlichen Übersicht, was die Entwicklung betrifft, wie so manches, was an Wert gewinnen will. Ich muss mich manchmal einer komplizierten Prozedur unterwerfen, worüber ich noch einige Worte niederschreiben kann.

 

Ich bin kosmopolitischer Herkunft. Der Samen meiner Existenz, und jetzigen Figur, fiel irgendwo an den Hängen eines norwegischen Fjordes, in Form einer hundertjährigen Edeltanne. Dass es Lumpen gewesen sein sollten, habe ich bereits und aus verständlichen Gründen, vergessen. Ein anderer Teil meines Embryos, träumte unter dem heißen Sand einer iranischen Wüste, in klebrigen Zustand eines Kriegs stiftenden Kohlenwasserstoffs, welches unter der populären Bezeichnung Erdöl bekannt ist. Dieses eher schwarze Produkt musste, über eine raffinierte Art und Weise, herrliche Farbtöne für meine Veredelung bekennen.

 

So, wie es bei den Menschen Gepflogenheit ist, dass Viele für Einen, alsbald aber Hervorragenden herhalten müssen, so erging es bereits meinen Vorfahren und so langsam hatten sich alle Bestandteile zusammengefunden, mit denen mein Dasein aufgebaut werden konnte.

 

Manch einer wusste eine Lehre aus meiner Entwicklung zu ziehen. Ich erhoffte mir ein langes Leben zu genießen. Nicht zuletzt die Kühe, die einem russischen Sprichwort irrtümlicher Weise Beifall klatschen würden, wenn sie es denn könnten: „Es sei besser die Kuh zu melken, als sie zu schlachten.“

 

Ich will mich kurz verbessern. Kühe klatschen tatsächlich, aber nicht selber. Es klatscht nur ihr Bei Fall.

 

Ich wurde nicht nur mit Milch ernährt, wie man jetzt hätte annehmen müssen. Nein die Kühe wurden, entgegen ihren irrtümlichen Vorstellungen geschlachtet, um aus ihren Knochen, den richtigen Leim zu gewinnen. Das Fleisch dieser, auf einmal, so blöden Kühen, hing bald an einem nicht für Kleider bestimmte Haken. Ihre Knochen krachten, vermischten sich mit Mark, als sie durch den Fleischwolf wanderten. Nach einem gesetzlich geschützten Patentverfahren, wurde alsdann dieses für mich so lebenswichtige Produkt erzeugt.

 

Das aber genügte wahrscheinlich noch nicht, denn aus aller Welt wurden noch andere Primfaktoren zusammengetragen. Dabei stand aber noch keinesfalls fest, was eigentlich aus mir werden sollte. Ein Geldschein, oder Teil eines Klatschblattes, was mich allerdings nicht erfreut hätte, denn heute weis ich, um das kurzfristige Dasein eines solchen Blattes und was alles, nach dem ersten Gebrauch, damit geschehen kann.

 

Nun, mein Schicksal war noch ohne mein Wissen und Zutun besiegelt. Holz, - hier muss ich der Ehrlichkeit halber, sie doch erwähnen- Lumpen und Altpapier wurden gebleicht, gesiedet und chemisch aufbereitet, sowie immer wieder in großen Bottichen durcheinander gewirbelt. Es wurde Wasser und Harz mit dem Knochenleim und Farbe, im Ganzzeug- Holländer vermischt. Dann ging es über die Rührbütte zur Papiermaschine. Sandfang, Knochenfänger, Nasspresse und Trockenpartie, waren die nächsten Etappen meiner Entstehungsgeschichte und schlussendlich verhalf ein Glättwerk mir zu meinem besonders feinen, sogar gediegenem Aussehen.

 

Über welche Umwege ich in die Staatsdruckerei transportiert wurde, ist mir heute noch schleierhaft, denn genau diese Fahrt musste unter höchster Geheimhaltung vollzogen werden. Kein einziger Besitzer der vielen Hände, die an meiner embryonalen Entwicklung beteiligt waren, hatte eine blasse Ahnung, welcher Bestimmung ich vorgemerkt war. Es roch eines Tages jedoch stark nach Farbe. Ich glaube mich erinnern zu können, dass es nicht nur schwarze Farbe war. Ich bin alsdann von komplizierten Apparaturen vergewaltigt worden und mit meinen mitleidenden  Weggefährten an Rädern, Rollen, Pressen und Schrauben durch und vorbeigeschleust, um alsdann von langarmigen Greifern erfasst zu werden, von wutschnaubenden Saugnäpfen gewendet wurde, wobei es mir immer noch nicht bewusst wurde, was aus mir werden sollte.

 

Plötzlich nahm ich Format an, doch die weitere Prozedur war noch lange nicht zu Ende. Man zog und quetschte mich durch schwere Pressmaschinen, die mir den Brustkasten mal von hinten, mal von vorne her eindrückten und als ich wieder zu Atem kam, lag ich erschöpft über und über mit vielfarbigen Verschnörkelungen versehen, in einem Trockenkasten.

 

Ich fühlte mich trotz allem bei recht guter Gesundheit. Meine nicht vorhandene Knochen mussten logischerweise noch heil sein und ich merkte zu meinem Schreck an der sogenannten Passnummer, mit der man mich immer identifizieren konnte, dass gerade ich noch vom Schicksalsglück erfasst worden war, das sich wahrscheinlich im Zählwerk, versteckt hielt. Als erster Schein hatte ich eine formvollendete Gestalt angenommen, wobei mir meine unerwartet edle Bezeichnung auffiel. Mein Erstaunen war optimal, doch wusste ich bei meiner Geburt noch nicht was die Ziffern 1 mit 6 Nullen davor, für meine weitere Existenz bedeuteten. Dieser Zahlenaufdruck ist wahrscheinlich von hinten nach Vorne erfolgt. So wurde ich die Nummer 1.

 

Ich lag obenauf. Das Bibelwort, „die Ersten werden die Letzten sein“ hat sich in diesem Stadium meiner Entstehung, ziemlich oft, als richtig erwiesen. Ich wurde wirklich als Letzter gedruckt, trug aber die Nummer 1. Ich hoffte dieser salomonischen Weisheit den Vorteil abzugewinnen, mich noch einige Zeit von dem Wirbelsturm in den Maschinen erholen zu können und als Letzter meiner Bestimmung entgegen zu leben. Immer wieder wurde ich ergriffen und geprüft. Viele Hände, gewaschene und manche sogar sorgfältig mit überstülpten Handschuhen, hielten mich unter Lampen, oder mir unbeschreibbare Apparaturen, drehten und wendeten mich. Die unverständliche Neugier, diese Geschäftigkeit der Drucker, schlug sich in Kapriolen, in meinem Nimbus nieder, das ist etwas wie ein Heiligenschein. Ich wurde von einer unheilbaren, nahezu recht menschlichen Einbildung befallen.

 

Und diese viele Menschen um mich herum. Besonders in der Druckerei, hatte sich bereits meine Beurteilungskraft ziemlich stark entwickelt. Zuerst wirkten sie befremdend auf mich, dann spürte ich wie die Eigenart ihres Gemütes auf mich zu wirken begann. Die Einen outeten sich raubeinig, plötzlich sah ich rot, Haare die dann in so vielfarbigen Tönen auftauchten, wie grau, blond, schwarz, sogar zweifarben, aufwendig gestylt und trotzdem schienen sie unzufrieden mit sich selber zu sein.

 

Ja, es fiel mir sofort auf, die Meisten schienen nicht zufrieden mit sich selbst zu sei. Da war Selbsttäuschung mit im Spiel. Umso beklemmender wirkte auf mich, als ich merkte, dass sie nahezu alle nur auf eigene Vorteile bedacht waren. Ihre Augen glichen Leuchttürmen, die vor Allem warnen, verraten. Wünsche, wie von Pharen ausgestrahlte Lichtblitze, auf heftig bewegtem Meer und umbrandeten Klippen. Eine Gebärdensprache, die mir bald recht vertraut wurde. So entging es mir nicht, dass all diejenigen, die mich bis zu diesem Augenblick mit glänzenden Augen geformt und begleitet hatten, nicht Stolz über meine werdende Gestalt ausstrahlten, sondern Gier, Geiz, Raffsucht, Ein-steck- oder Mitnehmegedanken.

 

Es musste jedenfalls ein beeindruckendes Geschöpf sein, dem ich fortan als Zahlungsmittel in der Tasche liegen, oder als manipulierte Währung dienen sollte. Mir war bei den nur knapp angestellten Beobachtungen nicht entgangen, dass meine virtuelle Person eine gewaltigen Eindruck auf sie schindete, ihnen Respekt einflößte und ich hoffte auf eine dementsprechende Behandlung.

 

Ich schätze, dass nahezu alle, zwei Gesichter zeigten, so wie ich auch. Die schwarzweiße Zeichnung, die wohl über meinen chinesischen Gene vererbt wurden, verkörpert dieses Prinzip der Dualität. Je mehr ich über diese, aus den Tiefen meiner Vergangenheit auftauchende Erinnerung nachdachte, hörte ich eine wohlklingende Stimme, die sich wie Gesang anhörte. ‚Ying Yang, Ying Yang, Ying Yang‘. Verkörpert sah ich dies auf einmal durch zwei unterschiedliche Personen, sie bezeichneten sich als Mann und Frau. Später  ist mir aufgefallen, dass ein jeder auch zwei Gesichter zeigt, wie dieser, noch nicht aus der Mode gekommene Herr Janus, der einst Anfang und zugleich Ende verkörperte.

 

Ja, sie hatten nicht nur alle zwei Gesichter, es gab also auch zwei Geschlechter. Da konnte ich nicht mithalten. Ich gebe zu, dass es mir etwas Mühe kostete, von den grünen, blauen oder braunen Augen ablesen zu können, was sie nicht mit ihrem Mundwerkzeug verrieten. Aber in den Mundwinkeln, oder auf der Nasenwurzel, und viel prächtiger noch auf der flachen Stirnpartie, wo tektonische Falten entstehen und wieder verschwinden, konnte ich meine Psychoanalyse zusätzlich entfalten. Dem schlechten Atem, der aus ihrem Mund kam, rührte wohl kaum von einer erkrankten Zunge her. Dieses Übel musste wohl tiefer im Innern zu suchen sein. Auch ihre Lippen zeigten Nerven, platt, kaum wulstig, zusammengezogen, gepresst, spitz und dazu kam dass mir bei einem Geschlecht sofort die etwas vertuschende Farbpalette auffiel. Knallrot, lila, schwärzlich. Mit und ohne, am falschen Ort angebrachten Ochsenring, der üblicherweise an die Nase gebunden ist. Aber es waren auch natürliche Farben zu studieren, die meistens aber blass aussahen. Diese Lippen waren ständig in Bewegung, so als ob sie etwas mit zu teilen hätten. Es war nicht nur die Sprache, an die ich denke, sondern das verräterische Zusammenpressen, das variiert werden konnte, sicherlich um zu täuschen, um zu verführen. Ich war erstaunt über diese vielfaltigen Ausdrucksmöglichkeiten, wie variationsreich diese Menschen ihr Gesicht trugen. 

 

Was mich jedoch betrifft, muss ich gestehen, dass nur die eine meiner Seiten mir gefiel und ich entschied mich diese als meine Vorderseite anzuerkennen. Auf meiner Rückseite befand  sich das Abbild eines Männerkopfes, der mir keineswegs sympathisch war. In einer mir ungewohnten Schreibweise, erblickte ich, wie alle anderen die genau so dumm waren wie ich, um diesen Herrn, bei seinem Anblick, sofort zu erkennen, dessen Namen.

 

Er musste väterlicherseits mit mir verwandt gewesen sein, aus dem Geschlecht der Lumpen, denn obgleich er ein Adliger, namens Vasco da Gama war, konnte ich mich doch später aufklären lassen, dass er so ganz nebenbei auch ein Schuft war, der angeblich den Seeweg um Afrika herum, nach Indien finden musste, ihn auch fand, wobei ihm 20 Schiffe und über 800 Soldaten bei der Suche zur Seite waren. Er segelte keinesfalls zum Vergnügen aller Beteiligter, um das Kap der guten Hoffnung, sondern nur um den Indern, die letzte gute Hoffnung auf Freiheit zu nehmen.

 

Ich bitte recht verstanden zu werden, denn ich als Pazifist fühle mich sofort, mit diesem portugiesischen Unruhestifter, auf meinem Rücken, hintergangen. Dieses abweisende Gefühl musste ich doch später revidieren, denn anscheinend segelte dieser Adlige keinesfalls freiwillig. Er wurde quasi gesegelt und bis heute ist es nicht klar warum. Vielleicht störte er in Portugal den familiären Frieden, oder er hatte eine ansteckende Berufskrankheit, man kann ja nie wissen. Sicherlich wird man staunen wie schnell ich, so richtig menschliche Schlussfolgerungen ziehen kann.

 

Meine Vorderseite versprach jedoch, mir die vorerst bedrückende Last, dieses per Huckepack aus Portugal aufgeladenen Ganoven, auszubalancieren. Nicht nur die Unterschriften, von mir unbekannten, aber sicherlich markanten Persönlichkeiten, aus dem öffentlichen und nicht veröffentlichten Leben, waren auf meinem Bauch verewigt. Eine glatte Tätowierung mit unlöschbarer Buchdruckerfarbe, allerdings nur für die Dauer meines Daseins, während Tätowierung, wie ägyptische Mumien uns beweisen, sogar Jahrtausende überleben.

 

Ich hatte sie nicht sofort erkannt, neben den Unterschriften, entdeckte ich das Bildnis einer bezaubernd lächelnden Dame, mit der ich keine Schwierigkeiten hatte Bekanntschaft zu schließen. Mit einem kurzen Versprechen ihr gegenüber, habe ich mich verpflichtet ihren Namen nicht bekannt zu geben, bis sich eine günstige Gelegenheit biete, was sie mir gegenüber, für ihre erwiderte Freundschaft, als Bedingung gesetzt hatte. Einstweilen wird sie also Inkognito mit mir herumgereicht und es wird ihr gleich bewusst werden, dass es nicht den ehrgeizigsten Wissensdurstigen interessiert, wer sie war. Möglicherweise wird sie überhaupt nicht bemerkt, glatt übergangen, nicht wahrgenommen, obschon sie eine markante Persönlichkeit zu sein scheint.

 

Ich hoffe inständigst, dass ich nicht jenen Schwächen, der denkenden Geschöpfe zum Opfer fallen werde und mein Versprechen breche, so wie das in der Menschheit so üblich ist. Von diesen Kuriositäten, werde ich wohl noch zu berichten haben.

 

Im Banktresor, wohin ich schließlich, nicht allein sondern mit Anderen, eingekerkert wurde, war es schwarzdüstere Nacht, doch es herrschte ein Wirrwarr von unverständlichem Geplapper. Ich war also keinesfalls allein. Monologe oder Dialoge zwischen den verschiedenen Währungen führten die Regie.

 

Ich versuchte mich zu erkunden, woher dieses Übel stamme, doch wusste man mir keine übereinstimmende Erklärung zu geben. Bei meiner Umfrage fiel jedoch die größte Stimmenzahl auf den Namen Babylon. Von dieser Stadt Babel, eine antike Stadt am Euphrat, stammt die Bezeichnung babbeln, was so viel wie schwatzen, durcheinander reden, bedeutet. Ist dort wirklich dieser Sprachenwirrwarr entstanden? Ist es nicht eine der vielen überlieferten Legenden, die sich bis zur realen Anerkennung, als wahr seiend, durchgemausert haben?

 

Diese Frage hat mir keine Ruhe gelassen. Ich wollte der Sache auf den Grund gehen. Umsonst war mein Bemühen, denn aus allen Ecken des Tresors kam dieselbe Antwort. Keiner wusste es, alle zweifelten. Ich wandte mich sogar an das Kleingeld, die klirrenden Münzen. Das plärrte mich an, wie niedriges Volk, Pöbel. Keine Disziplin, kleingläubiges Gesindel, so dachte ich, dem man metallene Panzer angezogen hatte, damit sie nicht so schnell verschleißen und man es sofort vernehmen kann, wenn sie sich aus dem Staube machen. Wahrscheinlich die erste akustische Überwachungsmethode, betreffend den Geldhandel. Erst später konnte ich etwas richtig deuten. Mein im Dunkeln erlebter Eindruck, welcher mich ausfällig über das Kleingeld im Tresor werden lies, musste sofort revidiert werden.  Das war überhaupt kein Kleingeld, denn die Stücke sahen wie Medaillen aus. Die Meisten waren gelb gefärbt, die Wenigstens glänzten wie Zinn. Die richtigen Bezeichnungen lernte ich alsdann auch etwas später. Das waren Gold- und Silbermünzen. Ich befand mich also in edler Gesellschaft.

 

Ich muss gestehen, dass es mir keinesfalls schwer fiel, meine Umwelt genauer kennen zu lernen. Ich hasste bald, wenn jemand von einer bestimmten Sache sprach, oder von einem Ding, dem Etwas, kein und viel, mehrere, etliche und einzelne. Kleinigkeit und ein Bisschen, die Wörter verrieten mir nie um was es da eigentlich ging und so war ich keinesfalls bereit in diese erbärmlich arme Ausdrucksweise zu verfallen und manche, ‚etwas‘ sowie ‚verschiedene‘ wurden ab sofort von mir mit einem Dingwort verschweißt.

 

Ich war aber auch entsetzt, wie ich auf den Regalen eine größere Menge gelber Ziegelsteine erblickte, die dort gestapelt waren. Ich konnte mir nicht erklären warum diese Bausteine in einer Bank aufbewahrt wurden. Eine sinnvolle Antwort, auch auf diese Fehldeutung, blieb im Laufe meines Werdeganges nicht aus.

 

Die Schlinge  um mich und meine Blutsverwandten, drückte sehr. Ein doppelter Knoten sorgte dafür, dass ich nicht ausreißen konnte. Unfreiwillig eingeschnürt sein führt zum Wahnsinn. Freiwillige Einschnürung jedoch, wie ich später in Erfahrung brachte, zu hochgestylten Busen, schmalen Hüften und aufplatzenden Hosen. Sogar hat man für falschwulstige, aufgedunsene Lippen einen sonderbaren Weg gefunden. Ich musste von diesen Gedanken los kommen, musste Ablenkung finden, die ich versuchte bei meiner, im Augenblick noch unsichtbare, schöne Dame zu finden. Meine geistige Beschäftigung mit ihr, half mir bestens, in dieser unbequemen Einsamkeit, den Mut nicht zu verlieren. Was Angst sein kann hatte ich noch nicht gelernt. Sie spendete mir, ganz sicher ohne es zu wissen, Mut und Ausdauer. Ihre Nähe hauchte mir Kraft ein, verlieh mir den nötigen Verstand um ausharren zu können, den nötigen Willen die ungemütliche Lage zu ertragen. Ich glaube, ich verspürte da etwas in meinem Innern, dessen menschliche Bezeichnung ich viel später erfuhr. Es war Liebe, reine, pure Liebe. Nur wusste ich nicht ob sie auch etwas davon merkte.

 

Es ist mir klar, dass Frauen alles tun, um auf irgendwelche Weise (hervor) zu stechen. Das Einschnüren ist zu deren alltäglichen Kunstgriff geworden, nur um ein angeblich gepflegteres Aussehen zu erhalten, nur um Eindruck zu schinden. Aber es ist bewusste Täuschung, gestylte Fälschung der schlappen Tatsachen, die unbequem hier oder dort hervorquellen. Die Natur muss gezähmt werden. Unser Schöpfer hat da eine bedenkliche, sogar schwer wiegende Reaktion ausgelöst, als er dem Menschen Unzufriedenheit einhauchte. Ich konnte meiner Partnerin, mit der ich mich wohl bis an mein Ende abfinden muss,  wegen Ihrem Schweigen nicht böse sein, denn ohne meine geistige Beschäftigung mit dem anderen Geschlecht, wäre ich wahrscheinlich weniger über die peinigenden Gedanken hinweggekommen, die sich alsdann mit der Ungewissheit beschäftigten, wie sich meine Zukunft gestalten werde. Man wird spätestens hier der Meinung sein, dass ich männlichen Geschlechts sei, aber über Intimitäten werde ich nur mit einem gewissen Abstand berichten.

 

Es juckt mich hier einen werten Bekannten zu zitieren, dessen Schriften mich hellauf begeisterten.

 

Abraham a Santa Clara, (geboren am 2. Juli 1644 als Johann Ulrich Megerle in Kreenheinstetten bei Meßkirch; † 1. Dezember 1709 in Wien) war ein katholischer Geistlicher, Prediger und Schriftsteller. Er gilt mit rund 600 Einzelschriften als bedeutendster, deutscher katholischer Prediger und Poet der Barockzeit mit ungewöhnlicher Sprachkraft und Sprachfantasie.

 

Gegen die Frauen (im 17. Jahrhundert geschrieben)

 

Heisa, Juchheisa, Dideldumdei!

Was treibt ihr für Schnickschnack und Alfanzerei

Ist das ein Treiben ehrbarer Weiber

Sich so zu verhunzen, die Seelen, die Leiber.

Einher zu trippeln wie bunt eitle Pfauen

Und statt ins Gesangbuch und Bibel zu schauen

Und zu lernen die Gemüse und Fleisch Zubereitung.

Zu brüten über der Pariser Putzaffen Zeitung.

Was braucht ihr Hüte, Mantillen und Roben

So lappig verschnörkelt und lappig verschoben,

Wie diese ganz heillose Zeit,

Die in Fetzen zerrissen ihr Jugendkleid.

Wär’s nicht besser, statt ihr nach Mustern gafft,

Ihr selber wäret Muster und musterhaft.

Dass ihr schnittet Rüben und schnittet Bohnen,

Als zu firlefanzen nach Schnitten und Schablonen

Dass ihr statt Börsen zu häkeln für Gönner,

Hausfreunde, Cousins und Vielliebchen Männer,

Die Börsen eurer Männer nicht leeret gewaltsam

Und lebet fein züchtig, fromm und enthaltsam

Bleibt mit eurem Fremdländischen fern

Und antwortet nicht schnippisch, das wäre modern.

Es muss wohl noch modern – ich sehe nur

Absterben an euch die schönste Natur.

 

 

Zugabe:

Wörterbücher enthalten viele Schmähwörter. Männer glauben die meisten würden sich auf weibliche Personen beziehen. Da liegt an führender Stelle, die Xanthippe - war ein böses Weib, der Zank der war ihr ein Zeitvertreib. Es folgen Bezeichnungen wie Weibsstück, Hexe, Biest, Luder, Vogelscheuche, Hausdrache, Zauberin, Böse Frau, Zankteufel und Bestie. Frauen am Steuer, Ungeheuer. Es gibt sicherlich noch andere, wie etliche Berufsbezeichnungen. Sie werden lesen, dass ich in der Folge, und dieses aus respektvollen Gründen, nur ein einzige Mal, eines dieser Schimpfwörter gebrauchen werde.

 

Da ich soeben über die Vokabel Schimpfwörter gestolpert bin, erlaube ich mir einen kleinen Schwenk zu machen, in eine eher zerstörerische Welt. Es ist höchst alarmierend feststellen zu müssen, mit welcher Leichtigkeit, manche anscheinend höher entwickelte Erdbewohner, ungebremst mit extrem beleidigenden Schimpfwörtern umgehen.

Zoologisch gesteigert.

 

Nachdem das sich Kennenlernen eines Liebespaares etwas gefestigt hat, entwickelt jeder Partner seine eigenen Schmusewörter wie,  Herzele, Schatzi, Mausi, Schnurri, Schnuckelchen, Liebling, Pussibärli, Hasi, Schätzle, Liebelein, Molli, Pussy, Muscheli, Täubchen, Spatzl, Häschen, Minimäuschen oder Bienchen.  Man erkennt zumeist niedliche zoologische Bezeichnungen, die voll akzeptiert sind und keineswegs beleidigend wirken.

 

Es ist jedem klar, dass diese zoologische Vokabeln wirklich noch verhüllte Liebes Bezeugungen bedeuten. Nachdem sie aber eine gewisse Zeit im gemeinsamen Gebrauch waren, schleichen sich plötzlich, wahrscheinlich der kindischen Ausdrucksweise überdrüssig geworden, neue Titulierungen ins tägliche Gespräch. Die bisher niedlichen Eigenschaften der Wortwahl, beginnen rauer zu werden.

 

Dann hört man Allerweltschimpfwörter wie, Gockel, Hund, Schafskopf, Kater Murr, Ziege,  Ziegenbock, Pute, Kröte, Schlange, Kellerassel, Fresser, Würstchen, Aasgeier, Berserker, Vogelscheuche, Bergziege, Machokakerlacke, Salonlöwe, Ratte  und das reicht hin bis zum Lackaffen, wobei es meistens nicht lange bleibt.

 

Die Eskalation steigert sich ins Grobe. Auf einmal bekommen die einstigen Schmusewörter eine pikantere, sogar hoch explosive Dimension, wie Dreckssau, Mistvieh, Sauhund, Schweinehund, Klotaucher, Gesichtskrapfen, Hyäne, Nilpferd.

 

Es folgen die unendlich gemeinen Wortbildungen, welche mit Arsch- und Anal- beginnen, wie Analruine, Analspecht, bis hin zur Affenzicke, und Drecksack. Eine unübersichtliche Unmenge zumeist neugeprägter Schimpfwörter der Straße, findet unproblematisch seinen Weg in die Umgangssprache der Küche. Sie sind ein erschreckendes Abbild einer dekadenten Lümmel Sprache unserer Jugend, die im späteren Leben manchmal allzu schnell wieder aufgetischt werden. Man fühlt sich quasi hingerissen, jede Dummheit, lies Primitivität, des Gegenüber noch übertreffen zu müssen.

 

Da gibt es Monsterkonstruktionen wie Steckdosenbefruchter, Monsterbacke, Evolutionsbremse, Karussellbremser, Teflongesicht, Fettgondel und sobald diese Kaliber aufgebraucht sind, werden die Dialoge noch einmal deftiger und durchwachsener, die bereits soviel Reizpotential entwickeln, dass Gewalttätigkeiten kaum vermeidbar sind.

 

Es  schleichen sich aber auch unter den eher normalen Menschen, aus zoologischer Sicht, die letzten nicht mehr übertreffbaren Reizwörter ein, wie dumme Sau, blöde  Kuh, geile Gans, Schmeiß Fliege, Hornochse, Hammel, Rindvieh, Pferd, Eselskind, Kameltreiber, Rhinozeros, Giraffe und das nimmt Auswüchse an, bis hin zum Elefant. Ab hier ist jedoch Ende der Fahnenstange. Hier ist der höchste Punkt der zoologischen Beschimpfungs Dimension erreicht. Saurier kommen sind selten im Gebrauch. Dino-, Ichthyo- und Flugsaurier schlagen nicht so richtig an. Somit sind die menschliche Intelligenzsteigerung, sowie auch ein friedliches Zusammenleben am Ende. Wenn so ein Wortwahlwechsel die letzte Barriere des Anstandes übersprungen hat, dann kann man getrost behaupten, die Götterdämmerung sei angebrochen.

 

Bei manchen Paaren öffnet sich der ungezügelte Mund in dieser Richtung bereits früh im Zusammenleben. Bei anderen hält sich das Wachstum der Tiernamen etwas länger in Grenzen, doch die Schwelle die zur Trennung führt, ist gefährlich schnell überschritten. Es gibt trotzdem welche, die bis ins hohe Alter, bei ihren Erstformulierungen bleiben. Sie sind zu beglückwünschen. Sie haben das Miteinander verstanden.

 

 

Post Skriptum:

 

Es wird wohl kaum schnell besser werden. Nicht nur die Jugend, erkennt nicht wie sie sich selbst hasst. Diese generierte Eigenfeindlichkeit treibt sie sogar, bis zur Verstümmelung von sich selbst. Triumphieren möchten sie neben dem Gebrauch von abstrusen Schimpfwörtern, mit abscheulichen und grotesken Unansehnlichkeiten, wie zum Beispiel jene, die gefährlichen Drüsenkrankheiten hervorrufen, besonders durch unsaubere Tattoos.

 

Nach den Ringen in der Nase,

dem Tattoo, ganz nah am Arsch,

 Klettern bald sie auf die Bäume.

Bin ich Krösus? Ja, dann marsch.

 

Obschon ich mich hier in der Sprache von Schiller und Goethe, ausdrücke, möchte ich eines meines letzten Gedichte, die ich geschrieben habe, und an diese Stelle passend, in meiner Heimatsprache, und dies aus aktuellen Anlass, hinzu zu fügen.

 

 

 

 

 

Den Zonge Schlag

(eng Allegorie)

 

E Mann, mat senger Zonge Spaang,

Hat  sech an Frëndin ‘s  Zong verfaang .

Déi  Saach sech traureg  huet  entwéckelt,

An hirem Mond , Metall gekréckelt.

 

Sou laang wei  eens  si  sech nach waren,

Sollt et kee Bock sinn, ee mat Haaren.

Mat Fangere fänken s’ un ze stëppelen,

Sech vum dem  Pech do ze entkrëppelen.

 

Weit op si hire Mond opräissen,

Och fir sech net op t’ Zong ze bäissen.

Wann si e Strapp sech laang  beméien,

Sou  Spaangen loossen sech net béien.

 

Dee Mätsch huet zimlech u gedauert,

Well ëmmer huet d’ Gefor gelauert

Dat si sech selwer d’ Zong ofbäissen.

Si wollten  sech  dach net verschéissen.

 

Verständlech konnten  Béid net schwëtzen

An nieweneen och guer net sëtzen,

Si  hucken  duerfir op de Knéien

A schweessen ferm, bei deem Beméien.

 

Scho fänken t’ Zongen un ze schwëllen

Een vun deem aneren denkt  . .dee Mëllen.

All Harmonie flitt bei der Däiwel

Dorunner ass jo guer keen Zweiwel.

 

Wat man, bei all dem domme Misär

Schonn   hu  si sech vill manner  gär.

Ee Pinschen  iwwer Béid do kënnt

Wëll keen  e gudden Auswee fënnt.

 

Zack schléit e Blëtz an hiren Auto.

Op t’ Kopp och dréit sech hire Mo.

Et kraacht och fierchterlech en Donner.

Dorop geschitt dann dat blot Wonner.

 

Mat Hick an Hack krut t’ Qual een Enn du

Hir Zonge deelen sech am Nu.

A wat sech schro verknetzelt haat

Eenzock huet  sech  rëm lass gemat.

 

Wat  ass t’ Moral vun där Geschicht?

Wien net am  Zam, seng Zong kann halen,

Ka sécher net all Mënsch gefalen.

Wann dann net gläich geschitt e Wonner.

Da  paken s’ allebéid de Plonner.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Tausender

 

„Von all diesen Schimären erlöste mich endgültig das Ticken und Einschnappen von metallenen Federn eines Sicherheitsschlosses. Das Plärren des skurrilen Volkes, erstickte im grauen Licht des Büros in einer Vorstadtbank, das plötzlich zu uns herein drang.

 

Die fabrikneuen Geräusche der Straße lenkten mich sofort ab. Sie gaben sich so viel Mühe, den alltäglichen Mief und das unstete Hin und Her in einer Bank zu übertünchen. Diese Bank gab sich jedoch alle Mühe um, als staatliche Zweigstelle den standesgemäßen, der Öffentlichkeit den nötigen Respekt einzuflößen.

 

Noch bevor ich mich an die neuen Klänge und Laute gewöhnt hatte, ergriff man uns wie einen Backsteinziegel oder den noch leichteren Bimsblock und wirbelte uns durch die zwanzig Grad Celsius messende Bank Luft, deren Geruch, wenn überhaupt vorhanden, von Ventilatoren durch Filter gepresst, zur nahezu neutralen Umluft wurde.

 

Wir landeten unsanft, gottseidank aber unversehrt auf einem großen Brett, das sich bei näherem Betrachten, als das Pult eines sogenannten Kassierer entpuppte.

 

Auf diesem Pult des Bankkassierers, das mir zum Aussichtspunkt bestens geeignet ist, werde ich einige zusätzliche Pikanterien sammeln für meine Memoiren und dem nächsten Kapitel möchte ich die Überschrift geben“:

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Der Knadderer.

 

Ich stelle vor: Man nennt ihn so in der Bank, die aber nur eine Zweigstelle war, er selber meldete sich am Telefon einfach mit „hier Grotz“. Er hat zwar einen Vornamen, aber auf Vornamen wird normalerweise in einer Bank keine Rücksicht genommen. Von seinem vorherigen Beruf als Bankkassierer, hatte er sich bis zum Zweigstellendirektor emporgearbeitet. Er war achtundvierzig Jahre alt und seit vielen Jahren bei dieser Bank. Man sagt ihm nach, nur noch halbwegs verheiratet zu sein, weil er zu viel in seinem Beruf beschäftigt sei, so meinte aber auch er, diesbezügliche Fragen beantworten zu müssen.

 

Des Weiteren arbeiten zwei, ebenfalls Herren, in dieser Bank, deren Namen in diesem Augenblick noch nicht relevant, oder besser verständlich, erwähnenswert sind.

 

Einer dieser Beiden war der Kassierer. Er muss sicherlich in der niedrigsten Gehaltsklasse vegetieren, erfreute sich blauer Augen und wusste nicht, dass an diesem Tag seine dunkelblaue Krawatte schief hing. Dies wurde aber sofort von Herrn Grotz schief aufgenommen und er musste seine Krawatte, der normalen Fliehkraft entsprechend, zurecht binden. Dieser Mensch war es der den Kassierer beauftragte uns das Fliegen beizubringen und nun mit ungeduldigen Händen begann dieser unser verbleites Korsett zu lösen, was es mir ermöglichte, tiefer Luft zu schnappen.

 

Das war die Befreiung aus dem Bündel, Ausstieg aus der Masse, Alleingang in aller Virtuosität. Besseres konnte mir nicht passieren. Die Gedankenfreiheit hatte ich mir schon angeeignet. Jetzt nehme ich Einflussnahme in Angriff.

 

Es war noch in der frühen Morgenstunde, so deutete ich den Zeitpunkt dieser Befreiung aus dem Tresorraum, hinein in die Bankluft, die anscheinend bis zu dieser Morgenstunde, noch nicht gelitten hatte. Dann brach etwas Entsetzliches über mich und meine Verwandtschaft herein.

 

Der Blauäugige, mit ehedem schiefen Krawatte, der mir recht unsympathisch vorkam, nicht nur wegen seines stürmischen Umgangs mit mir und meiner ehrenwerten Verwandtschaft, rieb plötzlich seinen rechten Stinkefinger, worüber ein Gummi gestülpt war, an seiner sichtbar belegten Zunge und begann an uns herum zu blättern. An seinen bleichen, ersichtlich kalten Lippen, die immer hin und her wippten, wie die Lippen eines Geistlichen, der seine Horen pflichtbewusst herunter raspelt, begann ich meine Beobachtungen, die bis zur Psychoanalyse ausarteten.

 

Am Fleiß, der ihn sicherlich nicht anzuspornen schien, spürte ich, dass er diese Arbeit gegen seinen Willen verrichtete. Er zählte uns trotzdem. Traute man uns denn bereits jetzt schon so wenig, bevor wir in den Umlauf kamen? Ehrenwort eines Ehrenmannes. Keiner von uns hätte je, weder die Absicht noch die Möglichkeit gehabt, sich unbemerkt aus dem Staube zu machen. Dieses feuchte Betatschen beleidigte mich sehr und das brachte mich auf eine Idee, wobei ich das gegebene Ehrenwort eines Ehrenmannes schon wieder bereit war zu brechen. Freiheit bedeutet auch Aktivität. Als mich bei eins bereits, ein widerlich ranziger Geruch von abgestandener Butter, vermischt mit dem Duft von Ölsardinen und Nikotin überfiel, wurde mir übel. Vasco da Gama verspürte, wie bei einem Duell, einen Schmiss über seiner adligen Stirn, welcher in der Folge nicht mehr so ganz ausheilen sollte. Meine Schöne ereilte zwar nicht dasselbe Unglück, desto schlimmer jedoch roch ihr Hintermann, der aus dem gleichen Bündel stammte und auch ein da Gama war.

 

So hatte ich mir meine ersten Beziehungen zu den Menschen keinesfalls vorgestellt. Ich war fest entschlossen mich an dem Blauäugigen zu rächen.

 

Mein Racheplan war schnell erstellt. Es war mir nämlich nicht entgangen, dass in dieser Bank niemand dem andern traute, was ich später auch in den Büroräumen der Staatsbeamten feststellte. Einer beobachtet den andern ganz unauffällig und lässt ihn niemals aus den Augen, wozu ein kurzes Gespräch, eine wirklich außergewöhnliche, aber brauchbare Hilfe war. Jedermann ist sich dessen bewusst, dass jemand, der bei einem Ameisenhaufen sitzend, keinesfalls ans Rauben der Eier denkt, was in einer Bank aber schon viel gefährlicher sein soll.

 

Warum mussten wir eigentlich wiederum abgezählt werden, obwohl wir von zuverlässigen Zählwerken in der Staatsdruckerei bereits auf Herz und Nieren geprüft waren? Mir schien hier etwas nicht normal zu sein. Nur der Herr Grotz konnte den Blauäugigen, jenen mit der belegten Zunge, beauftragt haben, uns noch einmal zahlenmäßig zu überprüfen. War es Beschäftigungstherapie, bei der augenblicklichen Bankflaute? Herr Grotz, der allem Anschein nach das Ruder dieser, keinesfalls im Geld schwimmender Vorstadtbank, fest in der Hand haben wollte, wird wohl auch gute Beweggründe gehabt haben dies zu veranlassen. Nur die bereits erwähnte Beschäftigungstherapie, schien mir der wahre Grund zu sein.

 

Jetzt konnten mich nur andere Gedanken, vom Irrsinn dieses Frage- und Antwortspiels  befreien. Meinem noch nicht vollständig ausgereiften Racheplan, kam eine sanft anlaufend Brise zur unverhofften Hilfe, die sich zu einem kurzen Windstoß entwickelte.

 

Zwischen dem offenen Fenster und der ebenfalls weit aufklaffenden Bürotür, entwickelte sich diese luftige Verbindung ganz plötzlich zu einem kräftigen Luftstoss. Eine der nachfolgenden Welle benutzte ich sofort um darauf, wie beim Wellenreiten, zu gleiten oder besser noch gesagt, um zu surfen. Ich hinterließ keine „Spur“, wie das ein Surfer zeigt, wenn er gerade vom Wellenkamm abwärts gleitet. Auf einer offenen Seite des Kassenbuches landete ich an und die nächste Windwelle sorgte dafür dass ich unsichtbar wurde. Ich hatte meinen Strand erreicht und mit dem Sog der Welle zurück, deckte mich die nächst folgende Kassenbuchseite zu. Ich legte mich flach zwischen die zwei großen Blätter, eigentlich eins mehr, als man deren in kleineren Exemplaren, in der Kuppel des Vatikans beobachten kann, und wartete behaglich auf die sich jetzt entwickelnde Situation. Nein, es war keinesfalls so, dass ich mich dabei nackt gefühlt hätte.

 

Vasco da Gama verzog sein Gesicht, versuchte zu lächeln, was ihm aber nicht so richtig gelang, wegen des fettigen Schmisses auf seiner bereits Falten bildenden Stirn. Es gelang ihm nur mit Mühe eine freundliche Miene zu machen, als ob er sagen wollte: „Alle Hochachtung, werter Herr, ich bewundere ihre strategische Gewandtheit und befördere Sie spontan zu meinem Adjutanten.“ Da ich jedoch noch nichts mit diesem Emporkömmling anzufangen wusste, mied ich ihn absichtlich und wandte mich meiner Schönen zu, die sicherlich meine hervorragende Taktik, mit edleren Maßstäben, zu messen verstand.

 

Gemeinsam schenkten wir drei, ich, Vasco und die Edle, die eine recht liebenswerte Dame ist, dem weiteren Geschehen in diesem Kassenraum, unsere volle Aufmerksamkeit, damit uns auch nicht das Geringste, dieser wunderbaren neuen Eindrücke, im praktischen Umgang mit den Menschen, entgehe. Bei meinen Beobachtungen kommen allerdings Kräfte ins Spiel, einige sogar übernatürliche, auf die ich später zurückkommen werde.

 

Unser Debüt, in dieser Welt der Zahlen, machte uns sofort süchtig, auf neue Erlebnisse.

 

Ich hatte meine Rache ohne den pflichtbewussten Kassierer geschmiedet. Als er nämlich zur Versicherung seiner selbst und zum Auffüllen der ihm zur Verfügung stehenden Zeit, von unten her den Geldstapel wieder zählte, um auch wirklich sicher zu sein, dass die angeschriebene Zahl stimmte, begannen sich Schweißtropfen auf seiner Stirn zu bilden. Es ist mir sofort aufgefallen, dass beim Zählen, sobald angefangen, alles immer zur vollsten Zufriedenheit stimmt.  Erst wenn man das letzte Blatt gewendet hat, merkt man, dass wahrscheinlich unterwegs, irgendetwas schief gelaufen sein muss. Voller Lustgefühl, weil mein Plan seine Wirkung nicht verfehlt hatte, schaute ich zu, wie der Kassierer sichtlich nervös wurde und wieder von Vorne zu zählen begann. Ich rechnete mir schon aus welchen Umfang ein Stapel Geld haben müsste, damit man beim Abzählen, niemals an den Punkt kommt, wo man merkt, dass die erwartete Gesamtzahl nicht stimmt.

 

Spätestens nach dem letzten Blatt, musste er sich auf die Suche begeben und er hatte das Pech mir nirgendwo zu begegnen. Glück eines Tüchtigen, schien mir beschieden. Wiederum begann er zu zählen, denn jetzt vermutete er dass zwei Scheine sich zu eng aneinander geschmiegt hätten. Vasco da Gama und meine Schöne lagen wirklich aufeinander und das hatte den Kassierer möglicherweise verwirrt, als er sich die Situation in natura vorstellte. Er war  sehr unglücklich den fehlenden Schein auch nach dieser Zählung nicht wieder gefunden zu haben. Daher knallte er das Geldpacket zusammen und schob es aufgeregt in das dazu bestimmte Geldfach, um zu gegebener Zeit wieder herunter geblättert zu werden. Dann wandte er sich den Hunderter zu, um mit derselben Zeremonie weiter zu machen, ja um den Morgen mit einer sinnvollen Beschäftigung zu füllen.

 

In Gesellschaft war Herr Grotz, wie alle Bankdirektoren, ebenfalls ein angesehener Herr. So redeten die Leute ihn an, wenn sie vor ihm, an seinem etwas übermäßig großen Pult, aus feinst poliertem Teakholz saßen, und um Unterstützung, um seine Hilfe bettelten. In seiner Gegenwart taten die beiden Angestellten ebenso höflich, jedoch war es angebracht über den ‚alten Grotz‘ zu lachen, wenn er sich in sein persönliches Büro zurückgezogen hatte. Mancher Kalauer betreffend den alten „Knadderer“, gelang an unser Ohr, doch war es uns nicht gegönnt, laut darüber lachen zu können.

 

Der Ausdruck „Knadderer“ kommt möglicherweise von „Knaster“, was meiner ersten Meinung nach, soviel wie mürrischer, griesgrämlicher Mensch, bedeutet. So nahmen wir es jedenfalls an, doch erst später erfuhren wir, dass dies keinesfalls der Fall ist.

 

Knaster ist ein Ausdruck den Herr Grotz selber gebrauchte, wenn er sich über seinen würzigen Pfeifentabak äußerte. Die Bezeichnung „canastros“ hatte er in Spanien zuerst gehört und hatte sofort um dessen Bedeutung nachgefragt, denn auch er hatte spontan gedacht, dies wäre ein beleidigender Ausdruck, der seit der spanische Besatzung von Luxemburg, Eingang in den Sprachgebrauch gefunden habe, als ‚Knaschtert‘.

 

Nach etwas mehr Reife, habe ich das Wort in seiner Etymologie besser erkannt und weiss heute, dass das aber ein typisch luxemburgisches Wort ist, das gleichwertig mit dem in derselben Sprache gebrauchten Wort „Knouterer“, was soviel wie Nörgler bedeutet. Und doch war auch dies nicht der Wahrheit letzte Bedeutung. In Wirklichkeit stammt der verballhornter Ausdruck aus dem Deutschen, wo man ‚Knasterer‘ sagt, für einen mürrischen, verdrießlichen Menschen. Und nur über diese Gedankensprünge, bin ich von ‚canastros‘ darauf gekommen, dass das sehr grobe und höchst beleidigende Luxemburger Wort „Knaschtert“ damit nicht gemeint sein konnte. Es ist also genau so, wie ich bereits erläutert habe….

 

Entschuldigen sie bitte diese Abweichung zu obiger etymologischen Belehrung. Ich werde mich hüten meine Leser allzu oft mit so bedenklichen Ausschweifungen zu belästigen.

 

Zurück zu Herrn Grotz. Sein Gesicht schwamm stets in einem Gemisch von Lächeln, das papieren, eher noch wie Karton wirkte und zynisch gestellt war, was mir eine Analyse des Mienenspiels erleichterte. Honoré Daumier hätte ein solches Gesicht ganz gewiss als Vorlage genutzt, um diese  in einer seiner perfekten und bekannten Karikaturen, für seine Lithographien zu  verwenden. Es war keinesfalls schwer diesem Herrn anzusehen, da er sich in den Büroräumen dieser Bank, mit seelischen Konflikten auseinandersetzen musste.

 

Eines war uns klar. Herr Grotz musste, als Leiter der Bank, sich stets unanfechtbar äußern, er konnte dies nicht immer intelligent bewältigten, was wiederum, dazu führte, dass er sich mit Unverstand, zu verständigen versuchte. Er führte das Ruder selbstbewusst in dieser, wie ersichtlich, keinesfalls im Geld schwimmenden, Bank. Er duldete nicht, dass auch nur einer seiner beiden Angestellten an diesen Zuständen zweifelte. Sein Leben war seines Erachtens auf Redegewandtheit aufgebaut, die in seinem Innern aber keinen sicheren Halt finden konnte. Rein äußerlich blieb er eiskalt, weiss in den unmöglichsten Situationen Herr der Lage zu werden. Innerlich jedoch kochte und siedete es sogar manchmal. Dann schwelte dieser innere Brand wochenlang und führte zu seiner seelischen Erschöpfung. Herr Grotz war ein Januskopf mit zwei Gesichtern, denn da war noch in der unteren Schublade seines Schreibtisches, die Flasche mit dunklem, süßlichen Porto, an welcher er sich manchmal vergriff um sich angeblich zu stärken, wenn die Tür zwischen ihm und den beiden Angestellten geschlossen war. Wenn der Geist aus dieser Flasche sich mit jenem in seinem Gehirn vergesellschaftete, dann kam es unwillkürlich an, auf die Dosis, von eines der Beiden. Um den sich entwickelnden Geruch zu verscheuchen zündete er sich eine Pfeife an, aber nur kurzfristig, denn er hatte mündlich verboten, in den Bankräumen  zu rauchen.

 

Trotzdem grüßten ihn die Kunden freundlich, wenn sie ihn am Schalter oder draußen, im Gang der Bank, trafen. Grotz erwiderte stets mit kräftig zurückgezogenem Kinn und mit schmalen Lippen, was ihn von einem musikalischen Tonfall abhielt. „Guten Tag. Was wünscht der Herr? Womit kann ich ihnen dienen, Madame?“ Seine Worte klangen dabei so sachlich, dass fast niemand es wagte seine rein persönlichen Angelegenheiten vorzubringen.

 


 

Kleingeld

 

Wenn Frau Meyer oder der Tramschaffner Moritz am Schalter erschienen, dann ging es jedoch etwas außer der Reihe zu. Wohl gemerkt, er fuhr einen Bus.

 

Ich fühle mich genötigt einige Begriffserklärungen abzugeben, um manches klar zu stellen. Die antiquierte Trambahn wurde landesweit durch Busse ersetzt. In einer Trambahn taten zwei Leute Dienst. Der Wattmann ist ein englischer Berufsnamen für den Fahrer der Tram. Auch die Belgier und wie ich vermute, nur im Süden unseres Landes war diese Professionsbezeichnung im Gebrauch. Die Fahrkarten kontrollierte ein Schaffner. Als die Tram durch den Bus ersetzt wurde, schaltete eine größere Menschenmenge keinesfalls um und bezeichnet nicht einmal nur dort, wo ehemals die Tram gefahren ist, den Bus jetzt auch als Tram. Sie nehmen heute noch immer die Tram, auch wenn sie die Haltestelle des Busses aufsuchen. Darf man diese Leute als Hinterwäldler bezeichnen oder verstehen, dass manche ihrer Nostalgie freien Lauf lassen und so Chaos in der Begriffsbezeichnung hervorrufen?

 

So bin ich denn ins Dilemma geraten, ob ich den Busfahrer, für all diejenigen, die den Namenwechsel nicht mitbekommen haben, auch mit Tramfahrer bezeichnen soll, denn mit Watt hat ein Busfahrer ja nichts mehr am Hut. Und da es im Bus keinen Schaffner gibt, dessen Arbeit heute der Busfahrer selber verrichtet, müsste nach der Logik mancher Menschen, die Bezeichnung Bussschaffner beibehalten werden. Ich bin kompromissbereit und versuchen beide Lager zu bedienen.

 

Da fallen mir gleichermaßen falsche Benennungen ein, die kulant unsere Sprache verderben. Da gibt es den Raben, den es bei uns gar nicht gibt, weil wir in unserm Land hauptsächlich nur Saatkrähen oder Dohlen sehen können. Dann wird vom Tannenbaum geredet, obwohl es meistens nur eine Fichte ist und es im Weihnachtlied eigentlich heißen sollte, oh Fichtenbaum, oh Fichtenbaum, wie treu sind deine Blätter. Und wiederum werden mir diese Blätter, zu Stolperbretter, denn weder Tannen noch Fichten sind geschmückt mit Blättern, sondern mit Nadeln.  Der Verfasser dieses Weihnachtsliedes hat wahrscheinlich keinen Bock auf Botanik gehabt, als er vor 300 Jahren das trotzdem gefällige Lied schuf. Weitere Ausrutscher gibt es bei den Elstern, die man als Krähen bezeichnet. Doch da stoße ich auf ein Gebiet, das die sich selber als Naturfreunde ausgebende Naturfreunde entlarven, weder einen Sperling von einer Amsel, noch einen Gartenrotschwanz von einem Rotkehlchen, und nun gar nicht den Buntspecht von einem Papagei, unterscheiden zu können. Bückt man sich zur Erde, dann sehen die meisten Leute nur Gras. Wenn man dann mit einem botanischen oder sogar nur vulgären, volkstümlichen Namen aufklären will, und nachhakt mit der Frage, wie sieht denn die Pflanzen aus, dann bekommt man prompt eine symptomatische Antwort, sie ist grün.

 

Da gibt es Spinnen, die geläufigen Namen haben wie Weberknecht, Kreuzspinne, dabei ist keinesfalls gewusst, dass Milben und Skorpione ebenfalls zu den Spinnen gehören.  Oder auch noch der Sammelbegriff Käfer, wobei wahrscheinlich an erster Stelle noch der Goldkäfer, der Marienkäfer sowie die Maikäfer, namentlich bekannt sind. Die wenigsten haben eine Ahnung was Hirschkäfer oder was Kartoffelkäfer sind, doch dann ist Ebbe, wenn die Rede geht von Blattkäfern, Bockkäfern, Rüsselkäfer und um noch zwei weitere zu nennen, die Schnell- und Laufkäfer.  Schnell hat hier absolut nichts mit Schnelligkeit zu tun, sondern mit Fortschnellen, sich selber katapultieren.

 

Um die bekannten Namen der Fische, da scheint es ein bisschen besser zu stehen. Man kauft den Hecht, die Forelle, wahrscheinlich auch Brassen und Karpfen als Süßwasserfische, dann aber sind es nur mehr die Sportfischer, die sich etwas umfangreicher bei diesen Fischen, aus unsern Gewässern, auskennen. Sobald man aber in den Bereich der Kleinfische gerät, dann hört man selten die Namen von Schmerlen, Bitterlingen, Moderlieschen, Groppen  und Quappen.

Brassen, Döbel, Gründling, Rotauge sowie Rotfeder, fallen besonders in Luxemburg, unter den Sammelbegriff ‚Frittüre‘. Es gibt nur noch wenige Restaurants an unsern Flussufern, die Frittüre anbieten, weil diese Kleinfische aus den kleinen sauerstoffarmen Fließgewässern unseres Landes nicht mehr den genießbaren Zustand aufweisen. Zulieferer sind hauptsächlich Anbieter aus der Eifel und dem nahen Hunsrück, wo diese Kleinfische noch einen appetitlichen Geschmack entwickeln.

Am Fischstand im Geschäft wissen die meisten, dass sie dort niemals Walfisch, Haie oder Delphine kaufen können, dann aber wird es ganz speziell, denn außer Thunfisch sind bekannt der Hering, die Scholle, dann folgt der Lachs, Sardine und die Sprotte. Geläufig sind Namen wie Dorsch und Kabeljau, wobei die meisten Käufer den Unterschied zwischen beiden Fischarten nicht kennen. Dann werden die meisten Fische nur mit einem Fingerzeig bestellt und die Portugiesin hinter dem Tresen, erkennt ihre Landsmännin sofort und stellt sich hinter den Bacalhau. Sie braucht nur zu fragen ‘quanto’.

Grösser noch ist die Zahl der Hausmänner welche Wert legen auf spezielle Meeresfrüchte, wie Hummer, Langusten, Krabben, Garnelen sowie Tintenfische und Kalmare. Alles Namen die voll im Trend sind wie Miesmuscheln, Jakobsmuscheln und Austern. Hier triumphiert der Genuss, aber keinesfalls die Qualität. Es scheint als ob sich die meisten am Gespräch orientieren, diese seien Aphrodisiaken.

Besonders schreibt man diese Wirkung den Austern zu. Casanova soll tagtäglich 50 Austern gegessen haben und ist wahrscheinlich doch nicht an einer Zinkvergiftung gestorben, denn die wenigsten Lustmolche wissen, dass es genau das Zink in den Austern ist, das sich auf die Spermienbildung auswirkt. Doch dieses lebensnotwendige Zink, das viele Funktionen beim menschlichen Stoffwechsel reguliert, findet man auch in der Leber von Kalb, Schwein und Rind, in vielen Käsesorten, Haferflocken, Erdnüsse und Linsen. Man braucht also keinesfalls blindlings dem Rat zu befolgen „Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen sie ihren Arzt oder Apotheker“, weil die Austern außer Libido fördernden Eigenschaft auch gleichermaßen Krankheit erregende Eigenschaften aufweisen können.

Die Beiden, welche bereits hier oben in der Bank erschienen sind, haben freundlicherweise ausgeharrt, bis ich meiner Einfälle loswurde, und mit meinen Belehrungen am Ende war. Sie brauchten, wie die meisten Leute, Geld. Auch sie wussten immer was Lustiges zu erzählen und tauten so, den vor ihnen sitzenden Herrn Grotz, wie einen Eisblock auf, bis er sich bewegen liess den Tresor zu öffnen.

 

Abends, kurz bevor die Schalter geschlossen wurden, erschien normalerweise der Milchhändler und brachte Kleingeld, das er selbst mit seinen Kindern in Rollen gewickelt hatte. Bei jeder dritten Rolle mussten die Kinder vorsätzlich eine Münze weniger hineintun, weil der Milchmann seinen Kindern beibringen wollte, wie man an Das kommen konnte, das manchmal in seiner Kasse fehlte. Er verrechnet nämlich dem Herrn Grotz, bei zwei ausgeschenkten Liter Milch, aus den berüchtigten Kulanzgründen, nur einen Liter. Herr Grotz erfuhr das Manko in den Rollen, über seinen Kassierer, doch er ärgerte sich nicht darüber, denn er meinte dass wahrscheinlich die Kinder des Milchmannes noch nicht richtig zählen konnten. Was er nicht zu sagen wagte war, dass der Milchmann ihm jeden Tag einen Liter Milch nicht verrechnete. Der kleinkarierte Betrug, animierte mit gehöriger Ausdauer, die kleine Umwelt.

 

Einmal in der Woche, meistens am Montag, kam der Pfarrer, mit den gespendeten Geldern, aus dem Opfersäckel, der Heilig Geist Kirche. Seine Rollen hatten wohl immer die richtige Zahl an Stücken, aber nie den genauen Wert, weil des Öfteren längst verschollen geglaubte Münzen, von den Toten erwachten und in frommer Danksagung für die Missionen gespendet wurden. Die Knöpfe, die der Pfarrer in seinem Opferstock vorfand, verschenkte er an die Nonnen, welche sich mit der Restaurierung alter Kleider beschäftigten. Manchmal aber, um bei den Nonnen keinesfalls den Eindruck zu erwecken, man würde ihn sehr oft bei den Spenden anschmieren, schummelte er die Knöpfe in die Rollen für die Bank.

 

Es war den beiden Angestellten, und auch Herrn Grotz nicht schwer zu unterscheiden, von wem die gewickelten Rollen stammten. Der Pfarrer wickelte sein Kleingeld, mit nicht verteilten Pfarrboten, oder losen Blättern, die aus  Gesangbüchern gerissen waren. Dem Milchmann dagegen kam es nicht darauf an, geistig oder moralisch zu missionieren. Er benutzte ziemlich oft, eher obszöne Papierstreifen, Witzblätter und ganzseitig abgebildete Pinupgirls, die wie er meinte kostenlos bei den Papiersammlungen vor den Haustüren, zu finden waren. Aber Herr Grotz hatte verordnet, dass man sich weiterhin so verhalte als ob man das fehlende Geld nicht vermisse, da besonders diese Beiden freundliche, und eher harmlos unehrliche Kunden waren. Aber sie waren immerhin Kunden, und die muss man mit all ihren Schwächen an sich binden können, damit sie nicht zur Konkurrenz wandern. Auch vermied er zu zeigen, dass es ihm manchmal nicht entging, wie die beiden Beamten in ihrem Büro sich genüsslich und eher sorgfältig, über das abgewickelte Papier des Milchmanns hermachten, während sie die Rollen des Pfarrers unbeachtet aufrissen. Auch merkte er sich, wenn dies möglich war, den Papierkorb in welchem dann die Papiere des Milchmanns verschwanden, wenn sie denn überhaupt entsorgt wurden.

 

So hatte auch der Tramfahrer manchmal Schwierigkeiten, mit den Rollen der beiden bereits oben Beschriebenen Kunden. Ziemlich oft waren zu wenig Münzen in den Kleingeldrollen enthalten, die er seinerseits bei seiner täglichen Arbeit brauchte. Doch auch er gab sich versöhnlich, ärgerte sich insgeheim und versuchte entweder mit seinem Trinkgeld das Loch zu stopfen, oder er verrechnete sich einfach, wenn irgendein Trottel mit einem Schein oder nicht mit abgezähltem Geld bezahlte. Das verstand er alsdann als kleine Strafe, für das nicht genau vorgerechnete Kleingeld. Trottel bleiben meistens das, als was sie angesehen werden. Der Kleingeld Umtausch hatte seine eigene Dynamik, aber auch noch andere Reize, die ich mir erlaube noch hervorzuheben. Der Trambusfahrer benutzte die Witze auf den Rollenpapiere des Milchhändlers um diese bei Kollegen und Mitfahrern zum Besten zu geben. So nahmen diese den Weg quer durch die Gesellschaft, denn meistens baten die Angesprochenen, um die geschriebene Unterlage, weil es manchmal kompliziert war diese Witze wortwörtlich wieder zu geben.

 

Der Tramfahrer hatte ein gutes Gedächtnis. Er nahm die Witze, in seinem Gehirn gespeichert, überall mit, wohin er sich begab und hatte im Laufe der Jahre eine Unmenge an Witzen gestaut, und bereits unterwegs in die Kneipe wählte er aus, welche er erzählen würde, oder zuhause wo er dann sein ganzes Repertoire entfaltete. Manche Witze wurden sogar von ihm in der Bank erzählt und den beiden Angestellten fiel es keinesfalls schwer, noch einmal über die gleichen, vor Tagen bei ihnen gestarteten Witze zu lachen. Sogar erlaubte Herr Grotz sich, an Tagen, wo die Sonne besonders durch sein Bürofenster schien,  die bereits zirkulierten Witze noch einmal als eigener ‚Cru‘, zum Besten zu geben.

 

Noch andere kamen in die Bank. Da war die Blumenfrau, vom Kräutergeschäft, an der Ecke. Der blinde Geiger mit den zwei dunkel bebrillten Buben, die ihn führten aber insgeheim den Anschein gaben als wären sie ebenfalls von dieser mangelnden Sehkraft befallen. Das kam wahrscheinlich daher, weil sie erfahren hatten, dass im größten Hafen von Grilldieuros, dort wo die meisten Yachten vor Anker liegen, mit kyrillischen Schriftzeichen am Bug, unerwartet viele blinde Bürger, vom Staat eine diesbezügliche Rente erhielten. Manche wurden im Laufe der Zeit von speziell getarnten blinden Detektiven entlarvt, weil sie alltäglich am Kiosk gesehen wurden, wenn sie ihre Zeitung abholten. Gewohnheits gemäß setzen sie sich dann nebenan auf dem Trottoir, vor einem μπιστρό (Bistro) an einen kleinen blaugestrichenen, runden Tisch. Sie nippen am Aperitif, den man mit dem Wort Dyonisos bestellt, oder wenn das zu alkoholisch schmeckt, eben nur an einem Ponga oder sogar μπύρα, Byra (Bier). Sie begrüßten und gestikulierten, wenn Bekannte vorbei und ebenfalls zum Kiosk gingen. Zwischendurch durchsuchten sie ihre Zeitung nach den neusten Nachrichten, betreffend eine sich gefährlich ausbreitende Seuche im Lande. Diese waren allerdings gut auffindbar, weil sie in großen Lettern abgedruckt waren
 
Es war aber auch bekannt dass manche Nichtblinde, nicht entlarvt wurden, entweder nur deshalb weil sie keine Zeitschrift kauften, oder weil manche nicht genügend Kleingeld hatten, oder oft sogar weil sie nicht lesen konnten. 
 
Es gab dann aber die blinden Bettler. Diese hatten ihren Geschäftsraum auf dem Bürgersteig nahe der Bank eingerichtet. Einer spielte Geige und zwei Buben standen ihm bei. Sie trugen zwei Hüte ihres adoptierten Vaters in der Hand, weil er die Geige mit seinen beiden Händen bedienen musste. Es war gefährlich den Hut mit dem Geld auf dem Trottoir liegen zu lassen, denn es gab Leute, die ihre Hunde, auf am Boden liegende Hüte, spezialisiert hatten. Es war nicht sicher ob die Buben Schulschwänzer waren, die sich dem blinden Mann behilflich zeigen wollten. Er wiederum bezahlte ihnen, nach seinem Straßenkonzert, ein Bier oder sogar zwei, aber nur dann wenn er in seinen beiden Hüten mehrmals hineingreifen musste, um die Spenden zu entnehmen. Was niemand jedoch wusste war, dass er nach dem Geigenspiel, die Buben abschüttelte und sich mit seinem Blindenstock durch das Menschengewühl weiter tastete, mehrmals hin her durch öde Straßenzüge, um dann auf einer öffentlichen Toilette zu verschwinden. Er ging mit Perücke, Bart und Blindenstock und einem weißen Stoffkoffer in das Gebäude hinein und kam wieder ohne Perücke, ohne Bart und ohne Blindenstock heraus. Seine gesamte Ausrüstung trug er jetzt in einem umgestülpten Stoffkoffer, diesmal mit schottischem Muster. Dann war es nicht mehr weit bis in eine außerhalb des Zentrums gelegene Einbahnstraße, wo sein Mercedes abgestellt war. Noch bevor er abfuhr, verstaute er den Koffer mit der Perücke, dem Bart und der dunklen Brille, sowie mit den zusammen geklappten Blindenstock im Kofferraum seiner Limousine. Er muss wohl einmal in Lourdes gewesen sein und dort eine Erleuchtung gehabt haben, wie ich später zu berichten weiss. Es wurde mir etwas später zusätzlich berichtet, dass die beiden Buben sich selbstverständlich gleichermaßen aus den beiden Hüten bedienten. Wenn dies aber dem blinden Manne aufgefallen ist, dann durfte er sich dies nicht merken lassen. Er revanchierte sich alsdann stets mit einer verminderten Zahl an verschenkten Getränken.
 

Geldverdienen war jedenfalls die Hauptsache der Drei, die sich sehr gut verstanden, bestens eingespielt waren, bei der gemeinsamen Arbeit, denn der Geigenspieler saß an der Ecke, auf einem Hocker, und jeder der beiden Buben hatte einen fest programmierten Standort. Einer bettelte in der Sokrates Straße, etwa 10 Meter entfernt vom Musiker, sein Kollege bettelte in der Hippokrates Straße, vor der Imbisstube, die sich auf dem Parkplatz befand. Interessant sei noch zu bemerken, dass die beiden auf die Musik ihres blinden Tutors Lieder sangen. Ein Glück, dass sie weit genug auseinander standen, wenn der eine noch die erste Strophe sang und der andere dummerweise mit der zweiten schon Strophe angefangen hatte.

 

Man muss mir verzeihen, wenn ich manchmal vorgreife und Erfahrungen mitteile, die ich erst später machen werde, aber man sollte verstehen, dass diese Essays nicht jeweils am Tag und Ort des Geschehens nieder geschrieben wurden. Nein, sie sind gespeichert worden, um dann später, nicht immer der Reihe des Geschehens nach niedergeschrieben zu werden.

 

Es gab eigentlich zwei Schalter in dieser Bank. An beiden herrschte im Allgemeinen nicht allzu viel Betrieb. Der eine Schalter diente für die Besucher, die kein Geld hatten und welches haben wollten, wohin sich Herr Grotz sehr oft persönlich bequemte und dafür sein eigenes Büro verlies. Der andere Schalter war für die Ausgaben und Einzahlungen bestimmt und der Blauäugige lies es sich nicht nehmen, seine Arbeit gewissenhaft zu tun. Der Dritte im Bund war ein Schreiberling. Er betreute ganz unauffällig das Sekretariat, sonst hätte ich sofort etwas über ihn zu berichten gehabt. Er war erst kurz  möglicherweise von Herrn Grotz eingestellt worden. Ich sage keinesfalls vermeintlich, denn ich kannte seinen Vater nicht, der seinerseits möglicherweise einen Minister kannte, der wiederum einen Direktor der Bank kannte, von dem Herrn Grotz angeraten wurde, diesen intelligenten Neuen, aus Gefälligkeitsgründen, einzustellen.

 

Wenn sich, unvorhergesehen, die Beständigkeit der normalerweise alltäglichen Besuche veränderte und der Tramfahrer zwischen Feiertag und Sonntag die Brücke machte, dann wurde kein Kleingeld abgeliefert und es mangelte alsdann bis Montag an den dabei ebenfalls nicht abgelieferten Witzen. Dasselbe ereignete sich auch, wenn der Schaffner Urlaub machte oder Durchfall hatte, was den Bankbeamten ziemlich oft einen witzlosen Tag bescherte, denn seine Beschäftigung war extrem stressig, was ihm ungewollt auf die Innereien schlug.

 

Diese exzellente Gepflogenheit des Zusammenspiels sollte aber an einem fleischlosen Freitag, an dem es wenigstens dem Geruch nach, zum Frühstück nur Ölsardinen mit Irischer Butter gegeben hatte, eine tadellose Umstellung erfahren. Die beiden Angestellten frühstückten im Büro, weil sie ja sowieso dort waren. Zu dieser Zeit war die Tür zum Büro des Herrn Grotz noch verschlossen.

 

Kurz nachdem der Schaffner wieder einmal gegen mehrere Scheine Kleingeldrollen ausgetauscht hatte und bereits im Bus saß, hörte man die Banktür, wie sie bis zum Anschlag gestoßen wurde, und in die Bank stürmte ein recht sauer gewordener Busfahrer. Er knallte, keinesfalls weil er manierlich sein wollte, sondern um seinem Ärger Luft zu verschaffen, seine mit Silberstreifen besetzte Schaffnermütze auf den Ausgabeschalter und schrie, anscheinend zum Äußersten entschlossen hinterher: „meine Geduld ist nun am Ende. Ich habe es satt von Ihnen betrogen zu werden. In drei der Kleingeldrollen fehlten Münzen. Acht Münzen an einem Tag, das wird mir zu teuer. Zwei, ja auch noch drei pro Tag hätte ich verkraften können. Wenn das so weiter geht brauchen sie das Kleingeld nicht mehr  zu wickeln. Meine Geduld ist am Ende. Entweder erhalte ich auf der Stelle die heute fehlenden sechs Münzen und es muss schon gesagt werden, überhaupt meinen ganzen Ausfall des vergangenen Monats, das macht ein Papier aus, worauf eine Zehn gedruckt ist. Wenn sie sich weigern, dann werde ich mich in der Direktion beschweren.“

 

Herr Grotz hatte, durch die jetzt offen stehende Tür seines Büros, zugehört. Er stand auf, hielt sich kurz am Pult fest und näherte sich dem Kunden bis in die offene Tür, um dort im gesicherten Abstand zu verharren. Er wartete bis die Redeflut des Schaffners abgeebbt war und begann mit einem Stegreifplädoyer.

 

„Werter Herr Mayer“, so hieß nämlich der Fahrer, ohne jedoch verwandt zu sein mit Frau Elisa Meyer, die soeben ebenfalls in die Bank herein gekommen war und ungewollt Zeugin wurde, des sich anschließenden Rededuells. Herr Grotz sah sich verpflichtet durch diese ungewollte Störung wieder von vorne zu beginnen. „Also Herr Mayer, sie wissen doch, dass unsere Bank ganz bestimmt eine ehrliche Bank ist. Die Münzrollen, die sie hier alltäglich abholen, werden nicht von uns zusammengestellt, sondern der Milchmann bringt uns diese vorbei. Wir haben Vertrauen in unsere Kunden und so reichen wir die kurzfristig hier angekommenen Kleingeldrollen an unsere Kunden weiter, ohne jeden Zweifel zu haben, dass da etwas nicht stimmt. Wir überprüfen die Rollen also nicht und so können wir auch nicht wissen, dass auch wir betrogen werden. Es ist ja durchaus möglich dass die Kinder des Milchmannes, sich beim Wickeln der Rollen verzählen, was sicherlich aber nicht mit Absicht geschieht. Sich irren, das kann ein jeder und ich möchte mich entschuldigen. Diese Situation ist noch lange kein Grund für so eine Aufregung.“

 

„Kein Grund, kein Grund“, ripostierte der Schaffner. „Ich bin überzeugt, dass sie ganz genau von dem Betrug des Milchhändlers wissen. Ich kann diesem Spielchen nicht mehr zusehen. Die Rollen, welche in den Pfarrboten eingewickelt sind, erfüllen meistens ihren Soll. Wenn sie keine Remedur schaffen verlange ich nur noch Rollen, die beim Pfarrer gewickelt werden. Alle Knöpfe die mit eingewickelt werden, stören mich keineswegs, denn dafür müsste ich sowieso Geld ausgeben. Meine Frau ist immer erfreut, wenn ich die gesammelten Knöpfe auspacke. Ich weiss Herr Grotz, sie wollen mir jetzt eine Lektion erteilen, was sie unter Dienst am Kunden verstehen, aber bin ich vielleicht kein Kunde? Sie dachten wohl dass ich das noch lange ausstehen könnte. Damit ist aber endgültig Schluss. Auf der Stelle geben sie mir sechs Münzen von heute zurück, und vom Ausfall des vorigen Monats ein Bild mit einer Zehn drauf. Verstehen sie doch, dass ich das nicht aus eigener Tasche tragen kann.“

 

Herr Grotz traute sich näher an den Schalter heran, doch war er noch zu weit von seinem Gegenüber entfernt, um diesem kameradschaftlich und vertrauenerweckend auf die Schulter zu klopfen. Mit fünf Fingern trommelte er deshalb aufgeregt auf dem Schalterbrett und ergriff zur Beendung des aufregenden Trommelns, den an einer Kette hängenden Stift, der für Unterschriften diente. Dann zeigte er mit diesem, wie mit einem Messer, bedrohlich auf den Schaffner, zog das Kinn bis zum Kehlkopf zurück, wobei ihm der Kragenknopf weg zu springen drohte und erwiderte, nicht ohne zusätzlich seiner Stimme den bezwingenden Nachdruck zu verleihen.

 

„Aber mein lieber Herr Mayer, ich habe es ihnen bereits gesagt, es tut mir aufrichtig leid, dass dies gerade Ihnen passiert. Sie können jedoch nicht von mir verlangen, dass ich ohne ehrlichen Beleg Geld aus der Kasse nehmen darf, und es mir persönlich keineswegs angenehm wäre, wenn sie mich jetzt zwingen würden die fehlenden Münzen aus meiner eigenen Tasche zu ersetzen. Dabei sind sie nicht der einzige Kunde unseres Hauses, der Reklamationen vorbringt. Ich kann doch auch nicht jedem am Schalter anraten, sein Geld sofort nach zu prüfen. Wie soll ich denn, ohne viel Zeit zu verschwenden, alle Kleingeldrollen überprüfen. Sie verstehen doch sicher, dass wir nicht alle angebliche Irrtümer in Betracht ziehen können, die erst später festgestellt werden. Wo kämen wir denn hin. Noch einmal, es tut mir wirklich leid, das ist alles, was ich ihnen anbieten kann.“

 

Grotz wusste gang genau, dass er den Fehlbetrag, aus Kulanzgründen, aus der Kasse hätte nehmen können, auch ohne Beleg und war erst bereit, wenn die Situation eskalieren würde, zu diesem Mittel zu greifen. Er wusste jedoch dass eine Haltestelle genau vor der Bank war, und diese dem Fahrer optimal entgegen kam. Andere Banken, hätten dem Schaffner, der ja auch der Fahrer war, einen längeren Fußweg beschert. Sie befanden sich in der Ortschaft nebenan. Seine Rechnung ging also dahin, dass ihm dieser Kunde nicht verloren ging, wenn auch nichts dabei zu verdienen war. Der Schaffner brachte Papiergeld und nahm Münzen im gleichen Wert entgegen, nur dass der Kassierer genau sehen konnte was er „in Papier“ erhielt, der Herr Mayer dies aber erst später entdeckte, wenn er das Kleingeld, in seine lederne Busbörse umpackte. Übrigens war das auch keine rechte Kundschaft, Herr Mayer war bloß wie ein Windstoß. Er kam herein, legte einen Schein auf den Schalter und erhielt dafür mehrere Rollen Kleingeld. Das nennt man Change, Wechsel in der gleichen Währung!

 

Als das Schaffner darauf hin zur Tür rannte und diese hinter sich zuknallte, begann es doch im Innern des Herrn Grotz zu rumoren. Auch hörte er noch wie der Fahrer seine Wut an der Gangschaltung seines Busses ausließ, den er jetzt anpeitschte, um seinen Fahrplan durch die verschenkten Minuten wieder in Ordnung zu bringen. 

 

Herr Grotz behielt jedoch keine Zeit übrig, um über das Geschehene nachzudenken, denn Frau Elisa Meyer hatte unverdrossen dem Spielchen zugeschaut und zugehört. Sie räusperte sich um den Blick von Herrn Grotz auf sich zu lenken.

 

Frau Meyer war in den Wechseljahren und der Schalterbeamte schaute sie anscheinend musternd an, doch er hatte sich bei dem Verlauf der Auseinandersetzung einen Blick zugelegt, der weit ins Ungewisse ging. Heimlich war er nämlich ein Gelegenheits Schriftsteller, der manches unter einem Pseudonym veröffentlichte. Hatte er jetzt vielleicht wieder ein brauchbares Thema gefunden?

Das kann man irgendwo etwas weiter unten lesen, denn dabei hatte er ein Coup bei den Briefen an die Redaktion gelandet.

 

„Wie können die Leute aber nur so unverschämt sein“, meinte sie, als der Kassierer sich ihrer annehmen wollte. „Ich muss ihnen Recht geben, Herr Grotz. Ich kann mich wirklich nicht beklagen, da sie immer so gut zu mir sind. Ich weiss auch dass sie mir den Wechsel für meinen neuen Fernseher noch einmal stunden werden. Letzten Sonntag waren nämlich meine drei Kinder bei mir zu Besuch. Sie verstehen doch sicher Herr Grotz, dass die heutige Jugend meistens nur noch im Elternhaus aufkreuzt um erneut etwas Taschengeld zu ergattern, und genau so ist es mir ergangen. Dazu musste ich einen ehrbaren Tisch decken und das Fleisch, sowie die Gänse Pasteten, sind fast unerschwinglich geworden. Morgen, wenn ich meine Witwenrente erhalten habe, werde ich wieder vorbei kommen, das wollte ich ihnen heute nur mitteilen. Mein Schwiegersohn meint, ich müsste unbedingt das Bouquet für die Zusatzprogramme  auf meinem Fernseher kaufen. Er sagte das nur weil ich ihm geklagt habe, dass es heute immer wieder bereits öfters gesehene Wiederholungen am Bildschirm zu sehen gibt. Man müsste doch kontrollieren können welche Filme man bereits gesehen hat, das wird die Elektronik doch sicher bewerkstelligen können, sogar dass dies automatisch sofort mitgeteilt wird, wie z. Bsp. Das hast du schon zum so und so vielten Mal geschaut. Er weiss aber noch nicht, dass ich das neue Bouquet bereits besitze und ich verriet es ihm auch nicht. Da sind doch schöne alte Filme zu sehen, an die ich mich fast nicht mehr genau erinnere. Ich lade sie ein Herr Grotz, kommen sie doch einmal bei mir vorbei, dann trinken wir ein Gläschen zusammen und sie können sich die neuen Programme einmal anschauen.  Ich möchte Ihnen eine Freude bereiten.“

 

Ihr Redeschwall wollte kein Ende finden, damit Herr Grotz nicht mehr zu Wort kommen sollte, wie das bei Fernseher Rededuellen meistens der Fall ist. Und diese fuhr anscheinend gut gelaunt weiter: „Unsere kleine Marjelli, die Tochter meiner Tochter Elsi, hat bereits ihr erstes Zähnchen. Elsi, darf jetzt nicht mehr stillen, das wäre zu gefährlich, weil die Kleine bereits fest zubeißt. Das müssten sie sehen Herr Grotz. Das ist herrlich. Schauen sie heute Abend doch einmal vorbei, ich erwarte sie mit Ungeduld!“

 

 Sie wollte sich umdrehen und schnell verschwinden, doch musste sie sich den Herrn Grotz noch einmal anhören.

 

„Einen Augenblick noch, Frau Meyer. Das ist alles schön und gut, doch muss ich ihnen leider mitteilen, dass ich keine Wechsel mehr stunden darf. Das ist mir verboten worden. Wenn sie ihren Fernseher nicht bezahlen können, dann verkaufen sie ihn doch wieder und gehen bei Bedarf ins Kino. Ich kann wirklich keine Ausnahme mehr machen. Mit ihnen ist das jeden Monat das Gleiche.“

 

„Aber lieber Herr Grotz. Ich bin eine arme Kriegerwitwe. Sie wissen, dass ich allein zuhause bin und abends sehr gerne eine Abwechslung habe, kommen sie doch vorbei und schauen sie sich diesen Fernseher an. Wir werden einen lustigen Abend verbringen. Dann werden sie sehen, dass das kein Luxus ist. Sie werden doch wirklich einer armen Witwe den Fernseher nicht pfänden lassen. Ich komme Morgen ganz bestimmt vorbei.“

 

Herr Grotz kannte seine Pappenheimer. Er wusste genau, dass er in vielen heiklen Situationen standhaft bleiben musste.

 

„Warten sie Frau Meyer. Letzten Monat fanden sie eine andere Ausrede. Sie waren in Ferien auf Mallorca. Ich habe drei Wochen lang versucht sie zu erreichen. Ich musste Geduld aufbringen. Das kann doch nicht mehr so weiter gehen. Entweder zahlen sie ab heute regelmäßig, oder ich kann dann nicht anders, dann muss ich tatsächlich ihren Apparat pfänden lassen.“

 

„Ach so, ich verstehe. Sie unverschämter Mensch. Sie wollen mich verhungern lassen. Ich darf mir keine Ferien und keinen Fernseher gönnen. Das passt ihnen wohl nicht. Sie sind doch neidisch, geben sie es zu. Dem Schaffner haben sie bereits den sonnigen Tag versaut, jetzt wollen sie auch mich mürbe machen. Ich verstehe alles. Sie werden noch von mir hören. Hier haben sie den lumpigen Fünfziger. Verlassen sie sich drauf. Auch ich wende mich an die Direktion. Die werden dann etwas zu hören bekommen. Es ist unverschämt, wie sie mit ihren treuen Kunden umgehen. Wenn ich diesen Monat im Lotto gewinne, dann trage ich alles Bargeld zur Konkurrenz. Das haben sie nun davon.“ 

 

Sie ging irgendwie etwas unsicher zur Tür. Herr Grotz merkte nicht dass sie nagelneue Stöckelschuhe trug. Die Tür welche ziemlich laut ins Schloss fiel, schreckte den Herr Grotz auf. Das erste Duell hatte er noch nicht ganz verarbeitet, da hatte das Schicksal bereits wieder zugeschlagen.

 

Er wendete sich in Richtung seines Büros um, wohin er sich zurückziehen wollte. Die beiden Zeugen dieser Auseinandersetzung, saßen mit gesenkten Köpfen an ihren Pulten und taten als ob sie tief beschäftigt seien. Er spürte diese ungewöhnliche Situation, da drängte es ihn den Beiden jedoch noch einmal seinen Erfolg vor Augen zu führen: „Sie kommt bestimmt wieder, um sich zu entschuldigen, denn es geht ihr nicht nur ums Geld. Sie hat es auf mich abgesehen, aber mich bringen keine zehn Pferde über deren Türschwelle. Sie wechselt wohl kaum die Bank, denn bis ins andere Dorf ist es ihr zu weit. Amerikanische Universitätsstatistiken haben erwiesen, dass die Kundschaft nur jene Banken aufsucht, die sich in der nächsten Umgebung ihres Wohnsitzes befinden.“

 

Die Beiden wussten bereits, dass jetzt wieder die amerikanischen Statistiken herhalten mussten. So waren eben seine typischen Erläuterungen. Vielleicht stand überhaupt nirgends diese Binsenwahrheit niedergeschrieben. Sein Talent führte ihn dazu Behauptungen aufzustellen, die er für seine Entschuldigungen brauchte, denn er wusste, dass die beiden dies auch wussten. Er besaß sehr wenig eigenes Gedankengut und so mussten, bei den unmöglichsten Gelegenheiten, die amerikanischen Statistiken herhalten. Er war offensichtlich vom Neid geplagt, wenn er die beiden hörte, wie diese über moderne Errungenschaften der Technik redeten und das für sein Gehirn kein erfreulicher Nährboden war. Er wollte unbedingt mit deren Wissen Schritt halten, doch fehlten ihm dazu die Voraussetzungen, denn bevor er Kassierer und Chef bei dieser Bank wurde, war er einige Jahre als Laufjunge beschäftigt.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


 

Kulinarisch aufgeblättert

 

Nicht nur die amerikanischen Statistiken waren sein Steckenpferd, er war auch scharf auf amerikanische Hähnchen, durch welche ein heftiger Streit zwischen den Vereinigten Staaten und der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft entbrannt war. Er verfolgte intensiv die Auseinandersetzungen beider Parteien, in den Zeitungen, die er allmorgendlich gratis auf seinem Schreibtisch vorfand. Am Abend verfolgte er die Nachrichten bei verschiedenen Sendern. Es interessierte ihn genau so, wie einst, als er noch ein junger Mann war, die Reportagen von der Schlacht um Stalingrad.

 

Ehedem noch beflügelte Braten, waren seinem empfindlichen Magen anscheinend sehr verträglich. Sein Magen war mit der Zeit, eine regelrecht verwöhnte Leichenstätte, für gebratene Hähnchen geworden. Frau Grotz hatte angesichts dieser Prämisse, eine nahezu kritiklose Kochgewohnheit entwickelt. Im Laufe der Zeit explodierten ihre Kenntnisse, betreffend das Spicken der Hähnchen, mit Maronen, Speck, Ananas, Wachholderkernen, Lorbeer mit Bratkartoffeln, sogar Rosmarinstängel oder Thymian Sträuße, wurden von ihr, mit routinierten Hand, in die Öffnungen des Bratopfers gesteckt. Da waren aber auch noch manchmal Selleriestangen, Paprikaschoten. Ein Sträußchen Petersilie krönte, kurz vor dem aufgetischt werden, die goldigen Leichen. Drei große Kübel auf der Terrasse waren bepflanzt mit dem beliebtesten Petersilientyp Mooskrause, sowie der altbekannten dreiblättrig gefiederten Gewürzpflanze. Nicht zu vergessen eine rübenförmige Petersilienpflanze, deren Wuchs im Kübel aber nicht so recht den Vorstellungen der Köchin entsprach.

 

Die Nähe der grünen Zutaten zum Bratofen, verringerte die Möglichkeiten vergessen zu werden. Da diese Bratkunst immer neue Kunstgriffe verlangte und sich nicht mehr alles zeitgemäß auf dem alten Bratherd aufbereiten lies, hatte Herr Grotz seiner Frau einen elektronisch steuerbaren Herd, mit eingebautem Drehspieß geschenkt. Mit diesem modernen Handwerksgeschirr verwandelten sich schnell auch Gänse- sowie Entenhäute in auffallend angenehmer Weise, in knusprige, rotgoldene Livreen, vulgär gesagt, dem Leichenhemd, dieser kulinarischen Opfertiere. Wenn Gäste, besonders neidische Familienmitglieder, am Mittagsmahl teilnahmen, erlaubte Herr Grotz seiner Frau manchmal auch Feldhühner, oder Krammetsvögel, sowie Wachteln zu kaufen. Bei der Zubereitung der letzten Vögel, überwog das italienische Blut in ihren Adern. Diese Tiere wurden meistens auf Zitronengraspolenta  serviert. Dazu gehörten Pflaumensauce, rote Zwiebeln, Knoblauchzehen ungeschält, sowie Ingwer. Andere Zutaten waren Pflaumenwein, Hoi-Sin-Sauce, Chilisoße. Nicht zu vergessen Salz, Pfeffer, Butter, Olivenöl, sogar Kokosöl.

 

Sie musste dabei immer wieder auf ihr Rezeptbuch, von Jean Anthelme Brillat-Savarin, zurückgreifen um Karotten, Sellerieknolle, Lorbeerblätter, Zimtstange und Vanilleschote nicht zu vergessen. Sehr wichtig waren die Zitronengrasstangen in der Polenta, die mit Butter, Parmesan, Sahne sowie zusätzlich mit etwas Zitronensaft aufbereitet wurde.  Dazu wurden meistens Pastinaken serviert, die ebenfalls eine gefühlvolle Zubereitung erforderten.  Der Geschmack der vorwiegend im Winter geernteten Wurzeln ist süßlich-würzig, teilweise auch herb. Pastinak sollte nicht zu dunkel angebraten werden, da er ansonsten einen bitteren Geschmack bekommt. Auch zu lange Lagerung kann Bittergeschmack hervorrufen. Zu den Klassikern der englischen Küche gehört Pastinaken Püree, Mashed parsnips, das ebenso wie Kartoffelpüree zubereitet wird, jedoch wesentlich aromatischer schmeckt.

 

Allein der Gedanke, dass der Morgen recht bald verabschiedet werden kann, brachte Herrn Grotz in eine seltsam umgewandelte Stimmung. Sein Speicheldrüsensystem begann aktiv zu werden, geriet nahezu in Aufruhr. Iwan Petrowitsch Pawlow wäre ihm unendlich dankbar gewesen, für eine öffentliche Demonstration, dessen wissenschaftlichen Entdeckung. Leider hat der Tod den großen Entdecker, vor der Invasion der amerikanischen Hähnchen ereilt. Nähere Untersuchungen, am Grotzschen Speichelapparat, hätten wahrscheinlich den Beweis erbracht, dass dieser bereits beim bloßen Gackern oder dem Kikeriki eines Hühnervogels, auf Produktion umschaltete. Nach und nach hätten die ausgestoßenen Naturlaute von, Enten, Fasanen, Pfauen und sicherlich etwas später von den sich nasal oder guttural räuspernden Puten, ähnliche Reaktionen ausgelöst. Puten sind den wenigsten Lesern als ‚Schnudelhühner‘ bekannt. Wissenschaftlich gesehen, bezeichnet man aber diese ungewöhnlichen Äußerungen, als Kollerlaute. Die Bezeichnung Pute, erhielten sie wahrscheinlich weil sie ihre Jungen zusammenriefen mit Lauten, die sich anhörten, wie  put, put.

 

Mir persönlich schwebt jetzt ein historisches Bild vor Augen, nämlich wie der angebliche Amerika Entdecker auf seiner Santa Maria, der auserwählten Heimat Portugal entgegen segelte. Ich schreibe ausdrücklich ‚angeblich‘, denn dieser Gartenzwerg, als Kapitän, war viel zu klein um über die Reling aus gewaltigen Holzplanken hinwegsehen zu können. Es ist mir beim Schreiben dieser Zeilen nicht klar, ob Da Gama bereits von seiner Indienreise zurück war oder nicht. Kolumbus war zu seiner Zeit als Italiener sicherlich nicht so recht willkommen in Portugal, wie das heute den Emigranten passiert. Da ihm sicherlich etwas Personal bei den Kämpfen mit den Azteken abhanden gekommen war und seine, sowie auch die Nachkommen seiner Gefolgsleute ganz gewiss die Reise nach Europa noch nicht mit antreten konnten, war genügend Platz auf den Schiffen, um diesen mit dem lebenden, domestizierten Lieblingsgeflügel der Azteken, aufzufüllen und nach Europa einzuführen.  Damit so ein gewichtiger Hahn, von 10 bis 15 kg Gewicht, nicht umsonst in die Bratröhre gebracht wurde, musste der Tisch mindesten auch für 10 bis 15 Personen gedeckt sein.

 

Was die wenigstens kulinarischen Experten wissen ist, dass diese Tiere, herumlaufende Mineralienlager sind, denn außer den B-Vitaminen, futtert der Verzehrer immerhin, Kupfer, Kalium und Zink. Vom Blei ist keine Rede, denn die Schnudelhühner lassen sich leicht per Hand einfangen, was bei den Fasanen und Schnepfen keinesfalls der Fall ist. Also ohne Schrotflinte! Diese enthalten meistens Blei, was aber nicht ganz normal ist, wie man weiss. 

 

Wie man erahnen kann, wechselte der Geflügelspeiseplan von Frau Grotz wöchentlich, dem Marktangebot entsprechend. Selten gab es Krammetsvogel, der im Laufe der Jahre nahe ausgestorben ist und unter Naturschutz gestellt wurde. Er lebt meistens nur noch in kulinarischen Erinnerungen und Rezepten weiter, taucht aber manchmal auch in Kreuzworträtseln auf, und kommt wahrscheinlich nur noch versehentlich auf, meistens südländische Tische. Ich darf hier, aus deontologischen Gründen, nicht verraten, bei wem persönlich!

 

Alle Federn, die Frau Grotz während über zwanzig Jahren Vogelfedernrupfen gesammelt hat, hätten in Kinderbüchern der Frau Holle gereicht, um einen zehnmonatlichen sibirischen Winter zu gestalten.

 

Die amerikanischen Hähnchen, welche speziell am Sonntag aufgetischt wurden, sind beim obigen Wintermärchen nicht einbegriffen, denn sie hatten ihre Federn bereits vor dem verschifft werden, in Amerika gelassen.

 

 Auch gegen das Argument, dass amerikanische Hähnchen im Chlorwasser nahezu keimfrei gemacht werden und deshalb abzulehnen seien, führte er in seinen diesbezüglichen Erläuterungen hinzu, dass im Gegenteil in Europa die Hähnchen ionisiert werden (das heißt mit Strahlen behandelt) und dass es außerdem in ganz Europa keine einzige Badeanstalt gibt, wo die Schwimmer keinem Chlorgehalt ausgesetzt werden.

 

Herr Grotz war also, das was die Franzosen unter Gourmet verstehen. Dazu aber manchmal auch ein Gourmand, denn er hatte für ganz besondere Stücke eine Vorliebe. Die Flügel in Curryrahm Soße, leicht angeschmort, haben ihm es angetan. Dazu mussten Pellkartoffeln in Scheiben geschnitten und mit Zwiebeln und Lorbeerblättern, zubereitet werden.

 

Gewöhnlich hatte Frau Grotz noch eine Vorspeise. Der Magen ihres Mannes wurde zuerst tapeziert mit Froschlaich ähnlicher Tapioka. Mit purem Eiweiß vermengt, gab dieser die richtige Tapete her, und wenn noch mit einigen Sträußchen Petersilie dekorative Farbe eingebracht wurde, dann brauchte für Herr Grotz keinesfalls die, mit zusätzlichen Gewürzbehältern bestückte Schale, auf den Tisch zu kommen.

 

Natürlich mussten die Waren bereits im Munde umspült werden, damit nichts hinter seinen Zahnprothesen hängen blieb. Dazu hatte Herr Grotz die freie Auswahl, denn er verfügte über eine schöne Sammlung von verschiedenen Weinen, die seinem Gaumen die erwartete Freude bereiteten. Das begann mit Saarweinen, der recht süffig sein mussten. Er half vom Gaumen herunter, aufs eher fettige Fleisch, wie Rahm, welche man über die Suppe gießen kann. Andere beliebte Weinsorten waren, Okfener, Wintringer, Schwebsinger, Schwarzberger oder Merziger, welchen er bei sehr fettigem Menü den Vorzug gab. Frau Grotz hatte ihrerseits ihre eigene Reserve im Keller, die hauptsächlich aus Gewürztraminer und Pinot gris, beide stammten aus dem kleinen Ort Kientzheim, im Elsass. Da musste ihr Mann immer die elsässische Weinstraße befahren, wenn sie aus den Ferien in der Schweiz, zurückkamen. Manchmal übernachteten sie in der Abbaye d’Alspach, ein aus dem 11. Jahrhundert stammendes Kloster, des Ordens der Klarissinnen. Von hier aus war es nur einen Katzensprung, bis zur Hostellerie Schwendi. Auch hier bestellte sie und kaufte dort auch ihren beliebten Wein.

 

So einfach ist es, über den obersten Chef der Bankfiliale und seine Gewohnheiten herzufallen.

 

Wenn das Buffet ihn befriedigt hatte, begannen alsbald Schweißperlen sich auf der Stirn des Hausherrn zu bilden. Manche tropften bereits, zu den Tapiokaperlen in die Suppe. Er hatte seinen Altar bestens auf die feierliche Opferung vorbereitet. Das Bibelwort, ‚Im Schweiße deines Angesichts sollst du dein Brot essen‘, wollte er ganz streng befolgen, nur lies er meistens das Brot liegen. Keine Achtung aber schenkte er der Sonntagspredigt des Pfarrers, in der Heilig Geistkirche, der den Weg auf die Kanzel möglicherweise scheute, wahrscheinlich weil er die Novelle ‚Der Schuss von der Kanzel‘ von Conrad Ferdinand Meyer gelesen hatte und wusste, dass manchmal ein Schuss nach Hinten losgehen kann. Vielleicht deshalb predigte er nur noch vom Altarraum her zu den Kirchgängern. Wer meint er würde zu Gläubigen sprechen, der irrt, denn die Predigt klang immer so als wären nur Ungläubige präsent, nur Pharisäer in der Kirche. Und so mancher Gläubige hatte einen Gläubiger im Nacken, und da halfen keine Gebete.

 

Wenn es feierlich zuging, dann gab er unverstandene lateinische Phrasen von sich: ‚Panem et Circenses‘, was er alsdann erklärte, es würde soviel bedeuten wie „Brot und Zirkusspiele“. Dass dieser Ausdruck vom römischen Dichter Juvenal, bereits einmal  im ersten Jahrhundert nach Christi Geburt stammt, das wusste er nicht, ergo konnte er die ungläubigen Gläubiger, welche ausschließlich nur ihren Schuldner glauben, denn das war sicherlich der Fall, nicht besser belehren. Bitte, es ist kein Fehler, wenn da anstelle von vermuteten Gläubigen, jetzt von Gläubigern, die Rede gegangen ist. Er fügte aus eigenem Cru hinzu: ‚Ihr Gott, ist ihr Bauch‘ und das hat Herr Grotz ihm sehr übel genommen. Vielleicht veranlasste dieser Passus ihn auch bereits bei Beginn der Predigt etwa, ein bisschen von dem verlorenen Schlaf nach zu holen, den er durch seine Wasserlasstabletten, verpisst hatte. Anscheinend fehlte der Predigt auch die geistige Nachspeise, die Herrn Grotz vielleicht intensiver überzeugt hätte, seinen Gott nicht so üppig mit Geflügel zu strapazieren. So blieb es also beim Alten. Nun werden die Leser bereits, ohne dass ich es ausdrücklich hervorgehoben habe, gemerkt haben, dass Herr Grotz ein praktizierender Katholik ist.

 

Von den Schweinerippchen die sich seine Frau zur Abwechslung, und das allen Gewalten zum Trotz, manchmal zubereitete, bekam ihr Mann spontan Leberschmerzen, was er auch sofort kundtat, indem er sich mit der linken Hand unter der rechten Brust hin und her rieb. Leberschmerzen entstehen aber erst durch Druck auf die Schmerzrezeptoren, die auf der die Leber umgebenden Kapsel liegen. Schmerzen in der rechten seitlichen Bauchflanke können jedoch nur durch Gallensteine, Darmbeschwerden und Entzündungen der Bauchspeicheldrüse hervorgerufen werden. Leberschmerzen werden häufig als Schmerzen in der rechten Schulter wahrgenommen, was man Herrn Grotz keinesfalls beibringen soll. Schweinefleisch, naja, das war sowieso schon eine Sauerei, bevor es zubereitet war. Kalbfleisch bezeichnete er als Halbfleisch. Der Geruch vom Rinderbraten allein brachte ihn bereits zum Kauen, bevor er etwas im Munde hatte. Manchmal trieb die Galle ihn auch zum Meutern.

 

Er liebte, wenn er einige Gläser getrunken hatte, das Lied von Friedrich Holländer aus dem Film „Der blaue Engel“ zu variieren in: „Ich bin von Kopf bis Fuß auf Hähnchen eingestellt, denn das ist meine Welt und sonst gar nichts.“ Nur war seine Stimme nicht so hoch gezüchtet und rau, wie jene der Marlene Dietrich.

 

Hier endet der Ausflug in die Symphonie, des kulinarischen Gelüste.

 

An diesem Morgen hatten die beiden Kunden ihm nahezu den Appetit verdorben, denn an Stelle von Lust auf Hähnchen, musste er sich auf den bisher noch nicht erwähnten Fisch einstellen. Die Zeitung mit den Berichten betreffend den Hühnchen & Hähnchen Krieg, durfte heute nicht auf dem Tisch Erinnerungen wecken, denn es war Freitag.

 

Als guter Katholik verzichtet man darauf, am Freitag Fleisch zu verzehren. Doch hat er schon oft an seine Feriennachbarn gedacht, die nach jüdischen Gebräuchen lebten und anstelle von Fisch, Fischotter verspeisten. Diese Fischotter heißen ja halbwegs so und schwimmen tun sie ebenfalls im Wasser, ergo handelt es sich nicht um Fleisch, sondern erwiesenermaßen um Fisch.

 

Herr Grotz aber bevorzugte Eier. Die besten Eier die ihm als solche am liebsten waren, nannte man Kaviareier, doch musste Frau Grotz ihrem Haushaltsgeld entsprechend einkaufen und so kam es dass sie den Kaviar verschmähte.

 

Tausender: „Spätestens an dieser Stelle wird mancher Leser sich fragen, woher ich all diese niedergeschriebenen Gespräche, Beobachtungen oder sogar Betrachtungen habe. Mancher wird sicherlich schon die Bedeutungen nachfolgender Abkürzungen kennen: NSA, BND, SES, Apple, WINDOWS, PTT, INDECT, IMSI sowie Spyware, Keylogger, Regin,  Magic Lantern und, ohne noch Hunderte von anderen, aber bekannten Namen, von ähnlichen Systemen und deren Software, aufzählen zu wollen, erwähne ich nur noch, das Interception System der Schweiz, sowie John the Ripper, eines der zuletzt geborenen. Es wäre vielleicht angebracht, wegen der Aufklärung von sehr sonderbaren Fällen, einige Kürzel von Banknamen hier zu erwähnen.

 

Und nun verrate ich die Namen, von verschiedenen Wesen, die uns anscheinend dauernd beobachten, worum sich aber die Wenigsten kümmern. Es stört die Menschen nicht und Reklamationen an deren Adresse werden nicht formuliert, weil man weiss, dass da kein Dialog zustande kommen kann. Die bestenfalls in Monologen ausgedrückten Formulierungen erfolgen in Form von Blasphemie.  Sie sind gegen die Chefetage der Big Brother Familie gerichtet. Ein und dieselbe Person trägt viele Namen, nur um in vielen Religionen verstanden zu werden. Da ist Gott, Allah, Mohammed, also viele Götternamen, denen man mit Argwohn begegnet. Wie bereits erwähnt gibt es aber auch in dieser Gesellschaft die Kraft des Ying, Yang.

 

Eine Unmenge Götternahmen, die alle der Mensch sich vorzustellen erlaubt, gegen nur einen Antagonisten. Das ist der Scheitan, oder besser als Satan verrufen. Versuche einmal die Reihenfolge der Buchstaben in dem Wort Fanatiker zu ändern und nur den ersten Buchstaben aus zu tauschen. Du wirst prompt bei dem Synonym Sataniker landen.

 

Die meisten Götternamen tauchen weltweit, hauptsächlich nur in Rätseln auf. Sie erscheinen uns ja auch rätselhaft, die Götter der Griechen, der Ägypter, der Römer. Nicht zu vergessen die Götter der Wikinger. Überhaupt gibt es nordische Götter, germanische Götter, indische und chinesische, marokkanische und Zulu Götter. Mein Gott, auf der Suche nach ebenbürtigen Gestalten, stoße ich allein auf 99 Namen Allahs.

 

Allerdings sehr sympathisch scheint mir der Gott der Liebe zu sein, der es keineswegs allzu streng nimmt mit uns Menschen, wenn er auch Manchen mit  Syphilis, Tripper, Gonorrhö oder Aids für eventuelle Ausrutscher bestraft.

 

Aufgepasst, meine Beleuchtung dieses Thema bringt mich noch auf weitere Interessenten. Die Satelliten, näher bekannt als Spionagesatelliten, die es erlauben von ihrer Umlaufbahn herunter, genau zu verfolgen, was sich auf der Erde tut. Ein russischer Spion in Amerika, braucht keinesfalls eine Prawda zu kaufen, die ihn beim Lesen verraten könnte. Es ist bereits möglich, dass man ihm zum Gefallen im Kreml, die aufgelegten Zeitungsblätter, auf Knopfdruck umwendet.

 

Also eine unvorstellbare Armee von Gesellen, die uns permanent im Visier haben und uns überwachen.

 

Der Stammbaum dieser Big Brother Familie, ist bereits ins Unermessliche gewachsen. Diese räumliche Ausdehnung wird beschleunigt, keinesfalls durch Beigabe von Kunst Dünger, sondern durch Geldüberweisungen, denn Geldscheine sind in diesem Geschäft bereits unzählbar geworden.

 

Allerdings gibt es da auch einige saubere Mitspieler, nämlich die Erzählkunst, die Dichtkunst, die Schreibkunst, sowie die ganz besonderen Kunst, spontane Einfälle zu haben, wie Intuition oder wie es die künstliche Intelligenz, bereits im Begriff steht zu lernen.

 

Das sind meine Quellen, und wer nichts zu verbergen hat, der ärgert sich kaum. Er nimmt zwar Notiz und da er nicht verspürt wie sein Geld entwertet wird, durch das habgierige Wesen Bank, keine wehtuende Wunden am Körper entstehen, hat es gegen diese unsichtbaren Gegner nichts einzuwenden. Weil aber einige dieser Systeme bereits kriminelle Eigenschaften angenommen haben, gehe ich sehr sorgfältig, mit der Weitergabe meiner Informationen um. Ich rate Gleiches zu tun, einem Jedem an, der ständig elektronisch interkommuniziert. In dieser Gesellschaft bewegt man sich in einem wahllos ausgelegten Minenfeld, ohne zurück verfolgbares Layout. Man gerät zugleich unter Beschuss von Scharfschützen und nicht nur Gasbombenwerfer. Ohne zu er wähnen, was alles einem von Oben herunter auf den Kopf fallen kann.

 

Hoppla, so schnell geht das nicht. Das Thema ist noch keinesfalls abgeschlossen. Ich möchte noch einen Partner ins Gespräch bringen, dessen beständiger Einfluss auf unser Dasein ungeahnt, übersehen, nicht angesprochen und doch durch und durch bekannt ist. Dem einen ist er sympathisch gewillt, dem anderen bereitet er Sorgen und es gibt die sich doch einigermaßen durch ihn in Verlegenheit bringen lassen.

 

Ich habe diesen Gesellen folgenden Namen verpasst.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


 

 

Small Brothers

 

Was ich jetzt schreibe ist Fakt. Was mir bewusst ist, man kann es als große Sauerei betrachten. Es gibt aber vernünftige Wege, sinnvolle Betrachtungen zu nachfolgendem Thema anzustellen.

 

Die Funktionen des menschlichen Darms sind Inhalt und Gegenstand von wahrscheinlich Millionen von laufenden Studien, und die Zahl der Darmforscher übertrifft bereits jetzt schon ganz gewiss die Zahl der Forscher, mit gleich welcher Forschungsspalte, man den Vergleich anstellen will.

 

Unser Darm ist, neben der Erforschung unserer Gehirntätigkeiten, zur absolut wichtigsten Forschungsstätte geworden, aber schon beginnt bereits beim Lesen dieser Zeilen, das was wahrscheinlich manchen Leser davon abhalten wird, ab hier noch weiter zu lesen.

 

Um diesen Abweichler eine weitere Ursache zu geben, schnellstens die Lektüre zu beenden statuiere ich folgende äußerst natürliche und sehr banale Weisheit: „Bereits ein Furz, ein Produkt dieses Darmes, ist für den gescheitesten und den reichsten Menschen unkontrollierbar. Er entsteht wann er will. Er kommt wo er will.  Er geht wie er will. Einflussnahme des vermeintlichen Besitzers gibt es wenig, es sei denn, man wäre auf Lebenszeit, mit unumgänglichen Blähungen einverstanden.“

 

Unser Darm ist eine unheimliche, versteckte und eher vernachlässigte Industrie, deren Arbeiterschaft ich die Bezeichnung Small Brothers verpasst habe, und die in unserm Körper, bisher nicht bekannte, nicht kontrollierbare, Funktionen ausüben. Sie sind sozusagen wie Gastarbeiter, vermischt mit Grenzgängern und seltenen Gestalten, die es unserm, so hoch geschätzten, Gehirn erst erlauben, funktionsfähig zu sein. Ich weiss, ich begebe mich jetzt aufs Eis. Doch jeder vernünftig denkender Mensch kann, bei und an sich selber feststellen, dass es oben in der Birne spürbar wird, wenn es unten im Darm rumort. Jetzt scheint es mir, habe ich die Verbindung hergestellt, damit die Birne oben versteht, was sich tagtäglich in unsern Eingeweiden, mal zu unserm Wohlbefinden, mal zu unserm Unwohlsein, abspielt.

 

Bereits wenn ein Kind bei seiner Geburt, wo es aus der schützendes Hülle des Fötus, in der es sich während 9 Monaten entwickelt hat, an die irdische Atmosphäre gelangt, wird es stante pedes von Abermilliarden noch ihm unbekannten Bakterien, regelrecht überfallen. Zuerst wollte ich schreiben angegriffen, doch dem ist keinesfalls so, denn diese Bakterien sind für den Menschen absolut lebensnotwendig. Ohne sie kommt das Aus, sofort und unersetzbar. Deren unvorstellbaren Nutzen für den Menschen, ist im Begriff von den nächsten Generationen von Mikrobiologen erforscht zu werden. Behilflich dabei sind ihnen Mikroskope. Da kann die Universität in Luxemburg Limpertsberg mit der Erfindung eines Spitzenmikrokopses antreten, die es erlaubt, bis ins Innere einer lebenden Zelle vorzudringen, um diese zu studieren.

 

„Durch Markierung unterschiedlicher Moleküle mit verschiedenen Farben ist es möglich, Bewegungen und Interaktionen in der lebenden Zelle zu beobachten. Dies ist ein wertvolles, ja grandioses Werkzeug, wenn es zum Beispiel darum geht, neue Medikamente zu entwickeln", erläutert der Biologe und Mikroskopie-Experte Dr. Andreas Girod. Abhängig von der Anwendung kann das System mehrere hundert Bilder pro Sekunde aufnehmen; gleichzeitig ist die Technik sehr schonend für die Zellen. „Das ermöglicht eine Langzeitbeobachtung empfindlicher zellulärer Prozesse, wie etwa der Zellteilung“. (Wikipedia).

 

Noch ist das Ende der Fahnenstange nicht erreicht. Man erkennt heute die Phagen, die sich auf Zellen festsetzen können, um diese zu zerstören. Sie gehören, im Augenblick der Forschung zu den kleinsten Lebewesen, die im menschlichen Körper kein Aufenthaltsrecht haben. Wenn man sich deren Größe vorstellen will, dann scheint ein Beispiel zum Größenvergleich notwendig. Man stelle sich einmal vor, dass eine menschliche Zelle, von denen der menschliche Körper, aus mehreren Milliarden und hundert verschiedenen Typen besteht, die Größe eines Elefanten hätte, dann wäre ein Bakteriophage, der sie zerstören könnte, nur so groß wie ein Nadelkopf.

 

Wer jemals auf einem hohen Berg, wo dies noch möglich ist, auf dem Rücken liegend den sichtbaren Sternenhimmel betrachtet und weiss, dass der Kosmos um uns herum einen Durchmesser von 78 Milliarden Lichtjahre haben soll und wir nur Objekte wahrnehmen können, die etwa 46 Milliarden Lichtjahre von uns entfernt leuchten, dann können wir uns in etwa vorstellen, was sich im Mikrobereich in unserm Körper abspielt, wo die Dichte der „Mitarbeiter“, der Armee von Small Brothers,  gleichermaßen umfangreich zu verstehen ist.

 

Allein unsere Galaxie, die Milchstraße, ist ein Gebilde von Hundert Milliarden Sonnen. Es scheinen in dem sichtbaren Teil des Kosmos Hunderte von Milliarden Galaxien vorhanden zu sein. Wenn man sich nun vorstellt, die Zahl der Milchstraßenobjekte zu multiplizieren, mit der Zahl der Sonnen die sich in einer Galaxie befinden, dann erscheint einem die Zahl der Mikro Organismen in unserm Körper, besonders in Magen und Darm, wahrscheinlich eine ähnliche Dimension zu haben.

 

Ich hoffe, dass es dem Leser ebenfalls unvorstellbar gewaltig vorkommt. Unser Körper beherbergt Billionen von so winzigen Dingern, von denen wir erst beginnen zu wissen, welche Berufe sie ausüben. Es wird auch wahrscheinlich Niemandem genau bewusst werden, wie wir von diesen ungerufenen Gastarbeitern beherrscht werden.

 

Wir sind ebenfalls erst am Anfang, wo wir zu begreifen beginnen, dass unser Leben gänzlich von diesen Bakterien abhängt. Bereits in unserm Speichel befinden sich die Verdauungsvorposten, die einerseits, wie Torwächterbienen am Bienenstock, Sorge tragen, dass alle Fremdkörper, die auf dem Wege über unseren Mund sind, um in unsern Köper einzudringen, einer Art Passkontrolle unterworfen sind, nicht zuletzt um den Mundraum vor möglichem Bakterienbefall zu schützen.

 

Dass diese Arbeit nicht immer zu unserer vollsten Zufriedenheit ausgeführt wird, können wir bereits am Befall, auf unseren Zähnen feststellen.

 

Hier muss ich einfügen, dass ich einen Gräuel habe, diesen hilfsbereiten Bakterien, angeblich zur Hilfe zu kommen, um schädliche Elemente zu eliminieren. Dummerweise, ich bin mir dessen bewusst, liquidiere ich gleichfalls, auch die mir gut gesinnten Bakterien, mit der nahezu Wunder versprechenden Zahnseife.

 

Die Auseinandersetzung mit meinem Zahnarzt ging darauf hinaus, dass ich ihm ein Sprichwort ins Ohr speicherte: „An apple a day, keeps the dentist away.“ Mit dieser Apfelsäure kann ich wahrlich nicht denselben, wahrscheinlich großen Schaden anrichten, als wie mit der Zahnseife. In unserm Mund greift diese Seife nicht nur die schädlichen Bakterien an, die man blindlings, den Zahnpasta Reklamen gehorchend, sich vorstellt zu eliminieren. Es geschieht dort weit mehr. Unsere leistungsfähige und tadellos eingespielte Arbeitskolonne, die sich in unserm Speichel tummelt, wird gleichzeitig dezimiert. Wir reduzieren demzufolge, mit der verbrauchten Seife, welche den pH Wert 9 hat, das ökologische Gleichgewicht in unserm Speichel, worin sich die fürs Überleben so wichtigen Hilfstruppen organisiert haben, deren gängiges Lebensmilieu mit seinem pH-Wert unter 6 liegen kann. Unser Speichel schwankt also um den neutralen Wert zwischen 6,6 und 7,4. Reines Wasser hat pH 7,0, der Darmsaft etwa 8,3 und die Seife 9,0-10.

 

Dann habe ich ihn auch gelästert und ihm vorgehalten, dass die Behauptung, eine mit Seife ausgeführte Zahnwäsche wäre höchst effektiv, nur stimmen würde, wenn da nicht so viele Zahnärzte immer noch eine Aufgabe zu erfüllen hätten. Außerdem erwähnte ich Katze, Hund und Schaf, Ochse, Esel und Kuh, Pferd, Hirsch und Giraffe, die absolut keinen Bock auf Zahnpasta hätten und doch wäre man auf die Jagd nach besonders schönen, ungeweißten Stoßzähnen der Elefanten aus.

 

Meine Zähne alterten mit mir, ohne Seifenpasta. Doch hat er sich jedes Mal, wenn ich in seinem Stuhl saß, an meine Worte erinnert, ohne dafür vergrollt zu sein. Ich bezahlte ja.

 

Es scheint als ob ich abwegig gegangen bin, doch komme ich nun zurück zu der bereits, durch gutes Vorkauen vorbereitete Essen, das bis in seine Atome hinein mit Speichel behandelt werden soll, bevor die Nahrung, sogar auch das Getränk, den kurzen Weg in den Magen antritt.

 

Hier wird alles was eingeschleust und von einer Armee an Helfern empfangen, die ganz besonders hohen Säuregehalt vertragen. Der Säuregehalt, muss hier kurz erläutert werden. pH unter >1 findet man in der Batteriesäure, pH 0-1,5 findet man im nüchternen Magen, ein rostiger Nagel kann also nicht nur in einer Flasche Cola aufgelöst werden. Dessen pH Wert liegt zwischen 1,5 und 3. Saure Milch hat nämlich einen ähnlichen pH von 4,5, Mineralwasser pH 6,0.

 

So sieht es also in der Fabrik Mensch aus. Der Magen ist unsere Drecksschleuse. Hier wird alles was lebt und als schädliche Invasoren erkannt werden, vernichtet. Wie sich das alles im Detail abspielt, kann ich nur andeuten, denn ich weiss sehr wenig darüber.

 

Nachdem der Magen sich mit unserm Essen eine Zeitlang, entsprechend der Menge, die wir vertilgt haben, herumgebalgt hat, öffnet der ‚Pylorus‘, so nennt man den Magenpförtner in der Doktoren Sprache, seine Pforten und reguliert den Abfluss in den Zwölffingerdarm. Hier befindet sich eine Alarmanlage, wie beim Zug, der bei Rot, nicht wie beim Autoverkehr, weiter fahren kann. Diese Alarmanlage nennt sich ‚Nervus vagus‘. Er gibt dem Darm zu erkennen, dass Arbeit unterwegs ist, wobei die Darm Peristaltik sofort ihre muskulösen Motoren anwirft.

 

Man muss sich jetzt vorstellen, dass Milliarden und Milliarden von unterschiedlichen Bakterien, Viren und Bakteriophagen, über das einlaufende Pensum herfallen. Stellen sie sich bei jedem Brocken vor, der da vorbei schwimmt, sich die Vertilger, wie eine Horde Wölfe, zum Teil sich auch gegenseitig auffressend, über das Nahrungsangebot hermachen. Von dem alles was da abgeht, hat die Birne oben, sehr wenig Ahnung. Und das ist durchwegs auch gut so.

 

Auf das wohin ich hinauswollte, komme ich jetzt noch kurz zu sprechen. Es gibt bisher keinen Menschen der so intelligent ist, um all diesen Mikrowesen in unserm Körper zu diktieren, welche Aufgaben sie zu erfüllen haben.

 

Dafür ist ein handfestes Wissen erforderlich, denn irgendwie kann man diese Fabrik in unserem Inneren doch manipulieren, und sie anstoßen um in gewünschte Richtungen zu arbeiten, aber noch erst sind wir bei der Atombombe, dem segensreichsten, aber gleichermaßen dem gefährlichsten unserer Hilfsmittel angekommen, genannt Antibiotikum. Wir wissen, dass dieses wirksam sein kann, vermeintlich aber nur oberflächlich, keinesfalls aber ganz überzeugend, denn es ist bereits bekannt, dass diese Atombombe, nahezu alle, vergleichsweise wie die Bewohner von Hiroshima, in unserm Darm ausrotten kann. Eine zu lange andauernde Verabreichung von Antibiotika bringt totale Verwüstung und es kann sein, dass die einst als hilfsbereite Truppen bekannt waren, durch Vernichtung, ihre Arbeit nicht mehr vollständig verrichten können.

 

Menschenrechtsverletzung lässt grüßen. Doch genug dieses Monologes. Ich führe meine Leser zurück in die Bank.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Das Ei des Kolumbus.

 

Einmal hatte Frau Grotz ihrem Hannes ein Straußenei mit nach Hause gebracht. Dieser war sehr erstaunt über ihr Geschenk. Zuerst meckerte er, dass so ein Ei, keinesfalls zu Zwei vollständig vertilgt werden kann.

 

Herr Grotz: „Bist du dir bewusst, dass darin nahezu 2 Dutzend normale Eier versteckt sind. Einmal wäre das ungesund und zum zweiten wäre das auch recht viel, für jeden von uns Beiden. Ein Straußenei wiegt bis 2 Kilogramm. Sein Inhalt entspricht also etwa dem Inhalt von 24 Hühnereiern. Bist du dir bewusst was wir mit dem nahezu 2 Kilogramm schweren Inhalt anfangen. Du kannst doch keine Omelette braten, mit soviel Eiern. Wer verzehrt denn das alles?“

 

Seine Frau jedoch gab sich nicht geschlagen. „Aber Hannes, erinnerst du dich denn nicht mehr, an das ‚Eiermännchen‘, wie du den Herrn Melchior immer nanntest. Du hast mit ihm einmal gesprochen, um zu erfahren ob er, da er ja sein ganzes Leben mit Eiern um sich herum verbringt, überhaupt noch Lust auf Eier haben kann. Da hat er dir geantwortet, dass er jeden Abend, wenn er von seiner Eiertour zurück ist, eine volle Dutzend Eier in die Pfanne haut und das seit er auf der Hühnerfarm arbeitet. Ich habe es ihm geglaubt. Von wegen Gelbsucht und Gallensteine, keine Spur zu sehen, wenn man sich diesen, vor Gesundheit strotzenden, Gartenzwerg anschaute. Außerdem habe ich eine andere Gebrauchs Lösung für den ganzen Inhalt. Nur keine Sorge. Frauen können auch denken. Wenn du das Ei jetzt öffnest und leerst, hätten wir die Möglichkeit eine gewisse Menge sofort einzufrieren. Doch bin ich für Morgen Abend, bei den Backfrauen eingeladen und dahin möchte ich gerne den kompletten Inhalt mitnehmen. Das, was dort immer an Eiern verbacken wird, geht weit über 4 Dutzend. Also nur keine Sorge. Ich schaue jetzt gerne zu, wie talentiert du bist.“

 

Jetzt merke ich, dass ich ungewollt den Vornamen des Herrn Grotz verraten habe. Der wird also fürderhin, aber nur bei Familienangelegenheiten Verwendung finden. Der Name Hannes ist wohl eine Kurzform von Johannes. Der luxemburgische Ausdruck ‚Hennes‘, scheint von der ehemaligen schwedischen Besatzung her zu stammen, oder eine Abänderung von Hannes zu sein, doch die Bedeutung dieses Ausdrucks hat keinesfalls etwas mit einem Namen zu tun. Es ist eine abwertende Bezeichnung.  Also Hannes hatte bereits Anstalten getroffen um in die Garage zu verschwinden. Er malte sich schon aus wie er, mit Hammer und Meißel, an die Arbeit geht, doch hielt seine Frau ihn am Ärmel zurück.

 

„Bleib, Hannes, ich muss dir noch erklären, was der Händler mir im Geschäft geraten hat, wie man das Öffnen des Eies angehen soll. Warte mal, ich bin gleich zurück.“

 

Aus dem Badezimmer holte sie die elektrische Handfräse, die sie benutzt um ihre Nägel, besonders jene der Zehen zu pflegen.

 

Er schaute sie verdutzt an und meinte: „Ist es nicht besser, wenn ich einen richtigen Bohrer nehme, mit deinem Spielzeug lässt sich doch kein Loch bohren, das groß genug ist um den Inhalt aus dem Ei heraus zu holen.“

 

„Auf keinen Fall arbeitest du mir mit deinem ölverschmierten Bohrer an diesem Ei. Ich erkläre dir wie du mit meiner Fräse wahrscheinlich sehr gut sogar, zurechtkommst.“

 

Dann begann das Experiment. Zuerst wurde das Straußenei in eine große Tasse gestellt, damit es nicht mehr weglaufen konnte.  Frau Grotz nahm eine ihrer Küchenschürzen und hing diese ihrem Mann um den Hals. Er sträubte sich zwar ein bisschen, doch lies er alsdann seine Frau gewähren. Im Handumdrehen sah er aus wie eine Köchin, nur etwas belämmert. 

 

„Mit meiner Fräse, und zwar mit einer der kleinsten, fräst du jetzt einen Ring von der Größe eines Geldstückes oben auf dem Ei. Du weist wie hart dessen Schale ist. Der Händler hat mir gesagt, sie sei bis 3 Millimeter dick.“ „Natürlich weiss ich das“, gab er barsch zurück. „Ich habe ja im Fernsehen beobachtet, mit welchen Steinen die Schmutzgeier es erreichen, diese Eier zu öffnen. Auch die Hyänen kommen gegen das runde Ding schwer an, da nirgendwo ihr Biss angesetzte werden kann. So rollen die schlauen Tier, indem sie ihre Schnauze wie einen Rasenhockeyschläger benutzen, das Ei nicht auf ein Tor zu, sondern gegen einen harten Gegenstand, was normalerweise ein Stein ist. Ich weiss auch dass die Sträuße ihre Eier in Gemeinschaftsnester legen und gemeinsam ausbrüten. Man hat bis 80 Eier in so einem Nest gefunden.“

 

Hannes fühlte sich herausgefordert, auf Neuland eine noch niemals veranstaltete Tat zu vollbringen, das ist der Kick, und dies auch noch unter Anweisungen seiner Gemahlin. So, nur so konnte er seiner Frau, die immer wieder seine, von ihr herab gewürdigten Fähigkeiten, den Beweis seines Könnens erbringen.

 

Er drehte das Ei zuerst in der Tasse noch einmal um, damit er sehen konnte, wo es rund und an welchem Ende es weniger rund sei. Er drehte die runde Seite nach oben, weil er sich ausrechnete, dass durch ein breiteres Loch, der Inhalt sich besser entleeren ließe. Sein Plan war schnell gemacht. Die Frau musste nur noch einen Bleistift herbeibringen, damit er sich die Konturen aufzeichnen und wo er, mit der Zehenfräse seiner Frau, den Angriff wagen konnte.

 

Der Kreis, den er oben auf das Ei zeichnete, war genau so groß wie der Mantelknopf, den er benutze um ihn mit seinem Stift zu umzirkeln. Mit der feinsten Fräse arbeitete er alsdann wie ein Brillantschleifer, immer nur dem vorgezeichneten Weg entlang. Es war nicht so leicht auf zu passen, dass der Druck auf die Fräse nicht zu stark wurde, was einen Einbruch ins Ei(s) gleich gekommen wäre. Immer wieder schätzte und überprüfte er, wie tief er bereits vorgedrungen sei und auf einmal zeigte sich eine winzige Öffnung. Wie bei einer Operation in der chirurgischen Abteilung folgten daraufhin seine Befehle, die sofort verstanden wurden: „Zahnstocher!“ Seine Frau brachte sofort mehrere, denn man kann ja nie wissen, ob nicht einer unverhofft im Ei verschwindet, umknickt oder so was Ähnliches.

 

Mit dem Zahnstocher, den er vorsichtig in die winzige Öffnung pickte, gelang es ihm die Öffnung etwas zu erweitern. „Kaffeelöffel, besser noch spitzes Tafelmesser“, der Befehl wurde ausgeführt. Mit diesem spitzen Tafelmesser, konnte er den kreisrunden Ausschnitt wundervoll und ohne Zwischenfall emporheben. Die Öffnung war geschafft. Vor Selbstzufriedenheit strotzend, klopfte Herr Grotz sich selber mit der rechten Hand auf die linke Schulter. Seine Frau legte ihm ungewohnter Weise ihre linke Hand auf die rechte Schulter, wahrscheinlich, damit er ausbalanciert blieb. Und das war’s, für den Augenblick.

 

Sofort aber meldete sich seine Frau wieder zu Wort. „Wie es nun weitergehen soll, verrate ich dir, denn der Händler hat mich aufgeklärt. Wenn du jetzt sagen würdest Essstäbchen, würde ich es dir bringen. Dann musst du sagen gebogenen Strohhalm, den ich dir ebenfalls bringen werde. Ich habe diesen Weg der Erklärungen nur so gewählt, damit dein Gehirn bereits eine Beschäftigung hat, um heraus zu finden, wozu diese beiden Utensilien geeignet sind.“

 

Hannes musste passen. „Diese Denkaufgabe kann ich nicht meistern. Ich gebe mich geschlagen “ gestand er ein „denn ich glaube kaum, dass ich das Ei mit dem gebogenen Strohhalm, der übrigens nur aus Plastik sein kann, aussaugen soll.“

 

Frau Grotz musste ungewöhnlich herzhaft lachen, doch dann nahm sie das Essstäbchen und reichte es ihrem Mann. Schau mal in das Loch, das du soeben gebohrt hast. Siehst du das weiße Zeug darin. Es umhüllt, wie ein Hemd, Eiweiß und Eigelb. Damit das Ei auch durch das Loch austreten kann, muss du zuerst dieses Hemd durchstoßen, fast hätte ich gesagt, du müsstest das Ei deflorieren,  und dann dein Stäbchen bis tief ins Ei vorstoßen, um ein wenig darin herum zu stochern. Nur so wird nämlich das Eigelb mit dem Eiweiß vermischt, was für den weiteren Verlauf von Vorteil sein soll. Mit Ähnlichem hast du ja Erfahrung.“

 

„Da verstehe ich jetzt aber überhaupt nicht, was ich mit dem Plastik-Strohhalm anfangen soll?“ Damit zeigte er dass er nicht alles, was seine Frau gesagt hatte, mitbekam.

 

„Nachdenken, Hannes, nachdenken. Das Innere der Schale ist luftdicht abgeschlossen und wenn durch deine gebohrte Öffnung, der Inhalt auslaufen soll, dann kann das nur geschehen, wenn Luft hinein gelingen kann, was es normalerweise nicht tut. Dazu nimmst du den Halm und stichst ihn bis nahezu an die Hinterwand des Eies, damit nichts anderes als nur Luft eindringen kann. Nur so kann das Innere des Eies ausfließen, denn über dieses Verfahren, geschieht durch dein Halm hindurch, ein Lufttransport ins Innere und das …. wird verhindert, aber wie nennt man das denn?“

 

„Vakuum, meine Liebe, das nennt man Vakuum. Bei deiner schulmeisterlichen Belehrung hast du aber vergessen mir zu sagen, dass dabei das Ei umgedreht werden muss, also mit der Öffnung nach unten, damit auch alles, wie erklärt funktioniert.“

 

Es funktionierte. Eine größere Glasschale, wurde überprüft ob das ganze Ei hinein passt. Hannes hatte genug gestochert. Er führte den Strohhalm ein, drehte das Ei nun auf den Kopf, nein, das heißt aber doch mit dem Loch nach unten, und schon begann der zähflüssige Inhalt heraus zu fließen, doch musste Hannes mit dem Essstäbchen nachhelfen. Er stocherte dabei ohne etwas zu sagen.

 

Als der letzte Tropfen aus dem Ei gefallen war, stellte er das Ei auf den Tisch und meinte hocherfreut: „Dies ist unser Ei des Kolumbus“ und es blieb ebenfalls aufrecht stehen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Federvieh und Hanewacker gefällig.

 

Doch Herr Grotz gehört jetzt eigentlich zurück in die Atmosphäre seines Büros.

 

Es entspricht der Logik, auch eines Bankbeamten, dass er sich, bei soviel Vorliebe für Federvieh, in der Literatur über die Gattung Gallus domesticus, genau ins Bild setzt und sicherlich mit dem Gedanken spielt, seine Pension, wenigstens tagsüber, inmitten eines großen Hühnerstalls oder auf einer Straußenfarn, zu verbringen. Ihm fehlte das Wissen nicht, dass vierzehn Schwanzfedern den Schwanz des Huhnes zieren. Er wusste mit Namen umzugehen wie: Brahmahuhn, Wyandottes, Plymouth oder Rhodeländer. Es fehlten keinesfalls die Leghorn- und die Reichshühner. Letztere scheinen aber gleichzeitig mit diesem Wahnsinnigen krepiert und ausgestorben zu sein. Man könnte noch Dutzende Namen hier nennen, die er apart studiert hatte, doch das wird meine Leser wohl kaum interessieren.

 

Es juckte ihn trotzdem, nach der Zeitung zu greifen, die bereits seit den frühen Morgenstunden nur aufgeblättert da lag, weil er seine Zeit anderweitig verbraucht hatte. Es fiel ihm auf, dass es keine Hähnchen Schlagzeilen, auf der ersten Seite gab. Er griff trotzdem in die Blätter und entdeckte in den Spalten der Wirtschaftspolitik, einen persönlichen Kommentar, des ständigen Beobachters, an der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft. Seine Bürotür war ja geschlossen und so ging sein Griff zur Flasche, in der unterste Schublage seines Pultes. Es war Zeit zum Apéro. Dann legte er die vor kurzem erst angezündete Pfeife wieder zur Seite und liess sie qualmen. Unwillkürlich schaute er dem Qualm nach wie dieser, gleichsam wie der Dschinn aus Tausend und einer Nacht, aus der Flasche kam, und bis zur Decke hin wanderte.

 

Die beiden Angestellten griffen freudig zu ihren Zigaretten. Nur wenn er Zeitung las, duldete er dass  sie rauchten. Sie hatten aber schnell eine Möglichkeit wieder entdeckt, die sie von der Schule her kannten, um ihre Bedürfnisse zusätzlich zu stillen. Herr Grotz konnte es auch nicht am entstandenen Geruch merken, weil er immer nur seine private Toilette benutzte. Er bevorzugte den Pfeifentabakrauch und  Zigarrenrauch eher als Zigarettenrauch. Das kam, weil er Schwierigkeiten hatte, die durch Zigarettenrauch entstehenden, die sogenannten Nikotindiamanten, in seiner Atemröhre los zu werden. Dabei hatte sich seine Frau angewöhnt, am Sonntag nach dem Essen, als Einlage vor dem Kaffee, eine französische Gauloise zu rauchen. Dann flüchtete er mal auf die Terrasse, mal auf die Toilette, um seinen Zigarillo, ohne falsches Rauchgemisch, zu genießen. Wenn durch die sofort eingeleitete Entlüftung, die Luft ausgetauscht und wieder rein geworden war, traute sich der Hausherr zurück an den Kaffeetisch.

 

Der starke Geruch einer Gauloise wird noch verstärkt durch das Maispapier, mit dem die Zigaretten gedreht werden. Dieses Maispapier hat die Eigenschaft nicht selbständig zu brennen. Die Zigaretten gehen meistens aus und so kommt es, wie man in den französischen Filmen, Akteure sieht, die einen Zigarettenstummel, wie einen Lutscher im Mund halten, nicht um Tabak zu sparen, sondern wegen dem Genuss des Geschmacks und um eine Dauerbeschäftigung zu haben. Das hat Herr Grotz bereits öfters veranlasst zu erzählen, wie er bei den ersten Rauchversuchen, auch den Kautabak ausprobierte. Kautabak wird nicht ausschließlich gekaut. Er wird meist in die Backe geschoben. Wenn der Geschmack oder auch die Wirkung des Tabaks nachlässt, wird er leicht mit den Zähnen ausgequetscht. Der Tabaksaft nikotinarmer Kautabake wird von manchen Konsumenten geschluckt. Bei sehr starken Tabaken kann es beim Verschlucken zu starker Übelkeit kommen, verbunden mit Erbrechen. Aus China kennen wir noch, die inzwischen ebenfalls versteckt, aber weiter existierenden Spucknäpfe, um auch den Tabaksaft auszuspucken. Heute tragen die meisten Konsumenten ihre eigenen Behälter für den Tabaksaft mit sich herum. Der spezifische Namen dieser Art von Spucknapf ist mir noch nicht bekannt. Ich glaube aber einmal die Bezeichnung „pocket spitoon“ gehört zu haben, was frei von mir übersetzt, soviel wie mit ‚Taschenspucki‘ bezeichnet werden könnte.

 

Es gefiel ihm, immer ganz besonders, hervorzuheben, dass man Kautabak überall, aber bestens im Freien gebrauchen kann, weil man bei hohem Speichelaufkommen, entweder einen Spucknapf zur Stelle haben muss, oder dem saftigen Gebräu schwer loswird. Alsdann wird es sehr unanständig, so drückte er sich aus, wenn man mit Kautabak im Munde, eine Kirche betritt. Logik, erklärt die Schlussfolgerung zu wissen, warum so wenig Kautabakianer die Messe besuchen.

 

Dann und wann ließ er sich jedoch von seiner Frau überreden, gemeinsam eine zigarettendünne Zigarillo zu rauchen, die sie in einer Ebenholzkiste aufbewahrte. Ein, aus der Mission heimkehrender Pater, hatte ihm diese zum Geschenk gemacht, als dieser persönlich den Rest seiner Missionsbeihilfen, auf das Bankkonto der Mission verbuchen lies.

 

Auf dem fein ziselierten Deckel der Zigarrenkiste spielt sich ein Hahnenkampf ab. Der schien schon eine Weile im Gang zu sein und wahrscheinlich bis in alle Ewigkeit fortdauern konnte, wenn nicht das Ableben der Kiste, dem Spielchen ein Ende setzt. Die Geschichte des Hahnenkampfes beginnt da, wo die Federtiere herstammen, nämlich im asiatischen Raum, besonders auf den Philippinen. Die Kiste kam aber aus Afrika und der Pater hatte ihm anvertraut, dass ein fünfundzwanzigjähriger Chorknabe, mit Namen Maria Jesus Lumumba, durch seine Schnitzereien, der Mission viel Geld eingebracht habe.

 

Es gab eine Wechselbeziehung zwischen Herrn Grotz und diesen ziselierten Hähnchen. Er fühlte sich in ihre Kämpfe ein. Ausgekämpfte Hähnchen dagegen, fühlten sich in seinem Magen an. In den Mußestunden konnte er stundenlang dem Kampf auf der Kiste zuschauen, um herauszufinden, welcher der Beiden denn gegebenenfalls in der heimischen Bratröhre oder auf einem elektrischen Spieß landen würde. Der linke Hahn hatte nur noch zwei Steuerfedern im Schwanz, was seine Konstitution jedoch keinesfalls beeinträchtigte. Dem andern aber erging es bereits sehr schlecht, da er schon an einem Flügel lahmte, so dass es ihm nur noch darauf ankommen konnte, den Zeitpunkt zu verzögern, an welchem er in einer Bratpfanne endet.

 

Es war noch immer nicht Mittag. Herr Grotz hatte die Zeitungen noch nicht alle durchgelesen und die beiden Angestellten rauchten bereits ihren zweiten Glühstängel. Der Leser wird bei aufmerksamer Lektüre gemerkt haben, dass es nicht all zu viel Arbeit zu meistern gab, in dieser Bank. Das liegt aber an der Gemütsstimmung des Schreibers dieser Zeilen, dem es unwohl wird, wenn er detailliert über Arbeit berichten soll. Sein Motto lautet, Arbeit ist schön, stundenlang könnte ich zusehen. Er hat dies von einem italienischen Zuwanderer gehört, und zum eigenen Gebrauch, frei übersetzt.

 

Grotzens Atem begann immer schneller zu werden. Das kam durch die Angewohnheit nahezu jeden Tag Geflügel zu verspeisen. An einem Freitag, an dem Fisch programmiert war, hätte das aber keinesfalls stattfinden dürfen. Ihm wurde trotzdem immer wärmer. Seine Brille, die er nur zum Zeitunglesen aufsetzte, lief an und begann Nebelschwaden über dem Schlachtfeld vorzutäuschen. Sein Mund öffnete sich, wie durch ein fern gesteuertes Kommando und seine Zunge folgte den aufwühlenden Gedanken mit viel Schwäche. Pawlow lässt grüßen. Dann setzte er die Flasche bereits zum dritten Mal an.

 

Man müsse etwas unternehmen, so fuhr es ihm durch den Kopf. In Amerika bringt ein einziger Mann, aber eine Frau sicherlich etwas mehr, es leichtens fertig, über zwanzigtausend Hühner mit Hand und Hebel zu ernähren. Warum geht das nicht in Europa? Die Technik vermag doch nicht alles nur in Amerika. Futtersilos können mit einem einzigen Knopfdruck, manchmal auch mit mehreren, wenn die Anlage bereits veraltet ist, zu Riesenmixer werden, in welchem verschiedenartigen Futtermittel über Förderbänder, eingespeist werden. Und das zur festen, immer wiederkehrender Uhrzeit, was vom intelligenten Federvieh schnell erkannt wird, so als wenn sie die Uhr lesen. Restbestände der Penicillin Produktion brauchen nicht in Pillen oder Glasröhrchen verpackt zu werden, sondern können per Hand, und gefühlvoll, nach Bedürfnis, eingestreut werden. Diese Regelmäßigkeit wird nur zweimal im Jahr gestört, wenn die Uhrzeit umgestellt wird.

 

Antibiotika garantieren, so weiss man zu berichten, dass bei Massentierhaltung, die Tiere schön gesund bleiben und ihre vierzehn Steuerfedern am Schwanz solange behalten, bis sie total entfedert werden. Dieser Werdegang lässt sich doch sicher kopieren. Hinzu kommt noch das automatische Schlachten unter einer Guillotine, das Ausweiden, durch einen starken Wasserstrahl, der eventuelle Restbestände vom möglicherweise austretenden Urin oder Darminhalt, sofort ausschwemmt. Verpackung, geschieht ebenfalls maschinell.

 

Die ausgeschwemmten Innereien der Tiere, werden über ein Förderband, an den geübten Händen von einigen schwarzen Damen, vorbeigeführt. Ob man meint nur solchen Gesichtern würde man es nicht absehen, dass es ihnen beim Anblick der Innereien, schwarz vor den Augen werden kann. Eine der Damen war eine Emigrantin aus Kenia, die andern stammten alle aus Louisiana. Lunge, Herz und Leber sind zur Weiterverarbeitung gedacht, insofern die Galle nicht beim Wasserstrahl explodiert ist, was die Innereien nicht genießbarer gemacht hätte, besonders für Katzen und Hunde. Die Beinstücke, vom Knie bis zu den Krallen, werden fein säuberlich mit heißem Wasser überbrüht, eingefroren und für den Besitzerwechsel vorbereitet. Die meisten nehmen den Weg in chinesische Restaurants, wo diese Stücke, von gewieften Köchen, zu schmackhaften, kulinarischen Beilagen umgezaubert werden.

 

Die entfiederten und ausgeweideten, splitternackten Körper, landen alsdann über Förderbänder im Tiefkühlsilo. Hier droht ihnen weder Schnupfengefahr, noch ein anderer Bakterienbefall, was sie in höchster Bereitschaft hält, die sich immer wieder erneuernde, amerikanische Invasion, besonders in Europa, zu vollführen.

 

Herr Grotz legt seine Brille auf den Schreibtisch und bewegt sich zur Tür, hinter welcher eine Treppe in seine Privatwohnung führte. Im Kassenbüro schauen die beiden dem noch letzten aufsteigenden Rauch der sterbenden Zigaretten zu, die ausgedrückt in einem Porzellan Aschenbecher ihren Geist aufgeben. Der Anblick ruft auch bei ihnen, Erinnerungen hervor, wie der „Dschinn“, ein Flaschendämon, gemeint ist nicht der Alkohol Gin, sondern eine Märchenfigur, sich in seine langhalsigen Flasche aus Messing zurückzieht. Erzählungen aus Tausend und einer Nacht, gehören zur Guten Nacht Lektüre des Kassierers. Diese Kollektion hat er seinem Chef abgekauft. In sechs blauen, ledergebundenen Prachtbänden, die auf feinstem Dünndruck Papier bedruckt waren, erfuhr der Kassierer außergewöhnliche Begebenheiten, aus sehr alten Zeiten. So Manches auch, was ihm bisher unklar war. Einem einen Korb geben, das hatte er bereits selber erlebt, wusste aber nicht woher diese Redewendung kam. Das erfuhr er bei seiner Bettlektüre.

 

Früher, zurzeit, wo sich die „Tausend und Eine Nächte“ abspielten,  waren alle Städte mit einer hohen Ringmauer umgeben. In die Stadt kam man normalerweise, aus jeder Himmelsrichtung, durch zwei Tore, ein Großes, wo die Karawanen durchzogen, und dies nur bis kurz vor Einbruch der Nacht. In die Stadt gelassen wurden etwas länger, und dies durch ein kleines Tor, das für einheimisches Fußvolk, noch eine Weile geöffnet blieb, bis alle von den Feldern, außerhalb der Stadt, zurückwaren. Dann wurde auch dieses geschlossen und fest verriegelt. Dieses kleine Tor trägt den Namen Nadelöhr. Hier entstand auch der Ausdruck mit dem Kamel, das durch ein Nadelöhr eher kriechen, als ein Ungläubiger in den Himmel gelangen kann.

 

Freier, meistens nach getaner Feldarbeit, machten sich erst nach Einbruch der Dämmerung auf den Weg in ihren Nachbarort, weil ihnen Freiersfüße oder etwas Ähnliches gewachsen waren. Sie erschienen dann an der unüberwindbaren Stadtmauer, die nun komplett verschlossen war. Frivole und zuweilen auch geistreiche, erfinderische Mädchen, hockten mit hinabhängenden Beinen oben auf der Stadtmauer und je nachdem welcher Pfiff oder Ruf von unten herauf ertönte, ließen sie, an einem strammen Strick, einen Korb hinunter, damit der Freund sich von den Kumpaninnen, in diesem Korb sitzend, empor auf die Mauer hieven lies. Wenn die Gören dem Abgewiesenen, einen Schabernack spielen wollten, dann trieben sie dessen Gefühle bis an den Rand der Verzweiflung. Sie ließen dann einen Korb hinab, der keinen Boden hatte. Und das ist die Erklärung für das heute gebrauchte „einem einen Korb geben“.

 

Als auch die beiden Beamten gegangen waren, wurde es still in der Bank. Keine menschliche Geräusche, keine menschliche Laute, keine menschliche Blicke. Wir Tausender waren endlich allein. Wir waren noch immer zusammen, da sich an diesem Morgen niemand an unserem Wert interessierte. Überhaupt schien Flaute zu herrschen, in dieser Bank. So kam ich auch darauf zu verstehen, was der Kassierer zu dem Schreiber gesagt hatte: „Wie lange wird das noch so weiter gehen?“

 

Es quoll immer noch Rauch, von den verglimmenden Zigaretten, aus dem Aschenbecher. Er stieg bis zum Bürohimmel empor und dieses Dschinn ähnlichen Gebilde, dehnte sich über Schalter und Schränke aus. Dann zog es sich wieder zusammen, verdichtete sich und bewegte sich jetzt dem Fensterspalt zu, der nicht verschlossen war. Das musste eine Halluzination bewirken. Mit ein wenig Phantasie konnte man Füße erkennen, die auf dem Pult des Kassierers standen. Der riesige Kopf war gewölbt, wie die Kuppel eines Domes. Die ausgestreckten Hände, mit denen er sich vorantastete, erschienen wie Schaufeln eines Kohlebaggers. Das hatte aber nichts mit uns zu tun, obwohl wir ja auch Kohle waren.

 

Da eine Tür zuschlug war gewusst, dass irgendwie ein Durchzug im Hause war. Herr Grotz stürmte in den Kassenraum, weil er sich bereits vorstellte, dass ein Bankräuber in der Kasse hantiere. Als er den Dschinn sah, öffnete sich sein Mund, doch er äußerte keinen Laut, weil er wusste, dass dies umsonst wäre, da ihn ja niemand hören konnte. Doch die Öffnung seines Mundes, glich einem Futtersilo, aus welchem Nahrung verteilt werden konnte, an Hühnchen & Hähnchen. Auch wollte er keinesfalls dass man ihn beobachte, denn es war ihm noch so ein wenig bewusst, dass er einige Gurgeln voll Porto über sein normales Konto, verinnerlicht hatte.

 

Der Alkohol in seinem Gehirn verfehlte keinesfalls seine Wirkung. Er produzierte eine noch nie da gewesene Halluzination. Plötzlich bemerkte Herr Grotz die bereits beschriebenen Konturen des Dämons. Dessen Zähne stachen wie aus einem offen stehenden Zigarrenkästchen hervor. Seine Nasenflügel glichen Karaffen, gefüllt mit edlen Saarwein. Seine Augen leuchteten wie die zwei Neonlampen, welche die Beamten vor dem Mittagessen nicht gelöscht hatten. Trotzdem war es um ihn herum eher düster, ja recht ungemütlich. Als er den Dämon in seinem vollem Ausmaß erkannte, begannen seine Muskeln zu zittern, auf seine Zähne musste er fest beißen, damit sie nicht klapperten. Speichel, ausgelöst durch diesen, ihm unbekannten Herrn Pawlow, begann ihm über die Lippen zu sickern, weil es bereits später war, als wenn er sich normal an den Esstisch setzte. Nur keine Brathähnchen, er wollte keine Projektion in seinem Gehirn, die es mit Brathähnchen trieb.

 

Anstatt den Dämon anzureden, „O Marîd, warum kommst du so spät aus dem Aschenbecher, du hältst mich vom Esstisch weg“  passierte es ihm, ebenfalls wie in einer Passage aus Tausend und eine Nacht,  bei welcher der Marîd, dem Fischer antwortete:“ Um dich noch in dieser Stunde eines grauenvollen Todes sterben zu lassen“. Vor all dieser Aufregung war er einem Schlaganfall gefährlich nahe.

 

Grotz wollte so schnell er konnte ins Esszimmer, doch von oben herunter roch es nach Fisch. Und das wirkte keinesfalls einladend auf ihn. Dieser wurde direkt, laut Reklame, aus dem See Genezareth gefangen und importiert. Manchem Leser wird diese Name nicht bekannt sein, so fühle ich mich erleichtert mein Wissen weiter geben zu können, dass der arabische Name des Sees, Bahr el Tabarije - See von Tiberias, ist und im Altertum, der See von Kinnereth war.

 

Das was der Dschinn ihm soeben ins Ohr geflüstert hatte, wollte er nicht länger auf sich ruhen lassen. „Himmelzapperlipoppett“, den Beiden werde ich eine Litanei lesen. Er rannte wieder zurück in den Kassenraum, riss beide Fenster auf, grüßte den Briefträger sehr mürrisch, der eben vorbei ging und sich wunderte, um diese Zeit, dem Chef der Bank noch zu begegnen, der sonst bereits am Esstisch zu finden war. Das war nämlich Jedem im Dorf bekannt.

 

Die Sonnenuhr an der Bankfassade hatte Pause, weil eine Wolke vor der Sonne stationierte. Keine Panik, man könnte fast behaupten, es wäre ein biologische, oder genauer noch automatische Uhr, weil sie das Fehlen der korrekten Zeitangabe, was durch den Schatten verursacht wird, ohne menschlichen Eingriff regenerieren kann.  Vor der Bank befanden sich auch noch keine Parkuhren. Also war das Parken auf unbegrenzte Zeit erlaubt und das nutzten die beiden Beamten P. und H. alltäglich, sogar weidlich aus. Deshalb waren sie auch immer etwas früher als notwendig bei der Bank, um diesen Platz zu erwischen. Hinein aber gingen sie erst beim Zeichen des Glockenschlages. Doch die Uhr der Heiliggeistkirche schlug diesmal zwölf. Diese Uhr konnte man Vertrauen schenken, da sie ja im Turm der Kirche von Jesuiten läutete. Die Beiden waren bereits auf dem Weg ins Restorante.

 

Die gebratenen Fische haben dem Herrn Grotz, überhaupt nicht geschmeckt, was nicht verwunderlich war. Während der kurzen Mittagspause bereitete er sich innerlich auf eine Tirade vor, welche er an die Adresse seiner Beamten richten wollte.

 

Kaum waren diese zurück im Büro, dachten sie, noch Muße zu haben, Pfeffersteakreste genüsslich aus den Zähnen zu stochern, doch das Grotzschen Gewitter, brach unbarmherzig schnell über sie herein. Da er nicht an irgendetwas herumkaute, wie an sonstigen Tagen, glaubten sie zu erkennen, dass ihr Chef an diesem Tag die Fische verschmäht hatte, worauf wir noch zurückkommen werden. Er stand plötzlich breitspurig in der Tür zu seinem Büro. Mit beiden Händen, in die Hüften gestemmt, begann er zu schreien: “So kann das nicht weiter gehen, so kann das nicht weiter gehen. Ab heute wird nicht mehr in diesem Büro geraucht. Ist das verstanden?“ Dann zerrte er einen Stuhl an ein Pult, riss ein DIN A4 Papier aus der Schublade und kritzelte hastig: „Verboten zu rauchen“.

 

„Das ist doch unglaublich. Ihr geht mir so richtig auf den Sack. Aus dem Büro sich noch vor 12 Uhr verdrücken, Licht brennen und das Fenster offen stehen lassen. Einsteigen, oder eine Brandbombe hereinwerfen, all diese gefährlichen Möglichkeiten bedenkt euer Mückengehirn nicht. Wenn ich nicht gewesen wäre, hätten die Zigarettenstummel möglicherweise einen Brand ausgelöst. Es ist allerhand, was alles so ein vorher per Handy bestelltes Pferdesteak auslösen kann, und das auch noch an einem fleischlosen Freitag. Schnell  hinaus ins Restorante, das könnt ihr. Nachdenken aber ist eure totale Schwäche und daran kann so ein Pferdesteak, nichts  verbessern.“

 

Er knallte die Bürotür hinter sich zu, stützte sich vorerst atemholend auf sein Pult und dann ging sein Griff nahezu automatisch, in das geheime Schubladenfach. Er benötigte kein Glas, sowas wäre verräterisch aufgefallen.

 

Die Beiden hockten wie belämmert auf ihren Stühlen. Der eine nahm ein Buch aus seiner Mallette, die französische Bezeichnung für den, in aller Welt bekannten, Beamtenkoffer, in welchem Viele ausschließlich ihr Mittagsbrot transportieren. Der andere ergriff einen Schreibblock, worauf er immer seine ‚Briefe an die Redaktion‘ vorbereitete. Wenn dann keine Gefahr im Anzug war, tippte er das bereits Geschriebene in seinen PC, wo Manches sich besser abändern lässt. Und das war seine Stärke. Seine Kanevasse würden sicherlich niemand mehr wieder erkennen, so steigerte er sich normalerweise beim Umschreiben des originalen Urtextes.

 

Ich füge hier die Kopie eines dieser Briefe bei, damit der Leser sich ein Bild macht, betreffend das geistige Niveau dieses Mannes.

 

 

 

 

 

 

 

Das Schwarze Loch der Banken

Seit meiner Studienzeit hat mich das Geld- und Bankenwesen stark beschäftigt. Ich habe mich immer wieder gefragt, wie es von der Gesellschaft geduldet werden kann, dass Kapitalisten Vabanque mit dem Geld ihrer minderbemittelten Mitmenschen spielen. Sie tun es nur um, hauptsächlich für sich persönlich, saftige Gewinne zu erzielen. Die Masse vertraut ihnen und spielt ihr Spielchen mit. Das geschieht am heftigsten an der Börse. Die Börsen sind, meines Erachtens, berauschende Spielplätze, weitaus schlimmer als Spielkasinos. In meinem Beruf hatte ich eine Zeit lang die Verwaltung einer bedeutenden Gemeinschaftskasse komplett in meinen Händen. Mir hatte man allerdings eingebläut, dass ich keinesfalls mit den mir anvertrauten Millionen spekulieren dürfe. Die damals üblichen, vom Staat garantierten Obligationen genügten mit einer Rendite, die zwischen 10% und 15% schwankte, um ausreichend Gewinne einzufahren.  So sollte eigentlich der Geldmarkt weltweit geregelt sein.

Dass die Mehrheit der Bevölkerung einem faszinierenden Spieltrieb unwiderlegbar unterworfen ist, beweisen Tombolas, Lotto, Toto, Lotterien, Kasinos, Monopolyspiele und manch andere mehr. Es geht darum, mit wenig Einsatz einen grossen Coup zu landen. Schlimmer läuft es ab beim Spekulieren an der Börse.

Woher stammt eigentlich der zu realisierende Gewinn?  Natürlich kann er nur von einem Verlierer kommen. Weil die Gewinne in der Regel nicht in grossen Mengen von einem einzelnen Mitmenschen abgezockt werden, geschieht dies in kleineren Beträgen von vielen Mitmenschen, die gemeinsam verlieren. Siehe Lotto, Toto usw. Die Einnahmen übertreffen bei weitem die Gewinnausschüttung. Diese tolerierten Angebote  befriedigen ein enormes Spielbedürfnis des Menschen. Es scheint nur eine Macke zu sein, die im Grunde genommen, aber doch höchst unanständig ist. Wenn man richtig hinschaut, dann merkt man, dass einer den andern kräftig übers Ohr haut. Kapitalismus oder die Marktwirtschaft, ist in vielen Sparten das grösste Gesellschaftsglücksspiel aller Zeiten.

Mit astronomischen Gehältern sollen engagierte Manager unter anderem für einen bestimmten Markt,  gewinnbringend Handel und Wandel betreiben. Ihnen wird das Gespür zum Erfolg nachgesagt. Das wäre alles noch verständlich, wenn es dummerweise sich nicht eingebürgert hätte nahezu ausschliesslich aus dem „Nichts“ Kapital schlagen zu wollen. Man kauft „Nichts“ ein und verkauft dasselbe „Nichts“ mit beachtlichem Gewinn, an einen anderen „Nichts Käufer“. Und genau das ist die Ursache des sich jetzt auftuenden Schwarzen Lochs der Banken. Wer bei einem solch dubiosen Geschäft einsteigt, kann niemals ein guter Manager sein, sondern anfällig für anrüchig kriminelle Machenschaften.

Weltweit haben diese Nichts Käufer, also die anscheinend cleveren Manager der Banken und Versicherungen sich wahnwitziger Weise gegenseitig, an vermeintlicher Geschäftsschläue übertroffen. Sie haben gemeinsam soviel „Nichts“ angehäuft, dass anstelle des erwarteten Gewinnes, sich ein riesiges Schwarze Loch aufgetan hat, in dessen Sog die Besitztümer der gesamten Menschheit in Mitleidenschaft gezogen werden. Man stellt allerdings mit etwas Schadenfreude fest, dass viele der Opfer gleichzeitig auch die Täter sind und das gilt ebenso in umgekehrter Denkweise. Wenn die Täter auch nicht alle zu den Opfern gezählt werden können, so würde es doch einer natürlichen Gerechtigkeit entsprechen, wenn diese zumindest auf den moralischen Hintergrund ihrer Taten überprüft würden.  Es wird vielleicht noch lange Zeit brauchen, bis man endgültig diesem ganz sicher anrüchig kriminellen Treiben, einen Riegel vorschieben wird.

Jetzt ist das eingetreten was ich bereits zu meiner Lehrzeit immer wieder vermutet habe. Heute verstehe ich das Global Player Modell. Die Zahl der Abzocker hat die Anzahl der Abzockbaren, selbstmörderisch überschritten. Der Bogen wurde überspannt. Das System begann sich selber aufzufressen und wird sich auch selbst zerstören. Damit ist eine der ansteckendsten unmoralischen Krankheiten der Gesellschaft, wie ein Krebsgeschwür eines sterbenden Patienten, ihrem eigenen Ende nahe.

Doch, genau wie bei den physikalischen Schwarzen Löchern im Weltall, wo jede Materie um ein zentrales Loch herum, verschlungen wird, aber nur solange bis es zur gigantischen Explosion kommt, wonach der ewig scheinende Kreislauf, wieder von vorne beginnen kann.

Die EU hat mustergültig ihre Daseinsberechtigung bewiesen, indem sie hohe Verantwortung übernehmen und beachtenswerte Unterstützung leisten konnte. Jetzt gilt es höllisch aufzupassen, dass wiederum dieselben Gesellschaftsgruppen nicht eine fällig werdende Inflation vorantreiben. Einverstanden, Inflation kann ein jetzt wirtschaftsbelebendes Instrument sein, doch muss auf der anderen Seite durch regelmässige Indexanpassungen, oder Steuerregulierungen die Wirtschaft so geleitet werden, dass alle Bürger vor einem drohenden Crash anderer Art geschützt bleiben.

Hier endet dieser aufschlussreiche Brief an die Redaktion. Er wurde publiziert über dem Namen: Schlaumeier.

Der Schreiber dieses Textes schaute nachdenklich über sein Pult hinweg und bemerkte zum ersten Mal, dass sein Gegenüber in einem Buch zu lesen begann.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Robbery

 

P.: „Kennst du den englischen Ausdruck Robbery

H.: „Könnte als zeitgemäße Bezeichnung stehen für moderne Raubritterei.

 

P.: „Ich hab mich vor Jahren, einmal damit auseinander gesetzt.

Fall 1.
Seit Jahren erleichtert mich der Staat monatlich um Steuern! Nicht nur ich weiss dass ich jeden Monat mehr zahle als notwendig. Das weiss auch die zuständige Verwaltung. Um diesen Missstand nachträglich beheben zu können, verlangt man von mir eine rechtzeitige (!) Steuererklärung. Seit Jahren erfolgt diese prompt bereits im März, wenn ich im Besitz aller notwendigen Unterlagen bin. Im Jahr 2000 dauerte es bis November, im Jahr 2001 ebenfalls solange und in diesem Jahr ist bis dato noch keine Rückzahlung erfolgt, wurde nicht einmal angekündigt. So gesehen arbeitet der Staat nahezu 2 Jahre mit meinem Geld, bevor er mir das zurückerstattet was mein ist, und mir quasi unrechtmäßig abverlangt wurde. Diesbezügliche Nachforschungen wurden jedes Mal abgewimmelt mit der stereotypen Antwort: „Ihre Steuerkarte ist noch immer nicht in unsern Händen. Sie müssen noch warten.“

In diesem Jahr wollte ich diesem scheinbar unausrottbaren bürokratischen Missstand zuvorkommen. Ich erreichte, dass mir besagte Steuerkarte bereits vorlag bei der Abgabe meiner Steuerklärung. Ich dachte ich könnte damit die amtlichen Unzulänglichkeiten ausräumen. Außerdem bat ich beiliegend schriftlich um eine schnellere Bearbeitung. Denkste! Im Juli lieferte man mir am Telefon den Beweis, dass meine Vermutung, mit einer stereotypen Ausrede abgespeist zu werden, mit der mir bereits bekannten Antwort: „Ihre Steuerkarte ist noch immer nicht eingetroffen.“!!! Auf meinen Hinweis hin, ich hätte bisher unverständlicherweise immer bis Ende des Jahres auf mein Geld warten müssen, erfolgte die schockierende Antwort: „Dann werden sie in diesem Jahr wohl auch bis Dezember auf die Rückzahlung warten müssen.“ Robbery - modernes Raubrittertum.

Fall 2.
Mein Vater berichtete. Als die größte Firma in Luxemburg mich frühzeitig in die Rente entließ, wurde nicht nur mir für geleistete Dienste ein „generöser“ Zuschuss zugesichert. Durch eine raffiniert ausgeklügelte und eingefädelte Klausel jedoch, fühlt besagte Firma sich seit langem nicht mehr verpflichtet diesen Zuschuss zu zahlen. Nun haben ehemalige Nutznießer endlich die Nase voll und den Mut gefasst um die Firma für dieses Tun vor Gericht zu zitieren. Am 19. November wurde dieser Fall vor Gericht in Esch und im Laufe des kommenden Jahres ebenfalls vor Gericht in Luxemburg behandelt. Unmut ist ein äußerst zahmer Ausdruck für das Gefühl was in einem hochkommt bei solch einem Kuhhandel. Robbery – modernes Raubrittertum!

Fall 3
Man erinnert sich, dass dieselbe Firma vor Jahren kurz vor dem finanziellen Bankrott stand. Ein eisiger Schrecken erfasste damals die Belegschaft und schnell hatte sich Solidarität gebildet, nicht nur bei der Belegschaft. Diese, sowie auch der Staat, nahmen eine enorme pekuniäre Belastung auf sich. Mit einer ungeheuren und länger andauernden Finanzspritze die sich aus diesem Solidaritätsakt ergab kam die Firma aus der morastigen Talsohle heraus. Längst verkündet sie wieder schwarze Zahlen und mausert sich an die Weltspitze. Aber dieser unehrbare Multi hat noch niemals daran gedacht die von ihren treuen Mitarbeitern finanzierten und einst so blutnotwendigen Geldspenden zurück zu zahlen. Undank ist eben der Welt Lohn. Ich kann dies hier nicht einfach, global der ganzen Firma ankreiden, das wäre zu simple. Ist es nicht angebracht die jeweilig inkriminierten Bosse nebst den damaligen Vertretern der Angestellten und Arbeiterschaft, einer höchst unanständigen Ehrlosigkeit zu bezichtigen, so als wären sie Raubritter oder deren Vasallen.“

 

Im Autorenlexikon? Ausgeschlossen!

 

H.: „ Es ist alles so kurios, dass wir hier als Bankbeamten uns etwas unfreundlich über unsere Geldgeber unterhalten. Doch die Macht des Kapitals ist so unanständig geworden, dass es besser ist sich in kreative Beschäftigungen zurück zu ziehen.

 

P.: „Du hast Recht. Apropos kreative Beschäftigung. Außer der Country - Musik, zu welcher Kunstrichtung empfindest du denn noch eine erwähnenswerte Neigung?“

 

H.: „ Ich wollte andere Landsleute kennen lernen, die sich mit Literatur befassen, doch habe ich in dem vor Kurzem gekauften „Autorenlexikon“ vergebens nach deinem Namen gesucht.“

 

P.: „So ist es mir ebenfalls ergangen. Doch das stört mich keinesfalls. Es geht mir bei meinen schriftstellerischen Arbeiten keinesfalls um das Bedürfnis, Geld zu verdienen oder berühmt zu werden. Schreiben ist mir eben ein Bedürfnis und wenn es mich packt, dann muss ich dem Treiben in meinem Kopf nachkommen und ein Ventil öffnen. Durch dieses Ventil fließen dann alle meine Gedanken elektronisch über meine Finger in mein PC. Je schneller die Gedanken sich bemerkbar machen, je schneller die poetische Ader pulsiert, müssen auch die Finger nachkommen. Doch bleibt es niemals bei der erst besten Version. Dann werde ich zum Diamantschleifer und beginne meine Sätze zu polieren.“

 

H.: „Ein schöner Vergleich. Ich vermute es geht allen Schriftstellern so. Alle Musiker, Maler und Bildhauern, generell gesehen, geht es allen Kunstschaffenden so. Sie werden von einem unbändigen inneren Drang getrieben, kreativ zu sein. Und jedem ergeht es wie dir. Irgendwann muss man es fertig bringen selber   mit der eigenen Leistung zufrieden zu sein.“

 

P.: „Und diese produktiven Geister erwecken in den Reihen einer Unmenge von  sterilen Beobachter, zumindest einen unbeschreiblichen Neid.“

 

H.: „Das ist mir auch bereits aufgefallen. Da schweben mir die Namen einiger bedeutender Frauen und Männer, die wegen ihres Talentes umgebracht wurden. Mir fallen einige Namen von Amerikanischen Präsidenten ein, wie Abraham Lincoln, James Garfield, Mac. Kinley, John F. Kennedy. Dann folgen weltweit und massenweise, Oppositionsführer wie Nemzof in Russland. Ich denke an den versuchten Mord am Papst Johannes Paul II. Sogar die eigene Leibwache hat die indische Ministerpräsidentin Indira Gandhi erschossen. Nicht so schlimm ist es wenn beim Doping manchmal unerkannte Urheber im Spiel sind, die über diesen Weg manchen unbeliebten Konkurrenten ausschalten wollen.“

 

P.: „Ich habe einen ähnlichen, sogar persönlichen Verdacht und kann dir aus Erfahrung mitteilen, dass die Gralshüter unserer Literatur mir, auf meine Nachfrage hin, warum man mich im Autorenlexikon ausgeklammert habe, eine sehr aufschlussreiche Mail geschickt haben.

 

Meine Stellungnahme soll keinesfalls den Eindruck erwecken, alles was in Mersch für die Literatur geschehe, sei diskutabel, also annehmbar.

 

Du musst dir einmal meine Korrespondenz zwischen mir und dem Centre de la Littérature zu Gemüte ziehen. Es hat nahezu einen Monat gedauert, bis ich eine Antwort erhielt, nachdem ich mein Anliegen dort 3-mal an verschiedenen Adressen vorgetragen habe. Mindestens 1 im Internet stehender Kontakt – Briefkasten wurde meines Wissens niemals gelehrt.

Die 2 anderen Briefkästen sorgten zwar für etwas Konfusion im Betrieb, waren aber dann diejenige die, durch meine email befruchtet, mir die gewünschte Rückäußerung vermitteln konnten.


Ich überlasse dir diese Texte ohne Zwischenkommentare.


 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

An das
Centre National de la Littérature

Mersch


Werte Damen und Herren,


Nachdem man mich bereits vorgewarnt hatte, musste ich selber mit dem in der Szene üblichen Misstrauen feststellen, dass ich in dem mir vorliegenden LUXEMBURGER AUTORENLEXIKON vergeblich nach dem Namen meines Vaters – Regenwetter Albert und nach meinem eigenen suchen werde. Ich bemühte mich sofort die Auswahlkriterien zu studieren und bin zur Überzeugung gekommen, dass die Unterlassung nicht an diesen Kriterien gelegen haben kann.

Ich gehe keinesfalls in die Details meiner Veröffentlichungen ein (man kann sie nachlesen in meiner Homepage, deren Adresse hier angegeben ist), doch möchte ich kurz darauf hinweisen, dass die Übersetzungen meiner Theaterstücke, im CNL deponiert worden sind, und dass ich mich wirklich alljährlich freuen kann, wie oft diese bereits auf unseren Bühnen gespielt worden sind. Jene Vereinigungen welche Theaterstücke suchen, haben bei Ihnen bereits nachgefragt und auch auf Wunsch Kopien von meinen Stücken erhalten.


Ich möchte außerdem kurz erwähnen, dass ich jahrelang in der Warte publizierte. (siehe deren Autoren-Anthologien Gedichte und Prosa), in der Zeitschrift „Jeune et Poésie“, mich an Literatur-Wettbewerben beteiligte – Hörspiel, Luxemburger Texte – siehe „Inke Dätsch“ – und zur guten Letzt wegen meinen umfangreichen Schriften mich veranlasst fühlte diese in einer Homepage zu publizieren. Diese wurde während einem Jahr (Oktober 2006 – Oktober 2007) mehr als 60.000-mal besucht. Ich bin mir vollständig bewusst dass diese vom Server gelieferten statistischen Zahlen, die ich anlässlich meiner nächsten Erweiterung publizieren werde, keinesfalls als qualitative Bewertung verstehen kann. Die Statistiken sagen mir trotzdem aber welche Schriften am meisten besucht worden sind und dabei kann ich mich doch mehr oder weniger an den Angaben orientieren.


Ich kann verstehen, dass die schriftstellerischen Arbeiten meines Vaters nicht einbezogen werden konnte, weil er sie nicht publizierte. Doch sollte man im Centre diese Leidenschaft meines Vaters unter die Lupe nehmen, um fest zu stellen, dass er ein volksnaher Poet war.


Sie erhalten sicherlich einen besseren Einblick in meine literarischen Beschäftigungen, wenn sie meine Homepage endlich doch einmal studieren, weil ich deren Online-Existenz ihrem Centre bereits mehrmals mitgeteilt habe.


Es ist mir sehr daran gelegen in Ihrer werten Antwort zu lesen, welche Kriterien hinzugezogen wurden um meine bisherigen Veröffentlichungen der Öffentlichkeit vorzuenthalten.


Mit freundlichen Grüßen

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Antwortschreiben

 

Sehr geehrter Herr P.

Ich möchte mich zu allererst bei Ihnen entschuldigen, weil wir, wegen eines Missverständnisses hier im Haus, Ihnen nicht geantwortet hatten. Anfragen von Außen werden von zwei Leuten bearbeitet, jeder von uns dachte, der andere hätte sich bei Ihnen gemeldet.

In Antwort auf Ihre Frage, wieso Sie nicht in das Luxemburger Autorenlexikon aufgenommen wurden, möchte ich Ihnen hier die Auswahlkriterien aus unserem Vorwort angeben, nach denen ein Autor in Frage kam oder nicht:


Auswahlkriterien


Die besondere Situation der Kulturentwicklung in Luxemburg, die eng mit der geschichtlichen Selbstvergewisserung des Großherzogtums und der kulturellen Praxis des deutsch-französisch-belgischen Ideen- und Intellektuellentransfers zusammenhängt, erfordert eine besondere Form der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit der Literatur. So fördert die Beschäftigung mit der Literatur in Luxemburg die Einsicht, dass die literarischen und ästhetischen Entwicklungen auch von solchen Autoren mitgeprägt wurden, die nicht notwendigerweise luxemburgische Staatsbürger waren, aber auf dem Gebiet des Großherzogtums publiziert und für eine bestimmte Zeit in Luxemburg gelebt haben. Damit werden beträchtliche Schwierigkeiten eines solchen Vorhabens, eine Literaturlandschaft in einem mehrsprachigen Land zu beschreiben, offenbar. Es geht keineswegs darum, ausländische Autoren für eine nationale, luxemburgische Literaturgeschichtsschreibung zu vereinnahmen, vielmehr geht es darum, das historische Verständnis der Literaturproduktion und die Entwicklung einer Literaturlandschaft in Luxemburg begreifbar zu machen. Wer daher, wie die Exilautoren in den 1930er Jahren oder wie die zahlreichen Europabeamten, die seit den 1970er Jahren in Luxemburg publizieren, die Literaturlandschaft hier mitgestaltet hat, gehört ebenso zum literarischen Feld wie ein im Großherzogtum geborener Autor. Mit derselben Begründung werden auch Luxemburger Autoren berücksichtigt, die ausgewandert sind und zum größten Teil im Ausland publiziert haben, oder - wie im 19. Jahrhundert unter Gelehrten nicht unüblich - im Laufe ihres Lebens aus privaten oder beruflichen Gründen eine andere Staatsbürgerschaft angenommen haben. Deren Werke finden nicht selten einen besonderen Nachhall in Luxemburg; auch fühlen sich zahlreiche dieser Autoren ihrem Heimatland zeit ihres Lebens verbunden.


Das Luxemburger Autorenlexikon ist keine Auswahl der Autoren nach Berücksichtigung des literarischen Ranges und übt in keinerlei Hinsicht eine seiner Gattung inhärente Kanonisierungsmacht aus. Es verzichtet möglichst auf literarische Wertungen und ist in erster Linie ein sachliches Informationshandbuch, das die mannigfaltigen literarischen Erscheinungsformen in Luxemburg aufarbeitet. Als Schriftsteller wurden die Autoren berücksichtigt, die im literarischen Leben eine aktive Rolle spielen und sich ihrem Selbstverständnis nach öffentlich als Autoren verstehen oder eine literarische Ausdrucksweise wählen. Nicht aufgenommen wurden in der Regel Publizisten, Autoren von Sachliteratur und Gelehrte, die ausschließlich wissenschaftliche Texte geschrieben haben, welche in Fachdisziplinen zu verorten sind. Dazu gehören Historiografie, Philosophie, Theologie, Naturwissenschaften, Medizin sowie Linguistik und Literaturwissenschaft. Auch sind die Autoren von Comics nicht berücksichtigt, da das lange Zeit angekündigte gattungsspezifische Grundlagenwerk Comics in, aus und über Luxemburg von Luke Haas im Mai 2007 erschienen ist.


ZUMINDEST EINE SELBSTÄNDIGE PUBLIKATION (= Buch) sollten die Autoren nachweisen können. Eine Ausnahme bilden die fahrenden Sänger, die bis ins 20. Jahrhundert die orale Literaturtradition weitergepflegt haben.

Theaterstücke, die nicht publiziert vorliegen, aber eine signifikante Wirkung entfalten konnten, wenn sie auf einer wichtigen Bühne des Landes (=Théâtre de la Ville, Kapuzinertheater, Escher Theater) gespielt wurden, werden explizit im Text erwähnt. Nicht berücksichtigt wurden jene Theaterautoren, die ihre Stücke nicht veröffentlicht und ihre Tätigkeit auf einen rein privaten, dörflichen oder bewusst selektiv regionalen Wirkungshorizont ausgerichtet haben. Zu den Autoren werden auch die Übersetzer gezählt. Übersetzungen werden dem zeitgenössischen Urheberrecht zufolge als eigenständige literarische Leistung anerkannt. Letztlich sind also jene Autorinnen und Autoren zurückbehalten worden, die unabhängig von der Staatsbürgerschaft in Luxemburg veröffentlicht oder auf das literarische Leben gewirkt haben, und mindestens eine selbstständige in Luxemburg veröffentlichte Monografie aufweisen oder aktiv am Literaturbetrieb in Luxemburg teilgenommen haben.


Ihre Theaterstücke werden regelmäßig gespielt, erschienen jedoch nur in Form von Fotokopien und nicht als Buch. Ihre anderen Texte und Gedichte erschienen in verschiedenen Zeitungen, Zeitschriften, in Vereinsbroschüren und im Internet, aber auch nicht in Buchform.


Da jedoch die Veröffentlichung wenigstens einer selbstständigen Publikation (also Buch) die Bedingung ist, um für das Autorenlexikon ausgewählt zu werden, ist es uns leider nicht möglich, Sie aufzunehmen.


Wir beobachten regelmäßig auf Ihrer Internetseite den Fortgang Ihres Schaffens und würden uns freuen, ein Buch von Ihnen zu entdecken und Sie somit aufnehmen zu können.


Mit freundlichen Grüßen

 




 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Zwischenbetrachtung

 

Ich weiss nicht welche Intelligenzbestie obiges Reglement verfasst hat, aber es entgeht mir nicht, dass es höchst wahrscheinlich ‚pro domo‘ geschah. Möglicherweise sogar um eine gewisse Schar von Nebenbuhlern im editierten „Autorenlexikon“ ausklammern zu können, nach dem Motto: Ich will keine fremde Götter neben mir haben. Da könnte ich Manchen ins Visier nehmen. Ebenfalls möglich könnte es sein, dass es dem Verfasser des Reglementes sehr daran gelegen war, wenn eine bestimmte Druckerei Geschäfte macht. Diese Selektion – Mentalität, nur als Literatur anzusehen, was zwischen zwei Buchdeckeln publiziert wird, spottet jeglicher Intelligenz. Hallo ihr Autoren der Hieroglyphen aus Ägypten, ihr Autoren interessanter Petroglyphen der Indianer, sowie ihr Autoren des Gilgamesch der Sumerer, ihr wurdet indirekt von den Gralshütern des Institutes für Literatur ausgeklammert. Das ist von einer bedauernswerten Borniertheit gezeichnet. Gewiss sie alle waren keine Buchautoren, haben nicht einmal das Deckeln gekannt, waren aber immerhin Autoren. Und dieses Lexikon trägt den gut lesbaren Titel „Autorenlexikon“ wobei es ausschließlich ein Lexikon von „Buchautoren“ ist.

So könnte man gar glauben, dass auch die kulturellen Seiten unserer Tageszeitungen, da sie ja auch nicht zwischen zwei harten Deckeln publiziert werden, seien, bei diesem Selektierer in Ungnade gefallen.

Bleibe noch eine weitere Schlussfolgerung zu ziehen. Den Auswahl Kriterien des Reglementes zufolge, wurden wahrscheinlich manch gedeckelte Produkte als Literatur definiert, unter die Fittiche des Instituts genommen, bei denen es weit eher angebracht gewesen wäre, den großen Knopf am Spülkasten zu betätigen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Meine Antwort.

 

Es stimmt! Ich habe, wie Sie mir verständlich machen, kein Buch in Luxemburg (!) publiziert. Nur ein deutsches Fachbuch über Gartenteiche ins Französische übersetzt, erschienen im Ulmer Verlag – Paris (Le Jardin Aquatique – Karl Wachter). Meine Jugendgedichte und Prosaschriften wurden in Buchform (!), in sogenannten Anthologien, aufgenommen. Wem zu Ehren sollte ich noch einen Separatdruck anfertigen lassen? Sie mogeln sich an diesem Fakt vorbei. Ich habe jedenfalls immer genügende Sonderdrucke erhalten, um meine allernächsten Freunde damit zu beschenken.

Für mich verschanzen sie sich überhaupt hinter eine recht eigenwillige und ebenso bedenkliche Schnittstelle, mich (und wahrscheinlich auch andere Kollegen) deswegen nicht unter die von Ihnen erfassten, einheimischen Autoren einzureihen. Ich werde Ihnen auch in Zukunft kein eigenes Buch vorlegen, denn der Erfolg des elektronischen Mediums, worauf meine Home Page publiziert wird, ist verblüffend, straft Unverständnis, ja ist zukunftsträchtiger als irgendein Buch! Schauen Sie sich doch einmal die offizielle Statistik an. Sie gibt mir Recht. Über 8ooo längere Besuche allein in den zurückliegenden 11 Monaten, bei mehr als 80.000 Hits. Das ist enorm. Trotz meines vorgerückten Alters fällt es mir schwer, Ihre althergebrachten Argumente zu verstehen. Sie anerkennen einen Literaten also nur dann als Autor, wenn er zwischen zwei harten Deckeln publiziert oder es getan hat.

Da ich ja jetzt Ihre merkwürdige Argumentation kenne, frage ich mich, ob es für mich überhaupt noch Sinn macht, das Centre de Littérature auf weitere Publikationen aufmerksam zu machen. Ich bin keinesfalls der Meinung, dass nur jeder der „ein Buch“ editiert hat, als Literat zu bezeichnen ist. Dabei liegt meine Betonung nicht auf Buch. Frau ( ), meine H. P. umfasst nahezu 2 Gigabyte. Das bedeutet vergleichsweise umfangreicher zu sein als die Bibel. Meine Homepage ist gespickt mit zumeist kommentierten, authentischen, ausschließlich eigenen Bildern! Nicht von fremder Hand illustriert. Meine H. P. ist zum Selbstläufer geworden. Den Schrittmacher besorge ich selber und ich verzichte auf kostenträchtige Publizität.

Bei der Titelwahl, ihrer sicher lobenswerten Arbeit, haben Sie sich für „ Autorenlexikon“ entschieden, was ich als gefährlich irreführend anprangere. Sie spuken sich dabei selber aufs Kinn, weil nur Buchautoren darin aufgenommen wurden, ergo müsste das Werk Ihren eigenen Vorgaben entsprechend den Titel „Buchautorenlexikon“ tragen! Finden Sie das nicht auch als peinlich und lächerlich? Ich verstehe, Sie hatten sicher einen (guten?) Grund für diesen Schritt. Über das „Warum“ wage ich nicht zu sinnieren. So führen Sie denn beabsichtigt oder nicht, die Käufer in die Irre. Ich jedenfalls hätte ein „Buchautorenlexikon“ nicht gekauft, höchstens ausgeliehen. Außerdem frage ich mich, ob sie wirklich überfordert gewesen wären, alle nicht zwischen Deckel beschränkte „Buchautoren“ mit in Ihre Arbeit ein zu beziehen. Es liegt mir fern, jetzt über eine Definition zu polemisieren.

Ich beginne in den nächsten Tagen, für ein anderes Archiv, meine mehr als 40.000 Diapositive digital aufzubereiten. Erstklassische, zweckgebundene und gezielt fotografierte Zeitdokumente. Nahezu alle wurden in Hunderten von mündlichen Vorträgen im In- und Ausland öffentlich von mir kommentiert. Das interessiert sie vielleicht doch nicht so sehr.

Zu den unveröffentlichten Schriften meines Vaters haben Sie leider keine Meinung geäußert, was mir zusätzlich zu bedenken gibt. Mein Vater konnte sich erst sehr spät im Leben eine Tageszeitung leisten. Wie hätte er vor 50 Jahren eine Veröffentlichung seiner Texte bezahlen können? Das können auch heute nur Leute, denen die Moneten dafür zur Verfügung stehen. Haben Sie sich unbewusst die Idee der Zweiklassengesellschaft angeeignet? Ich bin jedenfalls glücklich durch meine Initiative der Nachwelt, diese sehr poetischen Texte erhalten zu können, die, weil nicht gedruckt, und somit auch nicht zwischen Deckeln gebunden, wahrscheinlich nie von Ihrem Archiv als Autorenleistung bezeichnet werden. Von ihrem Center habe ich jedenfalls bisher keine Bestätigung erhalten, dass von der Poesie meines Vaters überhaupt Notiz genommen wurde.

Bücher haben in meinen Augen und in unserer schnelllebigen, fortschrittlichen Zeit einen steigenden, leider aber auch archaischen Wert. Man kann immer nur die Urtexte lesen, so wie sie einst verfasst wurden, um sie entweder in den Bücherschrank oder anderswie zu entsorgen. Dass bis dato mit einer Veröffentlichung über die Druckerei eine gewisse Streuung in der Gesellschaft erreicht werden konnte, ist mir vollkommen klar. Heute verteidige ich jedoch die Meinung, dass die digital verarbeitete Literatur dem Buch an Fortschritt, besonders an Flexibilität sowie an Reichweite unübertreffbar voraus ist. Solchermaßen veröffentlichte authentische, keinesfalls von geschäftstüchtigen „Korrektoren“ marktwürdig aufbereitete Texte, können einem ständigen Wandel (womöglich Verbesserungen) unterworfen bleiben, wozu das Buch nur durch eine an Unkosten gebundene Neuauflage imstande ist. Und das wiederum lohnt sich nicht.

Ich mache daneben nochmals auf die vielen eigenen Bilder aufmerksam, die einige meiner Veröffentlichungen begleiten. Da denke ich besonders an meine „Impressionen auf Teneriffa“, die durch die begleitenden Bilder an Qualität und Verständlichkeit überraschend und besonders eindrucksvoll gewonnen haben. Wahrscheinlich aus Kostengründen, erschienen diese Impressionen ohne meine Bilder in „nos cahiers“, was mich besonders ärgerte, aber immerhin zwischen 2 Deckeln.

Ich will hier noch daran erinnern, dass weltweit die Großen Bibliotheken bereits dazu übergegangen sind, ihren gesamten Buchbestand, nicht nur aus Gründen der Sicherheit, elektronisch zu archivieren. Lektüre soll allen bildungshungrigen Lesern zur Verfügung stehen. Gute Gründe zugleich, um lukrative Parasitengeschäfte aus zu klammern, direkt digital zu publizieren.

Bücher, nachdem sie durchgeblättert, gelesen oder studiert wurden, nehmen bald einen statischen, verstaubten Zustand an. Dem versuche ich durch ständige Präsenz meiner Texte, bei der Öffnung meiner H. P. entgegen zu wirken. Man schlägt bei meiner H. P. nicht nur ein Buch, oder sogar das gewünschte Kapitel auf. Man taucht bei jedem Besuch unweigerlich ein in das umfassende Schaffen eines Autors. Wem diese Art der Veröffentlichung, dem Buch gegenüber, nicht als zeitgemäß und fortschrittlich vorkommt, dem muss ich doch den verpassten Anschluss an moderne Medien anhängen.

Als Naturschützer habe ich mich in meiner Homepage des Weiteren ausgedrückt, einen Papier sparenden (ergo ökologischen) Weg zu begehen. Außerdem vermeide ich gerne unüberschaubare Geschäftspraktiken, wenn es die denn, einen finanziellen Gewinn vortäuschend, für einen einheimischen Autoren, überhaupt gibt.

Wenn Sie der Meinung sind, dass ein Buch heute noch über dem elektronisch erfassten Text steht, dann bekunden Sie, jedenfalls mir gegenüber, ein Zeichen von zäher Rückständigkeit, die unvereinbar ist mit Ihrem beruflichen Ethos und ihrem Berufsauftrag. Sie haben sich engstirnig leider selber eine ideelle Zwangsjacke verpasst. Ich wünsche Ihnen, sich nicht länger darin herumquälen zu müssen.

                                                                     ***

P.: „Ich habe bis heute noch keine Antwort auf mein obiges Schreiben erhalten, doch passt deren Stillschweigen bedauerlicher Weise, genau ins vorgegebene Konzept“.

H.: „Ich finde es auf jeden Fall allerhand, dass eine staatliche Institution vermutlich zu so einer hinterlistigen Manipulationen fähig ist. Damit komme ich keineswegs klar. Ein Sachbuchtitel muss ja, nach reiflicher Überlegung, gewissenhaft tituliert werden, und auch das enthalten, womit man im Titel wirbt. Dass angeblich unparteiische Leute, sich entschließen den irre führenden Buchtitel „Autorenlexikon“ zu wählen, wobei alle Autoren, die kein Buch ‚zwischen zwei Deckel‘ geschrieben haben auch keine Buchautoren seien und damit nur in einem „Buchautoren Lexikon“ aufgeführt werden dürfen. Das verstehe wer kann!

P.: „Mach dir keine Sorgen, das Irreführen gehört zu den menschlichen Schwächen. So befindet sich auch im alkoholfreien Bier, immerhin noch bis 4,94% Alkohol. Auch an dieser Irrführung stört sich wahrscheinlich niemand.

In einer Studie überschritten 14 von 70 getesteten Bieren und 3 von 21 getesteten Malzbieren die vorgeschriebene Marke von 0,5 % vol. Der höchste gemessene Wert lag bei 4,94 % vol. für Bier und 1,88 % vol. für Malztrunke.(Wikipedia)

 

Am nächsten Tag.

 

 


 

Das Erwachen im Turm

P.: „Oh, dies ist zum ersten Mal, dass ich dich in einem Buch lesen sehe. Welcher Titel hat denn deine Lektüre, zeig mal her?“

Der Gegenüber hob sein Buch empor, so dass der Titel sichtbar wurde. Man konnte nur „Der Wachtturm“ lesen.

P.: „Oh, lala, das ist ja eine recht merkwürdige Lektüre. Ich habe mich jahrelang schriftlich mit einem Zeugen herum gebalgt, um ihm die vielen Irrtümer, dieser Glaubenslehrer, aufzuzählen. Einer dieser Irrtümer wühlte mich innerlich auf. Als mein Kollege bei einer Treibjagd, einen gefährlichen Beinschuss erlitt, musste sein Bein amputierte werden. Er berichtete mir später, dass ihm sein religiöses Gewissen, eine höchst notwendige Bluttransfusion, nicht zuliess. Er wählte den Weg, auf Leben oder Tod, die kommenden Tage durchzumachen. Er überlebte. Ich habe lange über dieses Verhalten nachgedacht, besonders über die Beweggründe, der oberen Gesellschaft, die alle Fäden zieht, um ihre Gefolgsleute, in tiefen, ja nahezu blinden Gehorsam, einzubinden. Diesen Leuten konnte es schliesslich ganz gleich sein, ob da einer, aus purer Unterwerflichkeit, vor die Hunde ging oder nicht. So mein Fazit.

Ein bemerkenswertes Eigentor jedoch haben diese Leute, die eigentlich sich dabei selbst hypnotisierende Anführer geschossen, nämlich bei einer Mitteilung in all ihren gewagten Zeitberechnungen. Die Zahl von 8000 Jahren war, in diesen Kreisen, in aller Munde. Dann würde Harmagedon hereinbrechen und die 144000 Gläubigen sollten in den Himmel aufsteigen. Keinem der Anhänger ist es jemals eingefallen, dass, bei mehreren Millionen Anhängern, wegen Platzmangel, für etliche von ihnen, es keine Himmelfahrt geben würde. Doch gnadenlos wurde und wird noch, diesem Unfug Glauben geschenkt. Den auf der Erde Zurückbleibenden, versprach man das Paradies, in welchem sogar alle wilden Tiere ihre Fresslust zu bändigen wüssten. Der liebe Gott würde auch sie ernähren.

Wikipedia erläutert dies folgendermassen.

Bereits für Charles Taze Russell, den Gründer der Religionsgemeinschaft der Zeugen Jehovas, war „der Krieg von Harmagedon“ ein so wichtiges Thema, dass er den 1897 erschienenen vierten Band seiner Schriftstudien so benannte. Er meinte damals, dass dieser Krieg bereits im Gange sei und 1914 mit dem Anbruch des Friedensreiches enden werde. Für die Zeugen Jehovas steht die Lehre von der Schlacht von Harmagedon im Mittelpunkt ihrer Theologie:  Sie erwarten, dass in naher Zukunft Jehova durch seinen Sohn Jesus Christus (gleichgesetzt mit dem Erzengel Michael) zusammen mit dem Engelheer in der Schlacht von Harmagedon das Weltsystem Satans beseitigen und durch das verheißene tausendjährige Friedensreich ersetzen werde.

In Kalifornien wurde ein riesiger Palast errichtet und daneben ein Stadion, in welchem Hunderttausend Menschen Platz fanden. In allen Publikation der Zeugen, konnte man lesen, dass die Zeit gekommen war, zur welchen Abraham, mit Leib und Seele, zurückkommen würde. An genau vorher berechnetem Tag und Stunde, warteten die Anhänger dieser Glaubensgemeinschaft auf dieses Ereignis. Als die Stunde eines grandiosen Empfangs gekommen war, herrschte unglaubliche, wahrscheinlich aber auch ungläubliche Spannung im Stadion. Doch die Stunde der Wahrheit schlug ebenfalls, aber zu und das vorhergesagte Ereignis fand keinesfalls statt. Nun musste eine plausible Antwort, auf diese Blamage gefunden werden. Zerknirscht gab man alsdann über Mikrofon bekannt, dass den Mathematikern sicherlich ein Rechenfehler unterlaufen sei.

Mir persönlich war es unverständlich, warum die Urheber dieser Rechnung, die ja genau hätte wissen müssen, dass eine solche Voraussage hirnrissig sei, sich kein Bild machten, welche Blamage mit dieser Wahrsagung heraufbeschworen werden könnte, wenn sie nicht eintreffe. Man wollte ganz sicher nicht der Religionsgemeinschaft den Beweis erbringen, dass auch Religionsgemeinschaften sich kräftig irren können? Was aber geschah? Die schöne Villa, in welcher Abraham einziehen sollte, war für die Katz. Aber das war nicht das übelste aller Übel. In vielen öffentlichen Bibliotheken der Welt lagen Schriften, dieser Glaubensgemeinschaft, in welchen die Weissagung öffentlich dargestellt wird. Diese Erkenntnis, mit diesmal vorhersehbaren Folgen, beschäftigte die Gemeinschaft nicht all zu lange. Die Lösung dieses Missgeschicks bestand darin, die veröffentlichten Dokumente, worin diese Weissagung erwähnt wurde, aus dem Verkehr zu ziehen und durch Neudrucke zu ersetzen. Anscheinend ist dieses Bravourstück auch zustande gekommen und es haben sich Mitarbeiter eingefunden, die mit einwandfreien Drucksachen in die bekannte Bibliotheken gingen, um die dortigen Fehldrucke ungesehen, gegen die Neudrucke zu tauschen.“

Sein Gegenüber hatte aufmerksam zugehört, legte das Buch in die Schublade zurück und bemerkte nur kurz: „ Das Ganze ist nur eine Idee meiner Freundin, die mich da mit hinein gezogen hat. Jetzt werde ich sie darüber aufklären, muss doch sehr vorsichtig sein, da sie sich in dieser Gemeinschaft sehr wohl zu fühlen scheint.“

P. konnte seinem Gegenüber noch raten im Internet nach zu schauen unter Jehovas Zeugen – Hilfe zum Ausstieg, die in grossen Lettern schreibt: „Willkommen - Mit unseren Informationen wollen wir helfen zu verstehen, dass Zeugen Jehovas keine harmlose Religionsgemeinschaft sind, sondern eine destruktive Sekte, die Familien und Menschen zerstört.“

 

H.: Es muss im Vatikan schon hoch interessant hergegangen sein, als Galilei verkündetet: „Und sie bewegt sich doch“ (die Erde).

 

P. : Naja, ihm wird zugeschrieben die Bewegung der Erde gefunden zu haben. Er bestätigte aber nur die Erkenntnisse von Kopernikus, dass sich die Erde um die Sonne dreht. Kopernikus, der 100 Jahre vor ihm gelebt hat, hatte bereits dieselben Ansichten, traute sich aber noch nicht gegen den Vatikan anzukämpfen. Der große Vordenker aber war Nikolaus von Kues, der Bischof in Kues bei Bernkastel.

 

Der hat dem Papst seine Beobachtungen bereits im 15. Jahrhundert mitgeteilt, doch die Erde begann sich erst 200 Jahr später in den Köpfen des Klerus zu bewegen. Man weiss um die Unfehlbarkeit des Papstes, deutet aber selten darauf hin, dass dies nur in Sachen der Kirche zutreffen soll.

 

War die Astronomie im Zuständigkeitsbereich der damaligen Päpste? Diese waren jedenfalls keine Astronomen, sondern stammten meistens aus der (gebildeten?) Aristokratie, während der Jesuit Nikolaus von Kues ein Wissenschaftler ersten Ranges war, der auf mehreren Gebieten tiefe und dabei erdgebundene Kenntnisse besaß. Ich kann mir gut vorstellen, dass in jener Zeit, die Beobachtungen der drei nachfolgenden Wissenschaftler hohe Wellen im Vatikan schlugen. Aber gleichermaßen bin ich mir bewusst, dass diejenigen die diese Unwissenheit des Papstes anprangern, wahrscheinlich, heute 500 Jahre nach diesem Meilenstein der Erkenntnis, nach dem Motto leben, wer nichts weiss, muss glauben!

 

Entschuldige mich, wenn ich dieser Weisheit immer wieder enorme Brisanz zuschreibe. Ich werde nicht fertig mich zu widerholen: Wer nichts weiss muss alles glauben.

 

Nikolaus von Kues

Geboren 1401, Bernkastel-Kues, Deutschland

Gestorben: 11. August 1464, Todi, Italien

Er hatte mit folgenden Päpsten zu tun: Eugen IV 1431-1447; Nikolaus V. 1447-1455; Kalixt III; Pius II. 1458 – 1464. In diese Periode fällt auch der letzte Gegenpapst. Scheint eine recht stürmische Zeit gewesen zu sein.

Nikolaus Kopernikus

Geboren 19.2.1473, Thorn

Gestorben 24.5.1543, Frauenburg

Galileo Galilei

Geboren 1564, Pisa

Gestorben 8.1.1642, Arcestri, Italien

 

Mir schwebt die Wissenshilfe aus Wikipedia vor, die kurz und knapp die benötigte Informationen zu geben über:

 

Nikolaus von Kues ist der Meinung, das Universum könne nicht als begrenzt vorgestellt werden, da es keine auffindbaren Grenzen habe, doch folgt für ihn aus dieser Unbegrenztheit nicht eine Unendlichkeit in einem absoluten Sinn. Er stellt fest, die Erde sei nicht im Mittelpunkt der Welt, und es sei offenkundig, dass sie sich nicht in Ruhe befinde, wie der Augenschein vortäusche, sondern sich bewege. Sie sei ein „edler Stern“ und als solcher nicht von geringerem Rang als die Sterne am Himmel. Ihre Form sei nur annähernd die einer Kugel, und die Bahnen der Himmelskörper seien keine genauen Kreisbahnen. Außerdem trägt er die Hypothese einer Vielheit von Welten vor. Die Welten bestehen nicht zusammenhanglos nebeneinander, sondern sind in das System des einen Universums integriert, das sie alle umfasst. Mit diesen Ideen vollzieht Nikolaus einen radikalen Bruch mit dem geozentrischen Weltbild der damaligen Kosmologie, das von den Vorstellungen des Ptolemaios und des Aristoteles bestimmt war.

 

 

 

 

Si tacuisses philosophus mansisses. 

 

 H.:“ Durch Zufall wurde ich Zeuge der Diskussion im TV-Forum, vom letzten Sonntag. Da bemühte sich der Vertreter einer Glaubensgemeinschaft im Büsserkleid, das historische Mea Culpa der Kirche ausführlich zu erläutern, um den geladenen Gästen Rede und Antwort zu stehen. Die Unausgewogenheit der Besetzung in der Diskussionsrunde aber erinnerte mich an eine englische Fuchsjagd. Ein Fuchs, 50 Hunde und achtzig Jäger.

   

Die “Jäger” zeigten nicht den Deut einer Bereitschaft die Beteuerungen und Entschuldigungen des “Gejagten” für alle Vergehen der Vergangenheit, die im Namen seiner Glaubensgemeinschaft geschahen, entgegen zu nehmen. Ein laut denkender Philosoph und der Präsident der Gesellschaft “Pour la libre conscience” entpuppten sich keinesfalls als objektive Gesprächspartner. Sie entlarvten sich selber mit populistischen Hetztiraden, an die Adresse nicht nur des Vertreters einer anderen Gesinnung sondern, an die Adresse jeder anders denkenden Gemeinschaft.

  

Mit ausgeklügelten Manövern wurde die Drecksschleuder bedient, von den beiden Vertretern der angeblichen “libre conscience”, was ja soviel wie Toleranz auf der ganzen Linie, bedeutet. Mit unmanierlichen Zwischenrufen wurde gezielt geschossen. Eine Farce ersten Ranges. Alte Leichen wurden von ihnen ausgegraben und wer da geglaubt hatte, der Aufbruch in eine sich wandelnde Gesellschaft, ins neue Jahrtausend würde gekennzeichnet sein von Kompromissbereitschaft, von Toleranz und friedlichem Nebeneinander, der wurde eines Schlimmeren belehrt. Genau das was sie der Kirche, in Zukunft mehr Toleranz für Andersdenkende aus zu üben, nämlich Nichts zu tun, vorwarfen, exerzierten die beiden Antagonisten puren Populismus. Sie legten vor dem aufmerksamen, möglicherweise vorurteilsfreien Zuhörer, ihre Masken ab und verkündeten genau das Gegenteil dessen, was sie für sich selber in Anspruch nehmen und öffentlich als ihr ureigenes Bestreben vortäuschen.

 

Die Situation des Mannes im Büssergewand degradierte zum “Rufer in einer Wüste”. Immer mehr wurde mir die Parallele zu einem Drama in Erinnerung gerufen, das sich vor 2000 Jahren ereignet hat. Damals sassen sie, die Philister, spiessbürgerlich, engstirnig, kompromisslos, erbärmliche Vertreter einer nicht unbedeutenden Volksschicht. Da argumentierten, urteilten und verurteilten sie selbstgerecht, genau wie vor 2000 Jahren, die Pharisäer.

 

Bei diesem Forum kamen mir die Worte von Schiller in Erinnerung: “Es kann der Frömmste nicht in Frieden leben, wenn es dem bösen Nachbarn nicht gefällt!”

 

H. musste seine  Antwort unterbrechen, denn es tauchte Herr Grotz plötzlich wieder auf. Die Beiden zogen blitzartig ihre alltägliche Beschäftigung über das was nichts mit Bankarbeit zu tun hatte. Der Knadderer hatte noch einige Reissnägel, die letzten der Mohikaner, in eigenen Pult gefunden. Er erwischte das noch auf einem Pult liegende Papier, mit der Aufschrift „Rauchen verboten“, und wollte dieses an die Wand befestigen. Die bereits rostigen Reisszwecken verweigerten jedoch ihren Dienst, was Herrn Grotz veranlasste einen Bostitsch Nagler zu erwischen. Der Einsatz dieses Gerätes, nagelte das Verbotsschild fest an die Schiebetür eines Wandschrankes, in einer gut, von rundum sichtbare Position.

 

Der Kassierer griff zu seinen Spalttabletten um die Zunge zu beschäftigen, die Anstalten machte sich zu äussern. Der angehende aber bereits deroutierter Zeuge Jehovas, verlor sich im Nachdenken, über das was er soeben von seinem Kollegen erfahren hatte.

Es gibt bedeutende Theorien, die besagen, dass Helden sich keinesfalls als Herdentiere betrachten und so war er noch nicht mit sich selber im Klaren, ob er nicht doch zu einer religiösen Herde wechseln würde, da Helden doch auch dem sich anbahnenden Herdentrieb, genau dieses Heldentums verfallen.

Mann erlaube mir nachfolgenden Ausreisser.

Auf diesem Gebiet gibt es die Unfassbaren, die sich entgegen jeder Vernunft, der Hypotonie, dem Sauerstoffmangel im Himalaya aussetzen, rein nur um sich selber zu erkennen, sich selber zu bestätigen. Sie wollen sich aus der Masse hervorheben, dabei sind sie bereits in einer neuen Massenhysterie gelandet. Alle wollen der Menschheit zeigen, wie tollkühn sie sind. Es fällt ihnen kaum ein, dass nur einige Außergewöhnliche und Gleichgesinnte sich mit dieser eventuellen Leistung beschäftigen. Milliarden von Bewohnern dieses Planeten nehmen kaum Notiz, haben andere lebenswichtigere Probleme, die sie in sozialen Gemeinschaften zu lösen versuchen.

Dieses wahnsinnige Unterfangen ist ein Vabanquespiel. Russisches Roulette, ein äußerst gefährliches, eiskalte Glückspiel, auf Leben oder Tod. Sie erfahren dabei und das ganz bestimmt, nur die eine Seite der Medaille, die sie sich selbst anheften wollen. Die andere Seite, von der keine Erinnerung bleiben wird, bleibt oben im ewigen Eis, mit ihnen.

40 geeiste Kadaver, zeitgenössische Ötzis, liegen bereits als Wegweiser nach oben, besonders oberhalb vom Camp IV, doch die Markierungen schrecken keinesfalls ab. Niemand kümmert sich um sie, denn es gibt noch keine Möglichkeit sie gefahrlos zu entsorgen. In diese Höhe kann nur ein aussergewöhnlich tüchtiger Helikopter vordringen und daran haben nur wenige Interessen. Nur Fotos, auch von Ihnen, werden mit nach unten gebracht.

Sie markieren Manchem den eigenen und recht makabren Weg des Todes, den bisher mehr als 200, nicht bis zum Ende gestiegen sind. 150 ist die Zahl, der noch Verschwundenen. Man sagt ganz salopp, diese hatten entweder Pech oder, sie seien unvorbereitet losgestiegen. Die Zahl der nimmer Wiederzusehenden steigt ständig. Wenn man die mitgebrachten Bilder betrachtet, auf welchen diese Helden bereits in unvorstellbar langen Prozessionen, die aus völlig überfüllten Camps aufbrechen, wo bereits Tausende ihren Unrat hinterlassen haben, nur um diesen höchsten Gipfel aller Gebirge, den Mt. Everest, zu bezwingen, dann kann man wie ich, der mit beiden Füssen auf sicherem Boden stehen will, nur den Kopf schütteln. Reinhold Messner ist, trotz seiner Bergsteigerleistungen, seiner Polar- und Wüsten- Durchquerungen, für mich absolut kein Held, sondern bloß das lebende Beweisstück, dass der Mensch außergewöhnliche Leistungen vollbringen kann. Leider nur zu eigenen Zwecken. Das ist meines Erachtens nur absolut muskulöse Nymphomanie. Kurz Selbstbefriedigung.

Diese Herde von Anwärter auf das Lustgefühl, ein Held zu werden, wären in später Zukunft ebenfalls potentielle Raumfahrer, Versuchskarnickel, die als Erste, auf dem Weg zum Pluto, oder zu anderen Hunden sind.

Philosophie beiseite jetzt. Doch nein! H. stellt noch schnell eine Frage: „Wer ist eigentlich ein Philosoph? Kannst du mir das erklären?“

P.: „Ich will es versuchen.

Philosoph ist kein Beruf, man kann es sein, wenn man  Berufen ist. Es gibt keinen diplomierten Philosophen. Es gibt aber solche die Diplome erhalten, wenn sie Philosophie studiert haben. Sie schreiben manchmal selbst Thesen, doch gibt es in dieser Sparte keine Doktorate. Mancher Philosoph mag einen Doktortitel tragen, aber keinesfalls einen Doktortitel als Philosoph, sondern nur für jemanden der umfassenden Kenntnisse aufzuweisen hat, betreffend die Philosophen und deren Philosophie. Dieser Doktor in Sachen Philosophie, kann man nicht immer als Philosophen betrachten. Diese Doktoren werden selbst nicht immer gerne als Philosophen betrachtet.

 

Haarspalterei, ja, aber absolut notwendig, dies klar zu stellen.

 

Ergo kann sich jedermann, ungestraft, als Philosophen ausgeben, der laut zu denken pflegt. Dieses Denken braucht absolut nicht wissenschaftlich zu sein. Es muss schon der Ausdruck mitspielen, denn es ist kaum angebracht einen Stummen nicht als Philosophen zu betrachten, obschon dieser philosophieren kann, und zwar nur in Gedanken, sondern auch schriftlich. In diesem Fall aber ist selten eine Blamage im Gedankenspiel möglich. Dafür gibt es aber andere Bezeichnungen, wie Grübeln, Nachdenken, was eigentlich eine alltägliche Beschäftigung ist.

 

Ein Philosoph sein kann also jeder der denkt, doch da werden die Maschen etwas enger.

 

Daher der gebrauchte Spruch, wenn du geschwiegen hättest, wärest du ein Philosoph geblieben. Blamieren kann sich also nur jener, der seinen Mund auftut und sich äußert, was er aber, wie schon gesagt,  auch schriftlich besorgen kann.

 

Ein Philosoph ist, aus dem Griechischen übersetzt, ein „Freund der Weisheit“ oder sinngemäß, ein Denker. Er ist also ein Mensch, der danach strebt, Antworten auf grundlegende Fragen über die Welt und über das Verhältnis des Menschen zu seiner Umwelt zu finden. Zur Philosophie gehören die Fragen nach dem Sein, wie und auf welche Weise der Mensch die Welt erkennt, nach dem Sinn des Lebens oder danach, wie der Mensch moralisch gut handelt. Platon charakterisiert den Philosophen in seinem Symposion als jemanden, der die Wahrheit, das Schöne und das Gute liebt und begehrt.“

 

Doch nun aber zurück zum Geschehen in der Bank. Revenons à nos moutons, meint der Franzose.

 

Plötzlich durchpeitschte das Klingeln des Telefons die Bankluft. Der Blauäugige wollte den Hörer ergreifen, doch Herr Grotz war schneller. Er riss den Hörer an sein Ohr und nachdem er sich zusammengerafft hatte, meldete er sich recht gelassen: „Kreditbank Grotz“.

Die beiden Angestellten drückten sich ein Auge zu. Der eine rückte seine Schreibmaschine zurecht und begann darauf zu tippen, der andere ergriff die Rechenmaschine, auf welcher er so tat als würde er wichtige Kalkulationen anstellen. Es ratterte und knatterte jetzt im Büro, dass es dem Chef  nicht mehr gelang zu verstehen, was der Gegenüber am Telefon wollte. Er wechselte den Hörer ans andere Ohr, doch vergebens. Das was man ihm sagen wollte, blieb unverständlich. Der althergebrachten Dramaturgie entsprechend, kam dann auch noch das Hämmern von gleich zwei Presslufthämmern dazu, die neben der Bank in die Tiefe wollten.  Endlich hatte man den Weg gefunden, nach dem Leck in der Gasleitung zu suchen, von der die Passanten immer wieder sprachen.

Alle Geräusche zusammen, hämmerten jetzt auf die Nerven des Chefs ein und er fühlte sich als ob jemand Löcher in seine Magenwand bohre. Einer der Beiden war schnell aufgestanden und hatte das Fenster wieder geschlossen, wobei das herein dringende Hämmern bis zur Hälfte erstickte, doch verstand Herr Grotz immer noch nichts.

Jetzt begann der Knadderer Schwächen zu zeigen. Frau Grotz betätigte die Hausklingel, das Zeichen, dass der Blauäugige die Zeitungen nach oben bringen soll. Dieser rückte seine Krawatte zurecht, erwischte schnell die bevorzugten Blätter der Hausherrin, nahm jeweils zwei Stufen beieinander um schneller nach oben zu kommen. Er blieb auch etwas länger weg als gewöhnlich. Als er herunter kam, war seine Krawatte kunstgerecht geknotet.

Um den Geräuschpegel noch, einigen dramaturgischen Regeln entsprechend, zu verstärken, donnerte ein Düsenflugzeug in die Schallmauer. Nur dem Schreiber ging es nicht in den Kopf, wie dies eigentlich zu verstehen war, weil das Flugzeug immer noch nach Durchbruch der Schallmauer, unbeschädigt weiter fliegen konnte.

Was er wohl niemals erfahren wird, ist die Tatsache, dass der Pilot ein Verbot der Stadtverwaltung überschritten hatte, denn es war verboten, solche Mätzchen über dem Gebiet anzustellen. Ohne ein empfindliches Strafgeld wird er nicht davon kommen. Das wird wohl ein teurer Kick gewesen sein.

Als die Beamten dann auch noch aufhörten, auf Schreib- sowie Rechenmaschine zu klimpern, war es plötzlich wieder ungewohnt geräuschlos in der Bank. Sogar die Person am Telefon hatte aufgelegt, weil sie ebenfalls, die Geräusche in ihrem Ohr, nicht ertragen konnte.

Der Knadderer war wirklich ein eigensinniger Mensch. Er hatte etwas gegen die modernen Füllhalter und Bic, besser bekannt als Kugelschreiben. Er hatte etwas gegen all dieses moderne Zeug. Dabei  wusste er ja auch nicht, dass Galileo Galilei ganz seriös, und dies sofort nach seiner Geburt im Jahre 1564, bereits an der Erfindung des ersten Kugelschreibers herum bastelte. Es ist demzufolge, auf keinen Fall, so modernes Zeug, wie er dachte. Deshalb konnte man auch noch auf seinem Schreibtisch museale Schreibutensilien bestaunen.

 

 

 

 

Kontrolle

Per Telefon hatten sich die Kassenkontrolleure, für Ende der Woche, angekündigt. Spätestens jetzt war es an der Zeit zu beichten. P. wusste zwar nicht so recht wie er es seinem Chef beibringen sollte, doch es musste gesagt werden: „Lieber Herr Grotz, als ich heute Morgen noch einmal geprüft habe, was ich gestern Abend sowieso schon mehrere Mal gemacht hatte, bin ich mir bewusst geworden, dass einer der neuen Tausender fehlt. Ich wollte im Laufe des Tages noch einmal nachzählen, aber ich habe die Hoffnung bereits aufgegeben.“

Tausender: Ich habe diese Entwicklung von meinem Versteck aus, zwar nicht beobachten können, doch all die Geräusche und Gespräche verrieten mir, dass mein geheimes Verschwinden jetzt eine herrliche Episode in der Bank herauf beschwören würde. Ich lag noch immer im Kassenbuch des Kassierers. Die liebe Schöne, mit ihrem geschwärzten Haar, hielt ein Nickerchen. Vasco da Gama suchte vergebens den Ölsardinenschmiss, grossherzig an die mit Ziffern bedeckte Seite des Kassenheftes abzugeben.

Herr Grotz erwischte die Geldkassette, ohne ein Wort zu sprechen. Am Schalter waltete das Sommerloch. Der Magenpförtner vom Bankchef begann sich irgendwie zu manifestieren. Ich hörte noch wie man  von Kongolesischen Aktien sprach, denen der Dampf auszugehen schien, denn Herr Grotz rief dem Beamten zu, dass er diese schnellstens abstossen müsse.

 „ Ihr Wert schrumpft wie Schneebälle auf heissem Eisen.“ So meinte er. Dann verschwand er in seinem Büro.

Und dieses heisse Eisen, war für die vorherrschende Bankluft viel zu heiss. Diese Aktien hatten plötzlich aufgehört bespekulierbar zu sein, und das Kapital, das der Chef  in sie hinein gepumpt hatte, schien jetzt schnell den Bach hinunter zu gehen. Das bereitete natürlich Ärger.

P. du H. sahen sich einander an und wussten, dass dies ein Vorzeichen für einen ungemütlichen Nachmittag waren. P. wollte bereits eine Zigarette anzünden. Doch sein Mut versagte. Dann verschwand er hinter der Tür zur Toilette und kam nach eine Zigarettenlänge zurück. H. seinerseits konnte nicht schnell genug dieselben Schritte gehen. Er aber kam erste nach zwei Zigarettenlängen zurück. Damit soll aber keinesfalls gemeint sein, er hätte gleich zwei Zigaretten geraucht, denn womit er die Zeit aufgefüllt hat, das konnte ich ja nicht wissen.

Quälende Ruhe machte sich breit. Die Zeit schlich gewaltig langsam. Draussen, am Himmel zeigten sich Gewitterwolken, wie das wiederum den dramaturgischen Regeln entsprechend geschieht, wenn sich etwas Dramatisches anbahnt. Die Sonne verabschiedete sich und hinterliess nur Schatten. Die Sonnenuhr an der Bankwand, wusste nicht was sie mit all diesem Schatten anfangen soll. Der Busschaffner verringerte zuerst seine Fahrt als er sich der Bank näherte. Doch dann gab er richtig Gas und rauschte am Fenster der Bank vorbei. Sein brennender Blick zerschellte so knapp am Wandkalender, jedoch ohne ihn zu verbrennen.

Im Büro von Herrn Grotz schien sich etwa anzudeuten. Links notierte er noch einmal die spärlichen Einnahmen und rechts addierte er die noch spärlicheren Ausgaben. Rechts von Links abgezählt musste den Einnahmeüberschuss ergeben, den man in der Geldkassette widerfinden sollte.

Herr Grotz machte Häufchen. Er drehte alle Scheine zurecht und begann auch diese zu zählen, verglich, zählte wieder, revidierte nochmals. Die Gewitterwolken verdichteten sich. Man hörte bereits das Grollens eine Donners, der in Form eines umfallenden Stuhles zu verbuchen war. Er knallte den Bleistift aufs Pult, so fest aufs Pult, dass dieser sich nahezu entleibte, doch nur noch im gebrochenen Zustand zu sehen war. Immer nur wenn er ans Ende beim Zählen kam, merkte Herr Grotz, dass bei den Tausendern, die notwendige Stückzahl, nicht erreicht wurde. Dem berüchtigten Sprichwort entsprechend, näherte sich der Hase dem verhängnisvollen Pfeffertopf und fiel prompt hinein.

Den am Boden liegenden Stuhl räumte er mit einem Bein aus dem Weg und stürmte zu, auf die Zwischentür, die ihn von den Beamten trennte.

„Herr P. Sie haben Recht. Wenn sie sich nicht verzählt habe, und ich mich dreimal nicht verzählt habe, dann ist er weg, ein Tausender.“

P.:“ Ich habe versucht zu prüfen, ob nicht zwei dieser neuen Scheine aneinanderklebten, aber vergebens.“ Mehr konnte er nicht sagen, denn schon begann das Gewitter sich zu entladen.

Grotz: „Sie haben nichts gefunden, ich habe nichts entdeckt und sie haben auch keinen neuen Tausender am Schalter ausgehändigt, sonst wäre dies ja im Kassenbuch vermerkt. Da ist ja eine schöne Schweinerei. Apropos Schweinerei. Wie sieht das neue Geld überhaupt schon aus. Immer nur mit ungewaschenen Pfoten daran herum fingern. Wie die Kinder. Zuerst ins Maul und dann ran. Es ist zum verrückt werden. Warum haben sie keinen Schwamm benutzt? Schauen sie sich dieses Paket an. Nicht ein einziger Schein blieb von ihrer Spucke verschont.“

P.: „Aber Herr Grotz, ich habe doch mit dem Überstulp aus Gummi versucht, das alles zu verhindern. Das sind keine Schmieren auf dem Geld. Herr Grotz, das sind aufgedruckte Farbzeichen, welche gut gegen Fälschungen sein sollen, das sollten sie doch längst gemerkt haben, Herr Grotz.“

Grotz aber hatte ihm dabei im vollen Eifer, das Paket mit den Neuen unter die Nase reiben wollen, doch war sein Würgegriff nicht akkurat genug, denn die Scheine entglitten seiner Hand und flatterten wie Weisslinge über grünem Kohl, durch den Kassenraum.  Diese komische Bild löste irgendwo und unsichtbar, Gekicher aus. Zuerst bei den Bankbeamten, dessen Freudenausbruch aber wieder sofort verstummte. Es war aber nur Schadensfreude. Was Herr Grotz aber komischerweise nicht reizen konnte, war das Gekicher des Vasco da Gamas, und meiner Schönen, die strategisch in Deckung blieben. Dabei hielt da Gama seine Begleiterin, wie ein altertümlicher Höflichkeitsritter, im Kampfschatten seines Rückens. Einige Damen liessen sich zwar verführerisch sanft auf den Teppich nieder, andere waren, als der Bankherr fluchend über sie herfiel, in eine den Psychiatern wohl bekannte Ohnmacht gefallen. Herr Grotz hatte wieder die Charakterzüge des Knadderers angenommen, doch die beiden Beamten sprangen sofort hilfsbereit, von ihren Stühlen auf.

In dieser Aufregung hatten die Beiden bereits eine Zigarette im Griff, die sie jedoch, in Anbetracht der verzweifelten Lage, unbedingt zurücklegen mussten.

Drei Männer, auf dem Boden, waren sie sofort und zugleich zu sehen. Sie lasen Geldscheine auf, wie Fallobst. Alle drei setzten sich gemeinsam an die Pulte und begannen sämtliche Blätter zu sortieren. Vorderseite und Hinterseite in der gleichen Richtung gewendet, sehr peinlich, denn das was oben am Schein war, durfte jetzt keinesfalls nach unten schauen. Das bestimmten die Regeln der Bank. Zu allem Übel wollten, nach einem nahebei niedergehenden Blitz, und dem darauf folgenden Krachen des Donners, die Neonlichter ebenfalls Nerven zeigen. Drei Banknotenpäckchen lagen schnell bereit und Herr Grotz nahm sich, höchst persönlich, einer erneuten Überprüfung an. Vergeblich war sein Zählen, auch wenn er von da an begann, wo es immer wieder haperte, am Ende. Man darf sich fragen, wieso das Schicksal diesen Unfug immer nur ans Ende einer Zählung verlegt hat.

Mein Vasco da Gama wollte mir einen Rippenstoss versetzen, konnte aber nicht, weil es die Enge, in der wir uns befanden, keinen Spielraum zuliess. Dazu meinte er prahlerisch. In Indien habe er immer die gleiche Taktik angewendet. Zuerst verschwinden, aus dem Hinterhalt heraus versuchen die gegnerischen Kräfte genau einzuschätzen, um dann blitzschnell kleinere Scheinangriffe zu wagen, die den Gegner aufsplittern. Erst dann erfolgte ein definitiver Angriff.

Strotz stürzte wieder sehr aufgeregt in den Kassenraum. „Der Schein muss da sein, aber wo. Ihr Beiden, jetzt heisst es suchen. Suchen bis wir ihn gefunden haben, sonst müssen sie mir einem Abzug beim monatlichen Gehalt rechnen.“

Er schloss das Fenster, damit niemand ihn von draussen brüllen hörte. P. und H. suchten, wo sie nur suchen konnten. In der beiden Aktenmappen befand sich keine Spur. Das Telefonbuch, gab nichts, auch nicht nach dem ärgsten Schüttelfrost frei. Die gleiche Folter überstanden gleichermassen ohne Erfolg, ein Gesetzesbuch, die Kursbücher, zwei Zeitungen die noch nicht durchgeblättert waren. Selbst die Beamtenkoffer der Beiden, gestanden keinen Diebstahl ein. Letzten Endes ergriff Herr Grotz noch einmal das Kassenbuch.

P. & H. pflügten ihre Pulte durch. Sie krochen sogar von beiden Seiten darunter und trotz der beängstigenden Lage, brachen sie in ein kurzes Lachen aus, als sie mit den Köpfen zusammen stiessen. Die Suche nach mir, ging von unter dem Schrank bis auf den Schrank, während  die Uhr der Sankt Petri Kirche mit elf Schlägen verkündete, dass es bald Mittag sei.  Dagegen schlug die Uhr der Heiliggeistuhr nur ein einziges Mal um wieder zu verstummen. Das lässt aber keinesfalls vermuten dass die beiden Kirchen nicht mehr dieselbe Sprache sprechen. Die Ursache für diesen Geläut Unterschied, konnten die wenigsten Leute, die sich bei diesem Wetter noch in der Strasse aufhielten, genau erkennen, weil sie ihren Blick auf das Ziffernblatt der Kirchenuhr richten konnten. Beim dunklen Fleck, der zwischen Zeiger und Zifferblatt eingeklemmt war, handelte es sich beim näheren Hinsehen, um eine Taube, die vom Sturm erwischt wurde und so ins Abseits geraten war. Sie gab kein Lebenszeichen mehr. Das Symbol des Friedens und des Heiligen Geistes, hatte seinen irdischen Geist aufgegeben.

Meine Existenz war zwar in ihren Köpfen gesichert, das war bereits ein Marketing Erfolg. Die Suche nach mir hatte in drei lebendigen Männern eine Unmenge an Adrenalin ausgelöst, der den Zwiespalt in jedem der Drei stark vergrösserte. Mein Rachefeldzug hatte also einen nie vorher geahnten Erfolg. Und der dauerte noch an. Es machte mir ungeheuren Spass Schicksal zu spielen.

P. begann an einer möglichen Kündigungsfrist zu rechnen. Es ärgerte ihn dass dieser Grotz noch immer das Kassenbuch in Händen hielt, während er herumkommandierte, wo eventuelle Fundstellen sein könnten. Er zweifelte immer mehr an seiner eigenen Fähigkeiten, als man hörte wie Frau Grotz die Treppen herunter stieg und mitteilte, dass immer noch nicht der Rest der Zeitungen oben angekommen sei, und es bald Mittag läuten würde. Dann nahm der Kassierer sich den Mut.

P.: “Herr Grotz, Frau Grotz, in Anbetracht des hier Vorgefallenen, fühle ich mich verpflichtet meine Unschuld zu beweisen, denn ich weiss dass sie mich verdächtigen das Geld gestohlen zu haben. Hiermit kündige ich. Sie können nicht anders, sie müssen mich des Diebstahls verdächtigen.“

Frau Grotz musste daraufhin einen hervor wollenden Seufzer unterdrücken.

P. fuhr fort: „Ich werde noch heute Nachmittag einen Tausender herbeibringen, damit die Kasse stimmt. Ich werde meine Frau darüber benachrichtigen, dass sie mit dem Geld vorbei kommt. Ich kann, als Verdächtiger nicht mehr in ihren Diensten verbleiben, weil meine Arbeit hier, mich anwidert. Ich bin zwar hundertprozentig überzeugt, dass sich der Tausender noch in der Bank befindet, aber weil sie mich nicht nachsehen lassen, wo ich zu sein ihn vermute, bleibt mir nichts anderes übrig. Ich verfasse mein Kündigungsschreiben, und berichte zur gleichen Zeit ausführlich, von dem Vorfall von heute, der mich zu meinem Schritt der Kündigung bewegt. Ich hoffe dadurch wenigstens an hoher Stelle mich rechtfertigen zu können. Sehr geehrte Frau Grotz, ich muss sie enttäuschen, wenn ich ihrem Mann jetzt noch all die Dinge vorwerfen möchte, die mir bis zum Halse stehen. Ich nehme an, dass wenigstens Sie Verständnis für meine missliche Lage aufbringen.

Tausender: Weil nun auch noch seine Frau Zeugin wurde, von Etwas, wovon sie keine Ahnung hatte, platzte dem Herrn Direktor der Kragen.

Grotz. „ Was, sie wollen mit ihrer Kündigung, der Direktion erzählen, ich hätte das Geld gestohlen und ich würde sie dagegen beschuldigen. Das ist ja die Höhe. Da überschreitet ja alles an Gemeinheit. Kündigen sie ruhig. Raus, sofort raus, sie Unverschämter, sie elender Nichtsnutz, sie simple Person. Verklagen sie mich bei der Direktion, in aller Öffentlichkeit. Ich kann nicht aussprechen, was ich denke. Sie wissen schon was. Man kann mich niemals verantwortlich machen, für das verschwundene Geld, denn ich habe es niemals in der Hand gehabt. Nur einmal, als es noch verschnürt angeliefert wurde. Sie sind ein hundsgemeiner Kerl, mir sowas anhängen zu wollen.“

P.: „Mein lieber Mann, machen sie mal langsam. Sie insinuieren dass ich ihnen einen Diebstahl ankreide, doch sie wissen, dass es genau das ist was sie soeben an mir verurteilt haben. Hier zeigt sich wer es ehrlich meint. Es hat noch niemand von Diebstahl gesprochen. Sie haben aber ihrem Benehmen nach Andeutungen gemacht, dass man glauben könnte ich hätte das Geld veruntreut. Wenn hier einer hundsgemein ist, dann sind ganz bestimmt Sie das.“

Grotz war am Ende seines Auffassungsvermögens. Er konnte nicht mehr. Vor Wut  wurde er blaurot im Gesicht, er riss den Brieföffner von P.s Pult und wollte damit auf P. losgehen, doch Frau Grotz stellte sich dazwischen.

Genau an dieser Stelle des Höhepunkts, eines sich anbahnenden Dramas, tritt ein Polizist in Uniform an den Schalter. Er grüsste freundlich mit der Hand an seiner Mütze und meint: „Wie ich sehe, habe ich mich keinesfalls geirrt. Es ist mir aufgefallen, dass nach zwölf Uhr, ihre Bank noch immer geöffnet ist und als ich die Tür etwas aufdrückte, hörte ich den Radau und das Stimmengewirr hier drinnen. Zuerst wollte ich Verstärkung herbeirufen, doch da hatte ich schon genug verstanden, dass es hier um eine interne Auseinandersetzung geht. Herr Grotz, sie hätten mich nahezu mit dem Brieföffner erstochen. Guten Tag, Frau Grotz. Ich nehme nicht an, dass ihr Mann hier einen Amoklauf anrichten wollte.“

Grotz blickte noch in blinder Wut um sich und merkte, dass er mit Anlauf und dem Brieföffner, in der ausgestreckten Hand, glücklicherweise an seiner Frau vorbei, dem leeren Schalter zustrebte, in dessen Öffnung er dann den Polizisten erblickte. Schalter und Polizist erlaubten ihm eine echt wirkungsvolle Vollbremsung zu erzielen. So kam es denn urplötzlich, zum so bezeichneten Waffenstillstand.

P. &. H. hatten sich inzwischen verängstigt und schnellstens in eine Ecke des Raumes zurückgezogen. Frau Grotz hatte sich umgewendet um zu sehen, wo ihr Gemahl, bewaffnet mit dem Brieföffner, in den Ruhezustand kommen würde.

Der listige Grotz aber reagierte ungemein, nahezu blitzschnell und halb ausser Atem noch, grüsste er den Polizisten gespielt freundlich, senkte dann erst seine Waffe und stotterte. „Verstehen Sie bitte nicht falsch, Herr Schlotter. Ich habe meinen Leuten soeben vorgespielt, wie ich einmal, allein und nur mit einem Brieföffner bewaffnet, auf einen Bankräuber losgegangen bin und ihn in die Flucht geschlagen habe.“

Schlotter: “Na das war zum Aperitif eine recht naturgetreue Filmszene. Ich muss leider weiter zum Dienst. Ich möchte nicht länger stören. Macht es gut! Wünsche ihnen auch eine gute Mittagsmahlzeit.“

Frau Grotz zerrte an ihrem noch Adrenalin gesättigten Mann und zog ihn nahezu, die Treppe empor, bis an den liebevoll gedeckten Esstisch. Die beiden Bankbeamten verriegelten, was üblich zu verriegeln war, und liefen hinüber ins Restorante, wo ihr Steak nahezu verbrannte.

Die in der Bank und auch im Restaurant geführten Gespräche erspare ich dem Leser, da dieser selber genau ahnen, möglicherweise sogar aus Erfahrung wissen kann, was es nach solch einem Ereignis zu  diskutieren gibt.

Inzwischen haben sich alle männlichen Akteure wieder in der Bank eingefunden. Sie waren sichtlich gleichermassen dekantiert, genau wie die zwei verschiedenen Flaschen Rotwein, der noch vor Kurzem auf der Beiden Restauranttisch gestanden hatten und sich jetzt ebenfalls in der Bank aufhielten. Sie haben sicherlich beigetragen zur allgemeinen accalmie, was soviel bedeutet wie Gefechtspause oder Beruhigung des Gemütszustandes. Erstaunlich eigentlich wieviel deutsche Worte es braucht um ein einziges französische Wort zu erklären. Die beiden Beamten betrachteten eher weniger nüchtern als vorher, die abgekühlte Situation. Dem Herrn Grotz wollen wir ein kurzes Mittagsschläfchen gönnen, dann wird er recht bald ebenfalls wieder geniessbar sein.

Herr Grotz kam etwas später herunter und setzte sich sofort an sein Pult. Das Kassenheft lag noch da wo er es verlassen hatte. Geduldig begann er mit der Suche indem er zuerst den Deckel aufschlug. Dann prüfte er jedes Blatt einzeln und plötzlich erschrak er, genau so wie auch ich, denn dieses Versteck hatte es mir erlaubt das ganze Geschehen im Büro unentdeckt, aber hautnah, mitzuerleben. Er riss mich, den Tausender, siegesbewusst sowie auch glücksüberströmend von meinen flachen Sockel, hielt mich in seiner steifen Hand ausgestreckt, sprang  auf und steuerte siegesbewusst und beschleunigten Schrittes, hin zum Schalterraum, um dort seine entspannende Entdeckung zu verkünden.

Er hatte aber nur einen Bruchteil Zeit, um mit herzhaft lauten Erfolgsschrei, zu rufen: “Eureka!“

Hinweis:

Beurteilen Sie bitte die Turbulenzen, die jetzt auftauchen, nicht falsch. Chronologisch gesehen erfolgt die Fortsetzung unter folgender Überschrift: Es geht um die Leberwurst. Ich entschuldige mich den Gepflogenheiten eines Menschen entsprechend: „Es ist mir leider an dieser Stelle etwas dazwischen eingefallen.“

 

 

Variationen auf das Thema.

Paganini, Corelli, Haydn, Chopin, Schumann, Strauss, Brahms sowie Carl Maria von Weber, und eine Unmenge von vielen Anderen, haben Variationen auf gewisse Themen geschrieben oder komponiert. Warum sollte es nicht auch mir gelingen, über dieses Ereignis eine Variation nieder zu schreiben, die folgendermassen zu lesen sei.

Vor Gericht hätten die Geschworen vielleicht folgende Version gehört.

…doch seine Frau stellte sich zwischen ihren Gemahl und ihren bisher noch nicht als solchen erwähnten Protegé, den Herrn P.

Ich  habe beim Kulissenwechsel, absichtlich die Szene welche sich in der ersten Version am Vormittag begann, in dieser Variation, sofort auf Mittag und den Nachmittag verlegt.

Es geschah also um die Mittagszeit.

Da klopfte ein Polizist ans Fenster. Grotz hatte mit seinem Stilett in fester Hand, Fahrt aufgenommen, kam noch so knapp an seiner Frau vorbei und stürzte sich in Richtung P. und H. die im Begriff standen das Büro zu verlassen. P. konnte sich noch im letzten Augenblick, dem von einem Brieföffner geschneiderten Schlitz im Bauch entziehen, so dass der Knadderer, seiner ballistischen Fluglinie entsprechend an der Tür, zum Bank Inneren, zur Besinnung kam. Diese öffnete sich plötzlich und der Polizei Kommissar Schlotter stand in voller Garnitur, vor einer ausgestreckten Waffe.

Schlotter: „ Herr Grotz, was geht hier vor? Ich dachte die Bank wäre alltäglich um 12 Uhr geschlossen.“

Der Knadderer fand in dieser Version keine sofortige Ausrede. Er verhielt sich gezwungener Massen ohne Muck und Zuck. 

Das genügte dem Polizisten offensichtlich nicht, weil er die hitzige Atmosphäre, sofort mit kriminalistischen Augen betrachtete, doch er trat vorsichtshalber einen Schritt zurück, um dann hinter sich die Tür zu schliessen. Er überprüfte ob der Riemen mitsamt seinem Revolver, noch auf ihrem Posten und zum Einsatz bereit waren. Dann wandte er sich direkt an Frau Grotz.

„Madame Grotz, können Sie mir vielleicht eine Erklärung geben, ich nehme an dass ihr Mann Amok laufen wollte.“

Frau Grotz kicherte ganz diplomatisch:“ Mein Mann ist etwas überarbeitet. Das kommt öfters vor, wissen Sie Herr Kommissar, die vielen Touristen und der Geldwechsel, die Devisen, ja die Devisen, die wollen nicht so richtig. Und die Akazien, Herr Kommissar.“

Grotz berichtigte seine Frau etwas barsch: „Aktien sind das, Aktien.“ Doch seine Frau blieb unbelehrbar und fuhr weiter:“ Mein Mann wollte soeben den beiden Herren die Tür öffnen, weil diese gerade hier Schluss gemacht haben und an den Mittagstisch wollten.“

Der Knadderer machte Anstalten etwas einzuwenden, doch hielt er die angewandte Diplomatie seiner Frau, diesmal ausnahmsweise für gescheiter. Er trat neben den Polizisten und öffnete die Tür und entliess die Beiden mit seinem bekannten Lächeln, aus Karton.

„Männer, lasst euch die Pizza gut schmecken. Bis nachher“, so rief er ihnen noch nach. Doch diese hörten ihren Chef bereits nicht mehr, so schnell waren sie dem Kampfplatz entronnen.

Während Frau Grotz den Kommissar überredete mit hinauf zu gehen, da stehe bereits ein Hugo für ihn bereit, das ist ein Cocktail aus Prosecco mit Holunderblüten-Sirup, den sie für den Aperitif vor dem Mittagessen bereits kalt gestellt hatte, während ihr Mann, wie es ihr schien, noch im Büro beschäftigt war. Schlotter leerte sein Glas in einem Schluck und verschwand sofort wieder, denn er war ja im Dienst.

Hannes verschloss den Panzerschrank, sowie das Fenster, an welches der Polizist geklopft hatte. Es war ihm als ob es bereits 6 Uhr am Abend sei, doch als er die eisernen Rollladen am Fenster herunter lassen wollte, fiel es ihm auf, dass die Sonne ihren sichtbaren Endstand noch nicht erreicht hatte. Sein Griff ging noch einmal an den Panzerschrank, sein Blick erneut über die Pulte, er liess seinen Hut hängen und legte den Brieföffner, den er noch immer fest in der Hand hielt, an dessen gewohnte Stelle zurück.

Ich muss in dieser Variante jedoch erklärend hinzufügen, dass ich noch immer in meinem Versteck hocke, zufrieden, ausgeruht und ohne Gewissensbisse. Ich wollte meiner schönen Begleiterin ein Auge zudrücken, aber das wäre umsonst gewesen, weil es ja stockfinster zwischen den Blättern des Kassenbuches war.

Das war bis daher ein aufgeregter Tag, besonders für die Bank gewesen. Ich drückte mich noch einmal an meine Freundin und war entschlossen, nach dem Mittagsschläfchen, das was noch kommen konnte, mit ausgeruhten Nerven, über mich ergehen zu lassen.

Ich weiss nicht ob die Uhren bei nur einem Schlag, halb eins, ein Uhr oder halb 2 verkündeten. Ich bin aus meinen Träumen erwacht, weil ich einen Schlüsselbund in Aktion hörte, von der Zwischentür her, die das Büro des Chef von dem der Beamten trennte.

Ich wurde erst richtig wach, als ich fühlte wie jemand mein Zuhause unter seinen Arm klemmte. Ich ward noch verwirrter als ich fühlte dass Herr Grotz mich mit nach oben nahm, und sah dass er im Pyjama herum spazierte. Es konnte doch noch nicht Nacht sein, aber dann wurde mir bewusst, dass Herr Grotz sein Mittagsschläfchen immer im Bett macht, wozu er seine Tageskleider ablegt, damit diese nicht zu sehr zerknittert aussehen, wenn er wieder im Dienst ist. Das Kassenheft war seine letzte Hoffnung, das er jetzt noch einmal gründlich durchforsten wollte. Er lies sich neben der Papageienvoliere in ein Sofa fallen und begann in dem wertvollsten Stück, das aber offen in der Bank liegen durfte, zu blättern. Der Papagei schaute ihm dabei abwechselnd mit dem rechten, dann mit dem linken Auge zu und wunderte sich über die Kleidung seines Gebieters, sowie um dessen Arbeitseifer. Beim Rascheln der umgeschlagenen Blätter, wurde er in seinen Träumen gehindert, in denen er öfters einer Mammagei

den Hof machte.

 

Der Zigarrendampf, den der Polizist hinterlassen hatte, erinnerte ihn an die nahezu alltäglichen Ereignisse. Es machte dem Papagei jetzt Spass den Hannes zu erschrecken, indem er ungewöhnlich laut schrie: „Charly, küss mich.“ Das musste er in seiner Jugend gelernt haben, denn der Polizist hiess keinesfalls Charly.

 

Hannes erschrak über diese plötzlich gebrochene Stille, die allerdings keine Scherben hergab, sodass ihm das Kassenbuch aus den Händen glitt, wobei ich mich ohne meine Einwilligung frühzeitig zu erkennen geben musste. Ich habe es nicht geschafft mich noch zur rechten Zeit fest zu klammern, wobei der da Gama auf meinem Rücken die Situation voll genoss, weil er jetzt erst das Licht in der Stube von Grotz sehen konnte. Als Hannes mich sah, wie ich zwischen den Blättern heraussegelte und zu Boden glitt, da wurde er leichenblass.

 

Ich bemerkte nicht nur seine blassen Wangen, sondern auch, dass Hannes einen blitzblank polierte Globus obenauf trug. Genau so einen hatte ich in der Druckerei gesehen. Sein künstlicher Skalp lag auf dem Tisch neben der TV.

 

Frau Grotz, hatte das Zusammenspiel der Geräusche nicht richtig deuten können, von denen sie aus ihrem Mittagsschläfchen erwacht war, erschien aber gerade noch zurecht, um festzustellen, wie ihr Mann drohte in Ohnmacht zu fallen.

 

Er sass da, mit weit aufgerissenen Augen und heruntergefallener unteren Mundhälfte. Frau Grotz hatte mich ebenfalls sofort bemerkt. Sie hielt mich bereits in den Händen bevor Hannes sich erst bücken wollte, denn irgendwie traute er dem nicht, was er sah, als ob es eine Fata Morgana wäre.  Frau Grotz schob einen Stuhl neben das Sofa, wo Hannes noch immer nahezu erstarrt drein blickte.

 

Ich wäre beinahe bei diesem Ereignis ebenfalls um einige Sinne ärmer geworden, da Frau Grotz als sie sich hinsetzte mich an ihren lauwarmen Körper gepresst hatte, und dies genau und zwar sehr herzhaft, zwischen den beiden Busenhälften. Der Duft ihres scheinbar länger anhaftenden Nachtschweisses jedoch holte mich schnell zurück, aus meinen Träumen.

 

Hannes dagegen verharrte noch immer in einer Position, als ob er gelähmt sei und sah dabei aus wie eine antiquarische Statue, doch etwas zusammengesackt. Er erweckte den Anschein als ob er ohne ein Zeremoniell abzukratzen gedenke.

 

Sie wollte ihrem Mann den Tausender vor die Nase halten, doch sah sie es für wichtiger an, ins Badezimmer zu rennen. Sie kam zurück mit einer Literflasche Kölnisch Wasser und einem Lappen, den sie übergoss und ihrem Mann auf die Stirne drückte und über die Glatze bis in den Nacken strich. Das Zerebralsystem ihres Mannes schien daraufhin wieder etwas an Leben zu entwickeln.

 

Der Papagei hatte vielleicht auch bemerkt dass Hannes an einem Abgrund angekommen war und so wollte er ihn zurückrufen: „Charly, küss mich!“ Dann kam es aus ihm heraus wie bei einer Schallplatte, die nur noch eine Rille kannte: „Küss mich, küss mich, küss mich.“ Hannes muss seinen Papagei wie aus weiter Ferne gehört haben, denn er schlug die Augen auf und gab zu verstehen. „Ich kann nicht, ich kann nicht, ich bin am Ende.“

 

Seine Frau half ihm auf die Beine und begleitete ihn als Stütze bis zum Bett, wo er ihr den Tausender aus der Hand nahm, noch einmal betrachtete, um ihn, Gedanken verloren, auf den Nachttisch zu legen. 

 

Herr Grotz, der nur zum Grötzchen geschrumpft war, zitterte an Arm und Bein. Ihm wurde heiss, es flimmerte ihm vor den Augen. Er runzelte und glättete abwechselnd die, bis in den Nacken reichende Stirn, wie einen faltbaren Globus, der die Pyrenäen möglicherweise noch mit zusätzlichen Tal und Höhen erweitern wollte. Hannes schnaubte noch kurze Zeit wie eine unter Volldampf stehende Lokomotive, bis er in einen erlösenden Schlaf versank. Er wachte erst auf, als die beiden Beamten vom Essen zurück in die Bank kamen. Diese Geräusche waren ihm bekannt und er wusste, was er jetzt unbedingt zu tun hatte.

 

Instinktiv kroch er aus den Linnen, paddelte unbeholfen noch, mit beiden Händen nach einem Halt suchend, ins Badezimmer. Das Wasserbecken und die kalten Duschen, die er seinem Gesicht verpasste, brachten ihn in den Wachzustand. Dann schüttelte er sich wie ein Hund, der Feuchtigkeit aus seinem Fell vertreibt. Es schien so, als würde er ebenfalls all seine Innereien in die richtige anatomische Position rücken. Einen Diamanten aus Pfeifenrauch verfrachtete er mit einem starken Röcheln in die ovale Schale vor ihm. Dann erst traute er sich in den Spiegel zu schauen und erschrak vor seinem Ebenbild, das ihn wie verdroschen anstarrte.

 

Frau Grotz hatte sich ebenfalls aufs Kanapee niedergelassen. Sie stand bei den Geräuschen schnell auf, obwohl es ihr noch gemütlich und kuschlig warm unter der Decke vorkam. Sie schaute etwas länger zu, wie auf dem Tisch neben ihr, die leere Cognacflasche, mit der Literflasche Kölnisch Wasser flirtete, sah dann auf die Armbanduhr, ohne festzustellen wieviel Uhr es sei und lies sich noch einmal zurückfallen.

 

Doch die Kuckucksuhr auf dem Kaminsims rief in der Kuckuckssprache, dass es drei Uhr war und dass der Bäcker, am Ende seiner Tour ihr recht bald, wie immer die unverkauften Brötchen heraufbringen würde.

 

Diese Kuckucksuhr war des Papageien Erzfeind. Wenn der Kuckuck, wie ein Muezzin aus einem Chalet rief, dann geriet er in Panik und manchmal antwortete er: „ Niet kuck gut, Niet kuck gut“, um dann wie gewohnt, so laut er konnte zu schreien: „Charly, küss mich.“ Man konnte nur ahnen woher er dieses länger gezogene Niieeettt habe. Doch will ich dem Leser verraten, dass der Bäckergeselle, der bald auftauchen wird, ein russischer Hilfsarbeiter war.

 

Es klingelte an der privaten Haustür und Herr Grotz hatte das Tagesprogramm wieder im Griff. Er betätigte den automatischen Türöffner, und gleich erschien der Bäckergeselle, mit einigen Hörnchen und sogar einem mit Pudding gefüllten Streuselkuchen. Doch vergass Herr Grotz das Trinkgeld, das dieser Bote immer von seiner Frau erhielt. Dieser blieb deshalb einen kurzen Augenblick in der Tür stehen und seine Blicke schweiften umher, um möglicherweise die holde Spenderin zu erblicken. Frau Grotz sprach immer nur vom Bäckergesellen, ohne seinen Namen zu nennen. Er hiess nämlich Jascha.  Frau Grotz machte sich immer lustig über ihn, indem sie zu ihm sagte: “Ja, Scha“, was die Anfangssilbe war von Charly.

 

Hannes ergriff mich wieder und betrachtete mich erneut von Vorne und von Hinten. Sein Blick blieb nicht an der schönen Frau, und noch gar nicht an dem Portugiesen hängen. Ihn interessierte jetzt nur die Nummer des Scheines. Was jetzt passieren konnte, war noch gar nicht sicher, denn es gingen ihm etliche Szenarien durch den Kopf. Dass er sich kräftig blamiert hatte, das war ihm bewusst, doch er versuchte der Wucht dieser Blamage, die Schärfe zu nehmen, indem er vielleicht dem Kassierer insinuiere, der hätte wahrscheinlich heimlich den Schein ins Kassenbuch geschleust. Es war ihm bewusst dass dies abwegige Gedanken waren. Noch einmal sah er sich die auffallende Nummer auf meinen  beiden Seiten an. Die würde er sein Leben lang nicht mehr vergessen, denn es waren sechs Nullen mit einer einzigen Eins. 0000001. Seine Hand begann zu schwitzen, denn es drängte ihn jetzt, nach unten zu gehen. Er nahm sich jedoch noch ein wenig Auszeit.

 

Seine Frau erwischte die Tüte mit den Hörnchen. Der Papagei erneuerte sein alttägliches Makeup. Die Gewitterwolken waren draussen verschwunden. Sein Blick wanderte durch das Fenster bis zum noch nassen Knie, der verzinkten Dachrinne, der bereits in einer prallen Sonne glänzte. Der Verkehr in der Strasse ging sein gewohntes Hin und Her. Die Schwalben sammelten sich noch nicht. Vielleicht kümmerten sie sich nicht mehr um Maria Geburt, es war schon den 10. September. Sie wollten möglicherweise noch gar nicht furt.

 

Grotz dachte noch immer über seine Rechtfertigung nach. Doch seine Frau zauberte ihn ganz diplomatisch aus der Verlegenheit. Nach einigen unverbindlichen Worten, betreffend die Sonne und den Bäcker, sowie dem Geschrei des Papagei, kam sie auf den Polizeikommissar Schlotter zu sprechen, dass es auch nicht gut wäre, jetzt den Kassierer zu entlassen, denn das wäre ein sicheres Zeichen, dass sich keine gestellte Szene am Schalter abgespielt habe, sondern ein realer Krimi.

 

Indem sie ihm dies mit viel Zartgefühl beizubringen versuchte, legte sie ihren Arm um seinen Hals, wo er immer seinen Torticolli entwickelte. Bei diesem Gedanken erinnerte sie sich an den Witz, den der Russe ihr erzählt hat. Wenn seine Schwester mit Lumbago im Bett lag, erklärte er den Nachbarn, sie läge mit einem Italiener im Bett.  „Bitte, du darfst dich jetzt nicht selber beschuldigen, indem du den Mann entlässt. Du weisst, dass das unehrlich und gemein wäre. Und alle Welt würde erfahren, was in der Bank vorgefallen ist. Du hast jetzt die Möglichkeit dies zu verheimlichen, indem du bei der Version bleibst, dass du nur eine bildliche Vorstellung abgezogen hast. Du darfst den Mann nicht entlassen. Das würde dich belasten!“

 

Doch es fiel ihm schwer. Er wusste dass ihm nichts anderes übrig blieb, den Geldschein als wiedergefunden zu erklären. Er wusste aber auch, dass es damit zu einem Eingeständnis seiner Sturheit führen würde und genau diese Satisfaktion wollte er den beiden Beamten nicht geben. Er suchte nach dem richtigen Dreh. Aber seine geistigen Talente schienen ihn verlassen zu haben. Als die Kuckucksuhr frech und doch feierlich verkündete, das der Moment sich näherte, zu welcher Zeit er stets am Nachmittag im Büro erschien, wusste er dass die Stunde geschlagen hatte. Sein Blutdruck erhöhte sich leicht, er ergriff mich mit beiden Händen, legte mich wieder ins Kassenbuch, mit dem er den Kreuzweg, nämlich die Treppen hinunter in die Bank zu steigen, ansetzte. Er vermutete, dass seine eigene Hinrichtung höchst wahrscheinlich sei.

 

Frau Grotz stand bei der Treppe, konnte sich den beschwerlichen Gang ihres Mannes vorstellen, klopfte ihm einige Male auf die Schulter, verpasste ihm einen Kuss und flüsterte ihm ins Ohr:“ Mach’s gut, mach’s gut Hannes.“

 

Mein Nachmittag hatte mit dieser merkwürdigen Ouvertüre begonnen. Ich muss gestehen, dass ich durch meine Ungeschicktheit, in dieser Bank beinahe ein tödliches Drama heraufbeschworen hatte. Allein der Gedanken, wie nun der Rest dieser Soap Oper sich abspielen würde, begann mich  zu beschäftigen.

 

„Meine Herren“, so begann er sein Plädoyer. „Schauen sich diesen Corpus delicti an. Eher soll man ihn als Corpus delinquente betrachten.“ Dann veränderte er seine Stimme, und sein eigener Befreiungsschlag, gelang ihm unerwartet schnell. Es klang fast wie Gesang: “Ich habe ihn entdeckt, er war im Kassenbuch versteckt.“ Dabei hielt er mich mit viel Fingerspitzengefühl, das muss ich ihm lassen, mit beiden Händen genau so vor sich, wie Unterwäscheverkäuferinnen einen Busenhalter oder Höschen präsentieren. „Ich habe ihn keinesfalls zufällig gefunden. Ich war, nach dieser eingehenden aber erfolglosen Sucherei hier im Büro, felsenfest überzeugt, dass er sich irgendwo verdrückt hatte. Es wundert mich wirklich lieber P. dass gerade sie als Kassierer, etwas fahrlässig das Kassenbuch dabei durchblättert haben.

 

Ich will hier aber niemanden anklagen. Es ist mir bewusst, dass wir heute Morgen bei der Suche schwer belastet waren, was diesen Mangel an Perfektion erklären kann.“

 

Und dann brachte er es fertig sich einen gewaltigen Ruck zu geben.

 

„Herr P. entschuldigen sie mein Verhalten von heute Morgen. Ich weis, ich bin ausgerastet, aber auch sie wissen, dass dieses Missgeschick uns gerade vor der Kassenrevision geschah, was über die Revisoren bis sogar in der Generaldirektion bekannt geworden wäre. Hinzu kommt noch die Episode mit dem Schaffner“.

 

An dieser Stelle finden beide Variationen, wieder langsam zusammen.

 

„ Auch Frau Mayer hatte mich vernichtet. Diese Nervensäge ist mit Schuld an meiner sturen Haltung. Das alles muss Ihnen einleuchten, wie es auf mich gewirkt hat. Meine Unzugänglichkeit hat mich selber überrascht. Auf jeden Fall bin ich jetzt sehr froh, dass wir diesen verfluchten Ausbüchser wiedergefunden haben.“

 

Es fiel ihm auch auf, dass er sich dabei nicht einmal selber prahlte, mich gefunden zu haben.

 

„Bitte nehmen Sie Ihren Vorsatz, zu kündigen, zurück.“ Man konnte nicht hören, dass er die Anrede Sie gross geschrieben hätte, wenn er seine Bitte niedergeschrieben hätte. „Ich wollte Sie ja auch nicht hinausschmeissen. Wir sind doch ein recht gut zusammen arbeitendes Team. Ich werde auch alles tun um bei der Direktion zu erreichen, dass Sie beide in eine höhere Gehaltsklasse eingestuft werden.“

 

Im Grunde genommen hätte dieses Plädoyer den P. überzeugen können, doch es rumorte noch ein wenig in ihm, als er wagte sich zu äussern: „Sie hätten aber mich nicht gleich einer Veruntreuung zu verdächtigen brauchen.“

 

Da glimmte schon wieder ein Funke am Zunder des schnell explosionsbereiten Chefs. Doch er besann sich eines Besseren und fasste sich den Mut um näher an P. heran zu treten. Er streckte ihm die versöhnende Hand entgegen, der diese nicht mehr zurückweisen konnte und wollte, weil er die Problematik eines Gekündigten kennt. Das wär gewesen als ob man sich selber aufhängen würde.

 

P. : „Geschehen ist geschehen. Wir werden sicherlich diesen Zwischenfall nicht mehr vergessen.“

 

Herr Grotz ging auch auf H. zu und drückte auch ihm, mit beiden Händen, seine rechte Flosse.

 

Grotz: „Auch Ihnen, lieber Mann, bringe ich meine inständigsten Entschuldigungen gerne entgegen. Legen auch Sie diese Angelegenheit als schlimme Erinnerung beiseite, aber ich bitte Sie darum, lasst niemand wissen, was Ihr da wisst. Wir würden uns gemeinsam zum Gespött machen.“

 

H:“ Chef, ich war zwar nur bei der Suche nach dem Schein, mit im Spiel, doch habe ich mit euch beiden gelitten. Es ist nun einmal so, wenn es irgendwo nicht richtig läuft, dann bricht recht akatholische Bitterkeit aus und einer bewirft den anderen mit Schimpfwörtern, die jedem, aber leider erst nachher leidtun. Ich werde auf jeden Fall das Geschehene, zwar keinesfalls vergessen, denn es war uns allen drei eine gute Lehre, dass es zur Versöhnung kommt, doch habe ich einen Vorschlag zu machen.“

 

Grotz und P. hatten aufmerksam zugehört und klopften ihm spontan Beifall, doch man spürte dass sie erpicht waren zu hören, was der Jüngste im Bunde, vorzuschlagen habe.

 

H.:“ Nun, da es bereits eine Episode der Vergangenheit ist, an welche man sich immer wieder erinnern sollte, schlage ich vor, wir fertigen von diesem teuflischen Schein, ein Fotokopie an, rahmen es ein und hängen es an die Wand, zur immerwährenden und höllischen Erinnerung.“

 

Nur in dieser Variation auf eine Erzählung, kommt es abwechselnder Weise zum vorgeschlagenen Einfall. Er wurde in die Tat umgesetzt. Einige Tage später konnte man eine Kopie von mir, mit meiner schönen Dame auf jener Seite, die man erblicken konnte, an der Wand der Kassenraumes hängen sehen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Der Test

Diese zweideutige Frage, hätte darauf hingedeutet, dass der Kassierer auch hätte in Betracht ziehen können, sein Chef möchte ihn auf die Probe stellen, denn er erinnerte sich sofort an die Geschichte eines Geschäftsmannes, der seine neue Kassiererin ebenfalls, auf die gleiche Probe stellte, indem er eines Tages unbemerkt einen Geldschein aus der Kasse genommen hatte, um zu sehen wie die Kassiererin sich verhalten würde.

Er hatte eine gute Stelle in seinem Laden gefunden, von wo aus er die Kassiererin nach Schließung des Ladens, beim Zählen des Kassenbestandes beobachten konnte. Dreimal erneuerte sie die Zählung, dann griff sie zur Handtasche und nahm einen Schein heraus, den sie zu jenen Scheinen in der Kasse hinzulegte. Der Geschäftsmann, sagte nichts, doch am anderen Tag näherte er sich wieder ungesehen der Kasse und legte, den am Tag vorher herausgenommen Schein, wieder zurück. Als die Kassierer nach Ladenschluss, wie gewohnt, den exakten Kassenstand prüfte, merkte sie dass heute ein Schein zu viel, in der Kasse vorhanden war. Auch heute rechnete sie dreimal nach, um sich zu vergewissern, dass ihr nächst geplanter Schritt auch kein Fehltritt sein werde. Als sie überzeugt war, dass sie sich am Vortag verrechnet hatte, was trotz dreimaliger Kontrolle kaum zu glauben war, griff sie zur eigenen Handtasche und ließ den Schein darin verschwinden, nicht ohne ihr Umfeld ausreichend geprüft zu haben, ob auch niemand diese Operation falsch auslegen könnte.

Und doch näherte sich der Geschäftsmann der Kassiererin. „Es gefällt ihnen vielleicht nicht, aber ich muss sie aufklären, dass ich gestern den vermissten Schein, aus ihrer Kasse genommen hatte und diesen heute wieder hineingeschmuggelt habe. Ich tat es um sie vor zukünftigen Fehlhandlungen zu bewahren. Wenn in Zukunft ihre Kasse nicht stimmt, dann sagen sie es mir, denn es gibt keine Kasse auf der Erde, die immer stimmt. Sie brauchen sich nicht vor einem Tadel zu fürchten, denn ich weiss genau, wie eine Kasse funktioniert und wie es kommen kann, dass die Summe nicht stimmt. Sagen sie mir, wenn etwas fehlt, sagen sie aber auch, wenn sie einen etwaigen Überschuss entdecken, was sicher weniger oft vorkommt. Dann kann ich mich auf ihre Ehrlichkeit verlassen. Was viel öfters vorkommt ist, dass jemand die Gelegenheit erwischt um Geld zu stehlen und ich rate ihnen niemals fehlendes Geld aus eigener Tasche zu ersetzen, denn nur so können wir einen Dieb, in unserm Geschäft erwischen.“ 

Die Kassiererin hatte Tränen in den Augen. Waren es Tränen des Glücks, der plötzlichen Entspannung aus einer misslichen Lage, oder weil ihr ungewollt ein Beweis ihrer Ehrlichkeit gelungen war und ihr Gegenüber sie auf so anständige Weise belehrt hatte?

Dem Knadderer war diese Feinheit beim Einschätzen der Lage seines Kassierers keinesfalls entgangen und er war beflissen, nicht den Deut eines Testverdachtes aufkommen zu lassen: „Mein lieber Mann“ so begann er, „Meinen sie nur nicht ich wollte sie auf die Probe stellen. Ich habe den Schein nämlich im Kassenbuch gefunden, wohin er sicher, auf unerklärbare Weise, verschwunden war. Passen sie doch bitte zukünftig besser auf das ihnen anvertraute Geld auf.“

 

 


 

Es geht um die Leberwurst

 

Am späten Nachmittag erschien Frau Grotz, recht ungewohnt, in der Tür zwischen dem Büro ihres Mannes und dem Kassenraum.

 

Frau Grotz: „ Ich habe eine kleine Bitte an euch Beide. Es würde mich freuen, wenn sie jetzt profitieren, um eine Zigarette zu rauchen. Ich möchte einen Augenblick ein wenig hier aufräumen. Wenn ich dann an die Toilettentür klopfe, dürft ihr wieder hereinkommen.“

 

P. & H. schauten sich einander fragend an, erhoben sich von ihren Stühlen und verschwanden in der Toilette. Als die Tür hinter ihnen geschlossen war meinte:

 

P.: „Das ist ja nahezu wie zur Zeit als der Nikolaus noch an die Tür klopfte. Ich ahne Etwas, denn mir sind bereits Spuren von Duftstoffen in die Nase gekommen, die mich an Erfreuliches denken lassen.

 

Frau Grotz ist nicht nur eine gute Köchin, sie kennt sich ebenfalls gut aus bei allerlei schmackhaften Gebäckarten. Was sich aber in dieser Bank eingebürgert hat, das ist die köstliche Leberwurst, die sie von Zeit zu Zeit in etwas größeren Mengen herstellt und in Gläser einfüllt, statt in Därme. Im Glas hält die Wurst sich nämlich etwa sechs Monate. Sie bleibt sogar, wenn ein Glas geöffnet ist, immerhin noch eine Woche lang frisch. Allerdings, nur wenn sie im Kühlschrank aufbewahrt wird.

 

Schon vor einigen Wochen hatte sie angedeutet, gerne wieder einmal Leberwurst herzustellen, doch blieb bis heute mein Wunschtraum nicht erfüllt, denn diese Leberwurst, das muss ich schon sagen, ist ein gelebter Traum. Ich denke, es tut sich was in dieser Richtung.

 

Da ich ihr bekannt bin, ein Leberwurst Fan zu sein, hat sie mir sogar verraten wie sie das Fleisch auswählt, mischt und zubereitet, damit es auch dem Geschmack ihres Mannes entspricht. Kennst du überhaupt die Leberwurst?“

 

H.: „Natürlich kenne ich die Leberwurst. Leberwurst für den Durst, so sagt man, wenn man dabei ans Biertrinken denkt. Bei uns zu Hause hat leider niemand Bock auf Leberwurst, aber eher Bock auf Bock - und Weißwurst, boudain blanc, wie sie die Franzosen nennen. Ziemlich bockig mir gegenüber, meinst du nicht auch. Aber was soll dieser Zauber eigentlich. Bist du das gewohnt, hast du das vielleicht so bestellt, oder wie soll ich das verstehen?“

 

P.: „Mir deucht, das hier abgehende Manöver zu verstehen, aber irgendwie komisch kommt es mir ebenfalls vor. Ich habe vor einigen Tagen zugehört, wie Frau Grotz ihrem Mann mitteilte, dass sie in dieser Woche beim Bauer vorbeischaue, der bald Schlachtfest habe und dessen Fleisch sie kennt. Sie hat sicherlich Schweineleber, oder Kalbsleber und Bauchspeck besorgt.

 

Soviel Schweineleber sie nimmt, soviel Schweinefleisch kauft sie ebenfalls ein. Es gibt Metzger, deren Geheimnis, für eine anspruchsvolle Leberwurst zu fertigen, liegt im Vermischen beider Leberarten, denn das ergibt, nach der jeweiligen Dosierung, einen feststellbaren Geschmacksunterschied. Sie hat mir auch verraten wie sie die Fleischmasse zubereitet und welche Gewürze sie dazu gebraucht. Außer genügend Knoblauchzehen, Salz und schwarzer Pfeffer, Zwiebeln und gemahlener Paprika, Muskatnuss gerieben, Majoran, Thymian und Sonnenblumenöl, kommt es wiederum auf die jeweilige Dosierung an. Das ist Geschmackssache. Ich habe noch niemals selber versucht,  komme aber wahrscheinlich nicht daran herum, weil Leberwurst zurzeit, wo ich noch bei meinen Eltern am Tisch saß, jede Woche einmal auf den Tisch kam. Sie ist mir eine wöchentliche Wegbegleiterin geworden. Jetzt vermisse ich sie. Seitdem ich aber hier im Hause, privat gefertigte Leberwurst genossen habe, bin ich, so glaube ich, darauf süchtig geworden.

 

Jedes Mal, wenn ich im Geschäft an Haushaltswaren vorbei komme, stechen mir die verschiedenartigen Fleischwölfe ins Auge, welche angeboten werden. Ein solcher ist „conditio sine qua non“, in meiner Küche, also unbedingt notwendig, überhaupt um ganz privat, im do it yourself - Verfahren, auch um Hamburger, mit eigener Geschmacksnote  herzustellen.

 

Anstifter und Genießer war mein Vater, der in seiner Jugend Koch beim freiwilligen Militär war und jeden Monat die Leberwurst von einem anderen Metzger, einmal pro Woche, aus der Stadt direkt in die Kantine geliefert bekam. Natürlich schmeckte man den jeweiligen Unterschied und da hatte mein Vater seinen Spaß dran, uns eine Anekdote zu erzählen, und wie die Soldaten dies ebenfalls merkten. Die Wurst, von einer speziellen Herkunft, war immer gleich miserabel und da blieben meistens viele Reste in der Küche zurück, die dann mit anderen Essensresten, den Weg zurück fanden, in einen Schweinestall.

 

Er hatte den Metzger einmal, bei dessen Anlieferung von Fleischwaren, zur Rede gestellt, um ihm nicht nur seine Meinung zu sagen, sondern auch jene der Wurstspezialisten, unter den Soldaten: „Lieber Kollege“, sagte er, „deine Leberwurst ist unter aller Klarinette, kannst du dich nicht etwas bemühen, diese etwas geschickter zu würzen“, denn wahrscheinlich hat es nur am Würzen gelegen. Mein Vater aber traute dem Metzger zu, auch Abfallfleisch, in seiner Leberwurst zu verarbeiten. Jeder Metzger müsste doch etwas mehr Gewürzsorten kennen als nur Pfeffer und Salz, die noch in vielen Küchen, die einzig bekannten Würzmittel sind. Die modernen Männer, welche die Essenzubereitung zuhause übernommen haben, sind nahezu Gewürzspezialisten geworden und pflegen diesen wichtigen Teil der Kochkunst mit außergewöhnlicher Sorgfalt.

 

Amüsant war die Antwort des Metzgers: „ Kollege Albert, du glaubst doch nicht etwa, dass ich bei so einem Hungerlohn, diesen Almosen, der mir die Armee für meine Ware bezahlt, auch noch seidene Halstücher, in der Leberwurst verarbeite.“

 

H.: „Das ist zwar lustig, aber bei dem was wir heutzutage in dieser Branche erleben, werden Erinnerungen wach, an noch größeren und zudem auch noch gefährlicheren Sauereien.

 

P.: „Dabei ist zu bemerken, dass ich jedes Mal raten muss, wie Frau Grotz ihren Senf selber zubereitet hat, denn sie führt eine Palette mit vielfältigen und abwechslungsreichen Zutaten. Durchwegs ist Ingwer stets dabei, doch Apfel, Birne, Aprikosen, Banane, Orange, Ananas oder sogar Curry gehören abwechselnd zu den Zutaten für ihren herrlichen, ja köstlichen, aber auch scharfen Senf. Manchmal reibt sie noch frische Meerrettichwurzel dazu, was nicht nur die Geschmacksnerven im Mund, sondern auch die Tränendrüsen der Augen in Fluss bringt. Dazu genügt, ziemlich oft sogar, umstandshalber nur eine einzige Flasche Bier. Nur eine, nicht mehr, weil dies sich während der Bürostunden abspielt.

 

Die antibakterielle Wirkungseigenschaft des Senfes ergibt sich nicht nur an den Senfpflanzen selber, sondern auch nach dem Verzehr. Man kann also behaupten, der Senf sei gesundheitsfördernd, nicht zuletzt verursacht er eine gesunde Darmtätigkeit.

 

Die Herstellung von Senf hat einen Städtenamen berühmt gemacht, nämlich die französische Stadt Dijon. Aber die Senffabrik ‚Moutarderie de Luxembourg‘ in Münsbach, hat sich für unseren Geschmack, einen besonderen Namen gemacht. Wir bevorzugen ihn, weil es bekannt ist, dass der Produzent ausschließlich Senfkörner verarbeitet. Es gibt da bereits verschiedene Geschmacksrichtungen, wenn andere Zutaten beigemischt werden. Man kennt die Produktionszahl dieser Firma pro Jahr, die über 200 Tonnen liegt, was ganz sicher ein Zeichen der Beliebtheit ihrer Produkte ist. Inzwischen produziert dieser Betrieb auch Luxemburger Mayonnaise und vor kurzem kam Luxemburger Ketchup auf den Markt, dessen Qualität, dem Original keinesfalls nachsteht.“

 

Es klopfte an der Toilettentür. Die noch nicht abgerauchten Zigaretten wurden im Pissoir versenkt.

 

Frau Grotz war nirgends zu sehen. Als die Beiden die Tür zum Büro öffneten, stieg ihnen sofort ein Geruch in die Nase, den sie erkannten aus der Zeit wo sie noch Kirchgänger waren. Wem wird dabei schon bewusst, dass Weihrauch einst zur körperlichen Reinigung dienen sollte. Dabei hat eine Studie festgestellt, als in einer bayrischen Kirche die Feinstaubbelastung, durch den Weihrauch, gemessen wurde. Das Resultat entsprach der Belastung einer vielbefahrenen Straße oder einer verrauchten Kneipe.

Hier im Büro ging es jedoch keinesfalls um einen Gottesdienst, wie in der Kirche. Hier handelte es sich um jenen Gott, den die meisten Pfarrer, von der Kanzel herab, als Bauch bezeichnen, was man manchem von ihnen auch ansehen kann.

Frau Grotz hatte eine Sorte Kunstharz zum Rauchen gebracht, die beim näheren Hinriechen, wie der Grizzlybär dies mit etwas erhobener Nase tut, sich als daherkommend aus dem Oman, erwies. Dort benutzt man Myrrhe, ebenfalls geräuchert, als Naturmedizin gegen Entzündungen oder bei Beschleunigung einer Narbenbildung.

P. hatte zwar nicht auf Anhieb die Art dieses Harzes erkannt, doch wurde es ihm schnell bewusst, dass Frau Grotz Boswellia Sacra aus Salalah im Oman, zum Rauchen gebracht hatte, so konnte er sogleich seinem Kollegen etwas über das Räuchern dieses Naturharzes erzählen, da er selber sich bereits verschiedene Naturharze aus dem Osman besorgt hatte.

Trotz dem unkontrollierbaren Resultat des Kirchenweihrauches, gibt es Räucherharze, die in der orientalischen Heilkunde bekannt sind. Manchem Harz sieht man nicht immer ganz sicher an, dass es das teuerste sei, doch der Duft des Himmels, den Boswellia verströmt, ist es wert bezahlt zu werden. Hildegard von Bingen, hat bereits Harz  gegen verschiedene Krankheiten empfohlen.

Man könnte also, ohne falsch zu liegen, behaupten sich in einer der Droge Olibanum zweckentsprechend, angeräucherten Kultstätte zu befinden.

Jetzt erst merkten die beiden Beamten dass in ihrem Büro ebenfalls ungewohnte Dunkelheit vorherrschte. Die gute Frau hatte alle Deckenlichter gelöscht. Nur die Stehlampen auf den beiden Büropulten spendeten ihre Helligkeit, die gleichsam wie aus einem Trichter strömte, nahezu punktgenau dosiert, auf die weiße Schneise, welche über die Mitte der beiden Pulte verlief.  Nach den modernsten Vorstellungen der Gastronomie, hatte Frau Grotz ihre Gaststätte hergerichtet. Sie wusste dies aus Erfahrung, die sie gemeinsam mit ihrem Mann in einem chinesischen Restaurant in Soho gemacht hatten, wie man die Blicke der Gäste nur auf eine abgegrenzte, und kräftig beleuchtete Fläche fixiert, damit deren Genussnerven aufs höchste animiert werden. Das beiseite geräumte Büromaterial verschwand, nahezu vollständig unsichtbar, in der abgedunkelten Zone. Weißer geht es wohl nicht mehr. Ein nahezu glänzend gebügelter Stoff bedeckte die Schneise, auf welchen so manch Ungewohntes zu bewundern war.

 

Die Zeremonie kann eigentlich jetzt ihren Lauf nehmen. Frau Grotz hatte diesmal, speziell für den jungen Beamten H. und entgegen den Gepflogenheiten für P. ihre Leberwurst nicht im Glas serviert. Alles was jetzt die Augen der beiden Beamten zu Gesicht bekamen, war mit Absicht absolut perfekt vorprogrammiert. Sie hatte während deren Abwesenheit, alles Notwendige auf einem Servierbrett, von oben herab, ins Büro der Bank verfrachtet.

 

Auf jedem Pult und im prallen Licht der Stehlampen, stachen die Farben von zwei Terrinen, sofort ins Auge. Zu Deutsch werden sie Deckelbüchsen genannt, obwohl sie aus Porzellan bestehen. Die beiden Terrinen glichen der Porcellaine de Longwy, mit denen man sehr behutsam umgehen muss.

 

P.: „Oh  je, jetzt hatte ich auf den ersten Blick gemeint diese Suppenschüsseln wären Cloisonné, was ein chinesisches Kunstprodukt ist. Ich sehe aber, dass die aus Kupfer bestehenden Metallstreifen, welche die vereinzelten Farben abgrenzen, nicht vorhanden sind. Cloisonné bedeutet so viel wie ‚eingelegt‘, wie Intarsien, mit Holz. Daher auch die deutsche Bezeichnung Zellenschmelz oder Zellenemail.“

 

Die beiden Terrinen, waren exquisite Kunstobjekte. Sie waren sich absolut gleich, und stammten wahrscheinlich aus dem 18. Jahrhundert, möglicherweise aus Frankreich, wo Frau Grotz einige ihrer Vorfahren hatte, die bei Paris lebten. An beiden Seiten der Schüsseln befand sich ein bunter Knopf als Griff und der noch geschlossene Deckel, mit einem ähnlichen, aber dickerem Knopf, verbarg das was man bei diesem raschen Überblick erahnen sollte. P. stellte sich schon vor, das Geschirr sofort umzudrehen um sich die Bodenmarke anzuschauen. Doch dazu hinderte ihn noch der Inhalt des Gefäßes.

 

Die beiden Beamten trauten ihren Augen nicht, denn außerdem gab es noch Interessantes zu sehen. Rechts neben der Schüssel lag nur ein Suppenlöffel. Kein Messer, keine Gabel. Diese Eindeckmethode, die eine mögliche Panik wegen der angebotenen Geschirrbenutzung verhindert, hat nur längere Erfahrung ergeben. Oberhalb des Suppenlöffels standen,  im Quartett zusammengestellt, vier blaufarbige Fässchen, sicherlich ein Mitbringsel aus Dinant, deren Inhalte noch zu ergründen sind. Dieser blaue Fleck, harmonisch platziert, hatte es in sich. Ihm fiel die erhabene Rolle zu, den Blick des Gastes von der Terrine abzuleiten, um ihn an sich zu ziehen, abzulenken und wieder los zu lassen. Ihre Anwesenheit sollte ständig in Erinnerung gebracht werden, besonders an das was sie zu bieten haben. Das gehörte zur subtilen Eindeckkunst der Hausfrau.

 

Links von der Terrine lag eine halbe, nicht geschnittene, sondern regelrecht in der Mitte gebrochene Länge einer französischen Baguette. Irgendwie regte diese Angebrochen sein an. Das oder die Baguette, ist in der Schweiz auch als Parisette bekannt, man glaubt sie würde so benannt, weil sie an Paris erinnert. Sie ist ein langgestrecktes, knuspriges Weißbrot und bedeutet wörtlich „Stöckchen“ bzw. „Stäbchen“. Die Krume ist immer sehr grob und ungleichmäßig, der Anteil an Kruste im Verhältnis zur Krume ist hoch und für den kräftig-aromatischen Geschmack verantwortlich. Das Brot lässt sich leicht brechen und eignet sich dadurch als Beilage zu anderen Speisen. Es ist bekannt dass man früher, als es wahrscheinlich noch keine Messer gab, sein Brot mit einem Anderen brach. Ja, das ist es. Eine geschnittene Baguette ist etwas Persönlichkeits neutral, während man bei der gebrochenen Baguette wahrscheinlich den Touch einer befreundeten Hand verspürt. Man darf jedoch niemandem verraten, dass es bisher üblich war, und mancherorts sicher noch ist, schwarzes Haar von chinesischen Frauen im Baguette Teich zu verarbeiten.

 

Es ist erstaunlich welche Eindrücke und Erinnerungen bei so einem garnierten Tisch sich einstellen können. P. und auch H. ergötzten sich und waren sehr überrascht.

 

Aus dem Dunkeln des Büros heraus räusperte sich Frau Grotz, um zu zeigen dass sie präsent war und zugeschaut hatte, um sich an den sichtbar wechselnden Gesichtsausdrücken ihrer geladenen Gäste zu erfreuen. Dabei spielten deren Mund und Nase, eine ausdruckvolle und verräterische Rolle.

 

P. & H. hatten alle Beide eine Hand auf die Rückenlehne ihres Bürostuhls gelegt und wendeten ihr nur den Kopf zu, der sich aber sofort wieder dem vielfarbig gestalteten Esstisch zudrehte.

 

Die Augen der beiden Feinschmecker stellten alsdann, bei ihrer Exploration über den gedeckten Tisch fest, was da noch alles aufgetischt war. Das geschah keinesfalls hastig, wie man das bei Goulus manchmal sieht, die da auf Deutsch als fressgierig, oder gefräßig bezeichnet werden, und denen es nicht schnell genug geht, um etwas in sich hinein zu hauen.

 

Frau Grotz: „ In den blauen Fässchen, befindet sich ein von mir hergestellter Senf, man erkennt ihn weil es ein gelbes Produkt ist. Das weiß gehobelte Produkt ist ein von mir zubereiteter Meerrettich. An der roten Farbe erkennt man Pesto arrabiata. In dieser crème spielt Piment die Hauptrolle.  Hierzu muss ich zusätzlich erklären, dass dies eine tolle Kombination ist aus Knoblauch, getrockneten Tomaten und Chili. Normalerweise wird es von Pasta Fans hoch gepriesen. Das Produkt was etwas bräunlicher aussieht, ist das neue Luxemburger Ketchup. Es handelt sich um ein bisher nicht bekanntes Würzmittel, hergestellt aus Zucker, Tomatenmark, Essig, Salz und nach meinen Vermutungen mit Senf vermischt, denn es wird in der Senffabrik hergestellt.“

 

Die Blicke der Beiden wanderten nahezu synchron hin zu zwei Gläser mit der geschwungenen Aufschrift ‚orval‘ und alsdann hin zu zwei Flaschen, von diesem Orvaler Bier, welches P. seit jeher bevorzugt. Farbige Flaschenöffner lagen griffbereit daneben.

Dem Beamten H. war dieses Zeremoniell, mit dem sich anbahnenden Genuss, eine Globalpremiere.

 

P.: „Kennst du das Orvaler Bier?

 http://www.merchantduvin.com/images/i-orval-trappist-family.jpg  

 

(Bild aus Wikipedia)

 

H.: „Dem Namen nach ja, aber getrunken habe ich es noch nie.

 

P.: „Dann werde ich dich kurz aufklären. Das Orvaler Bier ist ein seltenes Gebräu und wurde, was ich jetzt sage ist kein Scherz, von einem Herrn Pappenheimer erfunden. Trappistenbier wird in der Zisterzienser Abtei von Orval hergestellt und hat ein Alkoholgehalt von 6,2%. Das kleine Orval, hat nur einen Alkoholgehalt von 3,5%, ist aber nicht überall im Handel. Das Bier wird während der Lagerung zudem für zwei bis drei Wochen mittels, mit Hopfendolden gefüllter Säcke, zwecks Aromatisierung, gestopft. Vor der Abfüllung in Flaschen werden die Hefe und andere Trübstoffe abzentrifugiert. Anschließend wird das Bier erneut mit flüssigem Kandiszucker gespeist und neue Hefe für die Flaschengärung hinzugegeben. Es ist kaum bekannt, das dieses Orvaler Bier, in der Flasche reift und je länger es sich in einer Flasche befindet, verändert dieser ablaufende Reifungsprozess die subtilen Geschmacksaromen, zu Gunsten des Geschmacks. Es ist keinesfalls jedermanns Geschmack. Diese Geschmacksrichtung wird von Spezialisten bezeichnet als erdiges, lederig-öliges Aroma enthaltend. Deftig gesprochen ist das Bier intensiv herb und hat einen feinen säuerlichen Geschmack. Andere Trappistenbiere sind keinesfalls so trocken. Ich muss dir jedoch erklären, damit du nicht auf schräge Gedanken kommst, dass die Mönche alkoholfreies Bier trinken, das nur 1% Alkohol enthält, und nicht in den Handel gelangt.

 

Die Wirtschaftspolitik der Brauerei ist an die Werte angepasst, welche die Klostergemeinschaft lebt. Die Einkünfte der Marke gehen an die Wohlfahrtspflege und die Wartung und Pflege der Gebäude.

 

Wenn du also Orvaler trinkst, dann bedienst du gleich zwei Nutznießer. Einmal deinen Durst in dir, und einmal die Klostergemeinschaft der Abtei in Orval.“

 

H.: „Da muss ich doch einmal hin.“

 

P.: „Und vergiss dann nicht ganz in de Nähe die gotische Basilika Notre-Dame von Avioth zu besuchen. Sie wurde von den Zisterzienser aus Orval gefördert und stammt aus dem 12. Jahrhundert. Es ist ein Monument historique, in welchem herrliche musikalische Darbietungen stattfinden.

 

H.: „Das habe ich bereits gebucht. Der nächste Familien Ausflug führt mich ganz gewiss nach Orval. Danke für diesen Tipp.

 

P.: „Gratulationen Frau Grotz. Ihr Tisch ist fabelhaft hergerichtet, sie haben zwei hoch beeindruckte Gäste vor sich. Dann wendete er sich seinem Kollegen zu und sagte, ich schlage vor, wir rücken jetzt schön gelassen, unsere Bürorollstühle, nicht zu schnell, ans Pult, so dass die Glanz ausstrahlenden Terrinen genau im Mittelpunkt unseres Blickfeldes bleiben. Unser Blick wird dann fast nur noch von diesem farbenprächtigen Blickfang angezogen. Du musst unbedingt aufpassen, schau auf mich, arbeite nicht schneller, denn wie beim Synchronspringen vom Turm, greifen wir gleichzeitig an die Deckel der Terrinen, heben diese schön langsam auf und legen sie oberhalb der Terrine, mit der flachen Seite nach unten, sodass ich deinen Deckel als zusätzliche Dekoration im Auge haben werde und du meinen. Bist du auch schon etwas aufgeregt? Du stellst dich so von einem Bein auf das andere.“

 

H.: „Du machst es aber allerhand spannend, und das alles nur wegen einer Leberwurst. Ich finde es ein wenig übertrieben, mich so gewaltig und unmenschlich auf die Folter zu spannen.“

 

P.: „Genau das wollte ich erreichen. Man kann Vorfreude, die durch so etwas, nennen wir es einfaches Brimborium, geweckt wird und das mit vorsichtigem Fingerspitzengefühl. Vorfreude gleicht einem nicht ständig wahrgenommen Eisblock in dir, der fein dosiert aufgetaut werden soll. Du musst nur darauf achten, wie man sie immer gefühlvoll wahrnehmen kann, sie mit Überlegung konkretisiert, genau so wie Michel Angelo seine Skulpturen, Splitter für Splitter, aus dem Marmorblock heraus gemeißelt hat.

Ein Bakteriologe könnte dir ganz gewiss Manches erklären, was so alles bei solchen Eindrücken, besonders an deinem Gaumen, sowie in deinen Innereien in Betrieb gesetzt wird. Nicht zuletzt, welchen Veitstanz die Neuronen in deinem Gehirn anstellen. Das bedeutet Animation der Fitness im Kopf! Im Nu verflieht jeglicher Griesgram.“

 

Frau Grotz.: „Ich bin erstaunt Herr P. über die zusätzliche Zeremonie, die sie im Begriff sind einzufädeln. Was sie über die Neuronen im Gehirn sagten, habe ich schon längst bei meinem Hannes festgestellt. Man sagt ja sprichwörtlich, die Liebe des Mannes zur Frau, geht durch den Magen.“

 

Sie hielt sich im Dunkeln und konnte nicht gesehen werden, wobei die Augen der Schlemmer, keinesfalls von ihrem Anziehungspunkt abgelenkt wurden.

 

„Ich bin immer wieder erstaunt, was der Mensch alles tut, oder auch nicht tut, um einerseits seine Lust zu stimulieren, andererseits um sie zu stillen. Es geschieht dabei aber selten aus Eigennützigkeit, oder Selbstbefriedigung. Man will manchmal anderen eine Freude bereiten, und heute geschieht dies aus Dankbarkeit. Besonders um die bekannte Episode mit dem Tausender, zu übertünchen, damit diese in Vergessenheit gerät. Und ich will ihre Idee wie, der nachfolgende Ablauf zu gestalten sei, aufnehmen und dabei behilflich sein.

 

Wenn es erlaubt ist, dann überlasse ich euch Beiden jetzt ausschließliches Zuhören, wie meine Stimme euch dahin führt, um die Deckel zu heben. Man sollte wissen dass derjenige der spricht, sich in einer ganz anderen Welt befindet, als derjenige, der wie ein 100 Meter Läufer am Startblock, auf den Schuss lauert, der bald fallen wird. Ihr Beide werdet jetzt eine ähnliche Impression erleben. Seit ihr bereit, sozusagen auf euren Plätzen, ach quatsch ich hatte ganz vergessen zu sagen, welche kleine Quälerei ich mir noch ausgedacht habe.

 

Zuerst stecken sie die Hände in beide Hosentaschen. So, nun befindet ihr euch in einer Phase des Nichtstuns, des Harrens der Dinge die da kommen sollen, kurz ausgedrückt ihr seid auf Lauerstellung! Sie ahnen was als Nächstes geschehen wird. Nehmt nun, aber keinesfalls hastig, beide Hände gleichmäßig aus der Tasche, zieht gemeinsam euren Stuhl herbei, um euch ans Pult zu setzen. Ausgezeichnet, das läuft ja nahezu synchron. Es ist nämlich hoch interessant, wenn man seinen Gegenüber betrachtet und sieht war er tut, wenn er genau dasselbe tut, was man selber im Begriff zu vollziehen. Man sieht sich quasi selber außerhalb des eigenen Körpers.

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(Bild Wikipedia)

 

Nähern sie sich mit der rechten Hand, ebenfalls synchron, der Terrine. Lassen sie ihren rechten zum Griff ausgestreckt. Ergreifen sie zuvor noch mit der linken Hand den linken Griff, und halten sie die Schüssel zuerst fest, damit sie nicht kippt. Dabei muss ich bereits lachen, weil es Leute gibt, möglicherweise sind es Rechtshänder, die nur einen Nachttopf kaufen wollen, an welchem sich der Griff an der rechten Seite befindet.“

 

Die Beiden lachten ebenfalls über diesen eingeschobenen Joke, wahrscheinlich um die Spannung zu erhöhen.

 

„Hände aus der Tasche“ so fuhr sie alsdann mit einem verschmitzten Lächeln fort, denn sie konnte erkennen, dass es den Beiden jetzt nicht mehr schnell genug ging. Sie waren aufgeregter, stimulierter. Ihre Hände waren dabei noch keinesfalls hektisch, aber besonders verzögert langsam aus ihren Hosentaschen aufgetaucht. Noch schwebte ihre rechte Hand in der Luft, während ihre linke sich sehr bedächtig am Griff der Terrine festklammerte.

 

„Wenn eure Hand den Griff sicher erfasst hat, dann erst ergreifen sie mit rechten Hand den farbigen Knopf, oben auf dem Deckel. Umfasst ihn komplett und sicher, damit euch der Deckel nicht entgleiten kann und zu Bruch geht. Wartet auf mein Zeichen, bei welchem der Deckel wiederum synchron zu heben ist.

 

Noch nicht hochheben, noch nicht, auch das möchte ich ihnen gerne separat erlauben, was ebenfalls synchron geschehen kann, und dann schauen sie sich mit dem aufgehobenen Deckel in der Hand, den Inhalt der Terrine genauer an. Ich will sehen wie ihr euch bemüht um das nicht schneller zu vollziehen, als ich euch diktiere. In die aufgekommene Spannung, so scheint es mir, bin ich selber hineingeraten. Jetzt legt ihr den Deckel genau hinter der Terrine nieder. Alles schön langsam, nicht anstoßen, mit der flachen Seite nach unten.“

 

Sie spielten das Spielchen sorgfältig mit. Frau Grotz war entzückt. Dann wollte sie weitere Anweisungen geben, doch an diesem Punkt brach die Synchronisation gänzlich zusammen. Sich gegenseitig beobachten, war von diesem Augenblick an nicht mehr zu schaffen. Sie senkten ohne aufgefordert zu werden, den Kopf und brachten ihre Nase ganz nahe an die Terrine, die gefüllt war bis zum oberen Rand, mit Leberwurst, die ihren würzigen Charakter mit verführerischer Kraft, in die Nasen der Beiden verströmte. Für P. war dies nichts Neues. Er kannte sein Schnuppern am Glas. Er erkannte auch den bereits öfters erlebten Geruch. Nur hatte er die Leberwurst noch nie aus solch einer Terrine genossen. Eine Terrine übertrifft ohne Zweifel, den metzgereiüblichen Darm.

 

H. dagegen war überwältigt, wie stark der Leberwurst Geruch ihm jetzt in die Nase stieg. Solch ein Lustgefühl, hätte er sich niemals erträumen können, wobei ihm der Unterschied zum Zeremonienlosen Vertilgen von Leberwurst, jetzt erst recht bewusst wurde. Das konnte, entgegen dieser neu erlebten Prozedur nur noch als eine absolut stupide Banalität bezeichnen.

 

„Meine Lieben, ich musste als anerkennenden Dank für ihr freundliches Benehmen, meinem Mann gegenüber, etwas zu eurer Freude unternehmen. Ich wünsche guten Appetit.“ So wiederholte sich Frau Grotz ganz kurz noch einmal und stieg wieder die Treppe hoch. Man hörte dass jemand die Banktür schloss und verstand sogleich, da konnte nur Hannes mit im Spiel sein. Seine Frau hatte die Schlemmerei verzögert, bis die Bürozeit vorüber war, damit sie keinesfalls von einem Kunden gestört werden konnten. Das Spielchen von Mann und Frau war angepfiffen. Es nahm ab nun seinen selbständigen Lauf. Es wurde zum nicht mehr aufzuhaltenden Selbstläufer.

 

„Danke schön“, antworteten beide nahezu synchron, und P. fügte noch schnell hinzu. „Sie haben uns in eine verzauberte Welt versetzt, mit diesem Geschenk.“

 

Dann verlief das von so weit her bereits angepeilte Luststillen merkwürdigerweise auch nicht so hastig wie normal beim Verzehren einer Leberwurst. Man gönnte sich viel Zeit. Die Terrinen enthielten ungefähr die gleiche Portion wie das Dreiviertel eine noch nicht aus ihrer Haut gefahrenen Leberwurst.

 

P.: „ Aufgepasst, wenn du dein Bierglas jetzt füllen willst. Da habe ich aus eigener Erfahrung ein wirksames Prozedere entwickelt. Zuerst muss man das Glas, so nahe zur Flasche stellen, damit kein Bier verloren geht, denn je nach atmosphärischen Verhältnissen, genauer gesagt, wenn der Druckunterschied in der Flasche zu weit vom Druck außerhalb abweicht, dann schäumt das Bier sofort aus der Flasche und man muss dabei schnell zur Hand sein. Das Glas soll man zuvor etwas neigen und dem Bier dann freien, aber gezielt langsamen Auslauf geben. Dabei bildet sich auch nicht zu viel Schaum, der sonst über das Stehvermögen des Glases hinausgeht, denn die ganze Flasche soll geleert werden, mitsamt den unten in der Flasche ruhende Hefe Satz, den man unbedingt sehen sollte, wenn er ausfließt. Dieser Hefe Satz, gleicht einer artspezifischen Seele, die diesem Bier innewohnt. Er ist ebenfalls so bräunlich gefärbt, wie das Bier selbst und macht sich in dessen weißen Schaumkrone gut bemerkbar.

 

Beide Bierflaschen wurden nahezu synchron geöffnet. Die Orval-Gläser schienen sich zu freuen, weil sie wieder einmal im Gebrauch waren. Nach vorsichtiger Einfüllung, die ohne Bierverlust fertig gestellt wurde, gesellte sich zu den schon reichlich vorhandenen Farben auf dem Tisch, eine neue, recht appetitliche, mit einem herrlich weißem Häubchen, über dem glänzenden, bernsteinfarbigen Inhalt als Krönung, für das vorsichtig angestrebte Ziel.

 

Der erste Schluck Bier erreichte die Gaumen von zwei unterschiedlichen Trinkern. P. war schon längere Zeit ein leidenschaftlicher Fan. H. hat es bei dieser Gelegenheit zum ersten Mal gekostet und erst nachdem er sich selbst stimulierend, nach jedem Hinunterschlucken eines Häppchen Leberwurst, einige Schlückchen Bier zum Spülen nachschickte, entwickelte sich auch bei ihm die Zuneigung zu diesem Getränk immer stärker. Es war merkwürdig zuzuschauen, wie die Beiden ihre Leberwurst behandelten, als ob es richtiger Kaviar wäre, den man langsam auf der Zungen vergehen lässt. Dabei darf korrigiert werden, dass es sich keinesfalls noch um eine Wurst handelte, sondern eher um Leberwurstteich, oder besser erklärt, es gleicht einer über dimensionierter Leberwurstpastete.

 

Man tauschte Freundlichkeiten aus und Beide fanden, dass sie eigentlich einen recht angenehmen Job hätten, bei dem so ganz nebenbei auch Leberwurstpastete serviert wird. Vorsichtig bedienten sich die Genießer, mit den würzigen Beigaben, die sie abwechselnd ausprobierten, und nach jedem Probelauf den Mund ausspülten, mit nur einem kleinen Schluck Orvaler. Es gab in der Folge eine Menge von unterschiedlichen Begutachtungen betreffend den Gebrauch der Gewürze, doch man zeigte eine überraschende Gemeinsamkeit. Sie konnten sich nicht entscheiden, welchem Gewürz sie den Vorzug geben würden.

 

Beide mussten sich sichtlich anstrengen, daran zu denken, um immer wieder den Mund mit einen Stück neutraler Baguette zu füllen. Bei all diesen Geschmacksrichtungen ist nach jedem Happen Wurst unter dem Gewürz, eine neutrale Füllung des Mundes, auf jeden Fall, nahezu unumgängliche Wohltat an sich selber, weil sie den Genießer auf jede neue Geschmacksveränderung neu einstimmt.

 

Währendem sie die Leberwurstpastete, häppchenweise, mit dem etwas gewichtigen, ersichtlich silbernen Suppenlöffel, aus der Terrine schöpften, fügten sie mit den kleinen ebenfalls aus Silber bestehenden Minilöffelchen, welche aus den jeweiligen Gewürzfässchen heraus ragten, mal wenig, mal mehr, oder auch Garnichts zum Fleisch hinzu, um den Genuss der Vermählung von abwechselnden Gewürzen und Leberwurstteich gesondert zu prüfen. Zum Essen werden exklusiv Löffel benutzt, weil eine Gabel keine Verantwortung übernimmt, das Aufgepickte verlustfrei in den Mund zu transportieren. Solche unnötige Zwischenfälle könnten einen Genießer, bei dessen Lusterzeugung, innerlich verstimmen.

 

Beide Terrinen wiesen bald mehr Leere als Fülle aus. Sie gähnten die Beiden etwas zu früh an, als wollten sie ihnen mitteilen, dass sie nichts mehr zu bieten haben.

 

Was die Beiden sich anschließend zu erzählen wussten, werden wir wahrscheinlich nicht erfahren. Helfen wir nur noch geistig beim Abräumen der Pulte, was schnell geschehen ist. Die schmucken, sicher altertümlichen Terrinen lassen wir auf ihrem Platz, denn keiner traut sich dieses zerbrechliche Porzellan, auch nur zu berühren.

 

Da Frau Grotz vernommen hatte, dass die Terrinen und die Löffel keinen Ton mehr von sich gaben, erschien sie wieder in der Bürotür mit 3 Flaschen Orvaler Bier in der Hand, und einem zusätzlichen Orvaler Glas, nebst drei kleineren Gläschen und einem schmalen Fläschchen in einem Korb.

 

Da mancher Leser verabscheut, wenn man in dessen eigene Privatsphäre eindringt, tue ich dies auch nicht zu deren Freude und Vorwitz. Ich verlasse die kleine, opulent befriedigte Gesellschaft, zu der kurze Zeit später auch noch Hannes zustieg. Er apportierte seinerseits vier Flaschen Orval, ein zusätzliches dazu gehörende Glas sowie ebenfalls mit einem schmalen Fläschchen, das gut sichtbar aus seiner Westentasche hervorragte.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


Die Irin.  Kurzauftritt

Nach dem Eureka, kam es jedoch nicht zu seinem schnellstens vorgefassten Einsatz, denn am Schalter zeigte sich eine rothaarige Touristin, wahrscheinlich irischer Abstammung, welche Devisen brauchte. Sie war reizvoll sommerlich, das heisst sehr luftig, gekleidet. Ohne zu warten ob jemand ihr zuhörte, meinte sie recht laut: ch‘uis canadienne de Québec j’aibsoin de bacon. Accep mes dollars canadiens et donne mi des Ero. »

 

Herr Grotz, als er diesen hereingebrochenen Sommer, in zartem Fleisch und Blut, in seiner Bank bemerkte, fühlte sich auf einmal persönlich angeredet, von dem Kanadischen Dialekt doch, hatte er rein Garnichts verstanden, obwohl er des Französischen, durch sein Selbststudium, einigermaßen mächtig war.

 

Kanadienne‘, wusste er, dass dies ein Überzieher ist, was die Frau aber mit dem ‚Gebäck‘ meinte, das blieb ihm unverständlich. Noch weniger konnte er sich ausmalen, was die Dame mit ‚Zero‘ meinte. Der Kassierer war gerade von oben zurück, wo er die Zeitungen noch getragen hatte und bemerkte, dass Herr Grotz mit mir in der Hand, voll gepackt mit einer bevorstehenden Tirade, ebenfalls in den Schalterraum herein wollte und dann plötzlich seine Gedanken auf die reizvolle Frau abschweiften. Es entging ihm keinesfalls auch nicht dass die sonst sichtbaren Sturmfalten seines Chefs urplötzlich verschwunden waren. Er war jedoch etwas verblüfft, als dieser es für notwendig hielt sich elegant, doch knapp vor der Dame zu verneigen.

 

Dem Kassierer entging es auch nicht, dass die Dame, auf diese Höflichkeit hin, etwas flattiert war, doch schien es ihr gewiss angenehmer von ihm, dem Jüngeren, bedient zu werden. Offiziell betrachtet, würde man sagen, er wollte seinem Chef diese Arbeit gerne abnehmen. Der wiederum hatte sich wieder im Griff und wunderte sich weil sein Kassierer nicht nur Französisch mit der Frau sprach, sondern dieser auch zu verstehen gab, dass sie ebenfalls auf Englisch zu ihrem Wechselgeld kommen würde. Es bedrückte ihn sehr, weil er jetzt das Englische noch weniger verstand als das Französische.

 

Der Kassierer lies es sich nämlich nicht entgehen, einerseits um seinem Chef seine Tüchtigkeit zu bekunden und um anderseits der Dame touristische Informationen, betreffend ihr Land, zu entlocken, über „Quebec“ (den Akzent über dem Französischen Québec gibt es nicht im Englischen Kanada, ergo auch nicht im Deutschen Duden), sowie Wissenswertes über den „Saint Lawrence River“ und die „Niagara Falls“.

 

Um noch etwas länger mit dieser attraktiven Kundin beschäftigt zu sein, versuchte er die Frau in eine längere Diskussion zu verführen.

 

In der Hand des Herrn Grotz, hatte ich, der Tausender, einen exzellenten Überblick, was sich im Kassenraum abspielte. Ich muss inständig zugeben, dass ich ebenfalls sehr wenig davon verstanden habe, als die Dame auf die Frage des Kassierers antwortete. Er hatte sie gebeten ihm irgendeinen typischen Satz auf Quebecer Französisch vorzutragen.

 

Irin: „Now I want to give you some typical examples, schickte sie voraus.“ Ich kann hier nur versuchen, den phonetischen Teil ihrer Aussage zu reproduzieren: „ Qu’est ce que c’est qu’c‘est ça? » – Was ist das?  J’ai-tu l’air fatigué“– Sehe ich müde aus? „Y’en a-tu d’autres“? – Hast du auch andere?

 

Sie merkte sofort, dass dies möglicherweise falsch aufgenommen werden konnte, deshalb zeigte sie auf ihre Geldscheine, die sie im Begriff stand einzustecken. Dann aber äußerte sich die Dame plötzlich auf sehr galante Weise.“Ça vous tente-tu vraiement de m’accompagne“ und fuhr dann auf Englisch fort: „Certainly you will be a very good guide, in this patelain“.

 

P. konnte nur zur Antwort geben, dass es ihm sehr Leid tue, er aber noch an seinen Arbeitsplatz gebunden sei. Zuerst wollte er ihr anbieten sie nach Schalterschluss zu führen, doch dann erinnerte er sich an seine, für diesen Abend eingegangenen, Verpflichtungen.

 

Als die Frau anscheinend vollauf zufriedengestellt den Schalterraum verlies, geschah etwas Einmaliges. Die drei Männer stürmten ans Fenster und dann begegneten sich ihre gemeinsamen Blicke, wie fokussiert, auf der Dame ihren roten Hotpants.

 

Zu schnell war sie ihren lüsternen Blicken entschwunden. Der Knadderer, fühlte sich wie umgewandelt. Er sah sich irgendwie gezwungen, seinen fleißigen Kassierer zu loben, weil dieser so galant mit der Kundin umgegangen sei.

 

Ihm, dem Chef, ging noch einmal die rothaarige Schottin durch den Kopf, gefolgt vom fragenden Gedanke, ob diese roten Haare möglicherweise vom Whisky herstammen könnten? Er spürte mich wieder in seiner Hand, hielt mich in die Höhe, wie Schüler die im Stehen aus einem Buch vortragen, und meinte dann etwas schroff: „Wissen sie, was das ist?“

 

Der Kassierer merkte sofort, dass Herr Grotz mich in seiner Hand hielt, und es ging ihm schlagartig durch den Kopf, dass er sich also trotzdem heute Morgen nicht verrechnet hatte. Tatsächlich musste ein Schein sich zeitweilig verabschiedet haben, als er das Bündel mehrere Male abgezählt hatte. Es schoss ihm jedoch durch den Kopf, wie eigentlich sein Chef, zu diesem Schein kommen konnte.

 

Tausender: Als Gesprächsthema, will ich mich an dieser Stelle doch einmal äußern, damit der Leser versteht, warum ich als Sprecher, sowie der Herr da Gama und die Schöne als Gesprächsteilhaber, sich als Außenseiter, verpflichtet fühlen, zu erläutern, wie es dazu gekommen war, dass wir gemeinsam in dem Buch des Kassierers quasi verloren gingen.

 

P.: „Ja, Herr Grotz, ich weiss es. Das ist der Tausender, der mir heute Morgen beim Zählen fehlte, doch verraten sie mir bitte, wieso Sie ihn jetzt in ihrer Hand halten.“

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Es wird persönlicher, aber auch religiöser

Übrigens muss ich hier erläutern warum bisher die Namen der beiden Bankbeamten noch immer nicht erwähnt worden sind. Das hat nur einen Grund der einleuchten wird. Diese Namen waren bisher noch nicht von Belang. Wahrscheinlich erinnert der Leser sich aber, dass irgendwo weiter oben jemand, wahrscheinlich der Kassierer, mit P. bezeichnet wurde. Interessanterweise überlasse ich dem Leser, diesen einzeln stehenden Buchstaben, nach persönlichem Geschmack, zu vervollständigen. Doch möchte ich hier zur Auswahl, einige Vorschläge für geläufige oder auch extravagante Beinamen hinzufügen: Peter, Pierre, Pitt, Prospert, Phillip, Paulus, Pascal, Pankraz, Patrick und Pirmin. Es gibt noch weitere mit P.

Da wir schon bei der Taufe unserer Bürohengste sind, verpasse ich dem Schreiber ebenfalls einen Buchstaben, nämlich einen H. Da werden viele Leser erfreut sein, denn dieser Buchstabe erlaubt es einen Namen auszuwählen, aus einer weit längeren Liste, als die mit dem Anfangsbuchstaben P.

Da finden wir, Heinrich, Hans, Hanspeter, Hanno. Hansi, Hansjakob, auffallend sind die mit Hans vereinten Vornamen, wie Hansludwig oder Hansmartin. Einfacher zu memorisieren ist jedoch Harri, Hasko, Hatto, Heiko oder Heino, Heinz, Horst und Hugo.

Ab sofort sind die beiden P. und H. besser auseinander zu halten. Probieren sie es doch.

H. spricht jetzt zu P.: „Bist du wirklich der Meinung, dass meine Freundin und ich mich nicht in diesem Kreis der Zeugen Jehovas aufhalten sollten. Du wirst jetzt sagen wir wären ja katholisch, doch da habe ich bereits eine längere Zeit einige Ungereimtheiten im Kopf, die mir zu denken geben, ob ich da auf dem besten Weg bin, in den richtigen Himmel.“

„Mein lieber Freund“, erwiderte P. „Du hast recht, auch in der katholischen Kirche spielen sich unanständige Geschichten ab. Philister, das heißt kleinbürgerliche Menschen, aber auch Pharisäer, waren bereits vor unserm Jesus von Nazareth bekannt. Ich vermag auch die Bibel zu zitieren, wie die Zeugen Jehovas. „Dann sage ich euch“, so Jesus zu seinen Jüngern, „wenn eure Gerechtigkeit nicht weit grösser ist als die der Schriftgelehrten und der Pharisäer, werdet ihr nicht in das Himmelreich kommen.“

In diesem Fall sind Pharisäer, Rede gewannte Heuchler, die komplett anders sind als wie sie sich geben. Mit Pädophilie und Polygamie durchwachsene Scheinheiligkeit hat auch in der katholischen Religion ihre Anhänger. Ich habe bereits des Öfteren Argumente gehört, die sich dem Zölibat des Klerus ernsthaft entgegen stellen. Die Obrigkeit in der Kirche beschwört Treue in der christlichen Ehe. Und genau um dieses Problem zu umschiffen, verharren die Geistlichen außerhalb der Ehe. Ihre Natur aber, die von ihrem Gott so gewollte, überwältigt sie jedoch immer wieder. Ich meine dabei, nicht Allen würde dies widerfahren, nämlich ihrem sexuellen Drang nachgeben zu müssen. So sind die Köchinnen der Geistlichen, bei der Bevölkerung, ganz allgemein, zu verdeckten Ehefrauen geworden. Die Menschheit ist nun einmal, komplett gesehen, behaftet von einer überwältigenden Mehrheit von scheinheiligen Philistern und Pharisäern, abhängig zu sein. Wer sich die Politiker ernsthaft unter die Lupe nimmt, wird sich dessen schnell noch deutlicher bewusst. Nur sehr wenige Leute, die sich in politischen Kreisen betätigen, tun dies aus Menschenfreundlichkeit, um der Allgemeinheit zu dienen. Sie haben ausschließlich persönliche Interesse im Blick, die sie mit allen Mitteln zu erreichen suchen.“

H. hatte aufmerksam zugehört und es wunderte ihn wie frei, ohne sich zu schämen, der Kollege über seine Religion zu sprechen wagte: „Warum aber bezeichnest du dich selbst als Katholik, da du doch recht unzufrieden zu sein scheinst.“

„Du hast Recht“, erwiderte P, „ich merke wohl, dass vieles in der katholischen Religion nicht stimmt. Das ist aber in allen Religionen der Fall, denn es gibt nicht nur Heuchler und Pharisäer in Kreisen der Jehovas Zeugen sondern auch inmitten der Katholiken, der Juden, der Islamisten und Mormonen. Ich könnte noch weitere aufzählen, doch es ist mir genau bewusst, dass sämtliche Religionen an eine übernatürliche, und zwar immer die gleiche Kraft glauben. Kurz ausgedrückt, man glaubt an einen und denselben Gott oder übernatürliches Wesen, oder Schöpfer. Genau diese Philister und Pharisäer haben jedoch aus eigennützigem Interesse diesem übernatürlichen Wesen jeweils einen anderen Namen gegeben und hängen aus wohldurchdachten Gründen sympathische, aber überzeugend wirkende, Lebensweisheiten an. Jeder will sein eigenes Schäfchen scheren.

Das hat allerdings sehr wenig mit einer sinnvollen und ehrlichen religiösen Praxis zu tun. Zurzeit ist im heutigen Vatikan ein Jesuit zum Papst gewählt worden, der sich mit den Pharisäern in der Kurie auseinander setzen will. Das geschieht keinesfalls als ob er die Kurie beherrschen wolle. Der neue Papst ist ein Diplomat ersten Ranges, der zurück will zu den Wurzeln aller Religionen und die verkrusteten, historisch belegten Dummheiten sichtbar und fühlbar macht.“

H. war hocherstaunt über diese Bemerkungen seines Freundes. „Ich habe vor kurzen etwas gelesen, das mich köstlich bewegte, aber nachdenklich gestimmt hat. Man sagt diesem Franziskus nach, er hätte einem seiner Würdenträger vorgeschlagen, bei dessen Verabschiedung nach einem Besuch, ihn bis zum Lift zu begleiten. Da hätte dieser etwas argwöhnisch gesagt: „Tust du das um zu sehen ob ich auch wirklich abgereist bin?“ Der Papst soll entgegnet haben: „Keinesfalls, ich will nur sicher sein, ob du Nichts mitgehen lässt.“

Beide lachten über diese eindeutige Antwort. Man konnte sie als baren Ernst, aber auch als grandiose Schalkhaftigkeit aufnehmen.

P. war in seinem Element, denn die Zeugen Jehovas waren sein Steckenpferd. Nicht dass er diese bekämpfen wolle. Er hatte es sich zur Gewohnheit gemacht die Klingelbrüder außergewöhnlich zu loben, für deren Einsatz, den sie wahrscheinlich nur erbrachten, weil sie ebenfalls in diesen versprochenen Himmel kommen wollten.

 „Kennst du das Buch ‚Auch ich war Zeuge Jehovas‘, das angebracht ist auch von dir gelesen zu werden. Ich habe mich mit allen Religionen der Welt ziemlich intensiv auseinander gesetzt. Um das Sammelwerk ‚Religionen der Welt‘ erstehen und studieren zu können, sollte ich auf Anraten meines Kaplans, eine Erlaubnis beim Bischof einholen. Ganz besonders faszinierte mich der Band über die Erscheinungsformen und Wesen der Religionen. Es war natürlich erschwerend zu lesen, wenn Zitate aus griechischen oder hebräischen Vorlagen den Text begleiteten. Zu gerne hätte ich diese Sprachen gelernt, aber einen Sprung in diese Richtung habe ich jedoch gewagt und habe mir die entsprechenden Wörterbücher, also Hebräisch und Griechisch gekauft, was mir aber nur sehr wenig weiter half.

Diese Leseerlaubnis des Bischofs liegt in meinen Akten und heute, Jahre danach, bin ich mir dieses autoritären Unfugs komplett bewusst. Doch dieses ist absolut kein Argument gegen meine Religion. Meine Argumente richten sich gegen jene Leute, die intelligent und gläubig genug waren um sich der Religionswissenschaften zu unterziehen. Doch manchen dieser, aus der Bevölkerung herausragenden Persönlichkeiten, kann ich nachsagen, dass sie vom Wesen Mensch sehr wenige Kenntnisse haben. Man hat sie gelehrt, was nicht zur Religion gehört und was den Kirchgängern immer wieder eingepaukt werden muss. Vom Leben in einer Weltgemeinschaft hat man ihnen sehr wenig, wenn überhaupt etwas beigebracht. Und da bin ich angelangt. Religion hat für mich nur einen Sinn, wenn sie die Einigkeit zwischen zwei Menschen, zwischen zwei Nachbarn, zwischen zwei Nationen, überhaupt zwischen allen Menschen der Erde anstrebt. Franziskus hat die ersten Schritte getan. Weg mit dem Papa Mobil, weg mit der persönlichen Staatskarosse, weg mit dem persönlichen Palastleben, weg von den Bankgeschäften mit der Mafia. Weg mit Eitelkeit, Starrsinn und Hochnäsigkeit. Weg mit der unseligen Untätigkeit im Vatikan. Es gibt genug Aufgaben die nur im Außendienst angegangen werden können. Schluss mit dem Diktat, Schluss mit den Feindseligkeiten zu anderen Religionen. Der Papst hat es gesagt. Die Kurie ist sehr krank.“

H.: “Junge, Junge, du hast es ja auf einmal drauf. Du brauchst kein Priester zu sein um Anhänger zu werben. Du brauchst nicht auf einer Kanzel, oder im Altarraum einer Kirche deine Predigt herunter zu raspeln, die du aus einem Leitbuch für Prediger heraus geschrieben hast. Du führst eine freie, persönliche Sprache und man spürt, dass es dir wirklich Ernst gemeint ist. Du bist sicherlich nicht darum besorgt, um in der Öffentlichkeit hervorzustechen. Ich bewundere dich. Du bist ganz gewiss kein Pharisäer. In der kurzen Zeit, in der ich mich in deinem Umkreis bewege, bist du mir äußerst sympathisch geworden.“

P. : „Das freut mich sehr. Wenn du noch mehr von mir hören, oder erfahren willst, so bin ich gerne bereit deinen Wünschen nach zu kommen. Ich werde dir auf jeden Fall das Buch über die Zeugen Jehovas mitbringen. Ich will aber noch etwas festhalten, was ich jetzt erlebt habe. Du bist keinesfalls neidisch über mich, du hast soviel Verstand, dass es dir keinesfalls schwer fällt so eine Lobeshymne auf mich zu singen. Das haben die Menschen verlernt. Man merkt erstaunt, was in der jungen Generation vorgeht. Sie lebt nur in einem extremen Denken. Extreme Selbstbefriedigung. Egoismus pur. Alle möchten Helden verehren und selbst Helden sein. Schuld ist das System. Nur die Besten werden belohnt. Und da gibt es die Philister, welche ohne die geistigen Voraussetzungen dafür zu haben, sich erdreisten, andern etwas vormachen zu wollen. Das ist der Ursprung des Mobbings. Eine weitaus besser verständliche Bezeichnung ist Psychoterror. Man schikaniert jene die einem im Wege stehen, besonders wenn man sie einschätzt intelligenter zu sein, als man selber ist.“

Herr Grotz war noch einmal ans Fenster gekommen und hat die Straße hinunter geschaut. Das war den beiden Angestellten doch irgendwie fremd. Es war gegen all seine Gewohnheiten. Doch dann drehte er sich um und meinte: „Jetzt sitzt der Bettler wieder neben der Straßenlampe vor der Bank. Sein Hund ist ebenso langhaarig wie er selber. Sein trikoloreres Fell gleicht in der Farbe, dem Ober Bart des Bettlers. Nur die Dichte des Hundebartes ist noch etwas kräftiger.“

Er machte dann eine kurze Pause um dem Erzähler die Möglichkeit zu geben, etwas mehr über diesen Hund zu berichten, denn der Schreiber dieser Zeilen, war etwas aufgeklärter als der Bankier.

Beim Bettler kam diese Bräune von den Zigarettenstummeln, die er, wenn sie abgebrannt waren, längere Zeit noch zwischen den Lippen aufbewahrte. Dem Hund war diese vom Original abweichende Farbe jedoch angeboren, denn er war ein quicklebendiger Terrier, noch näher als ‚Jack Russell Terrier‘ bekannt. Was dieser Jagdhund neben dem Bettler zu tun hatte, konnte nur der Bettler beantworten. Er hatte ihn im Wald aufgefunden, blutend und mit einigen Schrotkugeln im linken Hinterlauf. Er wimmerte noch, war also noch am Leben. Kurz entschlossen hat er ihn in seinen Rucksack gepackt und mit zu seinem ‚Unterschlupf‘ genommen. Der befand sich keinesfalls, wie der Leser jetzt denken wird, irgendwo unter einer Brücke, sondern es handelte sich um eine kleine Villa in einem großen Park. Er ist der Polizei bekannt, weil jeweils andere Beamten ihn des Öfteren festgenommen und vernommen haben. Er gab aber jedes Mal an, er würde an einem Buch schreiben, das sich mit der Psyche eines Bettlers befasst, sowie auch mit der Psychoanalyse der Passanten. Nur so könnte er sich in die Welt eines Bettlers hinein leben. So musste die Polizei ihn wieder laufen lassen. Dies aber, wie bereits erwähnt, war dem Herrn Grotz nicht bekannt. Doch es beschäftigte ihn sehr, denn er glaubte, wenn er ihn zu Gesicht bekäme, einen alten Bekannten zu erkennen. Aber auch heute gelang es ihm nicht, diesen Bekannten zu identifizieren.

Herr Grotz schien sogar gut gelaunt, als er sich einen Stuhl heranzog und meinte: „Ich traue diesen Bettlern nicht über den Weg. Es sind so geheimnisvolle Wesen und seit ich die Geschichte kenne, die ich euch jetzt erzähle, die ich bei meiner Pilgerfahrt nach Lourdes gehört habe,  werden sicherlich auch sie genau so staunen wie ich. In unserm Bus fuhren damals auch 12 Messdiener und ein junger Kaplan mit. Auch sie nahmen Teil an der Prozession zur Grotte, doch unterwegs dahin saßen mehrere Bettler am Straßenrand. Als der Kaplan mit seinen Zöglingen die Prozession und den Gottesdienst hinter sich hatte, rief er seine Chorknaben zusammen und erklärte ihnen, was es heißt, wenn man jemandem die Augen öffnet.

Schaut mal da drüben sitzt ein Bettler, auf einer zerfetzten Decke. Er ist in Lumpen gekleidet. Neben ihm liegt eine leere Flasche, süßen Portos. Vor ihm liegt sein Hut und neben ihm hat er eine Einkauftüte, die keinesfalls dazu dient um Einkäufe zu besorgen, sondern ausschließlich um Einkünfte zu transportieren. Aufgepasst, er hat keinen Hund bei sich, was soviel bedeutet, dass er einen solchen Tierfreund nicht benötigt! In einer halben Stunde ist es vorbei mit den Prozessionen und die Teilnehmer streben ihrem Hotel zu. Dann nimmt die potentielle Klientel drastisch ab. Wir bleiben hier sitzen und warten was sich da abspielt.

Der Kaplan charterte sofort einen Kleinbus und hieß die Knaben und Mädchen einsteigen. So konnten sie nicht in der Straße auffallen. Kurze Zeit darauf, erhob sich der Bettler, erstaunlicherweise im Gleichgewicht, ohne zu torkeln. Er war also keinesfalls betrunken. Er erwischte alle Utensilien, welche er für sein Betteln brauchte, um den notwendigen Eindruck, des enormen Bedürfnisses, zu schinden, als ob er seit langem ausgezehrt sei und kein Dach überm Kopf hätte.

Er hatte sich, perfekt theatralisch auffallend und echt, in seine Rolle als Bettler eingelebt. Der Kleinbusfahrer fuhr etwas entfernt hinter ihm her, bis der Mann in eine ruhige Seitenstraße einbog.  Die Beobachter dachten dieser Mann würde hier irgendwo unter Bäumen hausen, doch wollten sie nicht sofort und auffällig in die Nebenstraße hineinschauen, um zu sehen wohin er sich begeben hatte. Der Kaplan warnte sie sofort, dass dies keinesfalls notwendig wäre. Sie brauchten auch nicht, denn zu ihrem Erstaunen, kam derselbe Mann kurze Zeit später wieder aus der Nebenstraße heraus und war komplett anders gekleidet. Er verriet sich nur durch die bereits erwähnte Einkaufstasche.

Man muss sich vorstellen, dass sich in dieser Straße eine Möglichkeit gab, wo er sich unbeobachtet umziehen konnte.

Der Kleinbus mit den Chorknaben blieb auf Distanz, folgte aber mit großer Spannung, dem jetzt gediegen gekleideten Herrn, bis in an eine andere Nebenstraße. Der Kaplan  hieß den Fahrer gegenüber der Einfahrt in diese Straße zu parken, damit die Chorknaben und Mädchen beobachten konnten, wohin der Mann sich begab.

Sie gerieten nicht aus dem Staunen als der angebliche Bettelmann sich hier in ein Mercedes setzte und rückwärts aus der Straße herausfuhr. Das schockierte die Chorknaben und - Mädchen dermaßen, dass sie den Kaplan bearbeiteten, doch die Polizei sofort zu rufen. Dieser mahnte jedoch zur Ruhe, denn der Kleinbusfahrer, fuhr jetzt in größerer Distanz hinter dem silberfarbigen Mercedes her. Erst einige Kilometer hinter Lourdes schwenkte der Bettler mit seinem Wagen in eine parkähnliche Gegend ein. Dann fuhr er, durch ein sich per Fernklick öffnendes Schmiedeeisentor. Weit hinter den verschiedenartigen blühenden Ziersträuchern und Bäumen, sahen die Businsassen ein herrschaftliches Gebäude, wo der Mercedes alsdann in einer Garage verschwand.

Der Kaplan erklärte bei der Rückfahrt zum Hotel, den verdutzten Kindern, wie die Gesellschaft der Menschen funktioniert und dass man höllisch aufpassen muss, um nicht auf Schritt und Tritt übers Ohr gehauen zu werden.

Seit dieser praktischen Lehrstunde, die Knaben und Mädchen selbstverständlich zuhause ihre ebenfalls überraschten Eltern das Erlebte erzählten, gab es an deren Haustüren kein Erbarmen mehr. Man hatte sich entschlossen, eventuelle Hilfsgüter oder Spenden an einem der akkreditierten Hilfswerke ab zu geben. Ich habe erst später die ganze Geschichte erfahren, denn der Kaplan hatte uns die Messdiener anvertraut, um diese mit nach Hause zu nehmen, weil er von Lourdes aus den Pilgerweg nach Santiago de Compostela gehen wollte. Insgesamt 856 km, für welche man normalerweise 178 Stunden Gehzeit einrechnen muss.“

Das Gespräch wurde abgebrochen. Der Knadderer schritt zurück in sein Büro und begann einzupacken. Es war Schicht, so nannte man es.

Diese Zeremonie war alltäglich dieselbe. Herr Grotz legte zuerst die von ihm, in vorgetäuschter Weise, noch zu bearbeitenden Akten, in den Schrank. Das war der Start des Zusammenlegens, auch für die beiden Beamten. Die benutzten Utensilien kamen ebenfalls in den Schrank. Blei- und andere Stifte, verschwanden in einer Schachtel. Der Stuhl rutschte unter das Pult. Neonbeleuchtung wurde ausgeschaltet. Dabei erinnerte Herr Grotz sich an diesen blaustichiger Dämon, der ihm begegnet war. Glücklicherweise war dieser in seine Welt der Halluzinationen zurückgekehrt. Er sah im Geist noch wie der Dschinn mit seinen gelblichen Schlitzaugen zwinkerte.

Dann stellte er sich beobachtend in seine Bürotür, von wo aus er eine gute Übersicht hatte. Er wollte zusehen wie sich die beiden vor dem Verlassen des Büros anstrengten, um einen tadellosen Raum zu hinterlassen.

Als die Beamten auf Wiedersehen gesagt hatten, ging er noch einmal zum Fenster, prüfte ob es geschlossen war. Schaute noch einmal die Straße hinab, ob nicht zufällig eine rothaarige Frau mit Hotpants auf dem Trottoir stand. Dann inspizierte er die Tür der Bank, um abschließend seine beiden Hände an den Tresor zu legen. Die Panzertür gab auch beim dritten Versuch nicht nach, was ihm die letzte Gewissheit gab, alles überprüft zu haben, bevor er selber den Schalterraum verlies, um nach oben zu gehen. Den Hut, sowie den Überzieher, liess er, neben dem Regenschirm, auf dem Mantelträger zurück. Hinter sich schloss er ebenfalls zweimal ab und stieg gemächlich die Treppe hoch, und liess sich, ohne sich nach seiner Frau umzusehen, im Sofa seines so bezeichneten Living nieder, wo sich auch der Fernseher befand. Der blaurote Ara, im überdimensional großen Vogelkäfig, freute sich gewaltig jetzt nicht mehr allein zu sein und rief mit feierlicher Stimme: „Charly, küss mich.“     

Es war eigentlich eine ausgedehnte Zimmer Voliere, die es dem Papagei ermöglichte, kurze Strecken zu fliegen. In dieser Voliere, aber abgetrennt vom Flug Raum, pflegte Frau Grotz, mit großem Erfolg Zimmerorchideen. Sie war ein Orchideennarr und Benjamin, so hieß der Vogel, hatte so viel Grünzeug und Blüten um sich herum, so dass er sich nahezu wie in seinem Heimatland fühlte.

„Na, Ben, “ das war ein Kurzwort für Benjamin, benutzt vom Hannes, „bist du nun besser gelaunt, dass ich wieder bei dir bin? Ja, ich weiss, du hattest wieder deine Schrullen.“

Seine Frau ist in der Küche fast von Stuhl gefallen, als sie den Vogel sprechen hörte. Das was er von sich gab, war verräterisch und es schoss ihr durch den Kopf, dass recht bald der Augenblick kommen wird, an dem sie dem Tier den Hals umdrehen müsse, damit er seinen Schnabel halte. Man konnte ja nie wissen über welches Lernvermögen dieser schräge Vogel verfügte. Noch war sie sicher, dass ihr Mann dem Gehabe des Vogels keinesfalls volle Unaufmerksamkeit schenkte.

Dieser erhob sich sogar und griff in die Kiste mit den Erdnüssen, wovon er einige durch das Gitter in den Fressnapf des Vogels fallen liess. Er traute dem Schnabel des Vogels nicht mehr, weil dieser ihm einmal recht schmerzhaft in die Finger gehauen hatte. Dies war ihm aber erklärlich, weil er es über längere Zeit versäumt hatte, dem Vogel einen Gefallen zu tun.

Doch zurück nun zu mir selber. Ich lag für diese Nacht auf dem Rücken des Geldstapels, der sich horizontal in einem Geldkasten befand. Ich hatte also keine freie Sicht, nach draußen. Da Gama wahrscheinlich nur sehr wenig, denn inzwischen war der Abend mit schneller Dunkelheit herein gebrochen. Was mir jedoch gefiel war der Umstand, dass der Luftstrom den Schein mit der Rückseite nach vorne abgelegt hatte, während alle anderen Scheine mir die Vorderseite zeigten.

Naja, das bedingte, dass Bigamie mir sogleich durch den Kopf ging, denn ich geriet ins Strudeln, welche der beiden Schönen ich nun bezirzen sollte. Ehrlich gesagt, es war auch für mich ein aufregender Tag und so kam ich glatt nicht dazu, mich irgendwelchen Anbiederungen zu bedienen. Ich war ganz einfach zuvor eingeschlafen.

Der erste Sonnenstrahl fiel in den Kassenraum, als ich erwachte. Etwas später hörten wir, dass zwei Autos vor der Bank geparkt wurden. Schlüssel wurden in Türschlössern bewegt, was es den Beamten erlaubte in ihren Ring zu steigen. Die Bürotür des Herrn Grotz tat sich ebenfalls auf und man begrüßte sich gegenseitig, allerdings wie jeden Tag, gestellt sehr höflich, mit: „Wünschen einen Guten Tag Herr Grotz. Hoffentlich wird die Sonne uns noch lange erhalten bleiben.“

„Guten Tag ihr beiden. Habt ihr euch gestern Abend noch gut amüsiert? Ich habe euch beide im Fernsehen gesehen. Was war das denn für eine Veranstaltung, wo ihr beide zu sehen ward?“

Herr Grotz gab sich also sofort wieder gesprächig. Ohne die Erklärungen seiner Beamten abzuwarten, fuhr er fort: „Man sieht dass die Zeit der Ferien angebrochen ist. Keine Kunden, keine Telefone, keine außergewöhnliche Arbeit.“

„Und doch“ meinte P. „Manchmal gibt es unverhofft Aufregung. So wie mit dem Zigarettendampf, wofür wir uns entschuldigen. Dann die hübsche Irin, die etwas Sommerliches ausstrahlte, und das Intermezzo mit dem Geldschein.“ Schnell wollte er von der guten Laune des Chefs profitieren.

„Herr Grotz, haben sie ein wenig Zeit, ich wollte sie um eine Auskunft bitten, da ich weiss, dass sie sich nahezu als Experten ausgebildet haben in punkto Fisch am Freitag. Sie haben uns ja am Freitag gerügt, weil sie gehört hatten, dass wir Pferdepfeffersteak bestellt hatten im Restorante. Es würde mich interessieren, welche Fische sie denn beim Essen bevorzugen?“

Grotz: „Fische, ja die sind zum Steckenpferd geworden und ich habe mir im Laufe der Zeit so meine Meinung gemacht, an der ich selber manchmal leiden muss, weil die Lust auf einen bestimmten Fischgeschmack, manchmal von einem Fischgericht bekannt ist, dessen Fisch ich aber meide, weil ich so manches, über den Fang, die Herkunft, deren künstliche Zucht, die verbrauchten Futtermittel erfahren habe, und noch einiges mehr.“

H. „Wir essen zuhause gerne Fisch. Meine Frau macht dabei aber wenig Unterschiede und wenn uns einmal eine Sorte und deren Zubereitung gut geschmeckt haben, dann ist es durchaus der Fall, dass dieser Fisch öfters auf den Tisch kommt. Meine Frau, zum Beispiel, ist auf geräucherten ‚saumon fumé‘ eingeschossen, wobei ich eher auf Abwechslung aus bin. Namen kennen wir nicht, meine Frau erkennt sie wieder an ihrem Aussehen und sie braucht nur mit dem Finger darauf zu zeigen, wenn sie ihn kaufen will.“

Grotz: „Naja, viele Leute handeln blindlings beim Einkauf, egal von welchen Produkten die Rede ist. Wer nichts weiss muss glauben. Nehmen sie doch einmal diesen so beliebten geräucherten Lachs. Haben sie schon einmal aufgepasst von woher dieser stammt. Da gibt die Konkurrenz sich sehr viel Mühe um Käufer anzulocken, sie mit allerlei Geschäftstricks zu betören, ja sogar um ihnen eine gewisse Meinung aufzudrängen.

Auf den Packungen kann man ganz allgemein die Herkunft des Lachses erforschen, doch bin ich bereits da sehr vorsichtig geworden, denn was da alles unter welchem Namen an die Käufer gebracht wird, das gibt manchmal zu bedenken.

Räucherlachs kann von vielen Fangplätzen herkommen, und was man beim Kauf nicht erfährt, an welchen der vielen Räucherplätzen und wie sie dort aufbereitet wurden. Ob sie kalt oder warm geräuchert wurden? Dann kommen die Verpackungen, die keinesfalls bescheinigen, dass das was auf ihnen gedruckt ist, sich auch im Innern befindet. Mir sind folgende Fangplätze bekannt. Alaska aus dem Pazifik, Alaska aus Flüssen. Kanada aus Flüssen,  Island in Flüssen, im Meer und aus Züchtereien im Meer. Irland, direkt aus dem Meer, ebenfalls aus Zuchtinseln im Meer, Schottland an der Westküste direkt im Meer. Es folgt, vermehrt aus Züchtereien im Meer, zwischen Irland und Schottland und das entlang der beiden Küsten, wobei der Golfstrom eine beachtenswerte Rolle spielt. Dann folgen die Ostküsten von Schottland, und sogar die schottischen Highlands. Weiter nach Osten gibt es Räucherlachs aus dem schwedischen Küstengewässer, im freien Fang und aus Züchtereien, in großen Käfigen im Meer, mit Fütterung an jedem Tag, was das Wachstum anormal beschleunigt. In Schweden wird hauptsächlich an der Ostsee gefischt. Es gibt dort über 100 Anlagen, in welchen Aquakultur betrieben wird. Dazu werden jährlich mehr als 2,25 Millionen Lachssetzlinge allein in Flüssen ausgesetzt, die in die Ostsee münden.

Dann bleiben wir in der Ostsee, wo der Lachs speziell mit Lachsangeln gefangen wird. Mit Schleppangeln werden die kapitalen Lachse von Angelreisenden wie Jagdtrophäen, gefangen. Es ist aber auch bekannt, dass die Wasserqualität der Ostsee sehr fragwürdig werden kann, besonders bei Hitzewellen. Weiter nach Westen kommen wir dann in die Fanggebiete, der Nordsee, des Ärmelkanals, der französischen Nordküste um über die Westküste, bis hinunter in den Golf von Biskaya zu gelangen.

Die meisten der Angebote hierzulande, stammen aus einem dieser Fanggebiete. Nun was kauft jetzt der Kunde? Schaut er auf die Zahl der Fischstücke, die verpackt wurden? Sticht ihm die Verpackung ins Auge. Hauptsächlich aus Konkurrenzgründen, gibt es ziemlich einheitliche Verpackungen. Man sollte sich dessen bewusst sei, dass diese nahezu einheitliche Verpackungen aus dem Lager eines Grossisten stammen. Na da beginnt bereits das Nachdenken, ob man dort nicht versucht ist, manchmal die Herkunft des Fisches zu verwechseln?

Dann schaut der Kunde auf die Herkunft, zumeist ohne irgendwelche zusätzliche Kriterien zu beachten, die aber gewusst sein sollten bei der Auswahl, zumal wenn man sich an eine Herkunft gewöhnen will. Doch das Problem liegt im Detail.

Beginnen wir in Alaska. Fisch aus dem Meer. Vor 25 Jahren lief der Tanker „Exxon Valdez“ vor Alaska auf ein Riff, mehr als 2000 Kilometer Küste wurden von auslaufendem Öl verseucht. Bis heute hat sich die Region nicht vollständig von der Katastrophe erholt. Ich kann nicht behaupten, diese Fische seien nicht sauber, aber ich vermute es. Ich meide sie also, das ist etwas was ich tun kann, sowie auch den Alaska Wildfang aus den Flüssen. Ich habe auf Bildern und in Natura, die Zähne von Indianern gesehen, die sich hauptsächlich vom Lachs ernähren. Diese Bilder geben mir zu bedenken. Das betrifft alle Fanggebiete in Kanada und an der Ostküste. Hier führen viele Flüsse Quecksilber, herrührend von Goldsuchern. Dieses Quecksilber, frisst ganz gewiss nicht nur den Kalk der Zähne eines Indianers.

Gefallen tun mir alle Fanggründe Islands, sowie diejenige Irlands. Ich bevorzuge aber dessen Westküste, zuerst aus dem offenen Meer, dann erst folgt die Aquakultur. Ich hatte das Glück einmal oben auf den Klippen von Moher, man beachte dass ich ausdrücklich sage „zu liegen“. Es gibt nämlich zwei Gründe, warum man dort nicht aufrecht stehen kann. Da sind einmal die trügerischen Winde, die einen in den Abgrund saugen könnten, doch dasselbe kann auch ein plötzlich auftretendes Schwindelgefühl provozieren. Der Ausblick hinaus auf den von Wellen gepeitschten Atlantik verrät einem dass hier ein gewaltiger Austausch von Frischwasser und Sauerstoff stattfindet, was einem gesunden Fischfang entgegen kommt. Die Felsen ragen an vielen Stellen nahezu senkrecht aus dem atlantischen Ozean und erstrecken sich über mehr als acht Kilometer. Am Südende, dem Hag’s Head, haben sie eine Höhe von ungefähr 120 m, nördlich des O’Brien’s Tower erreichen sie sogar 214 m.

Ich bin aber bereits überfragt, wenn ich mir vorstelle, wie dort die Räuschermethoden sind, kalt- oder warm geräuchert, welche die Qualität des Fisches, absolut unterschiedlich verändern. Einverstanden, der Fisch soll gut schmecken, doch wer sagt mir wie sich die Proteine des Kollagens im Fisch verändern. Geschmack darf keinesfalls eine gesunde Vorsicht übertrumpfen.

Für Schottland habe ich meine Bedenken, besonders die Gewässer zwischen Irland und Schottland. Dort liegen auf dem Meeresgrund Unmengen von gefährlichen Stoffen, aus Kriegszeiten, die mir zu bedenken geben. Wenn verschiedene Ummantelungen einmal durchgerostet sind, dann wird es wohl für den Fischfang ungemütlich werden, und niemand wird uns verraten ob das nicht bereits der Fall ist. Die Ostküste ist meines Erachtens nicht so sehr vom Golfstrom durchspült, wie die Westküste von Norwegen. Da jedoch besteht im Hochsommer stets höchste Alarmstufe. Die Vorwarnungen hierfür kommen bereits aus dem Golf von Biskaya. Gefährlich ist nämlich, und zwar tödlich, eine Rotalge, die an der amerikanischen Ostküste, besonders in Nord- und Südkarolina, sich manchmal verheerend ausbreitet.

Im Oktober 1995 kam es in Nordkarolina zu einem dramatischen Fischsterben, nicht nur an der Küste, im Meerwasser, sondern auch in dem Binnengewässer. Es stellte sich heraus, dass ein Mikroorganismus, eine rote Alge, an dem Unheil schuld war. Als ich in Charleston einem der vielen Hafenkneipen, Fisch essen wollte, bemerkte ich glücklicherweise ein Schild, auf dem ich wie gewohnt einige Menus erwartete. Doch auf diesem Schild stand nur geschrieben. „We serve fish, at your own responsability.“ Wir servieren Fisch auf ihre eigene Verantwortung. Ich war perplex. Ich wollte mehr über dieses Problem erfahren und geriet in ein Problemgebiet, worüber die Wenigsten Bescheid wissen.

Doch was hat das nun mit dem Fischfang in Norwegen zu tun, so werdet ihr euch fragen? Nun, ich kann hier eine knappe Erklärung abgeben. Wer mehr darüber wissen will, kann sich in vielen Veröffentlichungen informieren.

Fakt ist, dass die skandinavischen Länder ein Alarmsystem aufgebaut haben, vom Golf von Biskaya, bis weit hinauf an die Nordseeküste. Schlagen diese Kontrollstellen Alarm, dann werden die Aquakulturen Norwegens weit höher hinauf ins Eismeer gerückt, weil diese rote Alge, angeblich kaltes Wasser nicht verträgt. Wer aber sein Wissen weiter vertieft, wird bald erschrecken, denn dieser Mikroorganismus gleicht einem Tarnkappenflugzeug. Er tritt in mannigfaltigen Formen auf, und diese Fähigkeit, so wandelbar zu sein, macht ihn auch äußerst gefährlich. Aber nicht nur Fische sterben, wenn sie befallen werden und es bedarf dabei eigentlich nur sehr weniger dieser Organismen, in einem scheinbar noch nicht sichtbar infizierten Fisch, um auch dem Menschen höchst gefährlich zu werden. Daher habe ich meinen Konsum an Muscheln und Fischen, fast bis auf den Null Bock reduziert. Wie diese Mikroorganismen im menschlichen Körper reagieren, ist keinesfalls genau bekannt. Okadainsäure tritt in wahrscheinlich allen Muscheln europäischer Küsten auf, die von Dinoflagellaten produziert wird. Viele Krankheitsmöglichkeiten gibt es, deren Ursprung man noch immer nicht erfassen kann und diese Mikroorganismen, aus wärmeren Gewässern, dürften die Urheber sein.

Sie werden sogar gleich fragen, wieso diese Algen aus Amerika an den Küsten von Europa auftauchen können. Das Transportsystem ist nicht, wie man sofort meinen könnte, der Golfstrom, sondern die Schifffahrt. Die Alarmglocke läutet, wenn in den Überwachungssystemen von Maryland, sogar die geringsten Pfiesteria-Ausbrüche erkannt werden. Viele Fischer an dieser Küste leiden, durch den Verzehr ihres Fanges, an Gedächtnisschwund und erholen sich teilweise, wenn die Gefahr während kälteren Perioden, gebannt scheint. Es gibt weitere nebulöse Erkrankungen, die nicht gedeutet werden können.

Alle Schiffe, welche zwischen der Carolinischen und der französischen Westküste pendeln, müssen jeweils frisches Balastwasser aufnehmen, egal an welcher Küste sie abfahren. Das bedingt, dass alles Abwasser zuvor abgelassen werden muss, um dem Frischwasser Platz zu machen. Charleston ist einer der größten Containerhäfen, an der Ostküste Amerikas. Über dreißig Handelsschiff Linien fahren mehr als 150 Länder an. Ihr beiden könnt euch vorstellen, wie sich dabei die Alge verbreiten kann und eben auch, weil die Anpassungs- und Wandelfähigkeit unwahrscheinlich bedeutend ist, diese Mikroorganismen sich wahrscheinlich auch an bisher, als weniger gefahrvoll eingeschätzten Küsten, vermehren können.

In Anbetracht dieser Kenntnisse hat sich bei mir ein Wortspiel breitgemacht. Aus dem ‚Saumon fumé‘ wurde ein ‚Saumon fumier‘. Ich esse demzufolge nur noch Fische welche entweder aus den Gewässern rundum Island, sowie an zweiter Stelle, solche die an der Westküste von Irland gezüchtet oder im Meer gefangen werden. Allerdings kann ich meinen Gelüsten nicht immer wiederstehen und bestelle in der häuslichen Küche Jakobsmuscheln, welche bevor sie serviert werden mit einem Schuss Glenfiddish ‚getauft‘ wurden. Als die besten Fanggebiete der Großen Pilgermuschel gelten Schottland, Frankreich und Irland. Fangsaison ist von November bis März, die Muscheln werden ganzjährig tiefgefroren angeboten.

Bei den schmackhaften Tilapia, sowie bei dem meist noch bevorzugten Wels Pengasius, ist gewusst, dass sie aus Züchtereien kommen, sogar aus Asien oder Amerika, deren Qualitätskontrollen uns aber nicht erreichen. Diese gehören noch ausnahmsweise in meine Auswahl. Ich kann mir aber nicht vorstellen wie ein Volk lebenslang sich ausschließlich am Bacalhau, dem Stockfisch, in Suppen, Salaten, Vorspeisen (Pastel de Bacalhau), Hauptgerichten und sogar im Dessert, ernährt. In Portugal werden pro Jahr und pro Kopf über 20 kg Bacalhau verspeist. Man ist von der sicherlich einseitigen Ernährung, die billig zu haben war, abgekommen. Tilapia kenne ich aus der Aquaristik. Es handelt sich um einen Buntbarsch, der einst nur in Afrika zu fangen war. Er tritt jetzt massenhaft im Nasser Stausee auf, was den Ägyptern äußerst genehm ist. Pengasius aber ist ausschließlich in Asien beheimatet, wo er ebenfalls in Aquakulturen gezüchtet wird. Meistens vermisst man die Herkunft dieser wohl schmeckenden Speisefische, doch sind Bedenken unvermeidlich. Wie standhaft man sein kann, ist eine andere Frage.“

… er schaute kurz auf seine Armbanduhr, um dann in seiner interessanten Erzählung weiter zu fahren.

„Muscheln in Arlon zu essen, das war einst eine Marotte. Jedes Mal wenn ich in angenehmer Gesellschaft war und ein selten aufkommender Augenblick der Redeflaute kam, wo man sich fragte, was machen wir denn jetzt? Dann war meistens mein Vorschlag zu hören. Lasst uns nach Arlon fahren, um dort Muscheln zu futtern. Und so geschah es öfters. Ich sehe sie noch immer vor mir, die roten Gusseisernen Töpfe, im Bahnhofsrestaurant, in welchen die Muscheln aufgetischt wurden. Wenn man den Deckel hob, erblickte man in der Mitte eine goldige Zwiebel, um welche herum die Muscheln gähnten. Der ausströmende vollaromatische Duft, trieb einem sofort Säfte in den Mund.

Ich muss aber unbedingt noch ergänzen, was etwas später geschah, als meine Familie gemeinsam mit der Familie meines Freundes, also insgesamt 9 Personen, in einem Jugoslawischen Restaurant in Beles, Miesmuscheln bestellten. Vier Erwachsene, drei Buben und 2 Mädchen saßen an einem großen Tisch, als wir die Speisekarte studierten und ‚Moules à la crème‘ bestellten. Im Angebot waren auch ‚Moules au vin blanc‘. Es dauerte nicht lange bis unsere Schlemmerei begann. Als wir die erste Portion bewältigt hatten, war die zweite Portion bereits im Anmarsch. Bei der dritten glaubten die Erwachsenen doch auch die ‚Moules au vin blanc‘ zu probieren. Also noch einmal ‚à la crème‘ und ‚au vin blanc‘. Unglaublich wie diese Muscheln uns schmeckten. Dazu gab es Pommes frites und die Damen verzehrten ein wenig vom grünen Salat. Der Wirt war überaus glücklich, so zufriedene Gäste zu beköstigen und so brachte er ohne aufgefordert, eine vierte Portion für die Kinder ‚à la crème‘ und eine zweite Portion ‚au vin blanc‘ für die Erwachsenen. Dem dreiviertel Liter Weißwein, den wir dabei schlürften, hatten wir schnell den Garaus gemacht, so dass auch diese Flasche ersetzt werden musste.

Natürlich wurde viel diskutiert und besprochen, sowie Pläne geschmiedet, für die nächsten, vielleicht gemeinsamen Ferien. Diese planten wir bei einem Freund zu verbringen, der sich in Valras-Plage eingenistet hatte.

Beide Töpfe waren wiederum bald geleert und die Muschelschalen zu einem riesigen Stapel angewachsen, der unbedingt abgeräumt werden musste. Der Wirt machte keine Anstalten uns zu fragen ob wir genug Muscheln gehabt hätten, doch fühlte er sich verpflichtet zu fragen ob die ‚moules au vin blanc‘ ebenso köstlich gewesen wären. Wir lobten auch diese Geschmacksrichtung und da hätte der Wirt uns keinesfalls verraten dürfen, dass die Mischung beider Methode ebenfalls sehr oft bestellt wird.

Nachdem wir uns gegenseitig kurz angeschaut hatten, stach es mich, weinbedingt übermütig zu sagen, „dann möchten wir diese Mischung auch noch probieren.“ Die Frage ob nicht zu viel Alkohol mit gemixt werde, verneinte der Wirt und verschwand um, wie bestellt, bereits mit der dritten Flasche Wein aus Luxemburg, zu erscheinen. Ich kann mir kein anderes Getränk vorstellen, das bei Muscheln angebracht wäre. Kalt und süffig muss er sein. Nach dem Öffnen der Flasche und einen kurzen Plausch mit uns, hatte der Wirt nahezu allen anderen Gästen auf Wiedersehen gesagt. Die noch ausstehenden Kostbarkeiten wurden alsbald aufgetischt.

Was uns dann blühte, krönte das festliche Schmausen und wir scheuten keine Mühe um diese Schalentiere ebenfalls restlos zu vertilgen. Der Wirt, zusammen mit seinem Koch, der sich die Schlemmer ansehen wollte, kam an unsern recht lustig gewordenen Tisch um zu fragen, wie wir diese Art der Zubereitung beurteilen würden. Er erschrak alsdann ersichtlich als wir ihm verrieten, diese hätten uns am besten geschmeckt und wenn es deren noch hätte, sollte er uns noch eine gleiche aber diesmal letzte Portion servieren. Er kam etwas näher an unsern Tisch und meinte. Es ist ja für einen Wirt sehr erfreulich, wenn es den Gästen so gut schmeckt wie Ihnen, ich muss sie aber leider bitten mich zu verstehen, dass diese Portion nicht als Zugabe zu betrachten sei, da müssen sie doch etwas beim Preis drauflegen. Wir waren sofort einverstanden, weil das Zusammenspiel aller Faktoren an diesem gemeinsamen Gourmettisch, uns wirklich verführte, unseren Gelüsten noch einmal zu frönen. Allerdings ließen dabei die beiden Damen uns Männer im Stich, was wir ihnen auch gar nicht verübelten.

Dann überkam es mich, wie vom Blitz getroffen. Ich fühlte mich zwar Sauwohl, wahrscheinlich ein wenig bedingt durch den Weingenuss, denn komischer Weise nur im Kopf, machten mir diese Unmengen von vernaschten Tierchen Probleme, über die ich schon so manch Unerfreuliches gehört und gelesen hatte. Dabei wusste ich dass diese Tiere nicht aus dem Ärmelkanal stammten, und wie die Qualität des Wassers dort ist. Diese Muscheln trugen die Bezeichnung: Moules Vertes de la Nouvelle Zélande. So war es wenigstens auf den gestapelten leeren Kisten im Hofe des Hauses, aufgeklebt. Diese kommen vor nur in den Gewässern um Neuseeland. Die Grünschalmuscheln werden in Neuseeland in großen Aquakulturen gezüchtet und zum größten Teil als „Neuseeländische Grünschalmuschel“ exportiert. Ein kleinerer Teil wird gefriergetrocknet, pulverisiert und zu Pharmazeutika und Nahrungsergänzungsmitteln verarbeitet.

Es ward mir immer deutlicher bewusst, dass ich an diesem Tisch, wenn die Bezeichnung „Moules de la Nouvelle Zélande“ getrickst war, unverantwortlich für meine Gesundheit, eine Menge möglicher Schadstoffe vertilgt hatte. Denn ich werde dem Anblick und dem Wissen nicht los, dass die schönsten Miesmuscheln nahe den Abfallkanalisationen geerntet werden. Mit diesem Wissen im Hinterkopf, verkündete ich kaltschnäuzig und sogar mit echter Überzeugung. ‚Dies waren die letzten Miesmuscheln, welche ich in meinem Leben gegessen habe. ‘

Die Miesmuscheln hatten mich miese gemacht.

Man wird es wohl nicht glauben. Dreißig Jahre lang bin ich diesem Entschluss treu geblieben. Vor kurzem jedoch hat, ein gemeinsames Essen mit sehr guten Freunden, mich dazu bewogen den bestellten Abendschmaus, entgegen meines lange treugebliebenen Vorsatzes, voll zu genießen.

So Jungens, ich habe noch zu tun.“

Er erhob sich und spazierte selbstzufrieden in sein eigenes Büro und schloss hinter sich die Tür. Herr Grotz hatte ihnen bei seiner Erzählung auch gezeigt, dass er den Spottnamen Knadderer eigentlich nicht verdiene.

Am Samstag und Sonntag brannten keine Lampen in der Bank. Es war sehr still doch etwa kühl in der Stahl Kassette in welche man uns verstaut hatte und ich verblieb regungslos liegen bis am Montagmorgen, wo ich sehr geräuschvoll, mit meinen Kumpanen, auf dem Kassenschalter aufknallte. Ich hörte noch dass Herr Grotz bereits ziemlich aufgeregt meldete. Die Kassen Revisoren haben sich für Ende der Woche angemeldet. Macht gelegentlich alles bereit, damit ich dieselbe noch vorher prüfen kann.

Ich habe ein weiteres Gespräch zwischen den beiden Bankbeamten in ihrem Vorgesetzten aufgezeichnet.


 

Der Irin 2ter und letzter Auftritt

 

P. “Könnt ihr euch vorstellen, wem ich am Samstag begegnet bin. Ich war bereits am Morgen mit meinem Fotoapparat unterwegs, auf den Mauern der Festung Luxemburgs. Ich habe dort herrliche Bilder geschossen, besonders unten im Tal, wo die Festungsmauern gewaltig hoch und doch so flach und gekräuselt, sich im Wasser der Alzette spiegeln. Das Tageslicht muss mitspielen und das verhält sich jedes Mal anders.

Auch den Wenzel Pfad bin ich aufgestiegen, denn hier kann man nicht mehr von Gehen sprechen. Und bei den Drei Eicheln habe ich die wieder hergestellte Befestigungsanlage des Forts Thüngen und das neue Museum abgelichtet. Dieses Museums Projekt war heiß umstritten, denn der Architekt Ieoh Ming Pei, hatte die gesamte Befestigungsanlage ins Museum einbeziehen wollen, wobei der historische Teil zerstört worden wäre. Heute spricht niemand mehr davon. Der Name des Architekten Pei ist vergessen. Ich erwähne dieses Detail nur weil ich bei meiner Reise nach China, den schönen „Garten der Löwen – oder auch Löwenwaldgarten)“ der Familie Pei in Suzhou besichtigt habe. Ich war überwältigt. Beeindruckend war, dass es sich dabei keineswegs um ein einziges Gebäude handelt. Der Familienclan der Pei hatte verschiedene Wohnhäuser rundum eine Gartenanlage errichtet, wo Teiche, wunderbare Felsbrocken, die man Taihu Steine nennt und eine Unmenge von grünen und blühenden Pflanzen meine Blicke anzogen. Eine träumerische Insel inmitten einer der großen Millionenstädte, die dem Bezirk Suzhou zugeordnet sind, was mir sehr romantisch und besinnlich vorkam. 

 

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                                Diese Taihu-Steine sind außergewöhnliche und teure Blickfänge und die romantischen Chinesen haben jedem Stein einen wohlklingenden Namen verpasst. Sie bestehen aus porösem Kalkgestein, das meistens von der Westberg-Insel im Taihu-See stammt. Sie wurden für mehrere Jahre in den See gelegt und dem Wasser ausgesetzt. Auf diese Weise entstehen löcherige, bizarre Formen. Manche chinesische Herrscher, sind beim Kauf solcher Steine Bankrott gegangen.

        

 

Dieses originelle Steinboot hat jeden Besucher verblüfft.

H: „ Du hattest schon mal erwähnt, dass du in China warst. Ist es denn so interessant dort, dass es sich lohnt das Land zu besuchen?“

P.“ Nur eine organisierte Reise, die über 3 Wochen hinaus dauert, wird beim Reisenden einen Eindruck hinterlassen, den er sobald nicht mehr vergessen wird.

In Suzhou habe ich folgende Gärten besucht: Liu Yuan – Der Garten des Verweilens, Lizhi Lin – Löwenwaldgarten; Der Löwenwaldgarten liegt im Nordosten der Stadt Suzhou und gehört zu den Gärten, die den klassischen chinesischen Stil vertreten. Er erstreckt sich über eine Fläche von 10.000 Quadratmetern und umfasst zahlreiche Pavillons und Türme aus unterschiedlichen Zeiten und mit jeweils eigenen Geschichten. Insgesamt ist der Garten vom Stil des Zen Buddhismus geprägt.

 

In Wikipedia habe ich folgende Beschreibung gefunden:

 

Der im 14.Jh. erbaute Löwenwaldgarten befindet sich nur wenig entfernt vom Garten des Bescheidenen Beamten Yuan und wurde von einem Mönch entworfen, der seinen Lehrer ehren wollte. Daher gehörte das kleine Paradies zunächst zu einem buddhistischen Kloster, verfiel jedoch rasch. 1589, 1771 und 1917 musste er restauriert werden, bevor er 1954 für die Öffentlichkeit geöffnet wurde.

Der Löwenwaldgarten hat seinen Namen von den vielen Steinformationen, die allesamt Löwen in jeglichen Positionen ähneln. Teilweise sind diese so in einem Labyrinth angeordnet, dass sie besondere Blicke auf sich im Wasser spiegelnden Figuren oder Pflanzen freigeben. Das Zentrum des Gartens bildet ein riesiger Felsenberg, um den herum kleine Gebäude die malerische Landschaft komplettieren. Sie bilden mit ihrer eigenen wechselhaften Geschichte die historische Wandlung des Gartens ab. Eine gewundene Galerie umgibt die gesamte Anlage und gibt zahlreiche abwechslungsreiche Blickwinkel frei.


Der Zhenqu Pavillon wurde 1765 nach Willen des Kaisers Qianlong errichtet, nachdem dieser den Garten mehrmals besucht und großen Gefallen an ihm gefunden hatte.


Die Halle des Anhaltenden Schnees und der Pavillon zur Begrüßung der Pflaumen sind weitere interessante Orte des Gartens. Die Möbel des Pavillons sind mit Schnitzereien von Pflaumenblüten geschmückt.

 

Noch schöner fand ich den Garten des Meisters der Netze. Ich war erstaunt über die äußerst romantischen Bezeichnungen der verschiedenen Gartenteile: Haus des Blütenpflückens, Bibliothek der Fünf Gipfel, Studio der Gesammelten Leere, Klause des Tiyun -Tals, Gang des Entenschießens, Haus des Einsamen Zweiges neben dem Bambus, Haus des Erblickens der Kiefer und des Betrachtens der Blüten, Pavillon "Der Mond ist aufgegangen und der Wind kommt", Haus des Kleinen Hügels mit dem Zimtbaumhain, Haus der Verwirklichung der Harmonie.

Der Garten steht seit 1982 auf der Liste der Denkmäler der Volksrepublik China und ist einer der klassischen Gärten von Suzhou, die seit 1997 in die Liste des UNESCO-Welterbes (Asien und Ozeanien) eingetragen sind.

Doch zurück zu den ‚Drei Eicheln‘. Das Mudam dahinter, ist der modernen Kunst gewidmet. Diese Kunst wirkt abstoßend auf mich, weil sie weder Harmonie noch Schönheit verkündet. Ich verstehe sehr gut, dass dieses Thema während Jahrtausenden abgehackt wurde und jetzt ist die umfangreichste Suche nach etwas Neuen am Zuge. Was dabei herauskommt sind Werke, die, weil sie von bekannten oder von gesponserten Künstlern geschaffen wurden, künstlich zu Kunststücken ernannt werden und da fehlen mir der Mut, und die Überzeugung, mit zu machen. Demzufolge gefällt es mir nicht, dass viele einheimische Kunstwerke, im alten Museum verstauben und dem Publikum nicht zugänglich gemacht werden. Doch darüber können wir uns einmal später unterhalten.

Ich schlenderte also um das Fort Thüngen herum, auf der Suche nach den bestmöglichen Perspektiven. Auch der ergreifende Ausblick auf die Hauptstadt, und die im Volksmunde so genannte, Corniche, hatte ich ganz besonders oft vor verschiedenen Objektiven. In meinem papierenen Reisebegleiter erfuhr ich, dass das Fort Thüngen benannt wurde nach dem österreichischen Festungskommandanten Freiherr Adam Sigmund von Thüngen. Er wurde 1732 um jenes ungefähr 50 Jahre zuvor von Vauban angelegte Verteidigungswerk "Redoute du Parc“ herum angelegt. Wenn man heute bedenkt dass hier noch vor 300 Jahren und mehr, schreckliche Schlachten geschlagen wurden, und die Erde von unnütz vergeudeten Menschenblut getränkt ist, dann fühlt man sich heute recht wohl in seiner Haut, weil wir heute in recht ruhigen, ungefährlichen Zeiten leben.

Bei meinem wandernden und motivsuchendem Blick, bemerkte ich plötzlich einen leuchtenden, farbigen Punkt und beim näheren Hinschauen entpuppte sich das Wesen um diesen Punkt herum, als dieselbe Rothaarige Irin aus der Bank. Sie trug noch immer Hotpants. Dieses Mal aber blaue. Ihr Oberkörper war bedeckt in weiss, das mir von Weitem bereits, etwas durchsichtig erschien, insgesamt also, dass sie wie die Luxemburger Landesfahne daherkam. Rotes Haar, weiße Bluse, blaue Hotpants. Was man darunter, bis zu ihrer Nike Sportswear AIR MAX THEA – Sneakers, zu sehen bekam, war der Mühe Wert, etwas genauer betrachtet zu werden. Sie sah hinreißend aus. Auch sie erblickte mich und kam sofort auf mich zu geschlendert. Sie hielt etwas Ähnliches, wie einen Schreibstift in der Hand und schien Notizen, in ihr Kalenderbuch zu notieren.

Wir gingen beiderseits, mit lächelndem Munde aufeinander zu, und als sie mir zur Begrüßung die Hand reichte, entglitt ihr das Schreibutensil und fiel ihr zu Füssen. Ehe ich mich bemüht hatte, um ihren Bleistift aufzuheben, hatte sie sich bereits gebückt und war mir zuvor gekommen. Sie schaute mich sofort von unten herauf an, als ob sie mir sagen wolle, ich wäre zu langsam gewesen.

Doch das Feuer in ihren Augen, lies mich die Situation schnell aus einem völlig anderen Blickwinkel interpretieren. Sie scannte in extrem kurzer Zeit, wohin meine Blicke gerichtet waren, und welchen Eindruck das bei mir hinterlassen habe. Höchst wahrscheinlich freute es sie, weil ich bestimmt eine verräterische Miene machte. Das könnte stimmen, denn etwas ging mir recht sonderbar wild durch den Kopf. War dieses Manöver ein Zufall oder hatte sie ihren Bleistift absichtlich fallen lassen, damit sie sich vor mir bücken konnte. Diese Meinung verstärkt sich in diesem Augenblick noch, denn als sie diesen kurzen Moment, nach vorne gebückt vor mir stand, wurden meine Blicke unweigerlich angezogen von ihren außergewöhnlich prallen Brüsten. Wären da nicht Warzen vorhanden gewesen, die sich irgendwo festklemmten, dann wären ihre weiblichen Reize wahrscheinlich und kurzweg aus der Verpackung gesprungen. Ich muss sagen, dass diese Irin mich bereits in der Bank irritierte, eher noch bezirzt hatte und diesmal war es ihr sicherlich nicht entgangen, dass ich äußerst natürlich, wie ein Mann, vielleicht aber auch wie ein Trottel, reagiert habe.

Niemand von uns Beiden gab ein Wort von sich. Niemand wagte sich zu äußern. An dessen Stelle eroberte beidseitig ein verschmitztes Lächeln unsere Gesichter. Es blieb dabei nicht aus, dass es mir jetzt genau bewusst war, mit welcher Frivolität diese Irin, mir so eine Pikanterie vorgeführt hatte. Ich musste dieses stumme Gebärdenspiel unterbrechen und meinte: „Do you like to have a drink with me?“ Ihr „surely I want to have“, wobei sie das Wort ‚have‘ etwas dahinschleifte, lies mich wieder aufhorchen, denn auch diese Worte, hatten etwas Erotisches in sich. Eine versteckte Einladung, wie ich vermutete. Ich erkannte mich selber nicht wieder. Sie hatte mich total im Griff. Ich war komplett verwirrt.

Gemeinsam stiegen wir ins Tal hinab, in den Stadtvorort Clausen. Ich hatte mich entschlossen etwas vor ihr zu gehen, damit ich nicht verrückt werde, beim ständigen Anblick dieser verführerischen Person. Unterwegs versuchte ich einige Informationen von mir zu geben, die ich in meinem Guide fand, betreffend die Festungsgeschichte. Sie aber schien sich weniger an der Festung Luxemburgs, als an meiner Festung zu interessieren und machte sich nur mit “oih und aij“ bemerkbar. Als wir uns dem ‚Scott‘s Pub‘ näherten, rief sie plötzlich: „Oh m‘ dear, what’s you to see?“ Ich gab ihr zu verstehen, dass ich diesen Pub ausgewählt habe, damit sie sich ganz gewiss wohl fühle. “For some time I not have been here and as we are passing by, I also will have a look. I believe this Pub newly opened, some days ago, after some renovations.”

Da der Morgen sehr sonnig war, suchten wir einen Platz auf der Terrasse unter einem Sonnenschirm und konnten, über die Brüstung hinweg, gemeinsam die Alzette betrachten, die geräuschlos dahin floss. Auf der gegenüber liegenden Seite spiegelte sich ein Teil der Stadt, von hoch über den Festungsmauern herab, und lag flach in tollen Kräuseln und Farben. Als einer der grün geschürzten Waiter an unsern Tisch kam, um die Bestellung auf zu nehmen, wurde ich nochmals überrascht, denn anstelle, den von mir erwarteten, süffigen Guinness zu bestellen, den ich ihr als ein ‚must‘ im Voraus zugetraut hatte, verlangte meine Begleiterin einen weniger ‚zahmen‘ Limoncello, der mindestens 17% Alkohol enthielt. Das war die Gelegenheit auch für mich, dieses mir zwar bekannte, aber noch nicht ausprobierte Likörgetränk zu versuchen. Ich war also mit von der Party.

Einige Wochen zuvor, hatte ich nämlich am Fernsehen verfolgt, wie in der Toskana speziell längliche Zitronen, zu diesem alkoholischen Getränk geerntet und verarbeitet werden. Ich hatte bis dahin noch niemals von dieser Spezialität gehört, denn das Wissen, dass es sich dabei um eigentlich süßlich schmeckende Zitronen handele, gab mir die Versicherung, dass es keinesfalls ein bitteres Getränk sein konnte. Meine Hausnachbarin hatte dieses Fernsehprogramm ebenfalls gesehen und mir erklärt, dass sie sofort das Rezept mit Erfolg ausprobiert habe. Ich wollte sie keinesfalls bei ihrem Eifer kritisieren, denn es war mir bewusst, dass es ohne diese spezielle Auslese von lang leibigen Zitronen, von denen auch nur, mit etwas Handfertigkeit, das Äußere der Schale genutzt wird, keine ebenbürtiger Limoncello entstanden sein kann. Daher sicherlich ihr Produkt, dem Original kaum ebenbürtig sein konnte. Außerdem glaube ich verstanden zu haben, dass das Getränk erst nach drei bis vier Wochen Mazeration, seine Reife findet.

Limoncello war bestellt, aber es dauerte eine Weile bis er serviert wurde.“

H: „Du machst es gerne spannend. Komm doch zurück zur Irin, die beschäftigt auch mich.“

P.“ Nur noch ganz kurz. Ich wollte der Rothaarigen erklären, dass ich mich im Internet schlau gemacht habe, betreffend die verschiedenen Citrus Arten, wobei ich auf eine unübersichtliche Fülle von Zitronennamen gestoßen sei. Sie schien dies überhaupt nicht gehört zu haben.

Ich muss gestehen, dass ich mich jetzt keinesfalls noch traute irgendeine Unterhaltung anzustoßen. Ich erwartete von ihr, dass sie sich um touristische Sehenswürdigkeiten bemühe. Doch hantierte sie ständig in ihrer Handtasche herum. Es schien als ob sie nach Zigaretten und Feuerzeug suche. Sie hielt dabei ihr Gesicht so tief nach vorne gebückt, dass es mir vorkam als ob sie nicht gut sehe. Ihre Haare hingen etwas unordentlich, wie zerwühlt, nach vorne ins Gesicht, über die wieder verpackten Brüste. „Do you look for cigarettes? May I help you with mine? “Ich griff in meine Westentasche, doch es erwies sich als unnötig, denn sie verneinte meine Frage, mit einem merkwürdigen Kopfschütteln. Sofort, nachdem der Drink auf unserm Tisch stand, kippte sie ihn etwas hastig halb hinunter, ergriff  ihre Handtasche und verschwand, ohne ein Wort zu sagen, ungewöhnlich übereilt, im Pub. Toilette, dachte ich. Die Frau gab mir unlösbare Rätsel auf. Unergründlich, was sie wirklich bezweckte, mit ihren ausgefallenen Reaktionen.

Ich hatte, aus Höflichkeit, nicht gewagt mein Glas Limoncello vollständig zu leeren, nicht bevor sie zurückgekommen sei. Aber sie kam nicht. Ich wartete vergebens. Ich fragte den Waiter noch, ob er vielleicht wisse, wohin die Rothaarige Dame hingegangen sei, doch der konnte mir keine Antwort geben. „I don’t know“ war alles was ich von ihm erfuhr. Ich wurde etwas aufgeregt und wollte bereits eine Suchaktion ankurbeln, da bemerkte ich sie oben auf einem der Aussichtspunkte, von wo aus sie mir, recht lustig wie es schien, zuwinkte. So ein Miststück!

Ich wusste wiederum nicht, wie ich diese Verhaltensweise deuten sollte. War ich ihr etwa nur ein zu langweiliger Begleiter gewesen? Doch langsam begann es in mir zu dämmern. Wahrscheinlich hatte sie jemanden auf der Terrasse erblickt, der sie möglicherweise nicht erkennen durfte. Deshalb der nach vorne gesenkte Kopf, damit ihr Haar einen Teil des Gesichts verdecke. Das könnte die Ursache gewesen sein. Und genau dieses auffallend rote Haar, das zwar auf freiem Feld, wie ein Leuchtturmfeuer daherkam, jedoch hier beim irischen Pup, bei so vielen Landesgenossen, sicherlich weniger auffallend war. Ob dieser Jemand jedoch eine alte Freundschaft, oder ein ehemaliger Liebhaber war, den sie vor kurzem übers Ohr gehauen hatte? War das die Ursache, warum sie ohne sich zu verabschieden, sich aus dem Staube gemacht hatte. Oder war es sogar ein Detektiv, der hinter ihr her war. All das kommt mir erst heute in den Sinn. Das war schon eine ungewohnt tolle Bekanntschaft. Da ich bereits daran war zu zweifeln, ob ihr rotes Haar wirklich echt und nicht gefärbt war, ob ihre Brüste echt und nicht chirurgisch optimal gestylt waren, ich wagte sogar zu zweifeln ob sie nicht eine raffinierte Edelnutte war, deren Fangspiel ich mich noch rechtzeitig entziehen konnte.

H. „Na, das war ja eine schöne Überraschung. Was bestellen wir denn heute im Restorante?“

 

 

 

 

 

 

 

 


 

Kulinarisches ist nochmals angesagt.

So gegen 11 Uhr telefonierten sie dem Koch, im nahebei gelegenen Restaurant, wie nahezu regelmäßig, ihre Bestellung, was sie am Mittag zu verzehren wünschten. Dabei handelte es sich jedoch keinesfalls um eine Auswahl aus der Menüseite, sondern eher um Anweisungen, in welcher Form sie ihr Mittagsmal zubereitet haben wollten. Diese Anweisungen lauteten folgendermaßen.

500 - 700 Gramm küchenfertige Garnelen von Kopf und Schalen befreit und nur den Schwanz daran gelassen. Petersilie und Knoblauchzehen, die in dünne Scheiben geschnitten sind, sowie Chilischoten entkernt und fein gehackt.

 Die Garnelen in heißer Butter anbraten. Keinesfalls, das künstliche Produkt Margarine benutzen, das bereits zur Zeit Napoleons, für dessen Russlandfeldzug entwickelt wurde. Wenn die Garnelen leicht angebräunt sind, die Knoblauchscheiben und die Chilischoten hinzugeben. Kurz andünsten und die restlichen Zutaten unterrühren. Alles kurz erhitzen, salzen, pfeffern und ca. 4 - 6 Min. fertig garen. Garnelen in vorgewärmten Tonschalen servieren, mit Petersilie bestreuen. Doch nur eines überließen sie dem Chef, das berühmte Geheimnis von nicht identifizierten Zutaten, das in keiner Küche fehlen darf und streng gehütet bleibt.

Sie wollten die Garnelen mit den Fingern essen und den Sud mit Baguette aufdippen. Dem Koch war selbstverständlich bekannt um welche Zeit beide eintreffen würden. So konnte er seine Uhr genauestens auf ihr Kommen und ihre kurze Mittagszeit, abstimmen.

Ihr Getränkewunsch war ein eisgekühlter, fruchtiger ‚Muscadet sur lie‘ aus dem Tal der Loire. Manchmal bestellten sie eine Flasche nicht zu teurem ‚Sancerre‘. Der Muscadet war ihnen wohl bekannt, weil der Koch aus der Gegend um Nantes stammt und dessen Familie dort den Muscadet - Côtes de Grandlieu sur lie, nach einer ziemlich komplizierten Methode vergären ließ, wobei der aussergewöhnlich aromatische Wein, einen leicht spritzigen Kohlensäuregehalt zeigt. Es war evident, dass im Keller dieses Restorante eine solche Kreszenz, sich wie zuhause fühlte. Es bleibt noch zu bemerken, dass der Koch italienischer Herkunft ist, dessen Vorfahren aus Italien nach Frankreich ausgewandert waren. Eine Ursache, warum er die Bezeichnung ‚Restorante‘ für seinen Betrieb gewählt hatte.

Die darauf folgende Kaffeezeremonie, war dem Koch bekannt und brauchte nicht voraus bestellt zu werden.

Als die Kirchenglocken zu läuten begannen, machten sich die Pawlowschen Drüsen der beiden Männer etwas stärker bemerkbar, als dies bereits vorher der Fall war, bei der Zusammenstellung ihres Esswunsches und ihrer anschließend telefonischen Bestellung. Sie waren im Nu unterwegs, denn je schneller sie vor Ort des Geschehens erschienen, desto genüsslicher konnten sie, nahezu wie im Ralenti, die köstlichen „Scampis à l’ail‘ verspeisen.

Nachfolgende Unterhaltung begann bei Tisch und wurde unterwegs zur und in der Bank weitergeführt.

 


 

Astronomie, Astrologie, Horrorskopie und Esoterik

P. : Haben diese Wörter bei dir noch niemals Wissbegier, oder Vorwitz, ausgelöst? Für die breite Masse sind dies Bezeichnungen, die man bereits irgendwo einmal gehört oder gelesen hat, von denen man aber sehr wenig Genaues weiss, eben weil nichts davon zu den tagtäglichen Gesprächsthemen gerechnet werden kann, aber auch gar nichts darüber in der Schule gesprochen, geschweige denn gelehrt wird.

Die Horoskopie wurde schnell von mir als Horrorskopie bezeichnet, weil es mir bei meiner Lektüre, betreffend die Astronomie sofort auffiel, dass die in den Horoskopen gebrauchten Sternbilder, keinesfalls als zusammengehörige Elemente am Abendhimmel zu beobachten sind. Die einzelnen Sterne, aus welchen diese Bilder zusammengestellt sind, liegen unermesslich weit auseinander und nicht wie auf eine flache Wand gemalt. Sie werden also nur in der menschlichen Vorstellung als plastisches Bild gesehen. Sie standen übrigens bereits vor etwa 4000 Jahren, also zur Lebenszeit von Nebukadnezar, in ähnlicher Formation am Himmel, den wir heute sehen. Seine Astronomen haben die Konstellation der Gestirne mit den uns heute bekannten Sternzeichen - Namen versehen. Seither haben sich diese Bilder aber ständig verändert und ganz besonders, je nachdem wo man sich auf dem Erdball befindet, sind sie überhaupt nicht sichtbar. Diese Konstellationen sind also absolut reiner Zufall, im kosmischen Geschehen. Es sind menschliche Hirngespinste. Sie haben jedoch, zu welchen Zwecken auch immer, die ersten Astronomen, die sich ja auch als Astrologen auszeichneten, zu der Vorstellung veranlasst, in einem vermeintlichen Zusammenhang zu stehen. Weil dieses aber nicht im geringsten der Fall ist, fiel schon in früher Jugend, bei mir der Groschen, um zu verstehen, dass die Horoskope absoluter Humbug, ja Nonsens sind und diejenigen die daran glauben, eben nicht genug Grips haben, um heraus zu finden, wie sie an der Nase herumgeführt werden. Wer nichts weiss, muss alles glauben!

In diese Kategorie fällt die Astrologie, die meines Wissens, ebenfalls nur durch die Leichtgläubigkeit vieler Erdenbewohner einen so ungeheuren Aufschwung erlebt hat. Nostradamus, der Seher aus dem 16. Jahrhundert, war natürlich ein weiteres Kapitel auf meiner Durchforstung des menschlichen Gedankenurwaldes. Ich habe seine Gesänge intensiv studiert, in verschiedenen Versionen. Ich las dadurch auch verschiedene Interpretationen. Deutsche, Französische und immer wieder stieß ich auf merkwürdige Widersprüche. Einer von diesen ist wahrhaftig sehr bedeutend und relevant. Es wird auf den letzten Seiten bemerkt, dass jeder der sich anmaßt, vorzeitig diese okkulten Gesänge zu deuten, bei seinen Nachforschungen sterben müsse. Nun sei hier darauf hingewiesen, dass alle Schreiber und Deuter die je ein Buch über Nostradamus und seine Gesänge geschrieben haben, trotz allem überlebt haben müssen, so wie ich auch, sonst hätten die vielen Bücher über dieses Thema, die bisher erschienen sind, niemals fertiggestellt werden können.

Diese mit Geheimnis umwobenen Prophezeiungen werden auch heute noch gedeutet. Es fallen auch heute noch Menschen, massenweise auf deren Eigenart herein, die gezielt menschliche Schwächen zu nutzen wissen. Viele Leute scheinen unbelehrbar zu sein, denn meistens, wenn Saure-Gurken-Zeit ist und die Redakteure von Magazinen wieder einmal keinen Stoff zum Schreiben haben, dann wird die Leiche von Nostradamus mit Trara wieder aufgeblasen und ins Fenster gedrückt. Noch heute ist mit dessen ‚Quatrains‘ Geld zu verdienen. Kein Wunder dass man kurz nach dem Fall der beiden Türme des World Trade Centers am 11. September 2001, in vermeintlich neu gefundenen Versen, die um 1650 (!) entstanden sein sollen, die Meinung propagierte, Nostradamus habe auch diese Katastrophe vorausgesehen. Das Ganze klärt sich von selbst, da Nostradamus noch keine Ahnung haben konnte, weder von der Existenz der zu seinen Lebzeiten noch sehr wenig bekannten Stadt New York, noch von den Gebäuden die erst 1974 als Trade Centers eröffnet wurden.

Die Engländer haben für solche irreführende Behauptungen eine esoterische Bezeichnung, die mich unwillkürlich an die okkulte Gesellschaft der Druiden erinnert: ‚Hoax‘. Wahrscheinlich weil diese beiden Silben wenigstens mir, so walisisch klingen. Doch ist deren etymologischer Ursprung nicht so ganz gesichert. Hoax soll eigentlich das Gegenteil von ‚Hocus‘ bedeuten, das in Hocus pocus gebraucht wird. Die magische Formel, die da lautet: ‚hax pax max Deus adimax auch manchmal als Ursprungsformel gesehen. Doch auch nicht weniger die Aussage: ‚hoc est corpus ‘.

Auf jeden Fall sind Hoax - Virenmeldungen, in der Computerlandschaft bestens bekannt. Hoax ist gleichbedeutend mit dem französischen Wort ‚canular‘. Im Deutschen habe ich keine bessere Bezeichnung gefunden wie ‚Ente‘ oder aber auch ‚Aprilscherz‘ oder Irrführung. Alles in allem abgerundet und abgeschlossen, die Prophezeiungen von Nostradamus sind nichts anderes als ein esoterisches Hoax, damals wohl sicher auch geschrieben, genau wie das heute immer wieder geschieht, um damit Geld zu verdienen, oder um Einfluss auf die leichtgläubige Masse ausüben zu können. Leute, die diesen Schmarren kaufen, gibt es immer wieder. Den aus meiner persönlichen Praxis resultierenden Beweis kann ich antreten. Nur habe ich nicht daran geglaubt und hüte mich auch andere mit dieser geistigen Krankheit anzustecken.

H.: Ich muss dir gestehen, dass ich ebenfalls, aber nur manchmal die Wahrheit der Horoskope zu verstehen versuchte.  Als ich aber beim Militär war, erlebte ich folgende Geschichte:

An einem schönen freien Nachmittag hatte ich und mein Kollege uns bis auf die ‚Rham‘ verlaufen. In den Gebäulichkeiten, mit Hospiz bezeichnet, waren damals wahrscheinlich schon handykapierte Leute untergebracht.

Als Nicolas, so hieß mein Kollege, Bilder von den Festungsanlagen auf dem Bock und vom Stadtgrund schoss, gesellte sich ein älterer Herr zu uns, der offensichtlich zu einem Gespräch mit uns aufgelegt war. Er hatte eine Menge Fragen an uns, die aber absolut irrelevant waren. Doch nachdem wir uns gemeinsam auf einer Bank niedergelassen hatten, zog er ein Buch unter seinem Mantel hervor, das wir beide sofort mit großem Interesse inspizierten. Es war ein Buch über Horoskopie. Gerade in dem Augenblick, als mein Freund Nicolas das Buch aufschlug, da klatschte ihm ein tiefblauer Vogeldreck auf seinen militärischen Bonnet, und spritzte noch bis ins aufgeschlagene Buch.

Aus diesem Zufall heraus ergab es sich sofort, den guten Mann zu fragen, ob er an Horoskope glaube. „Natürlich glaube ich an Vorhersagen der Zukunft. Es ist doch evident, dass unser Schicksal in den Sternen geschrieben steht, also von da oben kommt.“

In Anbetracht unseres, auf Geschichte basierten Wissens, dass unsere Vorfahren den Vogelflug zu deuten wussten, lag unsere nächste Frage nahezu auf der Hand: „Können sie uns denn jetzt verraten, was das bedeutet, wenn man von einem Vogel, mit so einer Sauerei bombardiert wird.“?

 „Natürlich, das bedeutet außergewöhnliches Glück!“

Wir waren alle beide hoch erstaunt über diese Aussage, doch wollten wir der Sache auf den Grund gehen. „Können sie uns nicht näher erklären, in wieweit dieses Ereignis sie dazu verleitet zu behaupten, das bedeute Glück?“

Die prägnante Antwort war prompt: „Das muss doch einfach Glück bedeuten, stellen sie sich doch einmal vor, es würden Kühe in der Luft herumfliegen. Wenn da nicht von Glück gesprochen werden kann!“

P.: Es gibt im Deutschen doch die Bezeichnung: ‚Einem einen Bären aufbinden‘ und die luxemburgische Redewendung: ‚Engem eng kreckelen‘ finde ich absolut deftig und dieses Wort scheint keinen Ursprung in den Sprachen der Nachbarländer zu haben. Die Bezeichnung ‚kreckelen‘ klingt so elektrisierend, so als ob dabei die Funken im Gehirn sprühten. Hier findet man vielleicht ein gutes Beispiel, was mich auch an den Sprachwissenschaften interessiert. Die Etymologie der Wörter hat mich seit meiner Kindheit beschäftigt und heute schaue ich mir fast jeden Tag eine Veröffentlichung an, die bis dato ganz oben auf meiner, noch immer umfangreichen, Wunschliste stand.

Deutsches Wörterbuch von Jakob und Wilhelm Grimm. Ein Reprint der Originalausgabe, aus dem Jahre 1999 in 33 Bänden. Die Originalausgabe war mir unerschwinglich, weil sie nahezu 5000 Blätter kostete. Der Reprint ist aber absolut preiswert gewesen, mit nur 499 Blättern besorgbar. Ich brauche mich heute aber nicht mehr zu überwinden. Nachdem ich mir überlegt hatte, dass es Wert gewesen wäre, wenn ein Politiker auf die schnurrige Idee käme, den Vatertag ausnahmsweise 10 Mal nacheinander festzulegen, ging mein Wunsch im Internet in Erfüllung. Da hat man es geschafft und mir eine Kopie des gesamten Werkes beschert, die nur noch meine Ausdauer in Anspruch nehmen kann, und absolut sonst nichts kostet, um darin zu studieren.

Hätte ich genügend Zeit, so würde ich mir einmal alle Luxemburger Wörter vornehmen, die wahrscheinlich in der angelsächsischen Sprache ihren Ursprung haben, wie zum Beispiel das Luxemburger Wort für eine ‚Krücke Sie heißt in der Luxemburger Sprache ‚Krätsch‘ und im englischen, phonetisch nahezu identisch, nämlich ‚crutch‘. Es liegt auf der Hand, dass die Luxemburger Sprache wohl ihren Ursprung im Moselfränkischen hat, doch im Laufe der Weltgeschichte, sind nahezu alle Kriege in Europa über unser Land hinweg gezogen und hierzulande wurden ständig fremde Sprachen gesprochen. Viele einheimische Wörter haben ihren Ursprung, sei es im Spanischen, Französischen, Englischen, Schwedischen und stammen sogar aus manchen ehemaligen Ostblockländer, denen man bald eine neue Sammelbezeichnung zulegen muss, wie etwa die OST - EU - Länder, um sich zu verständigen.

H.: „Ein Beispiel sind die unterirdischen Gänge, unserer Luxemburger ‚Kasematten‘, die den Sandstein unter der Stadt Luxemburger, wie die Löcher im Schweizer Käse durchqueren. Man sagt die Bezeichnung komme von ‚casa mates‘, was so viel wie ‚versteckte Löcher‘ bedeuten soll, und dem spanischen Sprachgut entnommen wurde.“

P.: „Absolut richtig. Ich merke, dass die Etymologie, also die Herkunft der Wörter, dich ebenfalls beschäftigt. Eigenartig sind auch die merkwürdigen Sonderdialekte, die im Luxemburger Land gesprochen werden. So tönen mir noch die markigen Worte einer guten Freundin aus Lieler in den Ohren: ‚Jank mer ewee du aale Jeck‘. Am meisten erinnert das Englische beim allabendlichen Gute Nacht Gruß: ‚gudd Neit‘ im oberen Tal der Our, was auffallend identisch ist mit dem englischen ‚Good night‘.“

„Es war Zeit, dass ich als der Tausender, mich auch wieder bemerkbar mache. Es war mir aufgefallen dass P. sich gewaltig von den selber gesetzten Marksteinen in der Rubriken Überschrift abgekommen ist. Er solle eigentlich noch ein wenig auf die Esoterik eingehen. Er meinte ja, die zurzeit in der heute publizierten Literatur habe Hochkonjunktur. „

P. : „Ich habe bisher immer wieder gezweifelt und gezögert, mir eine definitive Meinung zu bilden. Viele hervorragende Ereignisse aber zwingen mich meine Meinung der Esoterik gegenüber zu überdenken, das heißt sie besser zu nuancieren.“

H: „Ich kenne das Wort Esoterik, doch habe ich mich noch nicht so intensiv mit dessen Bedeutung interessiert, so dass ich eigentlich darüber nicht mitreden kann. Esoterik kann  nicht definiert werden, dessen bin ich mir schon bewusst, da ich es bereits in Gesprächen vernommen habe, doch handelten diese Gespräche jeweils um verschiedene Themata, die nichts gemeinsam hatten.“ 

Zuerst möchte ich dir noch eine seltsames Ereignis mitteile, welches ich anlässlich meiner Kalifornien Reise erlebt habe.

In der Nähe von Moenkopi machten wir Halt bei einem Trading Center der Indianer. Ich hatte mir vorgenommen hier ein echtes Kunstwerk, indianischer Herkunft zu kaufen. Als ich in den Laden eintrat, fühlte ich mich bereits wie magnetisiert bei der Hand genommen und hingezogen in eine Ecke des großflächigen Ladens. Dort stach mir eine schwarze Schale ins Auge. Sie kam mir sofort vor als ob es ein originelles Kunstwerk der Indianer sei. Ohne mich um all die andern Angebote zu kümmern, ging ich mit meiner Schale in der Hand zu Kasse. Der Indianer sagte mir ich hätte ein wirklich außergewöhnliches Kunstwerk erwischt. Es war auch nicht billig, aber noch konnte ich nicht ahnen was ich da in der Hand hielt. Ich kann sagen dass ich etwas tiefer in die Tasche greifen musste. Wenn ich mich recht erinnere war es in damaligem Gegenwert, einige 1000 Franken, die ich zahlte.

Ich wurde außerdem von irgendeiner Kraft dazu verleitet eine Dokumentation über einheimische Töpferkunst zu kaufen. Noch vor Ort, durchblätterte ich die Dokumentation und es wurde mir sofort bewusst, welch seltenes Stück ich erwischt hatte.

Das Gefäß ist signiert und so wie es aussah ein einmaliges Stück, das sich einen Käufer herbeisehnte. Nachdem ich gelesen hatte um welches wertvolle Kunstobjekt es sich bei meinem Erwerb handelte, verriet ich meinen Kollegen sofort, dass es solch kostbare Dinger in diesem Laden gibt. Schon waren sie unterwegs im Trading Center und wurden auch fündig hinter einem verschlossenen Glasschrank. Ich stand neben ihnen, als sie schnell kaufen wollten und als ich deren auserwählte Stücke in den Händen hielt, merkte ich sofort, dass es sich keinesfalls um Keramik, sondern um eine Nachahmung aus Plastik handele, denn sie war federleicht gegenüber meiner Tonschale.

Ich hatte also intuitiv ein Kunstobjekt erstanden, welche heute bei Ebay angeboten wird, mit der Preisangabe 8000 – 10000$.

Nachfolgend versuche ich diese Schwarz in Schwarz bekannte Töpferkunst der Indianer zu beschreiben.  Es läuft ein geschwungener Drache um das Objekt. Ein Teil ist poliert, kleinere Teile sind roh belassen. Um Fußboden der Schale entdeckte ich eine Signatur.

Diese Keramik, besser gesagt, dieses Tonkunstwerk durchgeht bei seiner Fertigstellung einen ganz besonderen Prozess. Der Ton zur Herstellung ist eigentlich rot und das Resultat, die gebrannte Ware, müsste ebenfalls rot aussehen, wenn nicht als letzter Schritt eine ganz besondere und äußerst delikate Behandlung angewendet würde.

Wenn der Topf nicht richtig getrocknet ist, wenn noch Luftblasen sich im Inneren befinden, dann kann die zusätzliche Behandlung in einer Explosion enden. Es kommt also darauf an, bereits im Voraus zu wissen, dass dies vermieden werden kann.

Die Tonschale, die gebrannt werden soll, wird in einem offenen Feuer zumeist auf einer zinnernen Metalldose oder sonstigem Untersetzer aus Zinn aufgestellt. Gefeuert wird von unten sowie auch von rundherum. Das brennbare Material wird also ebenfalls unter und rundum der Schale aufgeschichtet.

Schwarzkeramik, im Schwarzbrand (z. B. reduzierende Ofenatmosphäre, Kontakt mit dem Brennstoff) hergestellte, ist keine bloß schwarz gefärbte Keramik. Die Schwärzung erfolgt durch kohlenstoffhaltige Verbindungen aus den Brennstoffen, durch Versetzen der Masse mit Graphit oder durch Graphitablagerung während des Brandes, durch Zersetzen von Kohlenmonoxid bei Temperaturrückgang, durch Eisenreduktion oder Mangan-Eisenoxid-Mischung.

Eine Ausgrabung 1908, unter der Leitung von Edgar Lee Hewett, Professor für Archäologie und dem Direktor des Labors für Anthropologie in Santa Fe, entdeckte Beispiele für Schwarz-auf-Schwarz Keramik. Während der Suche im sandigen Schmutz und roten Ton des Wüstengebietes New-Mexicos, fanden sie gebrochene Stücke von polierter, jedoch ebenfalls tiefschwarzen Keramik.

Zu diesem Zeitpunkt wussten nur wenige Menschen, dass bereits während der Jungsteinzeit, die Pueblo-Völker diese Art von Waren fertigten. Die historische Keramik der Pueblo-Indianer 1600-1800 wird in einem Text erwähnt, dass das fertige Keramikprodukt ein glänzendes Aussehen hatte, das nur für die Dekoration auf den Töpfen verwendet wurde. Es ist ein verbreiteter Irrtum, dass erst am Ende des 18. Jahrhunderts, die Verwendung von pflanzlichen Pigmenten und fein pulverisierte Mineralstoffe die bevorzugte Technik der Malerei war.

Maria und Julian Martinez (1887, San Ildefonso Pueblo, New Mexico – Juli 20, 1980, San Ildefonso Pueblo) ist es zu verdanken, dass diese uralte Methode wieder belebt wurde.

Ein langer Prozess des Experimentierens war erforderlich, um den schwarz-auf-Schwarz Keramik-Stil um Marias anspruchsvollen Standard zu erfüllen. Es gab viele Herausforderungen. " Maria entdeckt, bei der Beobachtung der Tafoya-Familie von Santa Clara Pueblo, immer noch die traditionellen Töpferhandwerks Techniken welche praktiziert wurden, nämlich das Ersticken des Feuers rund um die Keramik, die ummantelt war, mit Kuhdung. Bei dem Brand im Freien verursacht der durch den Kuhdung sickernder Rauch, die erwünschte Schwarz- Färbung. Wissenschaftler nennen dies "Vakuum-Induktion", wenn der Ton in verschiedene Schattierungen von schwarzer Farbe verwandelt wird.

Bei diesem Prozess kommt es genau auf bestehende atmosphärische Bedingungen an. Luftdruck und Luftfeuchtigkeit müssen übereinstimmen, ansonsten die Brennung keinen Erfolg haben wird.

Ich muss heute noch staunen, wenn ich eine Erklärung abgeben soll, warum ich an jenen Ort regelrecht geführt worden bin, wo ein Kunstwerk der Indianer zu finden war, was meinen tiefsten Wünschen entsprach.

Das kann ich nur mit der Bezeichnung Intuition belegen. Unter anderen Begriffs- Erklärungen scheint mir nachfolgende auf dieses Ereignis zu passen.

Intuition ist eine Begabung, auf Anhieb eine gute Entscheidung treffen zu können, ohne die zugrunde liegenden Zusammenhänge explizit zu verstehen. Umgangssprachlich „aus dem Bauch“ („Bauchgefühl“), spontan, oft auch wenn bestimmte Gründe vorliegen, die eine andere Entscheidung nahelegen.

In diesem konkreten Fall waren das tausende von anderen, von Indianerhand geschaffenen Objekten, die sich in diesem Laden befanden, denen ich zu einem größten Erstaunen, absolut keine Beachtung schenkte.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Esoterik und Parawissenschaften

P.: „Kein Problem. Ich kann dir jedenfalls in Kürze klarmachen, wo man von Esoterik und Parawissenschaften sprechen kann.

Magie, Mystik, Esoterik, Feng-Shui, Meditation, Ayurveda, Reiki, Pendeln, Rutengänger und Gedankenlesen, sind weitgreifende Bezeichnungen und Themen von Büchern die ich gelesen habe. Ich glaube, ich müsste noch einige Fachbegriffe hinzufügen, die ich ebenfalls unter Esoterik einreihen könnte, wie Akupunktur, Akupressur, Makrobiotik und Homöopathie, doch die wunderbaren Erfolge die diese Heilmethoden vermutlich aufzuweisen haben, bringen mich dazu, die Bezeichnung Scharlatanismus nicht mehr zu benutzen. Ich habe eine Menge über Placebos gelesen und kam nicht aus dem Staunen, über die Leistungsfähigkeit unserer Psyche. Da schlummern noch Kräfte, in jedem einzelnen Menschen, die bisher noch nicht systematisch mobilisiert werden können. Alle Wunderheilungen gehen in meiner Ansicht auf das Konto des Placebo Effekts. Wunderheilungen sind nur dann möglich, wenn eine Heilung im Bereich des Möglichen liegt. Es ist noch niemand an keinem wirksamen Ort der Heilungen, egal welcher Religion mit 2 Beinen aus dem Wasser gestiegen, der nur mit einem Bein angereist ist. Die Heilung muss also im Bereich des Möglichen liegen. Damit nähere ich mich auch dem Erstaunen erweckenden Wirkungsfeld der Homöopathie.

Ein von Luxemburger Patienten bekannter und viel besuchter Homöopath aus Trier, rief mich eines Tages an, mit der Bitte ihm doch einige Exemplare der durch meine Initiative editierten Flora der Heimat von Papa Klein zu schicken. Seine Luxemburger Klienten würden ihn ständig ausfragen, wie die verschiedenen Pflanzen in Luxemburger Sprache heißen. Genau dieser Rubrik hatte ich vor der Publikation ein besonderes Augenmerk geschenkt. Ich besorgte, was erwünscht war. Das ganz nebenbei geführte Gespräch klärte mich zu meinem Erstaunen auch darüber auf, dass sogar Tiere, besonders Pferde bei spezifischen Krankheiten auf die homöopathischen Produkte positiv ansprechen sollen. Das war für mich absolut neu, denn glaubte ich doch immer dass nur der Mensch Kraft seines Denkvermögen, sich geistig mit den Produkten der Homöopathie auseinander setzen könne, was einen möglichen Einfluss auf die Wirksamkeit der Produkte bewirke. Diese Auslegung muss ich möglicherweise ad acta legen, denn obschon ich vielen Tieren eine hohe Intelligenz zuschreibe, werde ich wohl meine Meinung jetzt revidieren müssen, weil ich vermuten muss, dass Tiere ein absolut dem Menschen ähnliches Denkvermögen haben. Es ist also höchstwahrscheinlich, dass bei der Behandlung von Tieren mit homöopathischen Mitteln nicht rein zufällig Erfolge zu vermerken sind.

Wenn man von biblischen Zuständen spricht, dann kommt die Sprache manchmal auch darauf, dass das ursprüngliche friedliche Nebeneinander von Mensch und Tier möglich, könnte man als lächerlich ansehen. Man wird aber eines Besseren belehrt, wenn man etwas über das Zusammenleben von Hyänen und Menschen erfährt.

In Harar im Osten Äthiopiens lässt sich ein einmaliger Fall von friedlicher Koexistenz zwischen Mensch und Tier beobachten. Die Stadt hat bereits vor über hundert Jahren mit den Hyänen einen Pakt geschlossen, der bis heute gilt. Die Tiere werden gefüttert und greifen dafür keine Menschen an. Jeden Abend füttert der "Hyena Man" Yussuf Mumeh Saleh vor den Toren der Stadt ein Rudel Tüpfelhyänen. Für ihn sind die Raubtiere Teil seiner Familie geworden.

Wie kam es zu dieser engen Beziehung zwischen Wildtieren und Menschen? Yussuf Mumeh zeigt, dass der Mensch dem Tier mit Respekt begegnen und einen Dialog mit ihm aufbauen kann. Sie kommen so nahe an ihn heran, dass er sie zu streicheln vermag. Allerdings ist ersichtlich, dass er immer wieder den gleichen Tippelweg gehen muss um die bis dahin noch niemals am Futterplatz erschienene Hyänen an sich zu gewöhnen.

Eine Frage die sich aufdrängt ist: Wurde durch die Evolution zwischen Tier und Mensch, eine gewisse Feindschaft aufgebaut, aus einem Futterbedürfnis heraus. Könnte man dem Hararer Modell entsprechend, auch Löwe und Tiger in die gleiche Richtung, ich sage mal erziehen.

Mir sind emotionale Tränen gekommen, als ich mir im Film anschauen konnte, wie ein Tierpfleger einige Jahre nachdem er erwachsene Löwen in die Wildnis ausgesetzt hatte, in dieselbe Gegend kam und den Namen der Löwen gerufen hat. Es scheint nahezu unglaublich was man dann zu sehen bekam. Es dauerte nicht lange, dann erschien der Löwe auf der Bildfläche und als er seinen ehemaligen Pfleger erblickte, stürmte er auf diesen zu. Dieser zögerte zwar, ob das nicht ein Angriff auf ihn sein konnte, doch verriet ihm wahrscheinlich sein Instinkt, dass er keine Angst zu haben brauchte. Instinkt nennt man, vermutlich geistige Kräfte, die manches Ereignis blitzschnell beurteilen können, bevor es im Bewusstsein des Menschen aufbereitet wird. Der ehemalige Pfleger musste möglicherweise aus einem vom wild sein abweichenden Verhalten des Löwen, überzeugt haben. Diesen vermutlichen Angriff, deutet sein Instinkt wie ein Freudenausbruch, der blitzschnell verstanden wurde. Eine schier unmögliche Gemeinsamkeit zwischen Tier und Pfleger war festzustellen. Und das war es auch. Die Löwen näherten sich also in nahezu unnatürlicher, aber mit feinem Sinn interprätierbarer Weise. Ihr Pfleger muss sich sofort mit den Füssen abstützen um das Gewicht des Löwen tragen zu können. Der hatte ihm nämlich beide Vorderpfoten, auf die Schultern gelegt um sein Gesicht ablecken zu können. Danach kuschelten die beiden Löwen mit dem Pfleger genau wie Katzen. Das hatte mich tief beeindruckt.

H: „Hast du das wirklich gesehen, oder hat der Mann die Geschichte nur erzählt?“

P. : „Vollständig gesehen, denn ich musste mir vorstellen, dass ja auch die Kameraleute zugegen waren, die diesen Bericht erstellten. Die schienen sich aber  in einem Käfig zu befinden. Auch bestehen viel Bilddokumente dieser Hyänen aus Harar, die dort zu einer Touristenattraktion geworden sind, also nichts mit Bluff oder Fotomontage zu tun haben.

Doch jetzt wieder zurück zur Homöopathie.

Die molekularen Feinheiten, der verwendeten Produkte, in millionenfacher Verdünnung, haben anscheinend heilende Eigenschaften oder spielt auch hier der bekannte Placebo Effekt? Diese heilenden Eigenschaften sind aber bisher noch nicht verstanden worden. Ich wollte dann wissen warum man in der Luxemburger Tageszeitung keine Anzeige findet, über die Praxis des Homöopathen in Trier. Die Antwort war erschreckend: „Ich darf keine Anzeige in der Luxemburger Presse aufgeben.“ Der gute Mann liess mich alsdann wissen, aus welchen Gründen das scheitert. Aus deontologischen Gründen kann ich leider die Zusammenhänge hier nicht erläutern. Ich empfinde es aber eine unglaubliche gesellschaftspolitische Diskrepanz, die in unserem sich als demokratisch gebenden Land grassiert. Beschämend für eine ganze Berufsgemeinschaft, gegen deren Lobby man vergebens Sturm laufen würde. Der moralische, den Heilpraktiker schädigende Aspekt ist äußerst verwerflich, ja niederschmetternd. Es kann hierzulande ebenfalls möglich sein, dass per Gesetz es dem Homöopathen verboten ist eine Anzeige in der Tageszeitung aufzugeben. Zuerst gibt man diesen Leuten keine Chance ihre Fähigkeiten unter Beweis zu stellen, dann verbietet man ihnen auch noch, sich öffentlich zu profilieren. Es scheint aber inzwischen Bewegung in diese absolut undemokratische Situation zu kommen. Wenn erst der Beruf als Heilpraktiker anerkannt werden kann, durch entsprechende Fähigkeitsprüfungen, die beweisen, dass diese Fachleute dem Patienten nicht gefährlicher werden können als dies bei manchen Ärzten und oder auch Pharmaherstellern der Fall ist, dann würde dieser Schritt von vielen Kranken begrüßt werden. Einen Schritt scheint man ja schon hierzulande gehen zu wollen, indem die Krankenkassen verschiedene homöopathische Mittel als Heilmittel anerkennen und sich an den Unkosten beteiligen. Es bliebe zu wünschen, dass die Heilpraktiker es zustande bringen reproduzierbare Erfolge vorzeigen zu können, was dieser Heilmethode endgültig zur Anerkennung verhelfen würde.

H.: „Erstaunlich, wie eine Lobby sich gegen die Konkurrenz einstellt. Das erinnert mich an die Politiker, die sich gegen das Praktizieren einer Religion stellen. Machtgehabe!“

P.: „Wir leben augenblicklich in einer Zeit in welcher, in erschreckender Weise, viele von den aufgestellten Theorien in Frage gestellt werden. Ganz besonders das Thema „Gesundes Essen“ verbunden mit Diäten. Ich könnte da aus eigener Erfahrung über eine Menge geschriebenen Unfugs berichten, doch eine gelebte Episode will ich im Detail hier wieder geben.

Jahrelang habe ich am Fernsehen eine Ärztin verfolgt, die über Diät und gesundes Essen informierte. Rein zufällig aber habe ich auch die Sendung gesehen, in welcher sie in aller Öffentlichkeit erklärt, dass sie jahrelang an das glaubte, was sie am Bildschirm predigte. Dies sei keinesfalls wissenschaftlich und über weite Strecken unprofessionell gewesen. Sie bedaure dass sie sich in ihrer Auffassung geirrt habe.

Beim Besuch mit meiner Lebensgefährtin beim Frauenarzt, der ein guter Freund der Familie war, wollte ich wissen bei welchem Arzt ich persönlich am besten aufgehoben sei, um eventuell etwas zu finden gegen meine hohen Fettwerte im Blut. Es sei jedoch vorab bereits erwähnt, dass meine Frau und ich nahezu alle bekannten Gesundheitsformeln ausprobiert hatten, vom Müsli bis Schwarzbrot, vom Getreideschrot bis zur berühmtesten, die mich am meisten verärgerte, nämlich die Margarine.

Die Margarineproduktion hatten wir bereits in der Schule Revue passiert und mir ist bis heute keine zufriedenstellende Erkenntnis gekommen, als nur der Umstand, dass Napoleon seine Chemiker beauftragt hatte, ihm maschinell herstellbar, ein Fett zu entwickeln, das seinen Soldaten beim Russland-Feldzug als Brotaufstrich dienen sollte. Nicht die Bohne von Bio!

Ich pflegte zu sagen: „Diesen Feldzug mache ich nicht mehr mit“, nachdem ich von mehreren dieser unappetitlichen Produkte gekostet hatte. Nur über den Weg einer gewaltigen Reklameschlacht wurden in den letzten Jahren viele synthetisch hergestellte Margarinesorten bekannt gemacht und fürwahr es hat sich wissenschaftlich nicht im Geringsten erwiesen, dass damit irgendetwas Positives auf dem Gebiet gesunde Ernährung, zu bewirken sei. Hierzu will ich den Beweis antreten.

Mein Bruder, wusste ganz vertraulich von einem Chemiker, der für die Blutanalysen in einem Spital zuständig war, dass man nach einer längeren Behandlung im Spital, um das Blutbild der Patienten unter ärztlicher Aufsicht zu verändern, man meistens nur einen kaum bemerkenswerten Erfolg erzielen konnte. Um dabei das Gesicht nicht zu verlieren, wurden die Analysen einfach geschönt, damit der lange Aufenthalt im Spital als gerechtfertigt und erfolgreich abgeschlossen werden konnte. Er war also bereits breitseitig vorgewarnt.

Ein Kollege riet ihm also zu einem Spezialisten, der wirklich hervorragend sein sollte. Er erhielt ein Rendez-vous und musste in eine, Wochen dauernde Warteschlange. Das schien ihm ein gutes Vorzeichen zu sein. Als der Tag gekommen war, wurde er natürlich freundlich empfangen, zeigte seine Analysen und schon begann der Spezialist, die Nase zu rümpfen. „Das sieht nicht gut aus“, meinte er. „Ihr Körpergewicht ist zu hoch, die Fettwerte ebenfalls, und dazu haben sie noch erhöhte Harnsäure. Das führt zu Gicht und allen möglichen Folgeerscheinungen. Ich mache jetzt mit Ihnen einen Test, der wird mir dann zeigen, wie wir vorgehen werden um diesem Problem zu Leibe zu rücken.“ Mein Bruder erinnerte sich daran dass ein anderer Arzt-Spezialist ihn bereits Jahre zuvor gewarnt hatte er würde in 10 Jahren im Rollstuhl sitzen. Natürlich hatte er in seiner beruflichen Tätigkeit, die Renommee nahezu aller in Luxemburg etablierten Ärzte kennen gelernt, denn die Kassenpatienten konnten immer Erfahrungswerte von sich geben, wenn sie den Kassenzuschuss kassierten.

Sein Arzt machte, soviel wie ich mich heute noch erinnern kann, eine Zuckerlösung zurecht, die er sich verinnerlichen musste, und meinte alsdann mit verschiedenen, zeitlich verschobenen Stichproben einen Überblick zu gewinnen, was die Blutzuckerreaktion anbelangt.

Nachdem er die letzten Proben genommen hatte, konnte mein Bruder nach Hause gehen, doch erhielt er ein neues Rendez-vous, wozu er unbedingt seine Gemahlin mitbringen müsse. Er würde ihm dann eine ganz auf ihn individuell zugeschnittene Diät vorlegen und seiner Frau erläutern, was da alles zu beachten sei.

Als die Beiden an dem ominösen Tag vorstellig wurden, herrschte draußen herrlicher Sonnenschein und sie wären lieber spazieren gegangen. Der Spezialist saß hinter einem aus massivem Holz hergestellten Pult. Die Vorhänge an den Sprechstundenfenstern waren zugezogen. Es kam nicht ein Lichtstrahl von draußen herein. Eine Stehlampe auf dem Pult erhellte dessen Papiere und sie konnten sein Gesicht kaum im Halbdunkel ausmachen. Es schien so, als ob sie jetzt eine Geisterstunde erleben würden. Dann teilte er ihnen das Resultat seiner Analyse mit, die eigentlich keinen Anlass gab zu Beanstandungen. Nur bemerkte er, dass mein Bruder, der großen Gefahr ausgesetzt sei, trotz allem schnellstens zuckerkrank zu werden. Obschon die Werte, die er ihnen daraufhin vorlegte, keinesfalls in eine solche Richtung zeigten, musste er sich gefallen lassen, dass der Arzt ihn seelisch in dieser Richtung massierte.

Dann kam die Geschichte mit der speziellen Diät, was seine Frau ihm kochen dürfe, was er essen, was er meiden müsse. Seine Frau setzte bereits an, um ihn zu unterbrechen, dass all diese Stadien bereits ohne Erfolg abgeklopft worden seien, doch ihr Mann stieß sie mit dem Knie, damit sie noch eine Weile schweige, denn er wollte unbedingt wissen, mit welcher Leichtigkeit dieser Arzt ihm etwas vorgaukeln wolle, wobei er und seine Frau wahrscheinlich bereits mehr praktische Erfahrungen gesammelt hatten, als es der Arzt je ahnen konnte. Nachdem der mit seiner Weisheit zu Ende gekommen war, wollte er noch wissen ob man mit all diesen Vorschlägen zu Recht kommen würde. Da konnten mein Bruder sich nicht mehr zurückhalten und sagte ganz gelassen: “Mein lieber Doktor, das alles was sie uns da vorgeschrieben haben, das praktizieren wir bereits seit Jahren und zwar ohne den geringsten Erfolg. Also kann ihre Theorie nicht stimmen. Da muss doch etwas falsch dran sein, wenn die Praxis andere Resultate aufweist.“

Wütend sei der Mann daraufhin hinter dem Pult aufgesprungen, er hatte wahrscheinlich geglaubt, er hätte es mit einem leichtgläubigen Patienten zu tun, der sich bezirzen lässt. Mein Bruder zahlte das Spezialisten Honorar, samt Unkosten, für die zeitraubende Zuckeranalyse und sie verabschiedeten sich freundlich. Dem Arzt kamen keine weiteren Empfehlungen über die Lippen, denn er war wahrscheinlich zu tiefst geschockt und hatte sein, aus meiner Sicht, dürftiges Wissen komplett ausgeschöpft.

Zuhause angekommen rief mein Bruder seinen Kollegen an und berichtete ihm, was vorgefallen war. Dass dieser Arzt am helllichten Tag, wo draußen die schönste Sonne vom Himmel blinkte, in einem verdunkelten Raum nahezu unsichtbar hinter seinem Schreibpult saß, knapp erleuchtet von einer Tischleuchte und  ausschließlich von Diäten faselte, die man in allen Magazinen finden konnte und die bereits längst als untauglich abgehackt waren. Er hatte den Eindruck hinterlassen als ob er sich, wie ein Magier fühle oder dabei sogar lichtscheu sei.

Der Kollege war keinesfalls erstaunt über diesen Bericht, denn er antwortete meinem Bruder, dass er sich eigentlich nicht wundere, denn der Arzt sei selber schwer Zucker krank und so würde sein Benehmen immer mehr dahin ausarten, dass er jedem Patienten, eine sich anbahnende Zuckerkrankheit anhängen will.“

Eine Woche später ist der Arzt an seiner Zuckerkrankheit gestorben.

P. war sodann beflissen seinen Kollegen auf ein Buch aufmerksam zu machen, das er ebenfalls unbedingt lesen solle.


 

Die weiße Mafia

P.: „Da gibt es ein Buch, das ich gelesen habe. Autor ist Frank Wittig. Er gab seinem Buch den Untertitel. Wie Ärzte und die Pharmaindustrie unsere Gesundheit auf Spiel setzen.

Ich habe mich daraufhin mit meinem Bruder und diesem beängstigenden Zeitbild auseinander gesetzt.

Es ist eine brisante und äußerst bedrückende Lektüre. Ein Buch welches eigentlich außerhalb meiner Interessen liegt, mich aber so gewaltig bewegt hat, dass ich mich verpflichtet fühle, dieser Veröffentlichung meinen Beifall in aller Öffentlichkeit zu bekunden. Was er gelesen hatte, hat ihn, genau wie auch mich sehr betroffen gemacht, weil eine hinterlistige Gesellschaftsschicht beleuchtet wird, die mit unserer Gesundheit spielt, uns das Volk verdummt und abzockt. Ich lasse deshalb meinen Bruder Nachfolgendes selber aufzutischen.“

Bruder: „Ich schicke sofort voraus, dass ich während mehr als 30 Jahren Beschäftigung in einer Krankenkasse, die vielseitigen Gesichter dieser „Weißen Haie“ kennen gelernt habe. Dies genügte mir bereits damals, obige Titulierung, bei gegebenen Momenten, zu benutzen.

Es soll keinesfalls verstanden werden, dass ich alle Ärzte, Apotheker und Krankenpfleger, in ein und denselben Sack stecken will. Ich habe großartige Chirurgen und Hausärzte kennen gelernt, aber auch solche, denen ich nicht für einen Cents Ehrlichkeit und Vertrauen abgewinnen konnte. Ihr Charakter steht solchen Leuten meistens ins Gesicht geschrieben.

Ich erinnere mich noch ganz gut, als in unserm Büro Hochspannung herrschte, um die Machenschaften eines Apothekers aufzudecken, der besonders zur Zeit der Kommunionen, auf das Konto der Krankenkasse zurück bezahlbaren Rezepte, Armbanduhren, Fotoapparate und noch Dergleichen mehr, verkaufte.

Die Ärzteschaft des ganzen Landes war mir bekannt, durch die Abrechnungen mit deren Patienten. Einen möchte ich hervorheben, der sich einen besonderen Namen gemacht hatte, als Blinddarmarzt. Es war bei der Kasse bekannt dass er blindlings Blinddarmentfernungen vonnöten hielt.

Direktor Peters, äußerte sich einmal, als es darum ging, Kontrolleure einzustellen, die sich der Betrügereien, auch von Patienten annehmen sollten: „Et qui controllera le controlleur“ – wer kontrolliert denn die Kontrollierer.“

P.: „Als ich obiges Buch geschenkt bekam,  war ich also bereits vorbelastet und so dauerte es nicht lange, bis sich mir, bisher ungeahnte, unheimliche,  ja kriminelle Machenschaften im Gesundheitswesen auftaten, von deren Ausmaß ich bisher keine Ahnung hatte..

Obige Feststellung, erweist sich heute keinesfalls als hinfällig. Diese Betrügereien, übrigens von der Politik bestens bekannt(!), und wahrscheinlich wissentlich toleriert, haben sich wie ein Krebsgeschwür, nicht nur im Gesundheitswesen ausgebreitet. Die im Buch aufgeführten „Schweinereien“ sind zwar Beobachtungen der Zustände in Deutschland, doch würde es mich wundern, wenn eine diesbezügliche Untersuchung, ähnliche Machenschaften hierzulande aufzudecken, resultatlos bliebe.

Erschüttert hat mich auch die im Buch detailliert gemachten Feststellungen, dass der Rummel um die alljährliche Grippeimpfung ersichtlicher Unfug sei und ganz besonders die Berieselung der Bevölkerung mit Vorsorgeangebote, besonders auch in Sachen Krebs, die mich veranlasst haben, bei meinem zuständigen Arzt mich zu äußern: „Es ist schrecklich, dass man sterben muss, um all den Gefahren der Entstehung von Krebs zu entgehen.“ Die Vorsorgestimulation mahnt niemals vor einem Himmel voller Geigen.

Ich weiche etwas ab, wenn ich behaupte dass unsere Gesellschaft von einem, auf vielen Ebenen, wuchernden Krebsgeschwür befallen ist. Kurz gesagt: die kriminelle Unehrlichkeit wuchert. Ich erwähne hier die Affäre des „Bommeleers“, die bereits das Misstrauen der ganzen Bevölkerung wach gerufen hat. Misstrauen gegenüber, sogar den Eliteleuten in der Polizei und weiteren Gesetzeshütern. Hinzu kommen die Banker, denen man jetzt eine radikale Vernunftskur verpasst hat. Dann die korrupten Reichen, welche Schuld sind am nicht Funktionieren der Staatsfinanzen. Abertausende sind jetzt unter Beschuss geraten, zeigen Reue, weil es ihnen an den Kragen geht. Nur so kann der Saustall gefegt werden.

Das Volk, der schlafende Riese, soll endlich erwachen. Es bietet ein unglaubliches Potenzial für positive Veränderungen. Internet, Interface und andere, machen es möglich.

Den letzten skandalösen Coup hierzulande hat die komplette Regierungsopposition mitsamt dem Koalitionspartner LSAP gelandet. Sie, die LSAP, sind ja mitbeteiligt gewesen, um die Geschicke unseres Landes zu leiten. Nun haben sie dem Staatsmann Juncker, nach längerer Vorbereitung, alleiniges Verschulden vorgeworfen und ihn in die politische Zwickmühle getrieben. Das verstößt gegen eine ehrlich gelebte Demokratie, welche verlangt dass die Volksvertreter nicht heuchlerisch, menschenfreundliche Hilfe im Regierungsapparat anbieten. Persönliche Machtansprüche sollten mit Verachtung geahndet werden. Gegen dieses aufgeplatzte Eitergeschwür kann man mit psychologischer Therapie vorgehen. Wem dabei ein totales Misstrauen gegenüber verschiedenen Politikern nicht hochkommt, der verdient es nicht besser. Man kennt ja das Sprichwort, aus dem Volksmund, vom „Schwein, das sich den eigenen Metzger aussucht“.

Ihm allein, dem Staatsminister Junker, haben sie die Schuld in die Schuhe geschoben, obschon sie alle, ausnahmslos, komplette Mitverantwortung trugen, betreffend alles was im Lande geschah, besonders dann auch für den Schlamassel bei der Luxemburger Geheimdienstabteilung. Sie haben gemeinsam versagt und leugnen dies jetzt. Dreckiger, ja ungeheuerlicher kann Politik und Raffsucht, mancher vom Volk gewählte Vertreter, eigentlich nicht mehr sein. Da meldet sich ein Gernegroß der sofort Staatsminister werden will. Er hat noch nicht einmal die Spielschule der Politik passiert und schon will er Direktor einer UNI sein. Das klingt ungeheuerlich.

Einen so hoch verdienten Politiker wie Junker, anerkannt als seriöser, uneingebildeter und menschenfreundlicher Staatsmann, der nahezu Unglaubliches für Luxemburg, Europa und die Welt zustande gebracht hat, zwingen mich einen Vergleich zu ziehen, mit dem ans Kreuz Genagelten. Ich wünschte mir dass man all diesen Pharisäern und Postenjägern, den verdienten Denkzettel verpasst. Die Drahtzieher dieses verachtenswerten politischen Schachzuges, haben es nicht verdient dass man ihnen bei den nächsten Wahlen Vertrauen ausspricht. Das sind keine ehrenhaften Volksvertreter. Ihr Kalkül beruht allein darauf den erfolgreichsten Luxemburger Staatsmann aller Zeiten, aus dem Weg zu räumen, um selber an die Schalthebel der Macht zu gelangen.

Sie künden an für die nächste Regierungskoalition eine Jamaikaregierung zu bilden. Dem kann mühelos entgegen gewählt werden, wenn diejenige Partei, die nur 2 Sitze hat, definitiv ins Abseits gestellt wird. Dann kann das eingefädelte Spielchen nicht stattfinden.

Der normale einfache Bürger, fühlt sich immer mehr düpiert, als Treibwild einer raffsüchtigen Clique. Erlauben sie mir bitte noch einen Seitenhieb. Ich muss dabei mein Bedenken ausdrücken, auch gegenüber der Erziehungsmethode. Sie trägt eine gewisse Quellenschuld an der gesamten kriminellen Mentalität. Sie wird ausschließlich nur auf Leistung, besonders durch das vorherrschende Punktesystem, als Lebensziel artikuliert. Man wird gelehrt wie man am besten, nur durch Ausnutzung der Ignoranz des Volkes, reich werden kann. Das leichtgläubige Volk, versucht durch sein lustiges und meist friedfertiges, gesellschaftliches Bedürfnis, die Gefahr, sowie das dauernde Gefühl der Erpressung, zu verharmlosen.

Doch zurück zu der berüchtigten Mafia. Alle Politiker befinden sich in demselben Dilemma. Decken die amtierenden Politiker die geheimen Geschäftspraktiken auf und schaffen diese aus der Welt, gehen dem Staatsbudget automatisch viele Steuergelder verloren. Das schränkt natürlich die Freiheiten ein, die man braucht um der Wählerschaft höhere Versprechungen zu machen. Diese moralisch verwerfliche und auch egoistische Praxis, wird wohl kaum aus der Welt zu schaffen sein. Daran will keiner sich die Finger verbrennen.

Ich bekomme aber noch eine weitere Hilfe für meine negativen Eindrücke, auf diesem Gebiet, durch die Publikation „Tödliche Medizin und organisierte Kriminalität“ von Peter C. Gǿtschke. Ich zitiere nur einen Satz aus der Buchbeurteilung von Frank Frick: Der Autor hat etliche Methoden aufgedeckt, mit den die Pharmaindustrie solche Studien beeinflusst, sie gegenüber Aufsichtsbehörden und medizinischen Fachzeitschriften frisiert, sowie die Resultate gegenüber den Ärzten schönfärbt. Dass es dabei einerseits um Milliarden Euro und andererseits um Menschenleben geht, macht sein Buch brisant.

Einen Ausgleich für Steuerverluste, könnten ebenfalls die Steuerhinterzieher schaffen, wenn diese alle aufgedeckt würden. Es freut mich ganz besonders dass das europäische Parlament diese Kriminalität unterbinden will. Das Volk hilft diesen Gegenangriff zu steuern, wenn es bei den Wahlen sich nur für redliche Volksvertreter entscheidet. Wir sind das geprellte Volk. Und dabei kommen wir leider nicht um die elektronische Bespitzelung herum.

Seit ich vor mehr als 10 Jahren, nach einer Herzoperation, mit Medikamenten versorgt werde, musste ich auch tagtäglich L..or, den angeblichen Cholesterinsenker, einnehmen. Dass es keinesfalls schädlich zu sein schien, war mir nur klar, durch die Feststellung dass es sich um ein gängig verordnetes Standardprodukt handele. Bereits seit langem vertrat ich jedoch die Meinung, belehrt durch viele diesbezügliche Argumentationen, dass erhöhter Cholesteringehalt keinesfalls als Krankheit zu betrachten sei, aber als ganz normales Schmiermittel, das in vielen Körperfunktionen notwendig ist, und dem Bedarf entsprechend, vom eigenen Körper produziert, also reguliert wird. Es leuchtet sofort ein, dass Cholesterinsenker in unserm Körper diese natürlichen Funktionen stören und das beweisen die neusten Untersuchungen. Dass angeblich das vorbeugende Medikament, anders als erhofft, Auslöser sein kann von bisher unbekannten Nebenerscheinungen, zum Beispiel dem nicht recht diagnostizierbaren Muskelschmerz, dem wird noch immer keine Rechnung getragen. Mehr zu diesem Thema findet man in dem Buch.

Heute sollte der Dümmste, unter den sich doch noch immer weiterbildenden Heilpraktikern, mitbekommen haben, dass der Russe Alexander Ignatovski bereits im Jahre 1908, ein Experiment gemacht hatte, das diesen ominösen Cholesterinunfug auslöste. Die Unverträglichkeit von Eiern und Tiergehirn, mit denen er seine Kaninchen zwangsernährte, ließen ihn diese abstruse Schlussfolgerung ziehen und die Welt der Pharmazeutiker, sowie die der Mediziner marschierte geschlossen mit. Da lagen Milliarden Euro, auf der Straße.

Heute weiß man welch ungeheuerliche Fehler, bei diesen Tests gemacht wurden. Man zwang Pflanzenfresser, die Kaninchen – mit flüssiger Nahrung, in den Magen gepumpt- obige Mixtur von Eiern und Hirn zu verdauen, was die Tiere gesundheitlich nicht verkrafteten. Ihr Körper produzierte Cholesterin, woraus der Mythos entstand, dass man dem Menschen mit Cholesterinsenkern, ein gesünderes und damit längeres Leben vorgaukeln könne. So kamen die Eier in den Verruf Cholesterin zu produzieren.

Eine Metastudie an 65229 Hochrisikopatienten, setzte 2010 durch bessere Erkenntnis, diesem großen Denkfehler der Wissenschaft, ein jähes Ende. Dem weiterhin noch immer produzierten Bluff, den heute viele Ärzte praktizieren, müsste doch durch irgendein, nicht von der Pharmaindustrie bezahltes Untersuchungsgremium, das Handwerk gelegt werden.

Ein weiteres Problem, der weltweiten Irreführung, möchte ich hier nur noch kurz beleuchten.

Im Napoleon-Feldzug gegen Russland, hatte der Feldherr von seinen Chemikern gefordert, den Truppen einen künstlich, also chemisch, hergestellten, fetten Brotaufstrich zu produzieren…..und die Margarine hatte das Licht der profitgierigen Produktionsgesellschaft erblickt. Heute bringt sie Milliarden ein.

Seither prahlt man, die aus pflanzlichen und wahrscheinlich auch noch anderen Stoffen, also unnatürlich hergestellte Margarine, soll ähnlich wirksam sein, wie die Cholesterinsenker. Auch hier erweist es sich erneut, dass der Mensch, wenn es um seine Gesundheit geht, bedenkenlos aber auch unaufgeklärt, sich über den Leist ziehen lässt. Doch wem steht die Aufklärung zu. In den meisten Prüfstellen sitzen verdeckte Vertreter der Pharmaindustrie, die sogar die Tests finanziert. Schlechte Resultate werden unterschlagen, oder sogar als Gute suggeriert. Wer nichts weiss muss alles glauben.

Ich habe meine Meinung im nahen Umfeld meiner Familie klar dargestellt. Erstaunlicherweise jedoch riet man mir, meinen Arzt über die Richtigkeit meiner Denkweise zu befragen. Ich kann mir aber beim besten Willen nicht vorstellen, dass derjenige Arzt, der mir L.or verschrieben hat, mir jetzt bekennt dass er sich geirrt hat. Genauer gesagt, weil er mir nicht mitgeteilt hat, warum ich nach der weltweiten Aufklärung, durch eine  Metastudie, die auch ihn hätte überzeugen müssen, jetzt dieses Medikament einstellen soll. Diese Metastudie hätte ihn zu diesem Schritt, also zum Wohle seines Patienten, bewegen sollen, sich zu entschließen von einer bewussten Irreführung Abstand zu nehmen.

Frage: Ist mein Misstrauen nicht doch berechtigt, ja noch verstärkt wirkt, durch die Lektüre dieses umwerfenden Buches, die Schmach über die „Weiße Gesellschaft“ bringt.

Als vor nahezu 3000 Jahren Hippokrates noch in Mode war, schworen die Ärzte auf ihn, wahrscheinlich weil zu dieser Zeit bereits der gewissenlose Unfug bei der Elite Fuß gefasst hatte.

H: „Dein Bruder hat da ja schön auf die Pauke gehauen.“

P.: „Ja, sicher. Er hat so seine Erfahrungen gesammelt. Ich will dich aber noch aufmerksam machen, was nicht jedermann geläufig bekannt ist dir. Das ist der Schlusstext dieses Eides welchen jeder Arzt schwören muss. Dass dieser Schwur beträchtliche Mucken hat, ergibt sich aus der Tatsache dass seit der Deklaration von Genf, der Eidestext bereits 5 Mal geändert wurde.

Schlusssatz dieses Eides:……

     „Wenn ich diesen Eid erfülle und nicht breche, so sei mir beschieden, in meinem Leben und in meiner Kunst voranzukommen indem ich Ansehen bei allen Menschen für alle Zeit gewinne; wenn ich ihn aber übertrete und breche, so geschehe mir das Gegenteil.“

Die Genfer Deklaration (häufig auch als Genfer Gelöbnis bezeichnet) wurde im September 1948 auf der 2. Generalversammlung des Weltärztebundes in Genf, Schweiz verabschiedet. Sie soll eine zeitgemäße Version des Eides des Hippokrates darstellen und wurde mehrfach revidiert (1968, 1983, 1994, 2005 und 2006). (Wikipedia)

Hier der aktuellste Text:

Bei meiner Aufnahme in den ärztlichen Berufsstand gelobe ich feierlich:
mein Leben in den Dienst der Menschlichkeit zu stellen.

Ich werde meinen Lehrern die schuldige Achtung und Dankbarkeit erweisen.

Ich werde meinen Beruf mit Gewissenhaftigkeit und Würde ausüben.

Die Gesundheit meines Patienten soll oberstes Gebot meines Handelns sein.

Ich werde alle mir anvertrauten Geheimnisse auch über den Tod des Patienten hinaus wahren.

Ich werde mit allen meinen Kräften die Ehre und die edle Überlieferung des ärztlichen Berufes aufrechterhalten.

Meine Kolleginnen und Kollegen sollen meine Schwestern und Brüder sein.

Ich werde mich in meinen ärztlichen Pflichten meinem Patienten gegenüber nicht beeinflussen lassen durch Alter, Krankheit oder Behinderung, Konfession, ethnische Herkunft, Geschlecht, Staatsangehörigkeit, politische Zugehörigkeit, Rasse, sexuelle Orientierung oder soziale Stellung.

Ich werde jedem Menschenleben von seinem Beginn an Ehrfurcht entgegenbringen und selbst unter Bedrohung meine ärztliche Kunst nicht in Widerspruch zu den Geboten der Menschlichkeit anwenden.

P. : „Die Analyse dieses Textes gibt mir zu bedenken. Pass auf, was da geschrieben steht:  Dies alles verspreche ich feierlich und frei auf meine Ehre. Warum stellt man das Gelöbnis, als feierlich vollzogen, dar. Die wenigsten Zeitgenossen erfahren erst an dieser Stelle von der Feierlichkeit, die sich jeweils im geschlossenen Kreis abspielt.

Der  Weg dahin ist leider mit Geld und Gold gepflastert. Da liegen Stolpersteine mit unmenschlich anziehenden Kräften, welche man sicherlich nicht so schnell aus dem Weg räumen wird.

Obiges Gelöbnis ist eine, gelinde ausgedrückt,  halbherzige Angelegenheit, die es kaum erlaubt einen Arzt, der gegen dieses Gelöbnis verstößt, zur Rechenschaft ziehen zu können. Der Franzose würde sagen, dieses Gelöbnis käme einer „patte blanche“ gleich. (Der Wolf und die sieben Geißlein). Eigentlich müssten die ehrlichen Mitverdächtige sich ebenfalls gegen die Machenschaften ihrer „Kollegen“ einsetzen, damit der globale Verruf aufhört.

Ich vermisse in dem Gelöbnis, ethisch tiefer greifende Zugeständnisse, so ähnlich formuliert, wie nachfolgende Vorschläge:

Ich verpflichte mich niemals meine Patienten zu betrügen und niemals ihnen einen chirurgischen Eingriff vorzuschlagen, und auch gar nicht auszuführen, der nicht unbedingt notwendig ist.

Ich verpflichte mich niemals meinen Patienten teure Medikamente zu verschreiben, wenn billigere dieselbe Wirkung haben. Ich verpflichte mich nicht nur teure Medikamente zu verschreiben, deren Wirkung nicht erwiesen ist.

Ich verpflichte mich niemals meine Patienten, im gegenseitigen Austausch, an meine Kollegen zu überweisen, nur um beidseitig einen größtmöglichen Patientenbesuch zu erzielen.

Ich verpflichte mich niemals den Patienten zu missbrauchen, allein um meine Honorare zu vermehren. Auch werde ich bevorzugten Patienten keine außertarifliche Honorare abverlangen.

Ich verpflichte mich niemals zu Versäumen, im Falle einer Fehldiagnose, gefolgt von kostspieligen falschen Behandlungen, mich bei dem geschädigten Patienten zu entschuldigen und ihm die Rückerstattung seiner Ausgaben, entweder aus meiner eigenen Tasche oder über meine diesbezügliche  Versicherung auszuzahlen.

Mein lieber Schwan. Du hast das, was ich schriftlich vorgeschlagen habe, nicht gelesen, denn beim Lesen meiner Zeile würde es dir auffallen, dass ich einige Kommas weggelassen habe. Das ist absichtlich geschehen. Ein Komma, das normalerweise vor „niemals“ stehen sollte, habe ich absichtlich weggelassen weg gelassen, denn setzt man es hinter „niemals“,  bekommt die Verpflichtung einen ganz anderen Sinn.  Bereits den alten Griechen waren solche Orakelsprüche bekannt. „Ibis redibis numquam per bella peribis .“ Oder die populäre Interpretation: „Ibis redibis numquam morieris in armis“.

Als die Enthüllungen von Edward Snowden, betreffend den amerikanischen Abhördienst veröffentlicht wurden, begann ein Lamentieren durch die nahezu globale Gesellschaft zu gehen. Dieses Ausspähen von volksfeindlichen Elementen wird mit größtem Interesse aller Medien verfolgt und negativ kommentiert.

Die Enthüllungen die man im Buch „ Die Weiße Mafia“ lesen kann, werden kaum von denselben Medien kommentiert. Und das wird wohl seine Gründe haben. Doch man sollte vergleichen, welche der beiden Enthüllungen, das Volk wirklich empfindlich trifft. Auf der einen Seite sieht man die eigene Intimsphäre bedroht….auf der anderen hört man nur das Glockengeläute, oder das Stöhnen in den Krankenbetten, von Millionen falsch behandelter Patienten, durch eine besondere Clique (nicht alle) von Menschen, die sich als Ablass für ihre Sünden, noch gut bezahlen lassen.

Frank Wittig schneidet im letzten Kapitel das Thema an “Was getan werden müsste“. Dabei gibt er seine Quellen an, die ihn zur gründlichen Erforschung des Problems geführt haben.

Dann resümiert er wortwörtlich: „Heute macht sich wieder Misstrauen in der Bevölkerung breit…..Zahnärzte bohren und verschließen Löcher, wo keine Karies war. Gynäkologen entfernen Gebärmutter oder Eierstöcke ohne medizinischen Grund. Interventionelle Radiologen und Kardiologen setzen Stents in unsere Herzkranzgefäße, ohne dass wir davon gesundheitlich profitieren. Orthopäden schneiden, bohren, fräsen, meißeln und schrauben an unsern Sehnen, unserem Knorpel und unseren Knochen in einem Ausmaß, welches das medizinisch Sinnvolle bei Weitem überschreitet. Vorsorglich und therapeutisch werden wir mit Produkten der pharmazeutischen Industrie vollgestopft, die in unabhängigen Studien mit relevanten – Endpunkten - (z. B. Überleben) oft keinen Nutzen zeigen. Dafür verschwenden wir jährlich Milliardenbeträge und Zehntausende verlieren dadurch jedes Jahr ihre Gesundheit oder sogar das Leben…...“

H: „Das was du mir jetzt vorgetragen hast ist ja erschreckend, nahezu ungeheuerlich. Ich verstehe jetzt warum du mehrere Male gesagt hast: Wer nichts weiss, muss alles glauben.

Ich werde mir dieses Buch bei dir ausleihen, wenn es disponibel ist, denn ich kann mir vorstellen, dass du es wegen weiterer Verbreitung, bereits ausgeliehen hast.

P. : „Richtig getippt. Das wird wahrscheinlich noch eine Weile dauern, wenn ich überhaupt mein Buch jemals noch wieder zu Gesicht bekommen werde. Deshalb rate ich dir an eins bei Amazon zu besorgen. Das geht schneller.

H: „Du hast vorher soviel von Orakel gesprochen. Sicher hast du über dieses Thema etwas auf Lager. Es würde mich interessieren, wie du dazu stehst.

 

 

 


 

Orakel,  Debakel

P. : „Ja, mit diesem Thema habe ich mich seit meiner Jugend beschäftigt.

Seit Menschengedenken hat der „Homo sapiens“ viel eher der Wahrsagerei Glauben geschenkt als die vor offene Augen dargelegte Realität, als solche erkannt. Die weltweiten Reaktionen zum aktuellen Irakproblem macht dies wiederum offensichtlich. Doch möchte ich zwecks Erklärung meiner Ansicht etwas Weit ausholen.

In jahrelanger Öffentlichkeitsarbeit habe ich folgende Erfahrung machen können. Ich merkte schon früh- und rechtzeitig dass man grob gesehen die Volksmassen und auch deren Meinungen in 2 Verhaltungsgruppen einteilen kann. Wohl selten findet man bei einer sportlichen Auseinandersetzung nur eine einzige Meinungsgruppe, die sich zum Beispiel ausschließlich mit dem Schiedsrichter beschäftigt. Bereits vor dem Spiel sind die Meinungen in zwei Lager geteilt und das ist im alltäglichen Leben genau so.

Da gibt es diejenigen, die handfeste Ideen vortragen, egal ob diese gut oder schlecht zu bewerten sind. Es gibt dann auch diejenige Gruppe die schnell feststellt, dass die von den Andern vorgetragene Idee, nicht das eigene Denkprodukt ist. Diese als schmählich, und als erniedrigend empfundene Feststellung, führt natürlich zu einer psychischen Reaktion. Ein unerfülltes Erfolgsdenken kann zu negativen Beurteilungen führen, sogar bis zur Verurteilung einer vorgetragenen Idee. Man braucht nur in den Medien zu lesen und zu hören wie Antagonismus in der Öffentlichkeit, besonders auffällig beim Sport und in der Politik geschürt wird.

Kurz gesagt ich bin der Meinung, dass Frustration entsteht, weil man nicht selber auf die so genannte Idee gekommen ist was, einem inneren Zwang gehorchend, dazu verleitet doch zu zeigen dass man zu einem ebenbürtigen Denk- oder besser gesagt Reaktionspotenzial fähig ist. Nur so kann der verärgerte „Verlierer“ bewusst oder unbewusst sich selber in ein wirkungsvolles Licht positionieren, nach dem Prinzip. : „Wenn ich jetzt Nein sage, kann ich immer noch weiterhin mitreden“. Und genau das geschieht tagaus, tagein in unseren gesellschaftspolitischen Auseinandersetzungen. Das nennt man  Politik!

Bei einer wichtigen Entscheidung in einem Gremium machte ich mir das Wissen um diese auffällige Schwäche des Menschen zu Eigen und in Anbetracht einer vorhersehbaren scharfen Reaktion von einem Entscheidungsteilnehmer riskierte ich einmal den Coup und wagte genau das Gegenteil vorzuschlagen, was ich mir gewünscht hätte, wie es geschehen soll. Wohlweislich taktisch, machte ich aber so ganz nebenbei, als Anstoß sozusagen, auf meine gespielte Abneigung aufmerksam und vermerkte, dass dies aber für mich keine gute Lösung sei. Wie erwartet trat genau das ein, was ich vorhergesehen hatte. Meine eigene aber verheimlichte Einstellung wurde prompt als bessere Alternative diskutiert, was mir natürlich zur gewünschten Erfüllung meiner Vorstellung verhalf. Menschenkenntnis?

Die Sache hatte natürlich ein Nachspiel, denn ich konnte mich nicht enthalten und musste einmal so richtig bekannt machen, was sich in besagtem Gremium beim Suchen nach Entscheidungen abgespielt hatte. Ich verriet meine angewandte Taktik. Prompt warf man mir ein dreckiges Spiel vor, worauf ich natürlich auf die ebenso dreckigen Antiideen aufmerksam machte und forderte die Antagonisten auf, endlich auch mit konkreten, verwertbaren Ideen aufzuwarten.

Genau diese rein natürlichen Verhaltungsweisen, spielen sich augenblicklich ab in der weltweiten, bereits zum Selbstläufer gewordenen Massenentrüstung gegen einen eventuellen, bis zu diesem Zeitpunkt keinesfalls beschlossenen Krieg. In Anbetracht der eigenen Unfähigkeit, der seit 12 Jahren grassierenden Ideenlosigkeit in der UNO, eine wirkungsvolle Lösung in dieser Kriegsproblematik anbieten zu können, überwindet man die eigene Frustration und wendet sich vehement gegen einen unangenehm starken Gegner, dessen Reaktionen man jedoch keinesfalls zu befürchten hat. Damit ist man auch in der ersten Front dabei! Wohlgemerkt ich plädiere keinesfalls direkt für einen Krieg, denke aber zurück an den Diktator im Nachbarland dem man das Handwerk bereits hätte legen müssen, als er mit der gewaltigsten, bisher nicht geahnten Rüstungsmaschinerie begann den verheerenden 2. Weltkrieg vorzubereiten. Alle Warnungen, fußend auf Realität und Wahrheit wurden verdrängt und ersetzt durch blindes Vertrauen in prophetisch skandierte Parolen. Dieser Krieg, wie wahrscheinlich alle andern, wurde vom Kapitalismus geduldet, weil er viel Geld in Bewegung setzte. In den Krieg würden ja die anderen ziehen. Es wäre nie zur Katastrophe gekommen, wenn das Zögern und die Unentschlossenheit einem Diktator gegenüber nicht stattgefunden hätten. In der Irakfrage grassiert ebenso fatale Unwissenheit sowie Verdrängung der Realität.

Ich möchte aber ausdrücklich hervorheben, dass ich persönlich die besondere Einstellung der Kirchen keinesfalls in dasselbe Verhaltensmuster einreihen möchte, da diese immer wieder das Märtyrertum und den bekannten Schlag auf die Wange, hinzunehmen bereit waren.

Wenn aber gleichzeitig und weltweit die Linken, zu den gleichen Protestaktionen aufrufen und schlimmste Wahrsagerei betreiben, indem sie warnen vor unmenschlichen Folgen, worin sie ja beste Erfahrung aufzuweisen haben, dann sollte man sich überlegen, wer sich denn bei der grassierenden Schwarz-weiß Malerei auf der Seite der Guten befindet und wer zu den Bösen gehört. Diejenigen, die aus der Geschichte gelernt haben, oder diejenigen die aus einfachem Opportunismus heraus geblendet, sich gegen alles wenden, was eine gewisse Ordnung in der Welt herbeiführen könnte. Niemand kommt auf die Idee wahrzunehmen, dass es im Irak hauptsächlich um die Befreiung eines geknechteten Volkes geht, so wie einst auch die Amerikaner uns Europäer in letzter Minute vor einen irren, unmenschlichen Diktator befreien mussten, weil sie gleichermaßen bedroht waren.

Eine mich bedrückende Frage sei noch gestellt. Sind all diese Antagonisten wirklich so feine nette Leute, für die sie sich ausgeben? Kann man ihnen die Ehrlichkeit auf dem Gesicht ablesen? Diesen Glauben habe ich längst verloren, wenn ich mir erlaube zu beurteilen wie viele Manifestationen bisher nicht gelaufen sind, gegen die vielen tausend Verkehrstoten auf unseren Straßen, die Drogentote, die Diebstähle, Mord und Totschlag, Betrug, Schwindeleien, Hehlereien, Kinderschändungen und noch viele mehr der alltäglich passierenden Übel- und Untaten. Leider verpufft gerade in dieser zuletzt aufgeführten Problematik, den potenziellen Antagonisten, der Wille des Manifestierens, in Anbetracht zwar starker aber unpersönlichen Gegner, zu denen sie meist selber gehören.

Ein Sprichwort meint vortrefflich: „Du choc des idées jaillit la lumière“. Aber wenn eine Idee auf Ideenlosigkeit stößt, die aus purem Opportunismus oder Antagonismus entstanden ist, dann fliegen zwar Funken, wem aber wird dabei das wahre Licht aufgehen?


 

Vom Raucher – über Umwege zum

 

H.: “Wie ich sehe rauchst du noch immer. Hattest du denn nicht bereits einmal angekündigt mit dem Rauchen aufhören zu wollen?“

P.: “Du hast Recht. Meinem Bruder ist das geglückt. Er hatte alsdann diese Geschichte niedergeschrieben, die ziemlich weit ausholt.“

H.:“ Es ist besser hier ein wenig geistige Arbeit zu verrichten als überhaupt nichts zu tun. Ich habe schlechte Auguren, was meinen Arbeitsplatz hier anbetrifft, denn wenn diese Flaute noch länger anhält, dann bin ich auf dem Abstellgleis angekommen.“

P.:“ Es ist ja nicht einmal sicher ob diese Zweigstelle erhalten bleibt, wenn der Alte einmal in Pension geht.“

H.:“ Komme doch noch einmal zurück auf das was dein Bruder niedergeschrieben hat.

P.:“ Na dann hör einmal gut zu.:

Ich glaube ich sollte manchem Noch - Raucher, der es immer noch nicht fertig gebracht hat, über seinen nikotinsüchtigen inneren Schweinehund hinweg zu springen, mit meiner moralischen Unterstützung hilfreich zur Seite stehen. Ich bin obigen Weg gegangen. Eigene Erfahrungen, vonseiten eines Rauchers, gehen über die zumeist reisserischen Berichterstattungen in den verschiedenen Medien hinaus. Die gängigsten, wie Presse und TV, berichten pausenlos über das Thema, zumeist weil ihnen gescheitere Themen abhanden gekommen sind. Auf diesem Tummelplatz der Gefühlsmassage, fühlen sie sich wohl, weil sie dazu kein spezielles Wissen brauchen. Hauptsächlich besteht der Themenmix aus absonderlichen Elukubrationen wie über Krebs, Aids, Scheidungen, Nachbarstreit, Politgeplänkel, Klimakatastrophe, Bommeléer, Schulbildungsprogramme, bis zum Siechtum und bis zur dem Tod vorausgehende Euthanasie, worüber dann schwadroniert wird. Man bedient sich wohlweislich dieses Fremdwortes, weil dies keinesfalls so brutal klingt und auch nicht so empfunden wird. Die deutsche Übersetzung ist eigentlich gleichwertig wie das Wort „Mord“ auch wenn man es galant und etwas mildernd umschreibt mit „Sterbehilfe“.

 

H.:“ Das beginnt ja schon gut. Sofort stellst du die möglichen Folgen des Rauchens in den Raum.“

 

P.:“ Nach diesem prophezeiten Tod kann man vielleicht entgehen, aber es ist und bleibt nun das Schicksal eines Menschen, irgend wann sterben zu müssen.

Mein Bruder meint dann:

 

„Heute ist es wirklich eine reelle Freude sich selber weiter zu bilden, um über ein Thema zu recherchieren, damit man mit dem notwendigen Hintergrundwissen möglichst objektiv ein Diskussionsproblem angehen kann. Es muss ja nicht immer den Nerv des Lesers mit abgelichteten Blutlachen oder die Zuhörer mit Blaulichtsirenen und Schüssen strapazieren.

 

Den Nichtrauchern wird kurzweg jeder Qualmer, als drohenden Feind seiner Gesundheit dargestellt. Ein Riss im Tuch des vernünftigen Nebeneinanders, in welches eine Gesellschaft eingebunden sein soll, spaltet diese dagegen in sich verfeindende Lager. Das scheint diesen Klugköpfen Spass zu machen. Mir ist unverständlich geworden, warum das Interesse am Sterben durch Aids, Krebs, im Strassenverkehr, das Ableben durch terroristische Akte, nahezu bedeutungslos hinter das Krankwerden und Sterben durch Tabakrauch gerückt ist.

 

H.: „Es kommt natürlich darauf an, unter welchem Hut die Dialoge geführt werden.

 

P.: „Ja, genau das wird jetzt belichtet.“

 

„Meiner Meinung nach, sind manche Medienmacher dabei eigentlich das schlimmere Übel. Sie verbreiten eine äusserst bedenkliche, geistige Pollution, von der sie süchtig geworden, sich anscheinend selber nicht mehr befreien können. Sie leiden am Raucherproblem. Die persönliche Meinung einer modernen, aufgeklärten Bevölkerung, hat bis heute kaum zaghafte Schritte gewagt, zur ausgewogenen Selbsterkenntnis zu kommen, sich eine eigene Meinung zu bilden. Sie schien sich so langsam aus den steinzeitlichen Höhlen heraus zu wagen. Jegliche Bevormundung von aussen schien endlich abwendbar geworden. Diktat und Tyrannei sollten fürderhin als schlimmste Untaten gelten. Emanzipation pur durch Bewegungs- und Denkfreiheit.

 

Abgesehen von einer tief verwurzelten Borniertheit, die kaum eradizierbar ist, arbeiten neue Kräfte daran, durch übermässig negative Berichterstattung, den gesunden Menschenverstand wieder zu verdrängen. Diesmal in eine mentale Unterdrückung. Der gutgläubigen Gesellschaft wird unaufhaltsam mit Lügen und Halbwahrheiten, nahezu pausenlos zugesetzt. Können wir uns noch vor einer drohenden geistigen Kolonisierung schützen? „Yes, We can!“ hat der amerikanische Präsidentschaftskandidat Barack Obama an einem bemerkenswerten Abend in New Hampshire immer wieder als Refrain skandiert. Auch ich wage dies zu behaupten: „Yes, We can!“ Packen wir’s nur richtig an. Aber dazu gilt es verschiedene Unbequemlichkeiten in Kauf zu nehmen.  Alte Gewohnheiten zu verabschieden.

 

Schalten wir einmal lästig gewordene Radio- oder TV-Kanäle herzhaft ab. Nicht nur der Kameramann, sowie auch der Regisseur, stehen sowieso immer neben dem Ermordeten, parat mit einer Flasche Glenfiddish, damit der Star nicht an seinem eigenen, theatralisch gespielten Tod, zugrunde geht. Kündigen wir die Abonnemente der Boulevardpresse. Noch schlimmer infiziert uns die satirische Presse unter einem angeblich geistreichen Deckmantel. Sie verdirbt überspitzt jeden Respekt vor unseren Mitbürgern. Besonders in den Büros des Parlamentes scheint man sich bei dieser Lektüre köstlich die Zeit zu vertreiben.

 

Ein Grossteil dieser Presse hat das bisschen Ethik, das sie vielleicht einmal hatte, längst gegessen. Heute geht es nur noch um die Eroberung des Finanzmarktes. Hemmungslose Kapitalanhäufung durch Unfug und Betrug ist in, nach Mafia Art. Neben dem riesigen finanziellen Aderlass, der unserer Gesellschaft nicht nur durch skrupellose Manager abgezapft wird, geschieht auch eine Umverteilung der geistigen Werte. Die Masse mischt kleinkariert, aber immerhin gleichermassen bei diesem Treiben mit. Um die so fehlenden, auf 25 Milliarden Euro geschätzten hinterzogenen Steuergelder, zum Beispiel in Deutschland, entfallen etwa 10 Milliarden auf korrupte Manager oder Besserverdiener, 15 Milliarden aber werden vom Rest der Mitbürger unterschlagen. So hoch im Jahr werden die Fehlbeträge geschätzt. Genau dieselben Steuerhinterzieher, klagen aber den Staat an, nicht genug zu investieren in Bildung, Kinderkrippen, Strassen usw. Niemand scheint sich eigentlich bewusst zu sein, dass er bei seinem Schwindeln sich selber beschwindelt. Alle rufen begeistert, „wir sind Weltmeister“, oder „wir sind Papst“, aber niemand wagt zu rufen „wir sind Staat, wir haben das Recht auf Selbstbetrug!“

 

Einerseits kann es nicht sein, dass einige moderne Raubritter, soviel Reichtum anhäufen, womit sie das Volk eines ganzen Landes jahrelang, ohne deren Zutun, ernähren könnten. Auf dekadente Weise wollen diese dann ihr Kapital raffgierig weiter vermehren. Das geschieht auf ausländischen Banken, wo Kapital und die Zinsen angeblich steuerfrei sind. Anscheinend gibt es die bei uns in Luxemburg bekannte Quellensteuer (leider nur auf der Kapitalverzinsung) in Liechtenstein sowie auch in Monaco nicht. Das Schengener Abkommen hat also manche Schlupflöcher noch nicht stopfen können. Welche Lobby hat, beflissen dafür gesorgt, dass dem so ist? Die Amerikaner haben diese Betrugsmöglichkeit längst im Griff. Banken, die so ihre Geschäfte machen, werden einfach unter einen Bann gesetzt. Sofort wirksamer und totaler Boykott! Doch das Verschweigen der Kapitalzinsen allein ist nur die Spitze des Eisbergs der Steuerhinterziehung.

 

H.:“ Ist dein Bruder jetzt nicht auf Abwege geraten und hat er sich vom Thema sich entfernt?“

 

P.:“ Mir scheint auch also ob er zu einem Rundumschlage ausgeholt hat. Doch lesen wir weiter?“

 

„Auf der anderen Seite drischt eine Meute von Zeitgenossen, die nicht zu den normalen Sterblichen gezählt werden wollen, unaufhörlich auf die menschliche Gesellschaft ein, so als ob sie ihren Mitmenschen auf der ganzen Bandbreite der Gefühle, jedes Interesse, sowie Lebensfreude oder Lebensgenuss vergällen wollen. Unbewusst mischt die innerlich aufgewühlte Masse auch hier mit, an einer sich anbahnenden Selbstzerfleischung. Sie verlangt, sensationslustig geworden, eine öffentliche und lückenlose Aufklärung krimineller Taten, die nicht sie selber sondern andere begingen. Es zeichnet sich ein Bild auf von einem beängstigend morscher werdenden Zustand der Gesellschaft. Wer kennt den Ausspruch nicht: „Wenn die sich so etwas erlauben können, dann tue ich es eben auch“. Kriminelle Gleichmacherei, in verkleinertem Massstab allerdings, geschieht dann mit beflissener Selbstentschuldigung. Die Zugehörigkeit zu einer ehrlichen, respektvollen Lebensgemeinschaft ist in Frage gestellt.

 

Die beim Klauen von Handwerksgeschirr erwischten Hüttenarbeiter, so habe ich es erlebt, hatten immer dieselbe Entschuldigung parat: “Das tut doch dem Patron nicht weh.“ Die Bevölkerung in den Industriegegenden an der Herkunft ihres Handwerksgeschirrs zu beurteilen, ob sie ehrliche Leute seien und kein geklautes Handwerksgeschirr besässen, würde eine erschreckende Bilanz abgeben.

 

Kein Wunder, dass über Jahre hinweg die fehlenden Gelder in den öffentlichen Kassen sich summieren. Um aus der Schieflage zu kommen, macht der Staat, über die gewählten Politiker, seinerseits Schulden in Billionenhöhe (ca. 1,5 Billionen) und zwar bei den eigenen Bürgern. Woher sonst könnte das Geld zur Verfügung stehen, als über öffentliche Anleihen beim eigenen Volk. Die zusätzlich von den steuerzahlenden Bürgern aufgebrachten Mittel müssten demzufolge eigentlich dem Manko in der Staatskasse entsprechen. Ein Teil der angeblich zu hohen Steuern, die von der Bevölkerung kritisiert werden, sind dabei nur legitim erfasste Massnahmen gegen den grassierenden Steuerbetrug, also hausgemacht! Wenn andererseits der Staat, das vom Volk gepumpte Geld gewinnbringend anlegt, aber wenig von den anstehenden Erträgen an Zinsen auszahlt, dann kommt dies ebenfalls dem Abzocken gleich. Die Politiker werden zu einer Gratwanderung gezwungen, während das Volk einen Seiltanz vollführt.

 

Den Halbgöttern zumeist aus dem Himmelreich des Sports, die in Schlupflöcher des Auslandes abgewandert sind, um dem Fiskus zu entgehen, sollte man ipso facto die Staatsbürgerschaft aberkennen. Sie werden leider auch noch in und von den um Milliarden betrogenen Bürgern des Landes hofiert. Das grenzt mir doch irgendwie an mangelnden Realitätssinn. Darf sogar ein Staatspräsident hoffertig sein, auf solche hinterlistige Bürger?

 

Es gibt aber auch gute Möglichkeiten, um einer permanenten und dekadenten Berieselung durch meinungsbildende Publikationen zu entrinnen. Doch der Weg in diese Richtung scheint manchem unbequem zu sein. Erholsame Spaziergänge in freier Natur, durch seelisch befreiende Wanderungen, am besten mit offenen Augen. Musik, aber in angemessener Tonstärke (nicht über 50 Dezibel) lauschen und weniger in Form von Berieselung während des Mittagessens oder gleichzeitig beim Lesen der Zeitung. Erholsam kann auch ein Besuch von Kunstausstellungen sein, wo leider bereits auch angebliche Kunst in schockierenden Kitsch oder Mistkunst abdriftet.

 

Es ist deshalb lobenswert, dass in unserm Land das dörfliche Gemeinschaftsleben durch eigene Initiativen seinen ländlichen, erholsamen Charakter pflegt. Dazu trägt das wieder auflebende Dorftheater bei, das besonders von Jugendlichen animiert wird. Nachdem ich 1964 und später vorbildlich einige erfolgreiche Theaterstücke aus dem Deutschen ins Luxemburgische übertragen und angepasst habe, ist die Schar der Übersetzer bereits unüberschaubar geworden.

 

Ein gutes Buch lesen, regt den Geist an zu persönlichen, selbstbefreienden Gedankengängen.  Auf kultureller Ebene sind die Angebote nahezu unübersichtlich und unerschöpflich geworden. Das Leben in der Stadt dagegen wurde ungemütlicher, roher, heimtückischer und anonymer, ja ehrloser. Man wagt sich nicht mehr gerne dorthin. Durch das gierige Zentralisieren von Arbeitsplatzangeboten entstand das verwerfliche Chaos auf den erforderlich gewordenen Autobahnen, das nicht mehr zu ändern ist.

 

Und dann die harmlosen lukullischen Freuden, denen die Presseleute unverständlicherweise ebenfalls aufsässig geworden sind. Da wird allgemein behauptet, dass im Durchschnitt die Bevölkerung zu dickleibig sei. Ihre Ernährung sei falsch. Ich kann jedenfalls versichern, dass mich das mir immer wieder eingeredete Übergewicht, noch nie in meinem Leben insofern beeinträchtigt hat, woraufhin ich mein Essverhalten nachträglich zu bedauern hätte. Im Gegenteil, die Zeiten meines immer wieder erfolglos getesteten Diätenwahns, nervten und raubten mir jede Zufriedenheit. Ich glaube behaupten zu können, ich wohne in einem Land, wo so eine aussergewöhnlich gesunde Ernährung angeboten wird, als nirgendwo anders.

 

H.: „Da kann ich deinem Bruder nur zustimmen.

 

P.: „Ich meinerseits ebenfalls.“

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

„Zu“ – zuvor noch ein Ausrutscher

 

„In diesem Zusammenhang ist das Wort „zu“ für mich zu einem roten Tuch geworden. Es kommt in diesem Essay genau 2638-mal vor. Doch woher nimmt jemand sich die Freiheit, anscheinend für die Allgemeinheit sprechend, zu behaupten, dass etwas „zu“ ist. Wenn daraus hervorgehen würde, was er damit meint, ihm persönlich sei etwas „zu“ dann wäre es noch zu verstehen. Was bedeutet es eigentlich „nicht normal“ sein. Das scheint doch wohl damit gemeint zu sein. Sind wir wirklich so naiv uns zumeist an mathematisch errechneten Durchschnittswerten zu orientieren, deren Erfassung kaum von hehrer Objektivität geleitet wurde. Wer erdreistet sich eine solche Norm, ohne feststellbare Jalons gebrauchen zu dürfen. Da ist es dem einen „zu“ warm, dem andern „zu“ kalt. Dem einen ist der Braten „zu“ fett dem andern „zu“ mager. Die Gesellschaft manifestiert sich in pausenloser Kritik. „Zu“ ist dabei eines der schrecklichsten Modewörter unserer Zeit geworden. Die Polizei ist dem einen „zu“ streng, dem andern „zu“ ungerecht. Politiker sind „zu“ hochnäsig und „zu“ Macht besessen. Banale Gespräche werden überhäuft mit dem Wörtchen „zu“. Es ist ungewöhnlich häufig in aller Munde. Pitti, Stellvertreter für die Pisa Jünger, würde gleich ausrufen „zu“ häufig. Man gebraucht es unbedacht, um sich selber Luft zu verschaffen, dem eigenen Unmut entgegen zu wirken. „Zu“ ist ein vermeintliches Schlüsselwort, um die eigene Persönlichkeit, wie bei einem Richterspruch, ins Rampenlicht stellen zu können. „Zu“ schwebt irgendwo im leeren Raum und keiner kann mir sagen, wo das „nicht genug“, aufhört, damit das „genug“ und das „zu“ zu beginnen hat. Dem einen ist die Suppe „zu“ gesalzen, dem anderen kommt sie „zu“ fade vor. Ich ärgere mich manchmal, wenn ich in eine solche „zu“ -Gesellschaft geraten bin, und frage gerne, bei wieviel Gramm oder Zentimeter das „zu“ eigentlich beginnen soll, um es richtig zu gebrauchen. Es gibt Leute denen rutschen Qualifizierung oder Quantifizierung durch das Wort „zu“ so schnell über die Lippen, als ob dieses Wort zur überlegenen Einsicht oder feineren Allgemeinbildung gehöre. Niemand kann jedoch erläutern, was genau damit gemeint ist. Also Unsinn, purer Unsinn. Lautblasen. Lauschen sie einmal, wie oft man in ihrem Bekanntenkreis das absolut wertlose „zu“ benutzt. Es ist erschreckend, wie wenig Leute sich dabei um den reellen Wert ihrer Aussagen kümmern.  Komischerweise wird aber auch darauf reagiert. Ist die Musik zu laut, dann wird sie gedrosselt, jedoch zögerlich bis an welchen Punkt? Ist es am Strand „zu“ warm, dann wird eben „kühlende“ Luft gewedelt, aber die bleibt immer noch gleich warm. Doch was erfolgt, wenn jemand zu dumm ist, um das Nullwertwort „Zu“ nicht mehr zu gebrauchen?

 

Wem vorherige eigentlich spontan und unbeabsichtigt eingestreute Betrachtungen bereits „zu“ aufdringlich geworden sind, dem möchte ich sofort ein ebenso unvernünftiges „nicht genug“ entgegen setzen. Das ist ein Wort, das mir schon besser gefällt. Ich spreche es nicht aus, dachte und denke aber aus puren egoistischen Gründen, sehr oft daran. „Nicht genug“ Taschengeld war wohl der Beginn aller Klagen über die Möglichkeiten der eigenen Lustbefriedigung. Doch davon vielleicht einmal später.

 

Schnell noch einen kleinen Abstecher machen zu unsern lukullischen Genüssen, die manch Unzufriedenem ebenfalls „zu“ irgendetwas sind.  Die Einschaltquoten für viele Köche, die am Bildschirm ihr unwahrscheinlich abgehetztes Unwesen zur Schau stellen, scheinen meine Sicht der Dinge zu bestätigen. Abgehetzt sind sie wegen der teuren Sendezeit, nicht weil jemand auf das Essen wartet. Wer nicht selber gut essen kann oder will, der liebt es möglicherweise zu schauen, welch feine Küche man sich leisten könnte. Selber die Produkte geschmacklich zu prüfen, bleibt einem leider, durch die unvollkommene Technik, noch eine Weile verwehrt. Doch Phantasie allein kann schwelende Lustgefühle nicht stillen. Essen schafft kaum feststellbare Energie, eher Trägheit, doch absolut live empfundenes Wohlbefinden, Zufriedenheit und Lebenslust. Aber nicht jeder in unserer Wohlstandsgesellschaft kann es sich leisten, nicht selber (gut) kochen zu können.

 

Um den alltäglichen Stress meiner beruflichen Tätigkeit abzubauen, lauschte ich am Abend eine Weile, bei meinem Gartenteich sitzend, dem entspannenden Plätschern, des kleinen selbstgebauten Wasserfalls, wobei ich selbstverständlich und gemütlich meine Pfeife paffte. Wohltuende Abendstimmung, wenn die Sonne im „Giele Botter“ versank. Wer sich nicht von dem Schreckgespenst der negativen Berieselung befreien kann, wird unbewusst ein Opfer der zweifelhaften Berichterstattung und ihr bis zur Verzweiflung ausgesetzt sein.

 

Frau T. aus meinem Bekanntenkreis kann am Morgen nicht schnell genug ihr Radio einschalten, um nur nicht zu verpassen, wenn irgendwo auf der Strasse ein Unfall geschehen ist oder eine Katastrophe in der Nachbarschaft. Stoff für Klatsch und Tratsch wird immer gebraucht. Die gute Frau wirkt auch den ganzen Tag über strapaziert, überhastet, unausgeglichen. Das nennt man vorprogrammierter Stress. Ein recht intelligenter Mann, den ich persönlich kenne, ist bereits so weit von einem normal menschlichen Verhalten abgekommen, dass er mit seinem Auto extra Umwege fährt, um an den Orten vorbei zu kommen, wo kurz vorher Unfälle passiert sind. Dort fotografiert er ausschliesslich Schreckensbilder aus den abstrusesten Blickwinkeln. In dessen Diaarchiv befinden sich nur Horrorbilder von Autounfällen und sonstigen katastrophalen Ereignissen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Und nun endlich - zuM Nichtraucher

 

In meinem jungen Leben war das Rauchen auf jeden Fall ein von jeglicher Voreingenommenheit unbelasteter Meilenstein, auf den zu erreichen ich zuerst versessen war. Am Horizont aber zeichneten sich bereits andere Profile, von neuen möglichen Grenzsteinen auf, die langsam aber sicher, bei zunehmendem Alter näher rückten. Langsam aber beständig setzte sich auch die Erkenntnis, der Verstand durch. In den übrigen Zeilen meiner Memoiren versuche ich einige der aufgetauchten Probleme, in ausgewogenen Beobachtungen zu schildern.

 

Systematisches, das heisst ein gewohnheitsmässiges Rauchen, stellte sich bei mir erst im Alter von 18 Jahren ein. Das war so eine Mündigkeitsmarke meiner Eltern, die ich jedoch bereits lange vorher umgangen hatte. Natürlich waren es die „schlechten“ Kollegen, die mich zum Rauchen verführten und mir ihre Zigarette in den Mund steckten. Natürlich stieg auch mir dieses dusselige Gefühl kräftig ins Gehirn. Am erstaunlichsten für mich waren noch eine kurze Zeit, die spontanen Erektionen, die keinesfalls durch erotische Ereignisse ausgelöst wurden. Einen Zusammenhang konnten wir Buben uns nicht erklären, doch wussten wir genau, dass der brummende Schädel ganz sicher hervorgerufen wurde durch den eingeatmeten Tabakrauch. Wer dabei seinen Mageninhalt preisgeben musste, lernte zur gleichen Zeit wissen, was Magensäure ist. Ich kann mich ganz klar daran erinnern, dass ich bereits 1940, also mit 8 Jahren nähere Bekanntschaft machte, mit Zigaretten und Zigarren. Man kann diese Episoden weiter oben in meinen Memoiren nachlesen, unter der Überschrift „Überfall der deutschen Armee“.

 

Mein Vater rauchte zumeist die Pfeife, wahrscheinlich weil er mit seinen überdurchschnittlich groben  Fingern selber keine normale Zigarette hätte wickeln können. Fertige Zigaretten waren ihm zu teuer und standen ihm auch nicht zu Gesicht. Seine mächtigen Hände hatten sich in seiner schweren Jugendzeit, bei der alltäglichen Arbeit, zu regelrechten Pranken geformt. Die anstrengende Arbeit in seiner Jugend bestand darin riesige Wurzelstöcke in grösseren gerodeten Waldstücken, durch Sprengung, sowie mit Axt und Säge zu entfernen, um auf der frei gewordenen Fläche ein oder zwei Jahre lang Heidekorn einsäen und ernten zu dürfen, das ausschliesslich der Verpflegung seiner Familie diente. Auch diese Episode hat mein Vater in seinen Memoiren zu Papier gebracht.

 

Er sprach immer wieder von der guten Qualität seiner Pfeife, die aus Heidekrautholz gefertigt war. Das Bruyère – Holz, unter dieser Bezeichnung kennen die Raucher dieses Holz, scheint apart geeignet zu sein, um den rechten Genuss des Tabaks zu fördern. Ich kann mich auch noch gut erinnern, wie beglückt er aber eine lang ersehnte Pfeife aus Meerschaum, als Geschenk in Empfang nahm, die er nur an Sonn- und Feiertagen aus ihrem dunkelblauen Samt - Etui in Gebrauch nahm. (Siehe Sepiolith im Wikipedia).

 

Er bestaunte sie von allen Seiten, wie ein Weltwunder und ging mit ihr so vorsichtig um, als ob sie aus Glas und daher äusserst zerbrechlich wäre. Zufriedenheit strahlte in seinem Gesicht. Die ersten Züge, die er aus dieser schmucken Pfeife zog, waren nicht allein jene eines glücklichen und stolzen Rauchers, aber auch jene eines Besitzers, von einem so hoch geschätzten, kostbaren Geschenk. Langsam begann die einst nahezu schneeweisse Pfeife eine ockergelbe Patina des Nikotins anzunehmen. Es dauerte einige Wochen, bis sie zu seinem markigen Gesicht und zum meist sonnengebräunten Teint, passte. Anfänglich steckte dieses noch anachronistische Gebilde, wie ein zu bezähmender, viel zu auffallender Fremdkörper in seinem Mund.

 

Tabak kauften wir beständig für ihn in dem, nur einen Katzensprung weit von unserm Wohnhaus entfernt, befindlichen Tabakladen. Er rauchte die mit ECO bezeichnete Tabakmarke, ein Luxemburger Fabrikat, der Firma Heintz van Landewyck. Die Firma vertrieb damals verschiedene Zigarettenmarken, aber wir kannten nur die Marke Maryland. Auch der Pfeifentabak kam aus demselben Haus. In dreieckigen bordeauxrotgelben Beuteln, aus denen es immer so wunderbar duftete, wenn mein Vater diese fast wie bei einer Zeremonie, sehr gemächlich öffnete. Es ist schon interessant im Internet nachzulesen, wie diese kleine Luxemburger Firma weltweit ihre Produkte vertrieb und wahrscheinlich noch vertreibt! Man braucht nur den Namen der Firma in eine Suchmaschine einzugeben. Diese erschnüffelt alsdann, wie ein elektronischer Spürhund in Nanosekunden, erstaunlich vielseitige Details zu der eingegebenen Frage.  Es ist höchst bedauerlich, dass viele ältere Menschen sich nicht mehr an diese ungeheure Errungenschaft der Technik heranwagen. Sie bietet ungeahnte Möglichkeiten der Distraktion.

 

Mein Vater liess uns Buben auch manchmal an seiner Pfeife ziehen, denn für ihn war es eine Selbstverständlichkeit uns heranwachsende Männer in dieses Kapitel des Lebens einzuführen. Aber auch Zigarren und Zigarillos wurden ihm geschenkt, welche er besonders an Sonn- und Feiertagen nach dem Mittagessen zu geniessen pflegte. Besonders beim Kartenspiel am Sonntag pafften die spielenden Männer gemeinsam Zigarren. Jeder seine Lieblingsmarke. Das war ein Symbol von hohem Status, ein besonders idyllisches Bild, wenn der Kartenspieltisch im Freien stand und die klimatischen Verhältnisse, ein Spiel unter wolkenlosen Himmel erlaubten. Wenn wir unsern Vater also rauchen sahen, dann schlussfolgerten wir, dass Erwachsene sich ganz sicher etwas leisten können, was für uns Kinder noch Tabu ist. Das Rauchen unseres Vaters wurde zu unserm grossen Vorbild und somit auch, als reelle Verführung zu einer gewaltigen Kraft, die Nachahmung weckte.

 

Heute hat sich die Rauchermentalität diametral verändert. Heute weiss das kleinste Kind, (aber nur in unserem Teil der sich fortschrittlich gebenden, ja modernen Welt), wie schädlich das Rauchen sein kann, zumal kaum ein Tag vergeht, an dem nicht über die neuesten Verordnungen gesprochen wird, die das Rauchen in öffentlichen Gebäuden, in den Schulen, im Büro verbieten. Man hat leider den Dreh noch nicht gefunden, wie man das Rauchen in den privaten Wohnungen regeln kann, besonders um die Kinder vor der möglichen Schädlichkeit des passiven Rauchens zu bewahren. Dummerweise hinkt die Gesetzgebung beim Schutz der Privatwirtschaft hinten drein, denn obschon man scharf gegen das Rauchen vorgeht, werden die Tabakbauern immer noch subsidiert, ein Wirtschaftszweig, der schlecht von heute auf morgen abgeschafft werden kann. Es werden keine Erwerbsalternativen angeboten.

 

Die hartnäckigen Raucher werden sicherlich in Zukunft von der Masse der Nichtraucher gehetzt und gejagt, wie dem Dickicht entlaufene Wildsäue. Dabei legt man sich keinesfalls Rechenschaft ab, von dem unwahrscheinlich grossen wirtschaftlichen Potenzial der Tabakanbauer, besonders in den Entwicklungsländern, was durch die allmähliche Verbannung des Tabaks radikal in die Armut dieser Völker führt. Dasselbe gilt für die Mohnzüchter im asiatischen Dreieck sowie in manchen südamerikanischen Ländern. Kokain ebenfalls ist nun einmal leider ein ertragreiches Konsumgut. Wenn man alsdann bedenkt, wie einfach es war, ein heute für den Menschen noch Bekanntes, absolut unschädliche Spritzmittel DDT aus dem Verkehr zu ziehen, nur um es durch ein nahezu genau identisches, aber weitaus höhere Gewinne erbringendes Mittel zu ersetzen, dann weiss man, wo und wie die Fäden all dieser Geschäfte gezogen werden. Man bräuchte ja nur die Tabakfabriken zu schliessen, um den Spuk zu beenden.

 

Ich habe bereits darüber sinniert. Die Menschheit will nun eben betrogen werden. Um das zu untermauern, muss ich hier noch kurz auf das DDT zurückkommen, dessen absolute Ungefährlichkeit, ja dessen für den Menschen komplette Unschädlichkeit, wird kaum von den Medien als eine der grössten Lügen der Vergangenheit benutzt und verbreitet. Es ist ungeheuerlich und skandalös, was sich auf diesem Gebiet getan hat. Es stört mich, dass die Gesundheitsmuffeln der Grünen Ayatollahs sich dieser miserablen Machenschaften nicht einmal zögerlich annahmen. 

 

Entweder sind diese Leute überhaupt nicht so klug, wie sie sich den Anschein geben, wenn sie in allen Sparten des Lebens mit eigenen Vorstellungen auftrumpfen, oder aber sie fühlen sich ebenfalls wohl in zwielichtigen Verdrehungen der Tatsachen, eigene Interessen vertreten sie zu allererst,  indem sie sogar auf den Weltmeeren  Schiffe mit allem Drum und Dran unterhalten. Sporadisch nur wird aber nur eine Aktion gestartet. Für diese in der Öffentlichkeit zirkulierende Meinung, habe ich auch wenig Verständnis gefunden. Das geschieht, ohne dabei einer dauernden, nutzbringenden Beschäftigung  nachgehen zu müssen!! Man muss sich die Dimension einer solchen Heuchelei einmal richtig zu Gemüt  führen. Eigennutz geht eben vor Gemeinnutz. Geld aus den Taschen nicht nur der Wohlhabenden zu ziehen, der Mitglieder, sowie der Einsteiger um als Trittbrettfahrer anfallende Sahne abzuschürfen. Dann folgen die Gutgläubigen, die Frustrierten, die immer einen grossmäuligen Fürsprecher brauchen. Diese Machenschaften scheinen kaum auf der ganzen Bandbreite an Niedertracht übertroffen zu werden.

 

Die augenblicklich hochgestylte Diskussion über die sich anbahnende Klimaveränderung hat einen ähnlich zweifelhaften Hintergrund. Man bemüht sich offensichtlich mit ungeheurem Aufwand, um dem Ausstoss von CO2 entgegen zu wirken. Das scheint keinesfalls mir allein absolut lächerlich zu sein. Ein Kampf gegen Windmühlen. Einerseits trägt diese CO2-Verdichtung sehr wenig zur allgemeinen Erwärmung, eher aber zur Luftverschmutzung der Erde bei. Bald wird man aber den manipulierten Menschen klar machen müssen, dass alle alternativen Bemühungen zwecks Energiegewinnung, die dem gesteckten Ziel der CO2-Reduzierung näher kommen sollen, einfach pure Illusion, ja pure Utopie sind und man zwangsläufig, um der sich weiter gravierenden Situation des aufkommenden Energiemangels Herr zu werden, zurück zum Bau von weiteren Atomreaktoren kommen muss.

 

Die sich anbahnenden Streitigkeiten dürften sich wohl um den rapide steigenden Energiebedarf und ums Saubere und noch mehr um trinkbar aufbereitetes Wasser drehen. Zweidrittel der Erde sind bedeckt mit Wasser, das aber nur unter hohen technischen und energetischen Aufwand zum Brauch- und Trinkwasser aufbereitet werden kann. Sensationell mutet sich die vor kurzem vorgestellte Trinkwasseraufbereitungsanlage, die nur einige Euro kosten wird. Sie funktioniert auf Basis der Wirkung des Infrarotlichtes. Weil aber keine Aussicht besteht, viel an dieser Lösung zu verdienen will auch keine Gesellschaft sich an die Massenproduktion heranwagen. Das ist lamentabel. Wenn durch abgeschmolzene Gletscher die einst so regelmässig gespeisten Flüsse zu unkontrollierbaren Schwankungen der Wasserführung wechseln, dann drängen sich Gegenmassnahmen auf. Staudämme werden zu problematisch wirksamen Energiespendern. Die katastrophalen Auswirkungen des El Nino Phänomens sind längst erkannt.  Luxuriös und total elektrifizierte, elektronisch gesteuerte und klimatisierte Wohnhäuser, lassen ebenfalls grüssen. Das inzwischen erschwinglich gewordene Wellness Spa, auf der eigenen Terrasse, wird den Wasser- und Stromverbrauch enorm steigern. Es ist kaum bekannt, dass auch die vielen Scheidungen zu einem Ansteigen der Wasser- und Energieversorgung führen.

 

In Deutschland wird jede 3. Heirat geschieden. Jeder Grad Erderwärmung wird logischerweise mehr Energie zum Kühlen nach sich ziehen. Wenn der Trend in dieser Richtung anhält, dann wird klar, dass es Sinn macht schnellstens alle technisch und rentabel nutzbaren Gebäudedächer der Länder mit Fotovoltaik aus zu rüsten, was wiederum zur nicht adäquat dosierten Überproduktion und zu einem Mangel an Speicherkapazität führen wird. Diese ökologisch äusserst wertvolle, alternative Lösung kann vermeiden helfen, dass teure Atommeiler benötigt werden, deren Wirkungsgrad  lange auf sich warten lässt. Ausserdem wäre diese Lösung, wenn gut geplant, in viel kürzerer Zeit realisierbar und sogar ökonomisch reizvoll, weil dabei viele Arbeitsplätze auf einen Schlag entstehen können. Herstellen der Fotozellen, Umbau der Dächer an vielen Baustellen, Realisation der Speichermöglichkeiten, sowie gleichzeitigen Umgestaltungen der Autos. Man könnte sogar versuchen die Hausbesitzer durch Anteile am Aufbau und am Ertrag zu beteiligen. Das sauberste Auto der Zukunft fährt dann notgedrungener Weise nur mit elektrischem Antrieb und nicht mit Wasserstoff. Die notgedrungen ständig schwankende und überschüssige Energieproduktion muss dazu gespeichert werden. Die Stunde kommt ganz gewiss, an welcher man an den Tankstellen schnell nur die mit Energie bespickte Flüssigkeit, wie ein Baustein, in der Batterie wechselt. Der Ausgleich des schwer regulierbaren Überangebotes an Strom wird sich wohl nur über solch eine gewichtige Pufferspeicherung regeln lassen. Die allerneusten Entdeckungen, grosse Mengen an überschüssiger Energie in Flüssigkeiten zu speichern, weisen in diese Richtung.

 

Ich finde es als einen ungeheuerlichen Skandal, wenn der Staat in Luxemburg die Autosteuer drastig erhöht, weil er etwas gegen die Kohlendioxydbelastung unternehmen will, aber nicht einmal im Ansatz dem Volk sagen kann wo und was er ändern will. Wir bekommen rein Garnichts für unsere Unterstützung. Jetzt ist unser Geld eingesäckelt und manch einer freut sich über die naive Dummheit der Wähler. Aus Protest werde ich nicht mehr zur Urne gehen. In meinem Leben habe ich manchmal sehr hohe Ansprüche an all die Versprechen gestellt, die wir finanziell unterstützen sollten. Wenn eine Katze Dreck hinterlässt, wo es nicht angebracht ist, dann sollte man sie mit der Nase in den produzierten Unrat stossen. Anscheinend lernt die Katze dabei, was zu unterbleiben hat. Seit der Umweltminister Josy Barthel sich nicht mehr um all die geplanten Kläranlagen in unserem Lande kümmert, ist es mit dem ungefährlichen Baden in all unseren Gewässern vorbei. Man kann nicht einmal mehr einen dort gefangenen Fisch bedenkenlos essen. Die verantwortlichen Politiker haben der ganzen Nation einen unverzeihlichen Unrat beschert. Er stinkt bereits zum Himmel. Man sollte auch in diesem Fall die Katzenmethode anwenden.

 

Das gleiche Problem, der unrealistischen, selbsttäuschenden Betrachtungsweise, stellt sich eigentlich auch beim Fischfang allgemein gesehen. Jedermann weiss, dass die Fische, besonders der Küstenregionen, die uns zum Kauf angeboten werden, keinesfalls alle frei sind von Gesundheit gefährdenden Fremdstoffen, doch ist es einfach nicht denkbar, deshalb die Fischerei ganz allgemein zu verbieten. Ungeheure Energiemengen werden gebraucht, um schnellstens die benötigten Kläranlagen zu bauen, damit die hygienische Beschaffenheit des Meeres nicht noch bedenklicher wird. Der Badetourismus ist in höchster Gefahr. Es muss unbedingt erreicht werden, dass das Meer nicht zur Kloake der Menschheit wird.

 

 Man könnte so weiter sinnieren zum Beispiel über den Alkoholkonsum, besonders bei Jugendlichen, dessen verheerende Folgen besonders in den Diskotheken offensichtlich werden. Das wohl bekannteste Übel, das hochaktuelle Koma Saufen wird schwer in den Griff zu bekommen sein.  Den idealen Verhaltenskodex all diesen Problemen gegenüber kann man vielleicht niemals gesetzlich verankern oder niederschreiben. Meiner Meinung nach ist das Leben auf dieser Erde eben durch seine umfassende Vielseitigkeit, ganz allgemein gesehen, sehr gefährlicher geworden. Es sterben wahrscheinlich die meisten Menschen keinesfalls den natürlichen Tod durch Überalterung. Bevor die Lebensuhr abgelaufen ist, haben all die bis jetzt bekannten Übel uns weiter fest im Würgegriff. Man stirbt nicht normal, man lebt sich zu Tode. Euthanasie wird sich zu einem ganz gefährlichen Fehlverhalten entwickeln.

 

Dabei rollt eine Antialleswelle unaufhaltsam an und wird sich gleichermassen gefährlich wie ein Tsunami entwickeln. Menschenmassen werden sich, durch die überspitzte Meinungsbildung entzweien und sich gegenseitig aus einem steigernden Überlebensegoismus heraus bekämpfen. Eine Pro- oder  Kontra-Mentalität  ist im Begriff sich scharfkantig in der Gesellschaft zu etablieren. Hier lauert eine drohende Gefahr für das Überleben der Menschheit, jene einer unkontrollierbar werdenden Selbstzerstörung. Ein kompromissloser Aufeinanderprall der Gegensätze muss in friedfertige Bahnen reguliert werden. Keinesfalls darf es zu handgreiflichen Konfrontationen kommen. Alle Religionen der Erde sind bestens zu dieser dringlichen Aufklärungsarbeit geeignet und auch gefordert. Politiker und Sektierer, zu denen ich ebenfalls alle Religionsgegner zähle, zeigen in aller Öffentlichkeit durch ihre widersprüchliche Ethik, dass sie keinesfalls für solch einen Auftrag tauglich sind. Wer ständig in Kritik übt, kann schwerlich vereinen. Die imminente Bedrohung muss nur allgemein verständlich artikuliert werden. Krankheitsdiagnose: gefühlter, gelebter, geschürter Extremegoismus, lässt gegenseitigen Hass und Gewaltbereitschaft keimen. Eine ganz gewichtige Eigenschaft, absolute Toleranz gegenüber Andersdenkenden, sollte allen versöhnlichen Menschen rundum den Erdball, in ihren vielseitigen Facetten, konsequent und gründlich zu Gemüt geführt und vorgelebt werden.

 

Man möchte mein Abrutschen vom Thema in einen kaum übertriebenen aber gewagten Weitblick entschuldigen. Die angesprochenen, meistens ineinander verschachtelten Probleme kommen schneller auf uns zu, als wir denken. Schliesslich verfolge ich ja auch mit meinen Schriften ein Ziel, einen bescheidenen Beitrag zu leisten, zur Verbreitung einer globalisierten aber kompromissbereiten Einsicht zur Zusammenarbeit.

 

Auf jeden Fall haben sich die Einsichten der gesundheitsbewussten Menschen, den vorangegangenen Generationen gegenüber längst und drastisch verändert. Ich erinnere mich noch sehr gut, wie mich eines Tages der Reiz packte, einmal ganz genüsslich den Vater nachahmen zu können. Eine seiner ungebrauchten Pfeife lag griffbereit an ihrem Stammplatz, doch weil er im Augenblick seinen Dienst als Zollaufseher leistete, dachte ich eine gute Gelegenheit zu haben, das Rauchen mit dieser Tabakpfeife einmal klammheimlich auszuprobieren.

 

Schon hatte mir irgendein Teufelchen die Ersatzpfeife meines Vaters in die Hosentasche gesteckt. Streichhölzer der Marke Union waren in unserer Küche immer vorhanden, weil wir bereits Gasanschluss im Haus hatten und dabei die Streichhölzer griffbereit liegen mussten. Sie wurden also nicht nur von Rauchern gebraucht. Dummerweise befand sich aber keine angebrochene Tabaktüte in der Schublade. Sollte ich extra, ausser der Reihe, in den Tabakladen gehen, um eine neue Ration zu kaufen? Eine neue Tüte hätte ich vielleicht sehr vorsichtig öffnen und nach dem einmaligen Pfeifenstopfen so verschliessen können, dass mein Vater dies nicht merken würde. Meine gründliche Suche kam also zu keinem befriedigenden Erfolg. Da ich aber schon halbwegs den Entschluss fest gefasst hatte, die Pfeife unbedingt auszuprobieren, schoss mir doch plötzlich die verführerische, aber ebenso verrückte Idee in den Kopf, doch probehalber den mit Valiskatee gefüllten Karton ebenfalls in die Tasche zu stecken.

 

Valiska war die kleine Teefabrik, welche von den Deutschen im Tal der Eisch, nahe Simmern, betrieben wurde. Es gibt zwar den Familiennamen Valiska, aber in diesem Fall war es eine Zusammensetzung von Val und iska. Val rührt her von „vallum“, das Tal und „iska“ war wahrscheinlich der ursprüngliche Name des Flusses, der heute Eisch genannt wird. Das Eischtal dort ist besonders sonnenverwöhnt, was bewirkte, dass viele aromatische Teekräuter dort natürlich und im Freiland angepflanzt wurden, um in der Teeproduktion verwendet zu werden. Vielen älteren Lesern wird wohl der Begriff Simmer Schmelz noch ein mit schönen Erinnerungen behafteter Begriff sein. In der Tat handelte es sich um ein traumhaft schönes Feuchtgebiet, nebst Gastwirtschaft mit bunter, überdeckter Terrasse, in welchem der Gasthofbesitzer auf mehreren Staustufen Fischzucht betrieb. Er vermehrte erfolgreich Forellen und Karpfen, die er wieder zum Verzehr in seinem Restaurant anbieten konnte.

 

Dort habe ich manch leckeres Butterbrot, belegt mit schmackhaftem Rollbraten, der aus gefüllter Kalbsbrust bestand, bei einer Flasche Limonade verspeist. Die ‚Simmer Schmelz‘ war in meiner Jugendzeit das scheinbar einzige per Bus an einem Tag erreichbare Naherholungsgebiet, nicht nur für Privatleute, sondern besonders für Schulklassen, wohin nahezu alle Schulausflüge führten. Die Erinnerung an dieses parkähnliche Gelände, mit den vielen Wasserläufen war für mich, wie bereits erwähnt, eine Traumlandschaft, die in mir immer wieder glückliche Jugenderinnerungen weckt.

 

Mit der Valiskatüte in der einen Tasche meiner kurzen Hose, Pfeife und Streichhölzern in der anderen nicht extra tiefen Tasche, schlich ich damals als 12Jahre alter Knilch aus dem Hause. Ich drückte beide Hände ganz fest auf den Tascheneingang, damit ich nichts Kostbares verlieren konnte, was mich verraten hätte und verschwand recht bald in einem der von uns Buben selbst gebauten Erdlöchern, denen wir den Namen Bunker gegeben hatten. Damals im Nazikrieg war die Bezeichnung Bunker ein Unwort, das in aller Munde war, denn man stand bereits in der Planung und Ausführung von grossen Luftschutzbunkern und von Verbindungslöchern, von einem Haus zum andern in den Kellerräumen.

 

Niemand hatte mich hineinkriechen sehen und so bestand, mit etwas Glück, die Chance unentdeckt zu bleiben. Auch meine Jugendfreunde wollte ich mir vom Leibe halten, da ich bereits schlechte Erfahrungen gemacht hatte. Sie waren immer so schnell bereit mich besonders bei meiner Mutter anzukreiden. Ich stopfte im schäbigen Licht des Eingangs dieses Erdlochs, zuerst die Pfeife mit dem wohlriechenden, ja aromatisch duftenden Kraut, worin sicherlich auch die bekannte Pfefferminze verarbeitet war, die viele Valiskaprodukte so erfolgreich machte. Heute weiss ich, dass es sich nur um Mentha piperita handeln konnte und zwar um eine Pflanze mit einem ziemlich blaurot angelaufenen Stängel, die in vielen Gärten ihren Duft verströmt, wenn man sanft mit der Hand über die Blätter streicht. Ich habe heute noch eine solche Duftpflanze, die aus einem Privatgarten von Simmern stammt, in meinem Garten. Bei hochsommerlichem Wetter vergeht wohl kaum ein Tag, an dem ich mir nicht diesen Hochgenuss an Duftstoffen in die Atemorgane strömen lasse. Es genügt nur mit der flachen Hand, über die Pflanze zu streicheln. Manchmal aber breche ich mir ein Stückchen von der Pflanze ab, zerreibe es in der Hand und stecke das herrlich duftende Material in die Brusttasche meines Hemdes, damit ich ständig von diesem Wohlgeruch begleitet werde. Übrigens wehrt dieser Duft auch lästige Mücken ab, so wird es jedenfalls behauptet. Jedes Mal aber bricht die Erinnerung durch, wie ich mich als Bube angelegt hatte, um dieses wohlduftende Zeug zu rauchen.

 

In meinem damaligen Erdloch legte ich alsdann behutsam mit einem Zündholz ein Feuerflämmchen auf das schön trockene Zeug. Der von meinem Vater gebrauchte Tabak dagegen war immer etwas feucht, was mir sofort auffiel. Der sofort aufsteigende, süssliche Duft weckte in mir die Hoffnung auf Erfolg. Ich sog an der Pfeife und sofort explodierte es unerwartet heftig, wie eine Rauchbombe in meinem Rachen und raste blitzartig hinauf in die Nase und prallte mächtig an die Schädeldecke. Wer schon das Rauchen erlernen will, der muss sich tapfer schlagen, so dachte ich mir, als ich bereits auf der Zunge eine Brandblase mit spürbarer Ausdehnung feststellte. Genau so wie bei jenem Holz, das wir in der Hecke von der Schlingpflanze in zigarettenlangen Stücken geschnitten und dann in Band gesetzt und geraucht haben. Heute weiss ich, dass es sich damals um Clematis vitalba handelte, dessen Holz wir mit „Rick“ bezeichneten. Eine solche Brandblase in der Mitte der Zunge wird wohl einen ähnlich störenden, ja abstossenden Effekt ausgelöst haben, wie die heute mich erschauernde silberne Piercingperle, die manche Zeitgenossen sich auf die Zungenmitte und auch an die unmöglichsten Körperteile pfropfen lassen. Allein an diese unnatürliche Verstümmelung zu denken, stülpt mir den Magen um. Ich kann mir überhaupt nicht vorstellen, wie man mit so einem Hindernis im Mund noch einen einigermassen vernünftigen Essgenuss entwickeln kann. Das Wort Selbstverstümmelung wollte ich hier nicht sofort in den Mund nehmen, doch verstehe ich sehr schwer die dabei sich entwickelnde Mentalität. Mit dem ständig wachsenden Egoismus der Jugend, die nur die schönsten Seiten des Daseins erleben will, ist so eine selbstzerstörerische Sicht der Dinge kaum in Einklang zu bringen, wenn ich nicht die unkontrollierte Dummheit oder geistlose Nachahmung, in meinen analysierenden Gedankengang mit einbeziehe. Dummheit ist keine Rebellion gegen den normalen Menschenverstand. Damals war ich einem ähnlichen Übel, ebenfalls unkontrollierbar verfallen.

 

Nach den wenigen Zügen, die ich von diesem Heu eingeatmet hatte, begann mir bereits der Verstand abhanden zu kommen. Mein Kopf fing an zu brummen, die Kehle verengte sich, als ob ich ersticken würde und ich kannte eigentlich keinen anderen Weg, um diesem mich überwältigenden Unsinn ein Ende zu bereiten. Ich kroch sofort aus dem Erdloch. Schnell klopfte ich das noch qualmende Zeug aus der Pfeife und tauchte diese nebenan in das Feuerlöschwasser, in dem neu gebauten Wasserbecken der Feuerwehr. Heute kann ich mir die Frage stellen, was zum Teufel in diesem Kraut steckte, das mir das Unwohlsein bescherte. Nikotin war es keinesfalls.

 

Vorsichtshalber blieb ich noch eine Weile an der frischen Luft, damit sich der Teegeruch aus meinen Kleidern und Haaren verflüchtigen konnte. Dann zog ich es aber vor schnellstens, aber noch etwas dusselig nach Hause zu rennen, denn der eingeatmete Geist im Tee war bereits bis in mein Gedärm vorgedrungen, wo er begann, grimmige, ja volle revolutionäre Wirkung zu zeigen.    

 

Ich schlich, mit bereits zusammengepressten Fesseln ungesehen in die Küche, wo ich die Tüte mit dem Valiskatee zurück an ihren angestammten Ort im Schrank verstaute. Auch die Pfeife musste wieder in die Schublade und zwar in genau dieselbe Lage, wie mein Vater sie immer dort ablegte, nämlich mit dem Kopf der Pfeife nach unten, damit ja keine Fremdkörper in den „Kamin“ gelangen konnten. Zündhölzer kamen ebenfalls an ihren Stammplatz, neben dem Gasherd und schon war es höchste Zeit das Örtchen aufzusuchen, um mich einer Sache zu entledigen, die höchst wahrscheinlich in kürzester Zeit unkontrolliert in die Hose gegangen wäre. Ich musste mich zur Sicherheit ganz vorsichtig mit trippelnden Schritten beeilen. Ich vermute heute noch, dass es mir damals explosionsartig wieder besser ging.

 

Als mein Vater einige Tage später zum ersten Mal wieder zu dieser Pfeife griff, um sie zu benutzen, war seine erste Bemerkung. „Der Tabak heute ist auch nicht mehr das, was er einmal war. Die „Preisen“ versuchen möglicherweise die Tabakware durch Beimischung von Heu oder so etwas Ähnlichem zu längen“. Wahrscheinlich waren nicht alle Restduftstoffe des Teegeschmacks aus der Pfeife verschwunden, die er sofort bemerkt hatte. Hätte er etwas mehr von der charakteristischen Minze geschmeckt, dann wäre ihm auch sofort ein Licht aufgegangen. Meine Untat blieb glücklicherweise unentdeckt.

 

Das Teerauchen habe ich natürlich niemals wieder ausprobiert. Ich würde auch niemandem anraten es zu versuchen. Dieses eine Mal hatte vollends gereicht, um mir klar zu machen, dass Gesundheitstee nicht zum Rauchen geeignet sei. Nur das Patschen von Zigaretten, mit andern Kameraden, wurde ab und zu wieder probiert. Ich fühlte mich dabei so richtig erwachsen.

 

Es dauerte aber noch bis zu meinem 18. Lebensjahr, bis ich von meinen Eltern offizielle Erlaubnis hatte zum Rauchen, so wie mein Bruder dies bereits vor 4 Jahren begonnen hatte. Unsere Mutter kaufte jetzt ganz normal, neben den Tabakrationen für meinen Vater, auch jedem von uns beiden Söhnen die Wochenration an Tabak, was wir eigentlich begrüssten. Nur einmal, lange noch, bevor ich zu einem normalen Raucher wurde, hatte ich das Bedürfnis etwas ganz Cooles auszuprobieren. Mein Vater hatte mich in den Tabakladen geschickt, um eine frische Packung ECO zu besorgen. Auf der Theke las ich in grossen Lettern Hanewacker – Kautabak. Bis dahin hatte ich noch keine Ahnung wie man damit umgehen soll. Ich kannte den Kaugummi sehr gut. Mit dem Kleingeld, das ich von meinem Vater für eine Süssigkeit als Belohnung erhalten hatte, sollte ich etwas von dem riesigen flachen Kaugummi kaufen, mit welchen wir damals die Bilder der Tour de France Radfahrer sammelten. Ich legte das Kleingeld auf die Theke und zeigte auf eine kleine Rolle Kautabak. Der Tabakhändler schaute mich verdutzt an, dachte sich sofort, was ich im Schilde führte, doch machte er keine Einwände. Es liess das Kleingeld aus der flachen Hand in seine Kasse rutschen!

 

Ich war noch nicht auf der Strasse, da riss ich die schwarze Rolle mit dem Kautabak auf und biss beherzt hinein. Kaum hatte ich dieses Priemstück auf der Zunge, da schoss mir bereits ein Tsunami an Speichel in den Mund, so als ob ich ein Liter Wasser in einem Zug hineingegossen hätte. Es brannte mir in der Kehle und ehe ich mich richtig orientiert hatte, was da eigentlich in mir vor sich ging, hatte ich bereits eine Menge des Mundwassers geschluckt. Dieses floss stark brennend den Speisekanal hinunter und wurde sofort von meinem Magenpförtner zur Umkehr gezwungen. Ich kotzte beim Tabakhändler bereits auf der Türschwelle. Der Priem wurde dabei glücklicherweise ebenfalls aus meinem Mund heraus befördert. Noch nie hatte ich erlebt, dass sich in meinem Mund so eine Menge Spucke sammeln kann. Nach einigen Schritten war erneut eine weitere Spuckserie fällig. Ausserdem begann mir der Kopf zu brummen und mein Körper fing an zu wanken so, als ob ich mich nicht mehr auf den Beinen halten konnte. War ich besoffen? Auch jetzt zeigte sich wieder diese unerklärliche Erektion. Ich war total benebelt und merkte auch nicht wie die vorbei gehenden  Leute  sich nach mir umdrehten und grinsten.

 

Sollte ich mich in diesem miserablen Zustand nach Hause wagen? Ich musste unbedingt, denn mein Vater wartete ungeduldig, bevor er den Dienst antrat, auf seinen Tabak. Als ich zuhause ankam, merkte er sofort an meinem kreideweissen Gesicht, dass da etwas mit mir nicht stimmte. Ich dachte nicht einmal daran ihm irgendeine gescheite Geschichte zu erzählen. Gerade heraus beichtete ich ihm, dass ich mit meinem Taschengeld, das eigentlich immer für Kaugummi gedacht war, eine Rolle Kautabak gekauft habe und sogleich ausprobieren wollte, wie das Zeug schmecke.

 

Mein Vater brach in ein herzhaftes Lachen aus, erwischte mich beim Arm und zerrte mich unter den Wasserhahn, den er vollends aufdrehte. „Spül deinen Mund sofort gründlich und lange aus, dann wirst du diesem widerlichen Geschmack los. Merke dir aber mein lieber Junge, Kaugummi und Kautabak sind zwei verschiedene Genussmittel. Kaugummi ist für Kinder und Kautabak für erwachsene Männer“. Und dann erklärte er meiner hinzugekommenen Mutter, was sich ereignet hatte. „Wer Hanewacker kaut, sollte eigentlich niemals in eine Kirche gehen, denn dort wird er wohl kaum sich des leidigen Saftes entledigen können, es sei denn, der Küster eskortiert ihn mit einem Eimer klarem Wasser und einem grossen Waschlappen. Ans Saftschlucken darf auf keinen Fall gedacht werden“.

 

Erst viel später im Leben habe ich etwas über den sogenannten Spucknapf gelesen, besonders bei der Lektüre asiatischer Literatur. Die Chinesen benutzten den Spucknapf aus hygienischen Gründen in aller Öffentlichkeit, meist nur zu einem geläufigen Spucken, ohne vorher Kautabak gekaut zu haben. Die ersten Fernsehbilder, die wir mit Berichten aus China erlebten, zeigten noch wo der chinesische Spucknapf seinen üblichen Standort hatte. Unter dem kleinen Tischchen, das sich in Reichweite neben der Sitzgruppe befand. Doch schnell hatten die westlichen Diplomaten oder waren es Kaufleute, womöglich sogar Touristen sich deutlich geäussert, dass diese einheimische Sitte bei Ausländern nur anekelndes Empfinden auslöse. Sofort verschwand der Spucknapf besonders aus dem Blickfeld, in allen chinesischen Berichterstattungen. Nie hatte bisher eine Nation von Milliarden von Menschen ihre familiären Gepflogenheiten so schnell an die Weltmeinung angepasst. Als ich dann vor einigen Jahren in Shanghai mit meinen Reisekollegen den Bund hinunter schlenderte, da erlebte ich diesbezüglich ganz unerwartet die gewandelte Mentalität der chinesischen Bevölkerung.

 

Zuerst passierte es, dass mein bereits verstorbener Freund M. über die Mauer hinweg in den einige hundert Meter breiten, dahinter fliessenden Fluss spuckte. Er konnte eigentlich nicht sehen, wohin sein Exkrement landen würde und das hatte auch uns etwas schockiert. Er nahm sicherlich an, dieser Fluss würde direkt unterhalb der Schutzmauer neben uns fliessen. Den Namen des Flusses schien zuerst Jangtse zu sein, doch haben wir es nicht versucht ihn in Erfahrung zu bringen.  Sofort waren 2 Polizisten in leuchtend grüner Uniform bei ihm und brüllten ihn an, in chinesischer Sprache. Er wusste zuerst nicht was er angerichtet habe, doch alsdann dämmerte es ihm schnell, dass die Chinesen es heute absolut nicht gerne sehen, wenn man auf die Strasse spuckt. M. hatte schnell begriffen. Ich weiss nicht mehr, wie viele chinesische Yuan er als Strafe bezahlen musste. Auf jeden Fall musste er berappen, bekam aber keine Quittung dafür. Für die beiden Polizisten war dies ein billiges Taschengeld und für unsern Freund jedenfalls eine unvergessliche Erfahrung. Die allgegenwärtigen Polizisten kamen uns vor wie flinke grüne Ameisen, die rasch zwischen den Touristen über dem Bürgersteig zirkulierten, um ab und zu, zu kassieren. Etwas später waren es 2 andere uniformierte Polizisten, die ihn am Arm festhielten. Sie forderten ihn auf den Zigarettenstummel wieder aufzuheben, den er (wie zuhause gewohnt) gedankenlos, auf den Bürgersteig hatte fallen lassen.

 

Eine der leidigsten Unarten, nicht nur unserer Jugend, ist es gewiss, den ausgelaugten Kaugummi und die Zigarettenstummel, gedankenlos auszuspucken, ganz gleich ob sie sich in einer Bank, auf dem Dorfplatz oder in der Fussgängerzone befinden. Ganz besonders auf den Bahnhöfen und in der Nähe von Bushaltestellen kann man sich über das anekelnde kulturelle Niveau mancher Zeitgenossen und deren hygienischen Vorstellungen ärgern. Ich habe mir angewöhnt, wenn es sich ergibt, dass ich Zeuge werde von so einem Dreckskerl, dann äussere ich mich keinesfalls an den Täter gewandt, aber so laut, dass dieser meine Aussage hören kann. „Bei diesen Leuten möchte ich einmal ins Haus reinschauen, um zu sehen, wie sie dort die Drecksau herauslassen.“ Ganz besonders aber ekelte es mich an, wenn ich beobachtete wie Erwachsene ihren Kautabaksaft auf die Strasse spuckten. Die grossen braunen Lachen waren recht unappetitlich. Ich wusste, woher sie rührten. Glücklicherweise hat dieser Kautabaktrend nahezu gänzlich abgenommen. Möglicherweise aber wird man jetzt, da dieser keinen Rauch entwickelt, ihn wieder entdecken.

 

Das wäre doch ein Thema für die Medien unsere Jugend auf etwas mehr Respekt vor den Mitmenschen hinzuweisen. Kaugummi und Zigarettenstummel gehören in die Abfallkörbe. Wer gegen eine erstrebenswerte hygienisch saubere Umwelt verstösst, muss unbedingt bestraft werden.

 

Es hat sich leider eingebürgert, dass eine Unmenge von Zeitgenossen sich nicht wohl fühlt, bei dem Gedanken, dass ihr geistiges Leistungsvermögen nahe null ist. Etwas Positives zu leisten scheint eine Schande zu sein, so interpretiert die Jugend heute ihr Können, indem sie sich durch negative Aktionen „outet“. Da denke ich ganz besonders an die Schmierfinken, die man dummerweise mit dem Namen Graffiti - Künstler belegt hat. Es wäre meines Erachtens eine gute Jugendstrafe eine Woche lang, in den Fussgängerzonen mit einem Staubsauger zu arbeiten, um den weggeworfenen Unrat mancher Zeitgenossen schnellstens zu entfernen, oder um die mit Spraydosenfarbe bekritzelten Mauern, Brücken und besonders Garagentore zu säubern. Einen festgetretenen Kaugummifleck wegbrennen, was sicherlich einige Minuten dauern kann, wäre meines Erachtens eine sinnvolle Erziehungsstrafe. Den üblichen, warnenden Finger in die Luft zu halten entspricht keinesfalls einer wirksamen Erziehungsmethode.

 

Als ich dann Bekanntschaft machte, mit der geschriebenen Literatur, die mich gleichfalls zu faszinieren begann, da genügte es nicht mehr, dass mein Vater ab und zu ein Buch bei der deutschen Buchgemeinschaft kaufte. Ich hatte bis dahin nahezu all seine Bücher gelesen. Besonders hatten mich sehr beeindruckt „Die weissen Götter“ von Eduard Stucken. Stucken war ein deutscher Dramatiker, der sich mit Völkerkunde befasste und besonders über die Eroberung Mittelamerikas durch die Spanier berichtete. Bis dahin war ganz nebenbei auch Radio Beromünster eine herrliche Schule, für mich besonders, bei welchem wir an den Samstagen gemeinsam nahe am Radio hockten, um einem Hörspiel, oder der Unterhaltungssendung „Bunter Samstag Nachmittag“ unsere volle Aufmerksamkeit zu schenkten. Die beiden vorher erwähnten Bände „Die weissen Götter“ waren einige Zeit später bereits die Unterlagen eines Resümees meiner Ferienlektüre, das ich auf der 6e.latine in der Deutschstunde vorgetragen habe. Unser damaliger Professor, Herr Bollendorf, war sehr beeindruckt und meine Klassenkameraden nicht weniger.

 

Ich brannte darauf selber Bücher kaufen zu dürfen, doch dafür gab die magere Hauskasse kein Geld her. So kam es denn, dass ich bereits damit begann, etwas Geld vom üblichen Zigarettenrauchen einzusparen, um mir damit Bücher zu besorgen. Nachdem ich dann bereits zur Zeit meiner Lehre im Gymnasium etliche Geschichten und Gedichte publizierte, erhielt ich auf meinen Antrag hin, ein kleines Subsidium vom Kulturministerium, das sofort in klassische Literatur umgesetzt wurde. Ich konnte mir auch etwa vom Rauchergenuss abbrechen, um meinen Hang zur Literatur gleichzeitig zu befriedigen.

 

Bei meiner Militärzeit wurde unsere umfangreiche Zigarettenration zur guten Einnahmequelle. Ich tauschte den grössten Teil meiner Zigaretten gegen flüssiges Geld, um, wie mein Vater mir es vorgemacht hatte, in der deutschen Buchgemeinschaft noch mehr Bücher zu bestellen. Bereits als ich noch keine 14 Jahre alt war, ging ich allein und zu Fuss von Rodange nach Longwy, wo mich ein faszinierender Buchladen in seinen Bann zog. Hier konnte ich mich kaum lange genug aufhalten. Ich las bereits im Geschäft, soviel ich konnte, dann kaufte ich Bücher in französischer Sprache, was mir nur so in die Augen stach, besonders aber bebilderte Lektüre, die sich allgemein mit der Natur befasste. Aber auch klassische Taschenbücher mit Texten von bekannten Schriftstellern und immer wieder kehrte ich mit meinem Erwerb äusserst zufrieden nach Hause, wo ich sofort begann, die neue Lektüre zu verschlingen.

 

Dann verliefen meine Rauchergewohnheiten eigentlich noch abwechslungsreicher. Einerseits war das Taschengeld von mir selber knapp bemessen, andererseits versuchte ich länger über die Runden zu kommen mit einer Ration, indem ich begann, die Zigaretten selber auf der Hand zu wickeln. Ich besorgte mir alsbald eine Wickeleinrichtung. In so einem Gadget stopfte man Tabak in eine aufklappbare Metallröhre. Über die Röhre wurde ein Zigarettenpapier gezogen oder auch gestülpt und dann drückte man den Tabak mit dem eingebauten Stössel in das Zigarettenpapier. Es ging also nahezu ebenso zu, wie beim Gavieren der Weihnachtsgans. Man brauchte anschliessend nur die Klebstellen am Zigarettenpapier (das übrigens  RIZ la Croix hiess) anzufeuchten und übereinander zu schlagen. Dann hielt man, je nach Bedarf und Geschick, eine feste oder eine weniger stramm gewickelte Zigarette, fertig in der Hand. Kurz darauf kamen die Zigarettenblätter bereits fertig als gewickelte Rolle auf den Markt. Ich versuchte mich lange im Stopfen. Als ich dann eines Tages den exotischen Geruch einer anderen Tabaksorte geschnüffelt hatte, da hielt es mich nicht zurück. Der Tabak aus der belgischen Flusslandschaft Semois, sowie der in sehr feinem, mit schottischem Clanmuster eingewickeltem Papier, verkauften Clan -Tabak, mit dem süsslichen Karamell - Geschmack, sprachen mich gewaltig an.

 

Meine Raucherbedürfnisse trieben Blüten. Auch hatte ich durch die Heirat etwas mehr Taschengeld zur Verfügung. Bald befanden sich unter den gewohnten Geschenken auch mal Zigarillos, besonders die Schweizer Stumpen hatten es mir angetan. Auch waren es die Meccarillos und an Sonn- und Feiertagen gab es neben dem traditionell gewordenen Kaffee mit Digestif, fast immer eine Zigarre mit der berühmten, vergoldeten CD – Banderole. Es stellten sich dann auch eher kindische Nebenbeschäftigungen ein, indem wir in Gemeinschaft die bunten Banderolen der verschiedenen Zigarrenmarken sammelten, oder verschiedene Geschmacksrichtungen der Zigaretten ausprobierten. Dabei kamen wir ebenfalls auf den sehr starken französischen Tabak, in den Gauloise - Zigaretten. Ich sehe die blauen Zigarettenpackungen noch sehr gut vor mir. Sie waren kleiner als die bekannten Zigarettenpackungen, da sie auch weniger Zigaretten enthielten.

 

Die Tabakpfeife war eine natürliche Folge des ständigen Wechselns meiner Rauchergewohnheiten. Zuerst die weisse Pfeife aus Ton, an welcher man sich die Finger und auch die Zunge gerne verbrannte. Natürlich waren diese Pfeifen zuerst gedacht um Seifenblasen zu produzieren, doch wurden sie schnell zweckentfremdet. Man begann, ebenfalls Tabak hineinzustopfen. Doch diese Pfeifen, die man auch Hänschen nannte, waren wenig praktisch, weil sie schnell zerbrachen. Anscheinend rauchten die Männer auch nicht lange aus ein und derselben Pfeife, weil der erwünschte Geschmack sich wahrscheinlich schnell veränderte oder das Material den schnellen Temperaturschwankungen zum Opfer fiel. Dann folgten die Bruyère–Holzpfeifen. Auch liess ich mir zwischendurch mal den Bart wachsen, um die Wirksamkeit der Pfeife im Gesicht eines Rübezahl aus zu probieren. Meine Frau sowie auch meine Kinder fanden meinen Bart keinesfalls abstossend. Auch nicht in seiner vielfarbigen Eigenschaft. Da bildeten sich rote, schwarze und auch ergrauende Haare aus. Wenn ich mich im Spiegel betrachtete, dann wurmte mich bereits diese hirnrissige Idee, den Bart noch länger wachsen zu lassen. Mich genierte er von Anbeginn an, denn zumeist wenn ich meine sehr begehrte Vermicelle-Suppe löffelte, dann blieben immer wieder Stücke dieser Teigware im Bart hängen, was bei meiner Umwelt manchmal Lachkrämpfe auslöste. Ich glaube Loriot kannte dasselbe Problem, hätte er sonst nicht eine solche ulkige Szene mit einem Stückchen Vermicelle im Gesicht als Sketch, bis zum geht nicht mehr, in einem Video ausgeschlachtet.

 

Eines, was konstant blieb oder sich langsam aber sicher verschlechterte, das war der abnehmende gesundheitliche Zustand meiner Atemröhre. Eine recht kräftige Sinusverstopfung, mit dauernden Kopfschmerzen, regte in mir zwar eine kurze Zeit lang das Bedürfnis nicht mehr zu rauchen, denn als ich vor mir die aus den Nebenhöhlen der Nase ausgespülten grüngelben Schleimmassen, auf der Palette des Arztes, diesem abschreckenden Präsentierteller sah, da kamen mir wirklich kräftige Bedenken, ob ich nicht doch lieber gleich das Rauchen beenden sollte. Ich nahm mir vor, ganz vorsichtig noch eine kurze Zeit mit dem Rauchen weiter zu machen, wenigstens solange wie noch ein Rest an Tabakvorrat vorhanden war. Dabei überlegte ich, ob ich mir selber den Genuss des Tabaks nicht einfach vergällen könne, indem ich begann, verschiedene Marken durcheinander zu rauchen. Das Experiment misslang.

 

Zu dieser Zeit hatten die verschiedenen Zigarettenmarken Hochkonjunktur in den Seiten der Inserate. Eine brandneue Zigarettenmarke, die den Markt erobern wollte, bot ein ganz besonderes Spielchen an. In Innern der Zigarettenpackung fand man die Buchstaben des ABC zum Ausschneiden. Es gab diese in verschiedenen Farben. Am seltensten waren die goldenen Buchstaben, die nachdem man das ganze Alphabet gesammelt hatte eingesendet wurden. Kurz darauf wurde dem Sammler ein goldenes Feuerzeug zugeschickt. Ich brachte es auf ein silbernes und ebenfalls ein goldenes Feuerzeug. Natürlich wurden die Buchstaben eifrig getauscht, um schnellstens zu dem ersehnten Erfolg zu kommen. Doch ging es manchem Sammler nicht schnell genug, um über den normalen Zigarettenkonsum zu dem ersehnten Feuerzeug zu kommen. Das Spielchen nahm groteske Dimensionen an. Ich hörte von Kollegen, dass übermässige Grosspackungen gekauft wurden, die weit über den jährlichen Bedarf an Zigaretten hinausgingen. Auch schienen verschiedene Buchstaben überhaupt nicht in den Packungen zu erscheinen, was die Kaufwut und auch den Missmut noch erhöhte.

 

Zu dieser Zeit hatte mich eine einheimische Wochenzeitung gebeten, einige Artikel zu schreiben. Ich schrieb eine volle Seite über diesen Geschäftstrick unter dem ähnlichen Titel: „dass die Käufer enttäuscht zu einer anderen ehrlicheren Zigarettenmarke wechseln würden.“ Dieser Bericht wurde prompt publiziert. Der Artikel schlug wahrscheinlich wie eine Bombe ein, denn diese Zeitungsnummer zirkulierte sofort in den Händen aller Raucher. Das Erfolgsempfinden aber war nur von kurzer Dauer. Dann erhielt ich eine Vorladung des Gerichtes, wo ich mich wegen Verleumdung rechtfertigen sollte. Ich erzähle die Geschichte hier kurz und knapp, weil sie ein interessantes Zeitdokument ist.

 

Es war also nicht weit her mit der demokratischen Meinungsfreiheit, die man angeblich in jeder Zeitung von sich hätte geben können. Ich erschien vor dem Kadi und wurde verdonnert und mit einer Geldstrafe von einem symbolischen Franken belegt. Das Urteil musste in den drei wichtigsten Tageszeitungen publiziert werden. Die Zeitung hatte die Kosten für meinen Advokaten übernommen, der, wie es mir schien, finanzielle  Bindungen zu dieser Zeitung hatte. Als ich nach dem Urteil mit diesem Herrn zusammen kam, erklärte er mir, dass da kaum noch etwas zu ändern sei. Nur „in Appel“ könnte man noch gehen, was eine Lösung sei, die aber nicht viel zu versprechen schien. Da die Gerichtskosten nicht auf mich zurückfielen, willigte ich ein, dass er also diesen Schritt für mich gehen solle. Er tat es. Wir verloren den Prozess auch im Appel. In meinem „casier judiciaire“ konnte ab sofort aber jedermann lesen, dass ich wegen Verleumdung verurteilt worden war. Vage kann ich mich aber erinnern, dass dieser Eintrag inzwischen gelöscht wurde. Doch ich will diese kurze Episode nicht auf sich beruhen lassen. Ich war damals bereits intelligent genug um zu verstehen wer die Gewinner und wer die Verlierer bei diesem, meinem schriftstellerischen Debüt waren. Moralischer Verlierer war natürlich ich. Es kostete mich zwar kein Geld, aber den bisher guten Ruf, durch den Hinweis in meinem „Casier“, dass ich wegen Verleumdung bestraft worden sei. Das darf man natürlich nicht auf die leichte Schulter nehmen.

 

Gewinnerin war auf jeden Fall die Zeitung, die während kurzer Zeit stark im Gespräch war und zum Renner wurde, um dann wieder im „Flüsterkasten“ weiter zu vegetieren. Sie hat wahrscheinlich wegen ihrer mentalen Einstellung, nie einen grösseren Leserkreis ansprechen können. Gewinner aber war der Ankläger sowie mein Verteidiger, der von der Zeitung, ja von seiner Zeitung, Geld für seine Interventionen vor Gericht bekam. Allein diese hinterlistige Machenschaft störte mich so gewaltig, dass ich für diesen Herrn, der in meinem späteren Leben immer wieder als kluger Politiker dargestellt wurde, keine belobigende Worte mehr fand. Er hatte sich selber als ehrlose Nullwertfigur bei mir eingenistet, verstärkt noch, als er sich als Parlamentarier gegen das Astra Projekt aussprach. Von der Zeitung löste ich mich auch im Nachhinein. Ich hatte nur noch einige Berichte geschrieben, so über den Bau der neuen Schwimmhalle in Oberkorn. Diese Beschäftigung, quasi als lokaler Berichterstatter, ging mir gewaltig gegen das Gemüt. Ich dachte bereits, mich mit einer ziemlich blöden Vorlage selber aus dem Rennen werfen zu können. Vielleicht aber hatten beide Ereignisse nur scheinbar negative Auswirkungen auf meine weiteren Veröffentlichungen.

 

 Ich merkte aber bald, dass das jeweilige Hemd, welches man bei seinen jeweiligen Beschäftigungen anzieht, erheblich dazu beiträgt, wie man in der Öffentlichkeit eingeschätzt wird. Dabei machte ich Bekanntschaft mit der Parteipolitik, mit Weltanschauung. Meine Anschauungen wurden auf Herz und Nieren geprüft. Die Antagonisten in meinem Leben begannen sich bemerkbar zu machen, in Form von Neidern, auch von Rivalen, die bewusst das um mich entstandene Bild verzerrten. Illusionen lösten sich auf wie Seifenblasen. Um eine Lebenserfahrung reicher geworden, widmete ich mich eine Zeitlang ganz besonders meinen privaten Schreibbedürfnissen. Das goldene Feuerzeug hat jedoch einen hohen Rang in meiner Sammlung, von speziellen Erinnerungsstücken, eingenommen.

 

Der allmorgendliche Husten war ein recht auffälliges Zeichen, dass meine Atemwege nicht in allerbestem Zustand seien. Die Nachbarschaft in unserer Strasse brauchte am Morgen keinen Wecker zu stellen. Ich besorgte es punktuell, auf dem Weg zur Arbeit, beim Vorbeigehen um die Strassenbahn zu erreichen. Ich weckte dabei auch den sorglosesten Tiefschläfer aus den Daunen.

 

Der absolute Nullpunkt meines Rauchgenusses war eigentlich schon kein Genuss mehr, überwältigte mich einen Monat, vor der Geburt meines Sohnes. Wiederum kämpfte ich mit verstopften Nasennebenhöhlen. Der Schlaf wurde dabei sehr unruhig. Husten und träufelnde Nasenlöcher quälten mich so sehr, dass ich eigentlich nichts mehr rundum mich als Lust befriedigend hätte bezeichnen können. Während einiger Tage vegetierte ich nur so dahin, bis meine Kopfschmerzen so erschreckend zunahmen, dass ich sie eigentlich nicht mehr ertragen konnte. Ich weinte vor Kopfschmerzen. Nur der eilends herbeigerufene Hausarzt, der eigentlich immer nur für die Kinder bestellt wurde, konnte mit einer kokainähnlichen Spritze mir die unerträglichen Qualen im Kopf lindern.

 

Wie ein Häuflein Elend lag ich da, wimmerte nur so dahin, bis ich wieder beim Nasenarzt vorsprechen konnte und dieser mir bereits zum zweiten Mal, einen Durchbruch durch die Nase zu den Nebenhöhlen bohrte. Ich kannte bereits das krächzende Geräusch beim Durchbruch des Bohrers, durch den Nasenknochen.  Wie ein Miniaturklempner verband er meine Nebenhöhlen über einen Schlauch mit einem vorher aufbereiteten Gebräu. Dann sah ich wiederum diese ekelerregende Brühe, die er wiederholt ausspülte. Sie hatte sich hinter meinen Wangen, bis in die Stirnhöhle hinauf, eingenistet. Zwecks Nachbehandlung spülte er noch mit einer antibiotischen Flüssigkeit die Nebenhöhlen aus. Er machte mir allerdings klar, dass ich ab sofort darauf achten müsse, keine weitere, dann aber chronisch werdende Nebenhöhlenerkrankung zu produzieren. Auch dürfe ich niemals mehr ohne Kopfbedeckung in den Regen oder nach einer Dusche keinesfalls die Haare nur in der Luft trocknen lassen, das empfahl er mir.

 

Das ging mir aber allerdings zu weit. Kurz entschlossen, nachdem ich mich wiederum einigermassen fit spürte, liess ich mich nicht in die Verweichlichung treiben und kümmerte mich sehr wenig um die nassen Haare mit Warmluft zu trocken. Im Gegenteil beim Duschen folgten warme und kalte Behandlungen nacheinander, so gewöhnte ich mir sogar daran, jedes Mal am Ende der Dusche nur noch Kaltwasser zu benutzen. Im Winter nahm ich auf unserer Terrasse nackte Schneebäder. Ich gewöhnte meinen Körper an plötzlich wechselnde Temperaturschwankungen. Ich härtete mich ab. Ausdrücklich bezeuge ich hier, dass die Prophezeiungen des Nasenarztes keinesfalls eintrafen. Ganz besonders aber veranlasste es mich in Zukunft sehr aufmerksam bei jedem Arzt zuzuhören, um herauszufinden, ob es sich um blosse Angsteinflössungen handele, die man sich nur so vom Daumen saugte oder um gezieltes Wissen.

 

Die Erfahrungen, die ich dabei machte, waren klar. Die meisten Vorschriften (als Indikationen bezeichnet), die ich von meinen Ärzten erhalten habe, fussten fasst nie auf einer wissenschaftlichen Beurteilung, das heisst auf einer genauen Analyse. Mein Vater hatte dazu eine vortreffliche Antwort auf die Schwarzseher, die einem so im Leben begegnen. „Wer durch des Argwohns Brille schaut, sieht Raupen selbst im Sauerkraut“. Natürlich hatte mein Vater diesen Ausspruch von Wilhelm Busch, in dem bei der Buchgemeinschaft gekauften Buch „Tobias Knopp“ gelesen. Ich muss zwar sagen, dass meine Ärzte mich keinesfalls mit Argwohn behandelten, dagegen aber mit Schlussfolgerungen berieselten, für welche keine genaue Erkenntnis vorhanden sein konnte. Ich blieb mein Leben lang ständig äusserst skeptisch, bei meinen Arztbesuchen, die ich nur als äusserst spärlich mit „erfolgreich“ etikettieren kann.

 

Das schlimmste Beispiel kann ich hier von mir geben. Da meine Beschwerden nach dem siebzigsten Lebensjahr darauf hinwiesen, dass sie vom Herzen kamen, suchte ich auf Druck der Familie und der Freunde einen der bedeutendsten Herzspezialisten auf. Er nahm sein sämtliches elektronische Gerät in Gebrauch, sowie auch die berühmten Folterapparate, mit welchen er meine Leistungsfähigkeiten zu entziffern versuchte. Es war mir klar. Ins Herz hineinschauen konnte er nicht und war nur auf subjektive Schlussfolgerungen angewiesen. Wir schwärmten gemeinsam über Gartenfreuden, womit er natürlich mein Vertrauen zu ihm aufbauen wollte. Dieser anerkannte Fachmann bescheinigte mir zum Schluss der Konsultation: „Du point de vue coeur, il n’y a rien.“ Ich gehe vielleicht später ins Detail dieser Geschichte ein, doch will ich sofort klarstellen. Nach vierzehn Tagen wurde ich am Herzen mit drei neuen Bypässen operiert. Ich war durch die Akribie eines jungen, angehenden Arztes, der mich mit seiner tragbaren Herzkreislaufmaschine untersuchte und dabei eine der dort aufgezeichneten Kurven, als höchst bedenklich anmahnte, vor einem möglichen Infarkt bewahrt worden. Eine intravenöse Exploration der Herzkranzgefässe brachte das Übel an den Tag. Ich war sofort mit einer Herzoperation einverstanden, denn durch meinen Beruf kannte ich die Folgen eines Herzinfarktes, der jetzt vermieden werden sollte.

 

 Nach der Operation fühlte ich mich wie neu geboren. Ich habe mir nahezu keine Gedanken über die Situation „danach“ gemacht. Die ganze Familie väterlicherseits war korpulent, weil sie in ihrer Jugend schwere Arbeit zu leisten hatten. Kein Wunder, dass sich dann so ein Gen an die Nachfolger übertragen kann. Gene, so denke ich kommen sicher nach Bedarf und gehen wieder, wenn sie überflüssig geworden sind. Ich kann mir gut vorstellen, dass die Natur nach Bedarf kreieren und auch dessen Wirkungsweise gezielt wieder abschalten kann. Nur über diese Denkweise kann ich mir Spontaneous Healing erklären. Welcher Philosophie die Natur sich dabei bedient, bleibt unerforscht, nur bin ich mir sicher, dass die Natur in jedem Menschen irgendwie nach Programm abläuft. Dieser Prozess wird beim Altern offen sichtbar. Die materielle Natur ist keinesfalls auf ewiges Leben eingestellt, eher auf ewigen Wandel.

 

Die Gene des Heuschnupfens zum Beispiel, kommen in ländlichen Gegenden seltener vor als in den Städten, so kann es durchaus möglich sein, da sich anti- allergene Stäube bei längerem Aufenthalt in einem Dorf positiv auf Allergiker auswirken können. So bin ich denn überzeugt, dass eine Unempfindlichkeit, dem Tabakrauch gegenüber, durchaus normal sein kann. Das Antitabakgeschrei scheint mir deshalb ungerechtfertigte, übertriebene Auswüchse zu haben. Ein Beweis braucht nicht extra erbracht zu werden. Es gibt Kettenraucher, denen das Nikotin oder die vielen anderen vermeintlichen Schadstoffe beim Rauchen nichts anhaben. Altbundeskanzler Helmut Schmidt und seine Frau Loki sind vortreffliche Repräsentanten. Bei diesen beiden Neunzigjährigen nach einem Gen für den unschädlichen Tabakgenuss zu suchen, wäre eigentlich die eleganteste Lösung des Problems. Warum stürzt die Tabakindustrie sich nicht wie Pharmakonzerne auf solche Gewinn versprechende Fallbeispiele. Ich kann nur die genetischen Forscher bewundern, die langsam aber sicher in die Zauberküche der Natur vordringen, um dem Leben noch viele unbekannte Rätsel zu entreissen. Ob deren Handwerk mit dem Verhalten des Zauberlehrlings zu vergleichen ist?

 

Meinen Entschluss zum Beenden meines Tabakkonsums hatte ich glücklicherweise bereits 20 Jahre vor dieser Operation gefasst. Es musste endlich Schluss sein mit dem Tabak, der mir überhaupt keine Freude mehr bereitete. Die beiden Durchbrüche in meinem Nasenknochen hatten mich vollends aufgeklärt, wohin möglicherweise die Reise hingehen würde. Der mentale Wandel war absolut leicht zu verkraften.

 

Doch damals kam es, wie es kommen musste. Der Weg zur Hölle ist bekanntlich mit guten Vorsätzen gepflastert. Hinzu kam, dass meine liebe Frau sich bei meinem Wehklagen so entsetzt hatte und durch die Furcht mich zu verlieren, eine Frühgeburt produzierte. Glücklicherweise verlief die Geburt ohne Probleme, weder für das Baby noch für die Mutter. Als Elternpaar genossen wir auch eine grosse Zuversicht in den Frauenarzt, der eigentlich ein sehr guter Freund war.

 

Bei der Kindtaufe war ich schon wieder wohlauf. Ich brauche, so glaube ich, keinem zu verraten, was nach dem besonders üppigen Mittagessen geschah. Es packte mich wiederum  die Sucht eine Zigarre zu geniessen. Ich entschuldigte mich bei mir selber für die Inkonsequenz bei meinen guten Vorsätzen. Da ich bereits beim Pfeifenrauchen wie auch beim Zigarrenrauchen die Gewohnheit hatte den Tabakqualm auf die Lunge zu ziehen, weckte ich wieder die alten Geister in mir. Ich belegte mich mit einem Schuldspruch nach dem anderen, unwiderruflich ein Wiederholungstäter zu sein. Das alles spielte sich in einer Periode ab, in welcher ich begann, mich intensiv mit der Psychologie des Menschen zu befassen. Ich war im Begriff in mein Innenleben bis zu meiner Psyche vorzudringen. Dabei müsste ich es doch fertig bringen Bezwinger zu werden, über diesen schädlichen Drang nach Tabakgenuss.

 

Ich hatte bereits eine neue Stange Vorrat eingekauft und mir vorgenommen jetzt doch endlich so langsam mich von diesem Laster zu entwöhnen. Diesmal war es die Marke Kent mit Nikotinfilter. Da packte mich jedoch unerwartet die Wut. Ich war im Begriff in meinem Garten die Miete zu wenden, wobei ich immer wieder husten musste. Die neu gekaufte Stange mit Kent – Zigaretten lag noch unangebrochen in meinem Büro. Als ich bereits wieder auf der Miete zu Husten begann, stach ich die dreizinkige Gabel in die Erde, schritt bedächtig und voller Mut zu einer bemerkenswerten, sehr beherzten Tat in den Keller, zog meine Gartenstiefel aus, stapfte standhaft die Treppe empor bis an die Stelle wo die neue Ration an Zigaretten lag.

 

Ich muss gestehen, noch nie hatte ich mit soviel Vorbedacht, die nachfolgende Handlung ausgeführt.  Kurz entschlossen schritt ich zu der ruhmreichsten Tat meines Lebens. Ich öffnete sorgfältig ein Zigarettenpaket, vielleicht etwas zu feierlich, entnahm ihm eine Zigarette, zündete sie an und ging zurück in den Garten. Auf der Miete angekommen war ich meinem festen Entschluss so überaus glücklich nahe gekommen. Ich zog noch einmal einen starken Zug, musste wie gewohnt husten und dann fand die Zeremonie kurz und schmerzlos statt.

 

 Ich liess die kaum angerauchte Zigarette in die Miete fallen. Dann hob ich mit der Grabgabel einen Haufen noch nicht gänzlich kompostierten Erde etwas länger als normal in die Höhe und begrub die noch qualmende Zigarette. Theatralisch machte ich ein grosses Kreuzzeichen über den elendigen Haufen und diesem leidlichen Übel, das jetzt für mich symbolisch begraben war. So arbeitete ich ohne Zigarettenqualm weiter, bis ich gegen Abend ins Haus kam. Freudestrahlend, zufrieden mich selbst überwunden zu haben. Doch ich war mir bewusst, dass dies keinesfalls eine Garantie von längerer Entsagung sein konnte.

 

 Ich kannte mich bereits sehr gut, ich wusste, dass ich niemals ein Asket werden würde. Ich gehöre zu den Genussmenschen. Das ist eine äusserst gefährliche Schwachstelle im menschlichen Verhalten. Da musste noch etwas geschehen, das mir den Rückfall definitiv verbaute. Es war mir bewusst, dass ich dieses Ereignis unbedingt allen Freunden und Bekannten zur Kenntnis bringen müsse, damit ein Rückfall nicht so leicht stattfinden könne. Zuerst war es meine Frau, die mir skeptisch zuhörte, dann erfuhren es meine Kinder, die sich unerwartet erfreut zeigten, dann meine eigenen Eltern und der Schwiegervater, der immer noch rauchte. Mein Vater rauchte auch noch immer, aber mein Entschluss musste ihn mächtig beeindruckt haben, denn er überwand kurze Zeit später auch die ihm unbequem gewordene Sucht. Keines meiner drei Kinder ist zum Raucher geworden und genau das berechtigt mich zu glauben, dass ich im Gegensatz zu meinem Vater, der mich eigentlich zum Rauchen verführte, meinen Kindern als Vorbild diente, dass man auch ohne das Rauchen ein genussreiches Leben führen kann.

 

Am nächsten Tag waren es die Arbeitskollegen, denen ich meine neue Existenz ohne Tabak mitteilte. Eingebettet in eine solche Gesellschaft, die mich ab sofort mit Geieraugen beobachten und wie schnell ich wieder rückfällig würde, ist eine enorme psychologische Waffe, die ich mir ausgetüftelt hatte. Sie ist eine unvorstellbare Kraft und auch die beste Hilfestellung überhaupt Herr über das Laster, den inneren Schweinehund zu werden. Ich hatte mir vorgenommen, endlich wieder die Herrschaft über mich selber zu gewinnen. In Kenntnis all meiner Schwächen habe ich meine Umwelt zur Hilfe gerufen, um mich ab sofort zu beobachten, ob ich auch standhaft und mannhaft genug sei, um diese allgemein bekannte Schwachstelle des Menschen zu überwinden.

 

Ich kann mich an dieser Stelle glücklich preisen, es vor mehr als 40 Jahren (ich war also genau 35 Jahre alt) geschafft zu haben, um mir das Rauchen erfolgreich abzugewöhnen. Ein Abgewöhnen war es eigentlich nicht, denn ich empfand einfach keine Nikotinsucht mehr. Ich muss allerdings gestehen, dass manchmal nach einem üppigen Mittagsmahl mir doch eine feine Zigarre schmeckte, aber ich wurde keinesfalls rückfällig, allein weil ich mir selber beweisen wollte, dass ich nicht wie ein schwaches Geschöpf dahinvegetieren wollte, sondern den inneren Schweinehund zu meistern verstand.

 

Wenn ich die Diskussion heute über die vielen Anstrengungen verfolge, die gemacht werden, um dieses eher lästige Gebaren zu meistern, dann kann ich wie oben berichtet beweisen, dass man konsequent plötzlich zu rauchen aufhören kann, wenn man nicht nur diese blöde Angewohnheit, als ein zu besiegendes Makel ansieht. Man sollte sich ganz klar bewusst sein, dass der menschliche Geist Schwächen aufweist, die es zu beherrschen gilt und die auch beherrschbar sind. Allerdings wird man einwenden, dass das Rauchen mir allerdings gesundheitlich arg zugesetzt hatte, zumal mit den beiden Durchbrüchen in den Nebenhöhlen meiner Nase. Doch das war recht bald gänzlich vergessen.

 

Dies gilt nicht nur allein auf dem Gebiet des Rauchens. Auch das Trinken kann eine solche Sucht provozieren. Überhaupt fühlt man sich wirklich wohler  in der Haut in der man eben steckt, wenn man, genau wie der Sportler standhaft und ausdauernd, ja konsequent ein hehres Ziel verfolgt und auch erreicht. Man erlebt dann auch den Beweis, dass man sich weitaus besser kontrollieren kann, wirklich ein Stück dieser Denk- Rede- und Handlungsfreiheit geniessen, die als höchste Güter des Menschen betrachtet werden.

 

Nur dem nicht zuversichtlichen Schwächling wird jede Anstrengung einer Mobilisierung seiner natürlichen Abwehrmechanismen misslingen.

 

 

 


 

Das Placebo.

Es kann materiell sein, aber auch mündlich, sogar schriftlich.

P. :“ Mit Placebos hat man bisher die wundersamsten Heilungen erlebt. Ich kann nicht sagen ‚Heilungen erzielt‘, denn gezielt würde bedeuten, mit angepeiltem, sicherem Erfolg erreicht. So lässt sich  ein Placebo keinesfalls einsetzen, jedenfalls bis heute nicht. Placebos sind nämlich keine Medikamente, die etwa chemisch zusammengesetzt, also für Krankheitsbekämpfungen produziert werden. Placebos bestehen, in einer ihrer Anwendungen ausschließlich aus Kreide und werden eigentlich eingesetzt, um die Wirkungsweise eines neuen Medikamentes zu überprüfen. Je nachdem mit welchem Erfolg Placebos bei dem Test von Medikamenten bewertet werden, bleibt es zu schlussfolgern und zu beschließen, ob das Medikament wirklich eingesetzt werden soll. Das Eigenartige an den heutigen Therapien, dass man meistens auf einen vermutlichen Gegner zielt, dessen Einfluss auf unsere Gesundheit keinesfalls immer genau erkannt wird. Wird ein Placebo als Test für ein neues Medikament gebraucht, so will man erkennen, welchen Anteil die Kreide, Placebo, und das neue Medikament am Heilungserfolg aufweisen. Man ist heute fest überzeugt, dass mit Placebos Heilung erfolgen kann, was aber keinesfalls der verabreichten, absolut neutralen Kreide zugeschrieben werden darf. Die Verabreichung eines vorher gelobten Wirkstoffes löst im Gehirn des Patienten einen Selbstheilungsprozess aus, sowie das gleiche erfolgreiche Medikament den negativen Effekt, das Nocebo auslösen kann.

Ich habe von einer schwierigen Herzoperation gelesen, die an amerikanischen Universitäten gemacht wurde und deren Erfolgsquote unter 50% lag, also reich an Risiken. Als man sich dann entschloss einmal eine Placebo Operation am Herzen vorzunehmen, da fiel die Erfolgsquote erstaunlicherweise gleich hoch aus. Placebo ist also nicht mehr nur verabreichte Kreide sondern eine Art Hoax der Medizin. Man täuscht dem Patienten eine wirkliche Operation vor. Dieser kann nachträglich auch auf dem Bildschirm, vermeintlich sein operiertes Herz schlagen sehen, doch in Wirklichkeit handelt es sich nur um eine Scheinoperation, dessen Eingriff man auch von Außen durch ausgeführte Schnitte, glaubhaft ersichtlich, gestaltet.

Auch Knieoperationen, unter dem Placebo Effekt, haben sich bewährt. Dem Patienten wird mit Videobildern aus einer anderen echten Operation vorgegaukelt, er hätte eine erfolgreiche Operation am offenen Knie erlebt. Der Erfolg ist außergewöhnlich und höchst erstaunlich.

Welche immensen Kräfte beherrschen doch unsere Psyche, die wir leider nicht auf Kommando zu mobilisieren verstehen? ‚Spontaneous healingHow to discover and enhance your body’s natural ability to maintain and heal itself 1995, von Dr. Andrew Weil geschrieben, ist ein sehr aufschlussreicher Titel eines Buches, das bereits zum Klassiker geworden ist.

Nun wissen bereits viele Menschen, was ein Placebo ist, doch den Wenigsten erklärt der Arzt, was ein Nocebo ist, weil das Wissen um diesen Effekt, die ‚Lebensaufgabe‘ des Arztes wahrscheinlich beeinträchtigen würde. Im Gegensatz zur positiven Wirkung beim Placebo-Effekt ergibt sich beim Nocebo-Effekt eine negative Reaktion.

Ich habe dir von Ying Yang gesprochen. Das ist eine bildliche Darstellung der gewaltigsten Kräfte in der Natur. Die Gegensätze kann man in allen Bereichen der Physik, ‚Pluspol und Negativpol‘,  sowie auch der geistigen Wissenschaften beschreiben. ‚Schwarz und weiss, Nacht und Tag, Gut und Böse, warm und kalt‘ sind dem Menschen längst geläufig. Auch die Religionen haben diese Gegensätze übernommen, sogar personifiziert. Gott und Satan, beherrschen in vielfältigen Darstellungen, alle Religionen der Welt.  

Ein Nocebo-Effekt kann wahrscheinlich in derselben Intensität wie das Placebo auftreten. Man beginnt erst diesen negativen Effekt zu verstehen. So kann ein Medikament, dessen heilenden Wirkungen bekannt sind, bei manchen Menschen, wie ein Nocebo wirken und diesen nicht heilen, sondern besonders krank machen. Verstanden wird dies besser wenn man von imaginären Krankheiten spricht. Welches die Ursachen sind, die solche Effekte auslösen, ist noch nicht ergründet doch deutet alles darauf hin, dass die Psyche des Menschen dabei eine Hauptrolle spielt und diese kann Scheinerkrankungen produzieren.

Grob gesehen erklärt der Psychologe diese Krankheit eines Patienten mit einem ausgesprochenen Geltungsbedürfnis, das bei normalem Verhalten keinen Anklang findet. Molière hat in seiner Komödie ‚Le malade imaginaire‘, einen solchen Patienten ausführlich beleuchtet. Der Patient bildet sich ein eine gewisse Krankheit zu haben. Gefährlich zu bewerten, sind dabei die Beipackzettel, worauf man erfahren kann welche Symptome man entwickeln kann, als Nebeneffekte eines Medikamentes.

Hier schalte ich einen diesbezüglichen Witz ein: „Ein scheinkranker Mensch, der allen Ärzten die ihn besuchten, als solchen bekannt war ist gestorben. Die Zurückgebliebenen riefen den letzten Arzt an und gaben ihm bekannt dass er einen Totenschein ausstellen muss. Der Arzt war im ersten Augenblick so perplex dass er bereits am Telefon sagte: „Jetzt übertreibt er aber doch ein wenig zu viel“!

Und damit komme ich zu einer der gewichtigsten Fragen, die mich und meine Kollegen beschäftigten, bei den vielen Diskussionsrunden betreffend all mögliche Themen, sei es aus dem Gebiet der Physik, der Astronomie, der Chemie, der Medizin. Gibt es einen Schöpfer, der dies alles in Schwung gesetzt hat und noch immer in Schwung hält?

Eines ist mir glasklar. So eine simple Darstellung des angeblichen Schöpfers, wie die Masse sich ihn allgemein vorstellt, kann ich zwar nachvollziehen. Das wäre jedoch ein Gott mit ausschließlich menschlichen Zügen. Nach des Menschen Vorbild. Das kann doch nicht sein. Der Schöpfer, den ich mir vorstelle, wenn ich das könnte, wäre zuerst ein Wesen, das über, in und außerhalb der Natur steht. Die Natur ist in ihm. Ich meine die Natur, die wir zu kennen glauben. Die Natur, die zu verstehen wir uns anbahnen. Die Natur, die wir zu verändern wagen, müsste ein Teil von ihm sein. Auch würde ich dies nicht nur materiell sehen, sondern auch geistige Verbindungen darin erkennen.

Wenn ich die uns bisher bekannten kosmischen Kräften und Weiten, sowie auch die uns bisher bekannten Zuständen im Nano Bereich in Betracht ziehe, dann scheint mir dies alles umfassende Wesen genau das Zusammenspiel aller in der Natur herrschenden Kräfte zu sein, die wir zu ergründen versuchen. Mehr Platz bleibt meinem begrenzten Denkvermögen nicht, um irgendeine Dimension zu sehen, die weder geistig, noch mit einem materiellen Instrument, erfassbar wäre.

Mit der magischen Formel: ‚Am Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort, ‘ kann ich nichts Konkretes anfangen. Mir fehlt dazu die Vorstellungskraft. Es ist wahrscheinlich primitiv, den Text deuten zu wollen, indem man sagt, das Wort wäre ja eigentlich vor der Schrift gewesen. Gewiss, zuerst verständigte der Mensch sich in der Lautsprache, dann bildeten sich ständig neue Laute hinzu, die auch einen Sinn und immer mehr Bedeutungen hatten. Als die Lautsprache sich bereits sehr hoch entwickelt hatte, verfeinerte sich die parallel entstandene Zeichensprache, die Piktogramme ergänzten alsdann die manuelle Zeichensprache. Es ist klar, wie wir zu der einfachen Meinung kommen können, dass die heutige Schriftsprache nicht am Anfang war.

Ein weiterer Faktor ist die genaue Bedeutung des griechischen Wortes ‚Logos‘. Was hat Johannes, der Apostel, wirklich sagen wollen. Was wollen uns die Deuter, die Übersetzer denken lassen. Da beginnt es bereits recht verzwickt zu werden. Denn die Bedeutung des Wortes Logos ist vielseitig und könnte möglicherweise anders ausgelegt werden. Wir sind auf das vermeintliche Sprachenverständnis anderer Leute angewiesen. Darüber ist bereits viel geschrieben worden.

Ich bin also an irdische, menschliche Möglichkeiten gebunden und kann den Sinn dieser Worte auch nicht mit den scharfsinnigsten, philosophischen Formulierungen zu Leibe rücken. Die Dimensionen, die mir dazu zur Verfügung stehen, sind beschränkt. Ich versuche zwar Anfang und Ende, in meinen Gedankengang, nicht mit ein zu beziehen, aber egal was und wie ich es auch formuliere, das alles geschieht mit einem äußerst primitiven Werkzeug, mit der Schrift oder der Sprache. Ich artikuliere was mein Gehirn imstande ist in Worte zu fassen. Johannes, der Verfasser obigen Satzes, konnte nichts Anderes, es sei denn, es sind nicht seine Worte, sondern eine in Worte gefasste göttliche Botschaft, die dem Menschen möglicherweise viel später einmal leicht verständlich wird, denn mir scheinen die Möglichkeiten einer Erweiterung der Denkprozesse, sich ständig noch zu vervollkommnen. Sobald wir hören: ‚Und das Wort ist Fleisch geworden‘, haben wir es mit einem Geschehen zu tun, das wir zwar nur halb, aber schon zu verstehen scheinen.

Wir wissen was ein Wort, sogar was ein Wörterbuch ist. Wir wissen ebenfalls was Fleisch ist, aber dann erfolgt der notwendige Quantensprung, den wir nicht leicht bewältigen können. Das würde exklusiver aber unbrauchbarer Weltrekord bedeutet. Wenn aus einem Wort ein Stück Fleisch werden könnte. Neue Drucker sind zwar bereits an die Nähe dieses Wunders herangerückt um nach Bedarf so gegen 4 Uhr am Abend bereits einige Steaks zu drucken, für ein gesellschaftliches Abendmahl. Möglich scheint es allerdings zu werden. Man braucht nur einen Drucker der die zur Verfügung gestellten Moleküle so zusammen bringt, dass saftige Steaks ausgedruckt werden.

 War aber Gott wirklich das Wort, dann müssen wir noch wissen, dass man nicht nur zur Zeit der Bibel mit Allegorien umzugehen wusste. Heute verzögern die vielen hintergründig politische Allegorien, der Hauptteil jeder Diplomatensprache, ein schnelles Begreifen unsererseits. Es handelt sich als um eine Allegorie, dann wird die Sache verständlicher. Dann haben wir etwas Greifbares, etwas das abläuft, mit dem sich unser Geist beschäftigen kann. Wir haben also etwas Konkretes, das wir geistig begleiten können, wohin es sich auch bewegt. Es ist in die von uns erkennbare Zeit eingestiegen. Es kommt aus der unerfassbaren Vergangenheit und bewegt sich voran in die undurchsichtige Zukunft, die ebenso endlos zu sein scheint, wie der nach unserer Denkfähigkeit geschneiderte Anfang.

Ich kann den Gedankengang von Emanuel Kant also sehr gut nachvollziehen. Ich würde darauf hin wiederholen: der Sprung aus der zeitlosen Ewigkeit heraus vollzog sich durch den ersten Pulsschlag der Natur, den Big Bang. Ich habe dir bereits einmal meine diesbezüglichen Ansichten erklärt, dass alles um uns herum pulsiert. Das ist ein Prinzip, eine Kraft in vielen Facetten. Mit dem ersten Pulsschlag entstand alsdann die Zeit, die ein Ereignis, mit einer gewissen Zeitdauer, an ein Anderes fügt und so einen nachvollziehbaren Ablauf nimmt. Der große immerwährende Wandel hatte damit begonnen. War das der Paukenschlag der Schöpfung?

Die moderne Quantentheorie wird sicherlich in naher Zukunft unsere Sicht erweitern. Es ist klar die Wissenschaft sucht, hat aber noch keine Antworten gefunden und können immer nur feststellen, das Erkenntnis nicht bedeutet dass man alles genau weiss, denn das ist ja das besondere und reizvolle an der Wissenschaft, dass man jeden Tag erfährt, dass eine einst wissenschaftlich fundierte Theorie, von einer neuen wissenschaftlichen Theorie überholt wird. Selbst Einstein hat viele Stunden damit verbracht, seine eigene Relativität - Theorie zu widerlegen. Heute ist man an dem Punkt anbelangt wo die ganze Sparte Physik, neu erfunden wird. Der Auslöser und Antreiber sind die Erkenntnisse, die man beim Experimentieren mit dem Higgs Teilchen gewonnen hat.

Wenn ich jetzt in dieser etwas abstrakten Sprache weiter machen würde, dann wirst du wahrscheinlich zu schlummern beginnen. Ich kann mir es auch nicht leisten einige Dutzend Fachwissenschaftler um mich herum zu haben, wie jene, die es dem ehrenwerten Herrn Goethe leichter machten, deren Wissen als sein eigenes zu übernehmen und nieder zu schreiben. Ich bin also ausschließlich auf gesammeltes Wissen, aus meiner vielseitigen Lektüre angewiesen, um mir ein Weltbild machen zu können. Es würde mir ausserdem, der dazu gehörende Fachjargon, jedenfalls fehlen.“

H. war jedoch hellwach und begeistert von dem was ihm sein Kollege vorgetragen hatte. Er beneidete ihn um dessen Weisheit. „Keinesfalls“, so gab er zu erkennen, dass er voll bei der Sache war. „Keinesfalls würde es mir einfallen dir nicht mehr zuzuhören. Ich bin begeistert, du zeigst mir durch deine so ausführlichen Erläuterungen, dass man beim Lesen von sinnvollen Artikeln ein recht beachtliches Allgemeinwissen aufbauen kann.“

P. : Du verstehst doch sicher, dass ich bei diesen Erklärungen plötzlich in die Sphären, der Religionen vorgestoßen bin. Es beschäftigt mich sehr, da unser Premier, wie viele Gleichgesinnte Agnostiker, Nihilisten und Religionsfeindliche, nach Außen hin sich höchst demokratisch geben, im Innern aber die Zeichen des Nocebos der Menschheit in sich tragen. Sie wollen die Freiheiten der Menschheit, sich einer Religion anschließen zu wollen, regelrecht beschränken, ja sogar diktieren. Ja, das kann man als Diktat bezeichnen, wenn dies auch vehement geleugnet wird. Das geschieht meines Erachtens, weil man irgendwie Probleme mit der Religion hat, da diese gesellschaftliche Bindungen erfordert, die dem von  einem selbst, nicht erkannten, aber schrankenlosen Egoismus weichen müssen.

In Facebook habe ich meinem Eifer Luft gemacht, als ich die Beschlüsse der Regierung gelesen hatte. Ich habe Folgendes ins Netz gesetzt:

Unverständlich und gemein. Jetzt werden die Religionsgemeinschaften abgestuft unter den sozialen Wert aller anderen Vereinigungen. Durch diese Maßnahme, wegen Geld Einsparungen, nur die Unterstützungen der Religionsgemeinschaften zu kürzen, will man gezielt deren gesellschaftlich hoch stehende Werte langsam aber sicher abschwächen. Sowas nennt man Diskriminierung. Dass Kirche und Staat getrennt werden, ist noch verständlich, aber das Abwürgen deren Einflussnahme auf die Gesellschaft, kann nicht nachvollzogen werden. Dem zufolge müsste man gleichzeitig allen politisch orientierten Parteien, den Geldhahn zudrehen. Und woran es ebenfalls hapert, man kann nicht Gleichwertiges entgegen setzen.“

H.: “Du traust dir allerhand zu. Hast du denn keine Angst dass man dir eines Tages eine Fensterscheibe einschlägt oder eine Brandbombe ins Zimmer wirft.“

P.: „Ich denke zwar daran, denn die meisten Menschen wissen überhaupt nicht zu welchen Grausamkeiten sie bereit sind. Dazu habe ich ein gutes Beispiel aus den USA. Ein Verbrecher, normalerweise zum Tode verurteilt, wird begnadigt und verurteilt lebenslang im Kerker zu verbringen. Die Angehörigen des Opfers zeigen sich sehr enttäuscht über dieses „gelinde“ Urteil und merken überhaupt nicht, dass sie dabei selber den Tod eines Menschen herbei fordern. Und alle Gewalttaten, die man als Rache für erlittene Gegengewalt ausübt, fallen dabei in genau dieselbe Masche. Man fordert oder begeht dasselbe Verbrechen, aus unüberlegter Rache, welches man dem Urheber eines Verbrechens anhängt. Primitiver geht es kaum.“

H.: „ Ich verstehe die Problematik und es leuchtet mir auch ein, dass du Bedenken gegen die Politik hast. Die laufenden Fragen an die Politiker „Auf ein Wort“ zeigen genau diesen heuchlerischen Aspekt, der meisten dieser Gesellen. Mir wurde plötzlich bewusst, dass da keine ehrliche Antwort weder zu hören, noch zu lesen oder überhaupt zu erwarten war. Diese Leute kennen genau die Antagonismen in der Natur aller Dinge, sie wissen genau was Yin-Yang bedeutet. So kommt es, dass bisher nahezu alle die, die bereits Fragen beantwortet haben, immer beide Seiten einer möglichen Denkweise preisgaben, leider aber keinesfalls sich auf einen eigene Meinung festlegten. Man ist ja vielseitig gebildet, hat sich aber in die unüberwindlichen Schranken der Politik einbauen lassen, die nur sture Parteitreue abverlangt. Die Wenigsten legen sich klar fest auf ja, oder nein, auf richtig oder nicht richtig, auf Lüge oder Wahrheit. Die Meisten wollen nicht preisgeben, wie sie denken, denn Kritiker brauchen nur einen Anhaltspunkt, dann schlagen sie zu. Genau diesen verwundbaren Punkt, darf ein ‚diplomatischer Politiker‘ keinesfalls zeigen, denn das kostet Stimmen. Und dann müssen Verschiedene wieder in den Arbeitsprozess, um überleben zu können. Das beste Beispiel eines solchen Theaterstücks spielte sich in diesen Tage unter der Akropolis ab. Aufrichtigkeit in der Politik ist ein Fremdwort.“

P. : „Bei uns zuhause sagt man dafür Hurenkinder! Na, jetzt stolpere ich in dieselbe Falle, die du mir soeben erklärt hast. Ich nehme also meinen grobschlächtigen Ausdruck zurück und sage stattdessen diese Leute würden nicht in eine moderne Gesellschaft passen, die sich verzweifelt bemüht, allem Unverstand, in der menschlichen Gesellschaft, eine Ende zu bereiten.

H.: „Da hast du Recht. Ich möchte dir jedoch jetzt verraten, dass auch ich bereits einige Artikel in die Redaktion geschickt habe, doch diese scheint nicht meiner Meinung zu sein, denn bis jetzt warte ich noch auf die Veröffentlichung.“

P. : “Das hört sich aber gut an, was hast du den da geschrieben?“

H. Griff in seinen Aktenkoffer und liest Folgendes vor:


 

Plastik, nicht nur.

„Der Kapitalismus hat es bereits verstanden, dass man Geld machen kann, mit all dem Müll der im und auf dem Meer schwimmt. Die Ozeane werden als Müllkippe missbraucht. Die Meeresschutzorganisation Oceana nimmt an, dass weltweit stündlich 675 Tonnen Müll direkt ins Meer geworfen werden, wovon die Hälfte aus Plastik besteht. Aber nicht nur die direkte Verwendung der Ozeane als Müllabladeplatz ist ein Problem. Jeglicher Plastikmüll kann auf seinem langen Lebensweg irgendwann im Meer enden. 

Jetzt baut man Entsorgungsschiffe, andernfalls wird dieser Müll im Meer zum weltweiten Problem werden. Doch wäre es besser das Übel an der Wurzel zu packen. Man müsste dem Menschen krass vor Augen führen, und das aufdringlich jeden Tag, was mit nicht regelrecht entsorgtem Müll entsteht.

Leider müsste man auch die Luxusliner unter Beschuss nehmen. Was aus diesen Schiffen, die tausenden von paradiesische Zustände suchende Leute, etliche Wochen luxuriösen Lebens bieten, ins Meer geworfen wird, ist ein gesellschaftlicher Skandal. Das Problem ist keinesfalls allein der Drecksack, in welchem der Müll verpackt ist. Nein es ist jeder einzelne Drecksack, der zumindest zur Rede gestellt werden müsste. Doch die Meisten würden sofort, sogar schwören, niemals so etwas zu tun.

Die Mentalität, dass der Unrat, den man nicht mehr sieht, auch nicht mehr existiert, grassiert weltweit. Dabei wären Belehrungsfilme, besonders in den unterentwickelten Ländern, wo der Müll noch in die Straße geworfen wird, ganz sicher die besten Lehrmeister, um den unwissenden Menschen, zu zeigen, dass dies eines der größten Übel unserer Zeit ist, und sogar Urheber vieler Krankheiten.

Neben dem Klimaproblem, dürfte das Müllproblem gleichermaßen ins Gedächtnis der Massen geschleust werden.

Auch aus Luxemburg, findet der aus dem Auto geworfene Unrat, meistens in Plastik eingewickelt, über Wasserläufe, den Luftweg von der Müllkippe her, den Weg ins Meer. Es hat noch kein Grüner Politiker sich getraut dieses Problem wirksam anzupacken.

Man liest in der Zeitung, wenn jemand erwischt wird, dessen Benehmen mit seinem Auto aufgefallen ist, und von der Polizei bestraft wird. Man richtet sogar Kameras an der Straße auf um Schnellfahrer zu erwischen, aber man hört sehr wenig ob überhaupt etwas gegen die Helden getan wird, denen es glatt egal ist, wohin sie ihren Müll illegal entsorgen. 

Es können zwar viele Arbeitskolonnen diesen Unrat in der Natur einsammeln. Leider sind es heute meistens Schulkinder, die den weggeworfenen Dreck ihrer Eltern auflesen. Auch könnte ich mir vorstellen ein Plakat zu entwerfen, das auf diese „Diskrepanz“ in der Gesellschaft aufmerksam macht.

Bis tief in die Psyche eindringende Schlagzeilen, wie nachfolgende Vorschläge zeigen, und zwar in verschiedenen Sprachen, sind wohl kaum ausprobiert worden. Anstelle nur von bezahlten Reklamen zu leben, wäre ein tagtäglicher gratis Spot, der Aufklärung in diese Richtung gibt, keinesfalls abwegig.

 

Schmeiße deine guten Manieren, an die du selber glaubst, nicht zum Fenster hinaus, es könnte jemand dich beobachten“.

*

«Abstiens- toi de flanquer tes bonnes manières, dont tu te vante, par la fenêtre, il se pourrait que quelqu’un t’observe».

*

«Gettare le buone maniere, a lei credo, non fuori dalla finestra, potrebbe essere che qualcuno ti sta osservando. »

*

«Deite fora as suas boas maneiras, para o que você acredita, e não para fora da janela, podia ser alguém ver você »

*

“Don’t toss your good manners, to witch you are so proud, out of your car’s window. It could be possible, that somebody is watching you.”

*

P.: “Wow. Gut, sehr gut sogar. Leider kann man die ganze Problematik nicht in einer Tageszeitung unterbringen, aber den meisten Erdenbürgern ist kaum daran gelegen etwas mehr als email und SMS zu lesen. Dazu kommt, dass mehr als die Hälfte der Menschheit überhaupt nicht lesen und nicht schreiben kann. Um diesen Unrat zu vermeiden braucht man aber keineswegs intelligent zu sein. Leider findet man auch besonders bei intelligenten Menschen diese verheerende Angewohnheit, sich mit asozialem Verhalten, an den lästigen Mitmenschen rächen zu wollen.“

Die beiden Beamten vertieften sich in die begonnene Lektüre.

Tausender: „Das war wirklich ein aufregender Tag. Den beiden Hauptdarstellern gebührt Respekt. Besonders die nahezu wissenschaftlich geführten Dialoge.

Was man so alles in einem Sommerloch, und dazu noch in einer Bank, erfahren kann. Auf meinem Weg in die Gesellschaft, habe ich bereits komfortables Basiswissen aufgebaut. Das dürfte mir von Nutzen sein, denn ich schätze dass es außerhalb der Bank noch viel geschäftiger zugeht. Ich bin gespannt auf meine Zukunft.

Doch wird jetzt jeder mir erklären, dass ich die ganze Zwiespalt heraufbeschworen habe. Niemand weiss jedoch, dass ich, wie das Schicksal nun einmal will, überhaupt nicht programmierbar bin. Es besteht kein Zweifel, da wo ich mich aufhalte geschieht immer Etwas. Aber keinesfalls von mir so dirigiert, wie man dies jetzt erfahren hat. Es ergeht mir wie den meisten Menschen. Es tut mir ebenfalls gut wenn ich bluffe, wenn ich verdrehe, wenn ich leugne oder eine Lüge verbreite. Das klingt so heldenhaft, jedenfalls verspürt man, dass andere Mitspieler nicht immer eine feine Rolle spielen. Im Grunde genommen hätten die Folgen meiner Rache, nicht wie berichtet, noch weitaus schlimmere Folgen haben können.

Sehr schlimm aber finde ich dass all diejenigen, die austüfteln wie sie sich eine Begünstigung verschaffen können, sich gar nicht bewusst sind, dass dann wenn diese Begünstigung eintritt, eine andere Person gleichermaßen geschädigt wird. Das darf man aber niemandem sagen, denn alle Vorteilsuchende würden vehement antworten, es würde ihnen niemals einfallen, einem andern zu den eigenen Gunsten, einen Schaden zu fügen zu wollen.

Aus diesem Abschnitt meines Lebens bleibt jedenfalls hervor zu streichen, dass sich nicht nur materielle Werte, sondern auch moralische, hinter den Überschriften verborgen haben. Durch mich sollten sie aufgedeckt werden.“

 

 

 

 

 

 

 

 

Mimik

Tausender: „Und hier möchte ich dem Leser noch erklären, wie es dazu gekommen ist, dass ich über Ereignisse Bescheid weiss, die ich weder sehen noch belauschen kann. Weiter oben haben wir bereits von Mimik gesprochen. Die Fähigkeit zu sehen, um dann zu wissen was ein Anderer denkt, ist keinesfalls absurd. Ich möchte auf verschiedene und mögliche Überschriften aufmerksam machen, denen ich hier hätte auf den Grund gehen können.

Da gibt es Telepathie, Cold Reading, Gestik, Suggestion, Rätsel lösen, Glauben, Aberglauben, Reaktionen, unser Aussehen, die Mimik und das Gedankenlesen. Es gibt die Deutung, in welcher Richtung sich bestimmte Abläufe entwickeln können. Unser Gehirn, kann auch von ausgebildeten Menschen keinesfalls global in seinen Funktionen und Dimensionen erfasst, noch viel weniger gezielt kontrolliert werden. Wir sind aber einer verräterischen Körpersprache nahezu total ohnmächtig ausgeliefert.

Die Nervenbahnen, allein des Gehirns, auf deren Gleisen unser Leben gedrückt, geschoben, gehoben und jeweilig an entstandene Situationen angepasst wird, sind aneinander gereiht, geschätzt nahezu 6 Millionen Kilometer lang, was dem 145-fachen Erdumfang entspricht. Diese Verdrahtung erlaubt es dem Menschen zehntausende Male, manche behaupten sogar dies geschehe Millionenfach schneller zu sein als ein Computer.

Bei meinen Beobachtungen in der Bank waren Gedankenlesen, Gestik und Mimik am meisten im Einsatz. Die beiden Letzten sind Hauptbestandteile unserer Körpersprache. Und hier komme ich wieder zurück zu den unzählbaren Abhörsystemen, die im Vergleich ein Pappenstiel sind, denn sie spielen sich keinesfalls abseits ab. Abseits bedeutet, nicht direkt unser eigene Person beeinflussend. Die Körpersprache ist der Menschheit längst bekannt, durch emotionale Gesichtsausdrücke, wie zum Beispiel beim Lachen, beim Weinen, bei Schmerzempfindungen. Doch wenn wir in den Bereich der Subtilitäten der Körpersprache eindringen, dann stoßen wir an nahezu Unfassbares. Allein die Erforschung der Mimik, also des Gesichtsausdruckes hat bisher über tausende von Muskelstellungen im Gesicht gefunden, die einem bestimmten Empfinden, einem bestimmten Verhalten, einer bestimmten Reaktionsfähigkeit zugeordnet werden können, sogar der Glaubwürdigkeit Ausdruck verleihen. Emotionen lösen das Zusammenspiel von mehreren Muskelbewegungen im Gesicht aus, die heute einwandfrei gedeutet, sogar ausgenutzt werden, zum Beispiel bei der Stellungssuche. Die Fragestellung, die bei so einem Vorstellungsgespräch, kann wissenschaftlich aufgebaut sein, damit man an den Reaktionen des Befragten ablesen kann, was er wirklich denkt, wenn er eine Antwort gibt. Denn hier beginnt die Überprüfung, ob der Proband für eine bestimmte Funktion, die ihm zugeteilt werden soll, geeignet ist oder nicht. Da geht es nicht mehr um Ehre, sondern um Ehrlichkeit. Es geht um vielfältige Betrugsmöglichkeiten. Nennen wir alle möglichen Unannehmlichkeiten einfach Zeichen, und genauer gesagt Ursachen für ein Nichtgeeignet sein.

 

Geh einmal auf Internet zu dieser Adresse und du wirst noch manche Details dieses Forschungsgebietes erfahren.

 

Gestik und Mimik - Körpersprache von Auge, Mund und                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                         ...https://www.berufsstrategie.de/bewerbung-karriere.../gestik-mimik.php

Gestik und Mimik.

Unsere Augen gelten als Spiegel und Ausdruck unserer Seele. Lächeln, zustimmen, fragen, zweifeln, ablehnen.

Diese nahezu vom Menschen unkontrollierbare, schwer beeinflussbare nach Außen zu vertuschen, ist nahezu ein Ding der Unmöglichkeit. Von Wegen „eigene Persönlichkeits Verletzung, oder Diskriminierung“. Hier kann man keinesfalls einem Anderen in die Schuhe schieben, dass man durch die Überwachungsmethoden, kein freier Mensch mehr sei. Es ist absolut notwendig, dass dieser berühmte freier Wille, wohl benutz werden kann, aber dass ein sich selber Unbewusstsein und öffentlich quasi Nacktausziehen, weitaus aufschlussreicher ist, als das ein Foto, oder eine Kamerasequenz, oder Tonbandaufnahmen fertig bringen. Natürlich ist die Deutung der Mimik rein persönlich, doch betreiben wir allein beim Hinschauen, nicht gleichermaßen, wie verfängliche Fragen an einen Bittsteller, eher eine instinktive Auslegung des Gesichtsausdrücke unsere Gegenübers.

Eines der interessantesten Beispiele ist das Pokerspiel. Wenn man sagt er pokert hoch, dann äußert man eine Vermutung. Wer aber seinem Gegenüber am Pokertisch ablesen kann ob dieser hoch pokert, der wird seine Entscheidungen, etwa wie vorgewarnt, treffen.

Kein Wunder, professionelle Pokerspieler tragen eine dunkle Brille, damit man ihnen nicht aus dem Blick lesen kann. Es gibt solche die ihre Hände nicht auf den Tisch legen, weil da sich verräterische Bewegungen deuten lassen.

Ich weiss nicht ob Masken tragen verboten ist, doch wäre das bereits ein Mittel gegen jene, die sich auf Mimik spezialisiert haben.

Dazu sind ebenso verräterisch, die Zeitdauer und die Zahl der Kontrollen seiner eigenen Karten, gefolgt von Körperbewegung die nahezu wie Zeitungen gelesen werden können.

Es gibt Leute, die durch überzogenes Dauergrinsen, ihre verräterischen Gesichtszüge verstecken wollen, aber ein solches Dauergrinsen ist selber verräterisch und ein schnell erkanntes Zeichen, dass irgendetwas Verräterisches an der eigenen Mimik, unterdrückt werden soll.

Wer seine emotionale, seelisch oder geistigen Zustände also selber, durch eine entsprechende Mimik, im Verein mit der gleichermaßen verräterischen Körpersprache zur Schau trägt, muss sich unbedingt selber fragen, ob man da noch von persönlicher Willensfreiheit reden kann. Die gibt es nur scheinbar und ist sozusagen als rein nebensächlich zu betrachten. Wissenschaftler würden sie eher einreihen in die Themen, die rein philosophisch betrachtet werden sollen. Es werden positive und negative Freiheiten unterschieden, doch kann man mir, als Tausender nicht zumuten, darüber ins Detail zu gehen, ich würde mich selber verraten.“

 

 

Evolution = Revolution

P.: „ Ich habe soeben ein Wort gelesen, dessen Bedeutung  so umfassend ist, dass man sich die ständige Evolution, die um uns herum stattfindet, auch durch längeres Überlegen absolut nicht erfassen kann. Der Einblick wird lückenhaft bleiben. Doch nachdem man sich vor Auge geführt hat, welche Wege die Evolution seit es Leben auf dem Planeten gibt, und welche Besonderheiten möglicherweise die zukünftige Entwicklung mit sich bringen wird, dann sind ganz gewiss die eigenen Vorstellungen begrenzt.

Die menschliche Gesellschaft ist in einer rasanten Entwicklungsphase in Richtung Ameisen- oder Bienenstaat. Immen waren bisher hauptsächlich die Religionen, gefolgt von Politik und Gewerkschaften. Am hartnäckigsten erweisen sich die ethnischen Minderheiten, die noch nichts aus der Vergangenheit der menschlichen Geschichte gelernt haben. Längst aber hat eine neue, die Menschheit global umfassende Kraft, das Diktat übernommen. Das digitale Netzwerk. Es wird bald nichts mehr im menschlichen Leben geben, das nicht durch Einwirkungen aus dem Netz beeinflusst, sogar imposiert wird. Das bedeutet soviel wie, auferlegt, aufgezwungen.“

H.: „Du hast ein so unglaublich umfangreiches Wissen. Ich weiss dass du dir dieses Wissen nicht in der Schule hast aneignen können. Dann kann es nur sein, dass du ständig im Begriff bist dieses Wissen zu vervollkommnen. Ich kann mir auch nicht vorstellen, was die aktuell angelaufene Völkerwanderung aus Asien und Afrika, sowie aus dem nahen Osten in die EU-Länder, verändern wird.

Bereits vor dieser anlaufenden Völkerwanderung gab es in Griechenland die meisten Arbeitslosen, wovon höchstwahrscheinlich eine Menge Leute überhaupt nicht zu arbeiten brauchen, weil die allgemeine Korruption im Lande ihnen diesen Luxus bietet. Auffallend und erstaunlich ist doch das Gefälle der Arbeitslosenquoten in den südlichen Ländern, höher ist als in den nördlichen Ländern. Nur Irland liegt mit nahezu 30 Prozent Arbeitslosen, etwas näher dem Geschehen in den wärmeren, südlichen Ländern.

P.: „Das ist richtig und die Mechanismen, die dieser Situation zugrunde liegen, sind nicht einwandfrei zu erklären.

H.: „Du hast soeben erläutert, dass das Wissen um die Evolution umfangreich sei. Ich glaube es gibt aber noch ein anderes viel öfter auftretendes Gesprächsthema. Es geht um das ökologische Gleichgewicht. Was ich da nicht schon alles gelesen habe. Der Stoff wird so verwirrend, sogar von Wissenschaftlern behandelt. Aus fehlendem Wissen, wie du mir bereits öfters gesagt hast, muss man glauben. Das augenblicklich gravierende Thema ist der Klimawandel, der meines Erachtens alle bisherigen Überlegungen erheblich erschweren wird. Was denkst du darüber.“

P.: „Es ist interessant, dass du auf dieses Thema zu sprechen kommst. Das ist durch meine Erfahrung im Bereich des Umweltschutzes zum Steckenpferd geworden. Ich habe mir eine, aufgrund meiner Packung spezifischen Wissens, eine eigene Meinung gebildet. Doch es wäre etwas zu weit gegriffen, hier das Thema zu entfalten. Vielleicht werden wir ein anderes Mal etwas mehr Zeit haben, dann werde ich dir einen Teil meiner Meinungen vortragen. Ich bin jetzt schon gespannt, daraufhin deine Einstellung zu erfahren.“

H. schaut auf seine Uhr und da er vorwitzig zu sein scheint, meint er. „Wir haben noch etliche Zeit bis zum Büroschluss. Herr Grotz ist anderweitig beschäftigt, es kommen keine Kunden und wir müssen die Langeweile auf jeden Fall mit erfundenen Beschäftigungen verbringen. Kreuzworträtsel machen oder Sudoku lösen ist gegenüber dem Gesprächsstoff den du zu bieten hast, wahrhaftig Vernachlässigens wert geworden.

P.: „Glaubst du wirklich, dass ich dir jetzt eine Kanonade von eigenen Eindrücken, Meinungen, Feststellungen und Schlussfolgerungen vortragen kann. Ich warne dich. Das Thema ist so vielseitig, dass keine Langweil aufkommt. Du musst mich unbedingt unterbrechen, und nachhaken, wenn ich über Dinge rede, die dir absolut fremd, oder unbekannt vorkommen.“

H.: „Spanne mich nicht so auf die Folter. Es ist mir ein Genuss dir zuzuhören, zumal wenn ich nicht ständig mit dir in ein Dialog zu verfallen brauche.

P.: „Ich muss dir jedoch zuvor eine kurze Einführung vortragen, was unter ökologischem Gleichgewicht ganz allgemein verstanden wird.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Ökologisches Gleichgewicht.

 

Definition, übernommen aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie.

Im ökologischen oder biozönotischen Gleichgewicht bleibt über einen längeren Zeitraum hinweg die Anzahl der Individuen, der Arten und der Ökologischen in einem Ökosystem praktisch unverändert oder sie schwankt um einen Mittelwert. Aufgrund dieser Schwankungen hat sich auch der Begriff des dynamischen Gleichgewichts etabliert.

 

Das Gleichgewicht stellt sich dann ein, wenn folgende Bedingungen erfüllt sind:

 

1.      Konstanz der Individuen Zahlen bedingt durch Gleichheit von Geburten- und Sterberate.

2.      Konstanz der Artenzahlen bedingt durch Konstanz der Individuen Zahlen und der ökologischen Nischen.

3.      Konstanz der ökologischen Nischen bedingt durch konstante Umweltbedingungen.

 

Damit ein Ökosystem im Gleichgewicht ist, muss auch der Stoffkreislauf ausgeglichen sein.

 

In autarken Ökosystemen mit geschlossenem Stoffkreislauf ist auch eine Konstanz des Nährstoffumsatzes, bedingt durch Gleichheit von Auf- und Abbau organischen Materials festzustellen.

 

Schwankungen der Umweltbedingungen können bis zu einer gewissen Grenze ausgeglichen werden (Beispiel Selbstreinigung der Gewässer). Ist die Störung des Gleichgewichtes so groß, dass sie nicht mehr rückgängig gemacht werden kann, geht das Ökosystem in einen anderen Zustand über. (Siehe Sukzession)“

 

„Ich habe meine Ansicht über das viel ge- und missbrauchte „Biologisches Gleichgewicht“ noch keinesfalls geändert und möchte mich noch einmal etwas näher mit dieser, vom Menschen konstruierte und eifrig benutzte Denkkrücke auseinander setzen. Es handelt sich, aus menschlicher Sicht gesehen, um den ökologischen Zustand in der Natur, zu einem ganz bestimmten Zeitpunkt, während einer längeren Beobachtungsdauer.

 

Eine ähnliche Betrachtung, wie diese, findet man in meiner Dankesrede verfasst, als man mir für meine Naturschutzarbeiten den „Goldenen Regulus“ überreichte.

 

Obige Definition geht von einem Istzustand aus, der sich über einen längeren Zeitraum eingestellt zu haben scheint und eigentlich nur subjektiv beurteilt werden kann. Es gibt aber auch Autoren, die von einem Sollzustand ausgehen. Sollzustand ist dann möglicherweise gleichbedeutend mit idealem Zustand, aus der Sicht des Beobachters. Das würde in der Gedankenfolge bedeuten, dass der Mensch regulierend eingreifen kann, wenn er will und soll, sobald er seine ureigenen Interessen zu verteidigen gedenkt, oder angeblich die Interessen der Lebewesen in seiner, ihn umgebenden Natur. Das dynamische Gleichgewicht kommt meiner Vorstellung bereits etwas näher.

 

 Ich wehre mich gegen die Ansicht, dass rein statische Zustände in der Natur, über eine längere Zeitdauer, zutreffen können, ohne dass solche Zustände künstlich geschaffen werden, die einer evolutionären Entwicklung im Wege stehen. Mein Versuch objektiv alle mir bekannten und den aktuellen Zustand beeinflussende Kriterien zu beachten, bringt mich zur Annahme, dass ein augenscheinliches Gleichgewicht nur eine Momentaufnahme ist, sich aber keinesfalls unverändert über einen längeren Zeitraum erstreckt.

 

Ein bildlicher Ablauf könnte die Definition veranschaulichen. Nehmen wir einen fahrenden Zug. Geben wir diesem Zug den Namen Ökologie. Hält dieser Zug in einem Bahnhof, wo sich alsdann etwas an der Besetzung des Zuges verändert, dann bleibt dieser Zug, trotz möglichen inneren Umbesetzungen nahezu unverändert, bis zum nächsten Bahnhof. Je weiter die beiden Bahnhöfe auseinanderliegen, je veränderlicher werden die Zustände im Zuginnern. Die Strecke von einem Bahnhof zum andern könnte man mit dem biologischen Gleichgewicht vergleichen. Rein äußerlich stellt man höchstens minimale Veränderungen am Zug fest. Ob aber im Innern dieses Zuges ein solches Gleichgewicht tatsächlich unverändert vorherrscht, kann niemand beweisen und ist auch höchst fragwürdig. Es könnte zum Beispiel sein, dass der Schaffner jenen Fahrgästen, die am nächsten Bahnhof aussteigen wollen, anratet sich in die vorderen Wagen zu begeben, um keine Schwierigkeiten auf dem veränderten Bahnsteig zu erleben.

 

Die Abläufe auf unserem Planeten spielen sich allerdings in anderen Zeiträumen und in einer anderen Dimension ab. Man könnte unsere Erde aber trotzdem mit dem fahrenden Zug vergleichen. Einzelne Zustände zu betrachten, wäre abwegig denn man braucht nur seine Augen zu öffnen, seine Ohren zu putzen mit den Fingern sich selbst zu betasten, um feststellen zu können, dass der griechische Philosoph Heraklit bereits 500 Jahre vor Christus erkannt hatte, alles um uns herum sei im permanenten Fluss. Von der Quelle ausgehend, über die Regen spendende Wolke, die erneut Wasser über dem Quellgebiet ausschüttet.

 

In den letzten hundert Jahren haben wir, nicht allein in Europa, laufend eine Zunahme von neuen Einbürgerungen und Zuwanderungen, aus Flora und Fauna zu verzeichnen. Für manche Neuimporte ist zunehmend auch der Mensch, nicht immer wissentlich, meist aber verantwortlich geworden. Er hat sich als vielseitiger Weltenbummler entwickelt, der die Erde kreuz und quer durchwandert. Er hat den Vogelwanderungen die Vorherrschaft auf diesem Gebiet abgerungen. Er reist zwar nur in kleineren Scharen, doch seine Ziele liegen oft weit entfernt, auf den Antipoden. Wenn es die (Zug) Vögel, sowie auch die Fische, bisher hauptsächlich waren, die in ihrem Gefieder oder an ihren Schuppen Samen, Insekten und Parasiten von einem Habitat zum andern transportierten, dann erkennen wir heute insgesamt vier Hauptfaktoren, die unkontrollierbar im großen Farbtopf der ökologischen Vielfalt mitmischen.

 

Der Wind, das Wasser, die Tier- und Menschenwelt beeinflussen das Leben auf dieser Erde. Dabei wird meist mit der negativ klingenden Bezeichnung „eingeschleppt“ argumentiert. Das Klima überhaupt, das ja als aussergewöhnlich schrullig bekannt ist, beeinflusst wahrscheinlich nur im kleinen Maßstab das Leben auf unserm Planeten.

 

Unsere allgemeine Wellness ist nämlich noch von anderen recht mysteriösen Phänomenen bedroht. Es sind die für unsere Augen unsichtbaren Kobolde am Himmel, wie die Megablitze bezeichnet werden. Man hat überhaupt keine Ahnung in wieweit diese für das Klima auf unserm Planeten verantwortlich sind. Auf jeden Fall ist man stark daran interessiert alles über sie zu erfahren. Diese brechen nicht nur nach unter aus, sie reichen sogar bis 100 km hinauf in die Stratosphäre. Die Astronauten, die 2013 bei ihrer Rückkehr zur Erde im Columbia Space Shuttle ums Leben gekommen sind, hatten im Spacelabor die Mission, aus dem Weltall herab diese Megabiltze zu filmen und zu studieren. Die Wissenschaftler kennen die Phänomene unter dem Namen Angel Sprites. So nannte Shakespeare die Kobolde in seinem Werk. Es gibt „Rote Sprites“, „Blaue Jets“ und „Elves“. Phänomene, die sich über unsern Köpfen abspielen und um welchen es einige Geheimniskrämerei zu verzeichnen gibt. So darf ein diesbezüglicher Bericht bei Alpha TV, nur in Deutschland auf Video gezeigt werden. Man hat die wissenschaftlichen Aufzeichnungen in den Trümmern des Columbia Space Shuttles gefunden. Bisher ist von den Auswertungen dieser wissenschaftlichen Arbeit sehr wenig veröffentlicht worden. Ich persönlich gehe davon aus dass diese ungeheuren Entladungen, im Bereich der Biosphäre, die unseren Planeten umhüllt, einen gewaltigen Einfluss auf das Leben auf unserm Planeten haben. Die uns bekannten Blitze sind im Vergleich zu diesen Megablitzen ein wahre Kinderspiele. Es ist jedoch ruhig geworden um das Foto, welche ein Amateurfotograf geschossen hat, bei der Rückkehr des Spaceshuttles, worauf man etwas sehen konnte, das zeitweilig interpretiert worden ist, als ob einer dieser Kobolde das Shuttle zur Strecke gebracht habe.

 

Ich muss mich zusammenreißen um nicht immer wieder meine ausbrechenden Gedanken zu zügeln. Ich bitte um Verständnis.

 

Die schleichende Zuwanderung auf vier Pfoten, neben jener sich anbahnenden und wieder zunehmenden Zuwanderung auf 2 Füssen, ist eine durchaus natürliche Sache, die man meines Erachtens unbedingt beachten und studieren soll. Dabei geht es in der Tierwelt ganz gewiss hauptsächlich gezielt um die Eroberung neuer Lebensräume. Die heutigen Völkerwanderungen, aus Vorderasien, Asien und Afrika, haben das gleiche Ziel. In der Pflanzenwelt sollte man bei der Überlegung bleiben, dass die Ausbreitung auf den ersten Blick, eher rein zufällig, den gebotenen Möglichkeiten der Verbreitung entspricht. Immerhin aber kann man bei der ergiebigen Samenbildung feststellen, dass auch hier der Trieb zur Vermehrung stark entwickelt ist. Ein Baum kann sich ja nicht von der Stelle bewegen, deshalb muss er andere Möglichkeiten aufweisen, um sich vermehren zu können. Dadurch wird allerdings das zufällige Finden eines geeigneten Biotops, durch Erhöhung der Erfolgschancen über erhöhte Samenbildung, optimiert.

 

Der Jungbär Bruno, vor kurzem in Oberbayern eingewandert, wurde am 26. Juni 2006 um 04.50 ermordet, nach Beschluss der bayrischen CSU und den amtierenden CSU Ministern, Umweltminister Schnappauf und Innenminister Beckstein. Da hatte sich ein Jungbär erlaubt, die vom Menschen konstruierte Gleichgewichtstheorie durcheinanderzubringen. Die ungefährdete Schäferstunde, sowie die mollige Schafsidylle auf saftiger Alm, waren in Gefahr. Man hätte ihn betäuben und ihn in seine Heimat zurückbringen können. Dorthin zurück, wo die Bären extra im Rahmen eines öffentlichen Projektes angesiedelt wurden. Ein Aufschrei des Protestes ging um die Welt. Zu spät. 2 verschiedene Regulator-Methoden zeigten schnell, wo die Grenzen einer solch kontroversen Denkweise liegen. Ob man eine Lehre daraus gezogen hat?

 

Auf der anderen Seite gibt es Frizzi, den in Luxemburg aufgepäppelten Fuchswaisen, der durch seine zahme Art in einem Privathaus gehalten wird. Ihm ist das Glück beschieden, unter gefühlvollen Händen zu überleben. Es gibt aber auch jene, die den Sympathieträger des Volkes, Frizzi am liebsten umbringen würden. Der Neid mancher Leute auf die zur Schau getragene Tierliebe anderer Menschen, zeigt wie man dazu neigen kann alles zu verdammen, zu welchem man sich selber nicht fähig fühlt. Trotzdem bezeichnen sich solche Leute gerne als Tierfreunde, die sich öffentlich für ein Tierasyl einsetzen und bei der Tierpflege behilflich sein wollen. Ich glaube, dass mancher Mensch sich extrem wichtig vorkommt, wenn er sich gegen etwa stellen kann, denn positives Denken scheint nur eine Wesensart der Schwächlinge zu sein. Überheblichkeit aber die Treibfeder der Unfehlbaren.

 

Importe von Exoten, das heißt bisher nicht im beobachteten Gebiet vorkommender Arten, können gewollt oder ungewollt in unserer Kulturlandschaft auftreten, entweder durch gezieltes Aussetzen oder durch viele Möglichkeiten, einer fehlerhaften menschlichen Haltung. Einer der sicher gewaltigsten Schübe von Pflanzen und Tiere aus dem Süden und Osten nach Mittel- und Westeuropa ereignete sich in der Zeit, wo die Römer bis nach Schottland vorgedrungen sind und die Ostgoten, Wikinger, sogar Mongolen zeitweise einwanderten. Sie brachten die bereits bei ihnen bekannten Nutzpflanzen und Nutztiere mit. So gelangten diese in die sogenannte Freiheit der Selbstentfaltung. Oder es geschah wie bei den Ratten auf Schiffen, die als blinde Passagiere, ebenfalls neue Nischen erobern (siehe Galapagos). Dabei geschah das Auftreten in den betroffenen Gebieten zumeist unbeabsichtigt, trotzdem aber ausgelöst durch den Menschen. Geschieht alsdann dieser Ausbruch aus der Gefangenschaft bei Tieren paarweise, dann ist es absehbar, dass die Tiere sich auch schnell in der freien Natur vermehren. Insofern werden geeignete Nischen vorgefunden, wenn nicht zu schnell Fressfeinde auftreten, oder Leute mit krummem Finger am Abzug.

 

Um meine These noch solider zu untermauern, möchte ich einen kurzen Rückblick wagen in die Entwicklungsgeschichte unserer Erde, die vor geschätzten 13 Milliarden Jahren einsetze. Noch sind nicht alle Insektenarten, die meisten, so nimmt man an, biologisch erfasst. Noch sind nicht alle vegetarischen Arten, die meisten, so nimmt man ebenfalls an, ebenfalls namentlich nicht alle erfasst. Wir können also keinesfalls den aktuellen Stand unseres Wissens als vollkommen erforscht ansehen, wenn wir nicht bis in die letzten Winkel und Tiefen unseres Planeten vorgedrungen sind, um eine komplette Bestandsaufnahme zu erstellen. Ob noch immer neue Arten bei Flora und Fauna entstehen, kann auch noch nicht beurteilt werden. Träfe dies zu, dann würde das bedeuten, die Schöpfung sei keinesfalls abgeschlossen. Sie dürfte dann noch viele Varianten des Lebens hervorbringen. Die genetische Forschung wird allerdings das Leben auf dieser Erde gewaltig verändern. Einst war es das Resultat von langwierigen Kreuzungen, das unsere Nahrungsmittel ständig abwechslungs- und genussreicher machte. Die heutigen genetischen Eingriffe in die Natur der Pflanzen und der Tiere werden komischerweise aber als Manipulationen abgefertigt, obschon sie nichts anderes sind, als weitaus schneller zu dem gesuchten Resultat führende Kreuzungen. Ich kenne niemanden der verlangt, dass unsere Kartoffeln, in ihren verschiedenen spezialisierten Sorten, unbedingt in ihr Ursprungsland zurück müssten, weil sie angeblich hier die Flora verfälschen. Es sollte die Aufgabe der Reporter sein, herauszufinden welche Lobby immer hinter solchen Abweisungen agiert, denn diese Opposition hat System.

 

Das Leben auf unserm Planeten hat sich seit Urbeginn ständig, manchmal sogar dramatisch verändert. Wir wissen manches über die Eiszeiten, die sich bis heute auf unserm Globus ereignet haben. Diese traten sicherlich auf, weil unsere Erde keinesfalls kugelrund ist und somit sich nicht gleichmäßig um die eigene Achse dreht. Wer je einem Fußball zugeschaut hat, der nicht voll aufgeblasen war, der versteht auch warum die Erde, die als „wie eine Kartoffel aussehend“ beschrieben wird, sich auch nicht gleichmäßig um ihre Äquatorlinie dreht. Sie flattert also.

 

Die Jahreszeiten verraten uns, dass es alljährliche, zyklische Schwankungen gibt, die vom Menschen unbeeinflussbar sind oder doch? Dieser Winter 2007/2008 war laut den offiziellen deutschen meteorologischen Statistiken der 6 wärmste seit 1902. Gibt diese Feststellung Anlass zur Behauptung, wir erlebten eine Klimakatastrophe? Solche Schwankungen sind absolut nichts Außergewöhnliches. Könnten jedoch zum Beispiel die Milliarden Tonnen Eisenerz die von der südlichen Hemisphäre in die verarbeitende Industrie der nördlichen Hemisphäre transportiert werden, den Drehpunkt der Erdachse verlagern? Können die sich langsam stauenden Wassermassen des Jangtse-Staudamms in China ebenfalls den Drehpunkt der Erdachse vielleicht nur subtil, aber immerhin verändern. Können gewaltige Einstürze und Verschiebungen im Innern unserer Erde (bei Erdbeben erkennbar), oder Vulkanausbrüche den Drehpunkt verlagern? Ganz sicher können wir nicht festlegen, wie zukünftig die Kontinentalverschiebungen stattfinden. Die festgefrorenen Eismassen der Eiszeit haben sicherlich ungeheuren Einfluss auf die schwankenden Bewegungen der Erde genommen.

 

Die Frage stellt sich nun, ob der Endpunkt der möglichen Schwankungen erreicht ist und somit auch die Eiszeit in sich zusammenschmilzt. Früher war der Südpol viel wärmer als heute!! Oder ob das Eis durch die Verlagerung des Drehmomentes und den sinkenden Druck auf die Kontinentalplatte ein immer schneller werdendes Schmelzen einleitete und dadurch zum Rückzug gezwungen wird. Die Erkenntnis allein, dass verschiedene Eiszeiten bereits stattgefunden haben, lässt eine oder beide Theorien zu. Sicher sind wir, dass bereits die Entfernung zur Sonne und zu den anderen Planeten, die mit der Erde um die Sonne kreisen, ebenfalls erhebliche Schwankungen, in der Erdumlaufbahn bewirken. Außerdem weiß man heute genau, dass wir noch immer nicht ganz aus der letzten Eiszeit heraus sind. Dabei wird errechnet, dass ohne andere Einflüsse die Klimaerwärmung ohnehin noch um mindestens 6 Grad zunehmen wird. Ganz sicher wissen wir auch noch nicht welchen Einfluss die zwar träge, aber noch immer stattfindende Plattentektonik auf den Drehmoment unserer Erde, nehmen wird. Irgendwann können kritische Punkte überschritten werden, wodurch die Einflussnahme auf unser Klima zunimmt. Ebbe und Flut wirken bei all diesen schwankenden Kräften beständig, doch abwechselnd in ihren Auswirkungen, besonders auf die Bewegungen der Plattentektonik ein. Wenn durch verminderten Eis Druck beim Abschmelzen der Polarkappen, die Erdkruste sich heben wird, was wissenschaftlich bestätigt ist, dann werden Ebbe und Flut dementsprechend sich anpassen.

 

Eins haben wir bereits gelernt. Der Nordpol, überhaupt die meisten Kontinente, befanden sich nicht immer dort, wo wir sie heute situieren. Ob das durch gleitende Wanderungen der Kontinente oder durch das plötzliche Kippen der Drehachse geschehen ist, wissen wir noch nicht. Es scheint zu stimmen, dass sich der Nordpol bereits einmal da befand, wo wir heute den Äquator sehen. Der Magnetpol ist ebenfalls Materialwanderungen im Erdinneren ausgesetzt, was die Wissenschaft aber gut verfolgen und sogar vorausberechnen kann. Ob die das Wetter regulierenden Strömungen im Meer (Golfstrom – Labradorstrom) sich verändern können, wird nicht bezweifelt, denn es scheint möglich zu sein, dass das schmelzende Eis, das ja aus purem Süßwasser besteht, die Zusammensetzung des salzhaltigen Meerwassers in solch einem Ausmaß beeinflussen kann, dass diese gewaltigen Meeresströmungen in Schwung bleiben. Die Möglichkeit, dass diese Meeresströmungen dereinst zum Stillstand kommen könnten, ist jedenfalls gegeben.

 

Von außerhalb der Erde kommend und ein nicht zu vernachlässigender Faktor, bleibt der ständig wehende Sonnenwind. Aber auch von anderen Systemen erreichen uns Leichenteile. Zum Beispiel von Supernovae. Zuerst sind es nur jene Teilchen, die direkt von unserem Planeten aufgefangen werden. Welche Schubkraft entwickelt eigentlich dieser sich stets verändernde Sonnenwind, deren vereinzelte Partikel mit solcher Wucht auf die Erde prallen, um dabei den Erdball glatt zu durchdringen? Ob der dabei im Raum sich verteilende  kosmischer  Staub, sobald er an Schub verloren hat, doch irgendwie in veränderter Form den Weg zur Erde findet, ist bereits feststellbar geworden. Rein kosmischer Staub, der nicht seinen Ursprung auf der Sonne hat, ist durch die Meteoriten und Meteoren Einschläge bekannt. Laut den letzten Erkenntnissen entlädt ein Blitz sich nur, wenn er sich auf ein in der Atmosphäre befindliches Partikel stürzen kann. Kurz erläutert, wenn es keine, irgendwie mit Energie geladene Staubpartikel in der Erdatmosphäre geben würde, könnten Blitze überhaupt nicht zünden. Von wo kam übrigens all das Material, das sichtbar bei Troja und anderen antiken Städten, um 7 Mal übereinander aufgebaut zu werden? Eine ständige Gewichtszunahme der Erde ist damit evident.

 

Die Sonnenaktivität wird intensiv studiert. Man stellt fest, dass sie ungewöhnlichen und damit unberechenbaren Schwankungen unterworfen ist, von denen aber auch einige zyklisch auftreten. Sie sind, zum Teil wenigstens, berechenbar geworden. Da aber diese Aktivität der Sonne chaotisch, das heißt unregelmäßig abläuft, muss man damit rechnen, dass von dort aus außergewöhnliche, wenn nicht sogar fatale Einwirkungen möglich sind, die sich auf das Leben auf unserm Planeten auswirken können. Die noch viel zu oberflächlichen Erkenntnisse über die Sonnenaktivität tragen in der aktuellen Diskussion über die Klimaerwärmung nur wenig bei, oder werden absichtlich nicht in Betracht gezogen.

 

Noch kennen wir die in Äonen ablaufenden, durchaus möglichen, zusammenwirkenden Schwankungen im gesamten Kosmos nicht, die den Lauf unseres Planeten beeinflussen. Eine Beziehung dieser Einflüsse auf das Leben auf der Erde kann gedacht, aber noch nicht überschaut oder sogar gemessen werden. Die Schlussfolgerung liegt bereits nach diesen Betrachtungen nahe, dass es das biologische Gleichgewicht nicht geben kann. Übrigens scheint mir die Erkenntnis Recht zu geben, dass niemals ein Big Bang stattgefunden haben kann. Wenn eine Supernova explodiert, um dann in sich zu einem schwarzen Loch zusammen zu fallen und alsdann wiederum zu neuem Leben zu erwachen, dann scheint das mir ein Zeichen zu sein, dass unendliches, veränderliches Pulsieren vorherrscht.

 

Wenn wir alsdann eintauchen in den Mikrokosmos, dann sind wir nochmals unbeeinflussbaren, jedenfalls nicht auf Wunsch, veränderbaren Kräften ausgesetzt, die potenziell überhaupt noch nicht erkannt sind. Viren, Superviren, Prionen, Bakterien, Bazillen um nur einige Bezeichnungen zu nennen, sind Elemente in unserer Umwelt, die sich ständig verändern und deshalb auch ständige Aufmerksamkeit verlangen, weil der Mensch sich gegen die von ihnen ausgehenden Gefahren schützen will.

 

Da sieht der Mensch sich bereits als möglichen Regulator im Mittelpunkt des Geschehens. Doch erfolgreich regulierende Möglichkeiten schrumpfen, wenn man die anfällige Tier- und Pflanzenwelt beleuchtet. Vogelgrippe, Rinderpest, Blauzungenkrankheit, Schweinepest, Malaria, Typhus, Ebola, Pest und Cholera, sowie viele andere Krankheiten können eingedämmt werden. Sie lassen sich aber nicht endgültig beherrschen, denn auch sie sind einer ständig fortschreitenden Entwicklung ausgesetzt. Auch deren Evolutionsmöglichkeiten sind unbegrenzt. Manche meinen sogar, dass diese Mikroben aus dem Weltall zu uns kommen. Dieser Vorgang bezeichnet man als Panspermie. Befruchtung aus dem Weltall! Wie man dabei noch von Gleichgewicht reden könnte, ist mir unverständlich.

 

Diese ständig in allmögliche Richtungen sich verändernde Evolution hatte vor Millionen Jahren einen Höhepunkt erreicht, der an einem Punkt für die meisten Menschen verständlich, begreifbar geworden ist. Das Verschwinden der Dinosaurier, die bereits Millionen von Jahren die Erde bevölkert hatten, wurde nicht von Jägern, nicht von Autos und Industrie produzierten Schadstoffen ausgelöst. Trotzdem fand diese heute vielleicht allzu verständliche Veränderung statt, wenn man der Theorie eines Meteoriten Einschlages im Golf von Mexiko glaubt, oder der Theorie einer durch gigantische Plattentektonik weltweit ausgelösten und flächendeckenden Vulkanausbrüchen, gefolgt von gewaltigen Tsunamis. Wie viele und welche, weitaus subtilere Umweltkatastrophen in der Evolutionsfrühzeit, bis zum Erscheinen des Menschen noch stattgefunden haben, braucht durch die Kenntnis des einen großen und auch möglichen Ereignisses nicht weiter erläutert zu werden. Sie sind verständlich geworden.

 

Ich glaube jetzt bereits eine Voraussetzung geschaffen zu haben, um meine Vorstellung näher beleuchten zu können. Anhand meiner Argumente, bin ich vollends überzeugt, dass wirklich alles in Fluss ist.

 

Seit allen eiszeitlichen Veränderungen, die unsere Erde bisher zu bewältigen hatte, weiß die Wissenschaft, wie besonders nach der letzten Eiszeit, die vor etwa 10.000 Jahren ihren Höhepunkt hatte, die Vegetationsgrenze, sich beständig wieder zurück nach Norden verlagerte. Unter dem ewigen Eis der Polarkappen schlummern gewichtige Zeugen von unvorstellbaren Veränderungsmöglichkeiten auf unserer Erde. Dort hat es, vielleicht nicht nur einmal schon, kein Eis gegeben. Siehe Pflanzenüberreste in den Kohlenlagern auf Spitzbergen. Die jetzt systematisch anlaufenden Erkundungen des Meeresbodens, in großen Tiefen, werden neue Erkenntnisse liefern.

 

Die zum Diskussions-Dauerbrenner gewordene angebliche Klimakatastrophe ist damit eigentlich nur die Auslaufzeit, das Ende einer vor kurzem stattgefundenen Klima-Veränderung. Ein aktueller Stand also der laufenden ökologischen Veränderung unseres Lebensraumes, den man keinesfalls unter „Biologisches Gleichgewicht“ einreihen kann. Damit diese Eiszeit zu Ende gehen kann, deren Entstehungsursache man eigentlich noch immer nicht richtig verstanden hat, muss sich die Erde erwärmen. Nur dadurch kann das Eis abschmelzen. Ob nun die Sonnentätigkeit sich zyklisch verändert hat und somit das Ende der Eiszeit einläutete, ist nicht sicher. Sicher aber ist die Feststellung, dass sich das Klima seit 10.000 Jahren zwar schwankend jedoch ständig erwärmt hat. Die Eisberge die einst über Mitteleuropa bis hinein in die Schweiz vorherrschten, haben sich zurückgezogen, sind abgeschmolzen, schmelzen immer noch ab und dieser geophysikalische Vorgang hat sich im Laufe der Erdgeschichte, bisher mehrere Mal wiederholt. Sind wir zu diesem Zeitpunkt schon an der Wende, hinein in eine neue Eiszeit? Das wage ich nicht zu beurteilen, denn es gibt Forscher, die das Gegenteil behaupten. Es scheint zu stimmen dass durch das Verschwinden der ehemaligen Eisbarriere bei Gibraltar, das bis dahin trocken gelegene Mittelmeerbecken sich plötzlich verfüllen konnte. Dieses Ereignis scheint sogar auf den gefundenen Tontafeln in Mesopotamien belegt zu sein, durch die Detailangaben über die Sintflut.

 

Es ist uns auch bewusst, dass erst nach der letzten Eiszeit die Menschheit in den etwa letzten 150 000 Jahren seit ihrem Erscheinen auf dem Planeten, bis nahe an 7 Milliarden Einheiten heranwachsen konnte. Große voreiszeitliche Gräberfunde sind mir nicht bekannt. Das allein wäre aber sicher noch kein Grund zur Beunruhigung, auch wenn wir die bereits weitaus höhere Zahl an Tieren mit einbeziehen. Die Methangasausscheidungen, allein dieser Tier- und Menschenwelt, sind sicher beachtlich, aber wahrscheinlich noch nicht vergleichbar mit den normalen Gasaustritten aus dem Erdinneren. Die sprudelnden Methangaslager, zuerst beobachtet an den Küstenschelfs aller Kontinente und jetzt auch in den Tiefen des Meeres, sind enorm. Sie befinden sich in einem vereisten Zustand und unter Druck eingefangen, doch könnten diese durch Hangrutsche an den Steilküsten oder Erdbeben und Vulkanausbrüche, sogar von Tsunamis freigesetzt werden. Das Blubbern auf dem Meeresgrund wird jetzt erst erforscht. Es rührt vom ständigen Gasaustritt her. Im Wasser lösen sie Gasblasen aus und werden sichtbar. Über Land aber kann man sie höchstens riechen oder mit einem geeigneten Gas-Detektor feststellen. Ob diese Gase aus dem Erdinneren stammen oder knapp unter dem Meeresgrund schlummern, um sich gelegentlich aufzulösen, wird jetzt erforscht. Methangasbrocken stellen eine bisher unterschätzte Gefahr dar. Großflächiges Austreten von Methangasen im Meer hat es, wie heute erst verstanden, bereits gegeben, als die rätselhaften Ereignisse sich im Bermudadreieck abspielten.

 

Diese vom Meeresboden aufsteigenden Methangase haben die Fähigkeit, die Tragkraft des Wassers und der Luft aufzuheben, was den Absturz von Flugzeugen und das Sinken von Schiffen zur Folge hat. Die Bermudakatastrophe ist heute geklärt, doch wie viele Methangasausbrüche haben sich weltweit noch ereignet, die nicht als solche registriert wurden. Ähnliche Ereignisse, nämlich plötzliches Verschwinden von Schiffen oder Flugzeugen sind bisher nicht als Folgen von Methanausbrüchen bekannt. Radon Gas tritt überall aus dem Erdinneren aus und in größeren Mengen dort, wo die Plattentektonik sich durch heiße Quellen bemerkbar macht, wie zum Beispiel in den Bädern des Schwarzwaldes und im Wallis in der Schweiz. Früher warb man mit diesem radioaktiven Radon Gas, das sich vorteilhaft auf die Gesundheit auswirken soll. Heute ist man vorsichtiger geworden und erwähnt in keinem Werbeprospekt mehr, dass radioaktives Gas, mit dem heißen Wasser in den Bädern austritt.

 

Zu all diesen, sagen wir mal natürlichen Abgasen, auf unserm Planeten, haben sich alsdann die vom Menschen produzierten Ausscheidungsgase hinzugesellt. Abgase von Autos, Motoren, Flugzeugen, Kühl- und anderen Industrieanlagen. Da hat ein Japaner ausgerechnet, dass der Mensch, der vor dem Mittagsspaziergang noch ein saftiges Steak verzehrt hat, mit diesem Bedürfnis eine ganze Kette von CO2 Produktionen ausgelöst hat. Insgesamt gesehen würden diese in der Bilanz alle Versäumnisse übertreffen, hervorgerufen durch das Zusammenspiel des zur gleichen Zeit stattfindenden, des zu Hause nicht ausgeschalteten PC, des Fernsehers und sämtlicher Lichter. Dabei auch noch alle Fenster weit offen stehen lassen. Diesen Abgasen schreibt man jetzt den sogenannten Treibgaseffekt zu. Sie machen aber in der Gesamtbilanz eine so verschwindend kleine Menge aus, die man leicht versteht, wenn man jenem Wissenschaftler Glauben schenkt, der die Behauptung aufgestellt hat, dass allein sämtliche Ameisen der Welt durch ihre Ausscheidungen mehr Abgase produzieren, als alle vom Menschen gebaute Maschinen zusammen.

 

Jetzt kennen wir nahezu alle wichtigsten Faktoren, die sich auf die Ausbreitung von pflanzlichen und tierischen Lebewesen auswirken. Nur haben wir die Komplexität der lebensnotwendigen Nischen nicht vollständig verstanden. Vor kurzem hat man festgestellt, dass sich Hochgebirgspflanzen immer höher hinauf ins Gebirge ausbreiten. Andere verbrennen durch angeblich intensiveres UV-Licht, das von der Sonne kommt. Da oben findet jedenfalls eine Selektion statt. Das gehört zur Evolution. Man spricht von etwa 400 Meter Höhenunterschied zwischen dem ehemaligen durchschnittlichen Vorkommen und der neu eroberten Höhe im Gebirge. Dass dies eine Folge der klimatischen Erwärmung sein kann, bleibt noch umstritten. Man kann sich aber gut vorstellen, dass längere Beobachtungen, die man vor Hunderten von Jahren hätte tun können, diese Pflanzen vorher noch in geringerer Höhe wachsen mussten, bevor die Bergspitzen eisfrei wurden und neue Wachstumsmöglichkeiten boten. Es fällt daher aber niemandem ein, jetzt hochalpin tätig zu werden und die Zuwanderer in höheren Regionen als schädliche Invasoren zu behandeln.

 

Man weiß, dass die nördliche Grenze vieler aus dem Süden eingewanderter Bäume nicht mehr dieselbe ist, wie vor 100 Jahren. Fichten und Tannen wandern ebenfalls immer mehr nach Norden. Auch Kastanienwälder haben besonders über das Tessin, die Alpen längst überquert, haben sich den milderen Wintern angepasst und werden in vielen Teilen des mittleren Europas ansässig. Ich will hier nur noch eine der bekanntesten Erscheinungen erwähnen. Die moderne Gärtnerei hat die uns umgebende Pflanzenvielfalt und damit überhaupt die Biodiversität, besonders in den bewohnten Gebieten, beachtlich erhöht. Private Gartenanlagen tragen unermesslich dazu bei, dass viele kleine Biotope wie Stützpunkte sich auswirken, zwischen den größeren natürlichen Arealen, wie Wäldern, Heckenlandschaften, Feldern und Wasserflächen. Unsere Gärten, Park- und Grünanlagen sind zu künstlichen aber auch vielseitigen Nischen, für viele bedrohte Tiere und Pflanzen geworden.

 

Genau wie die Klimazonen, von Süd nach Nord gesehen, immer mehr nach Norden verlagert werden, so geschieht dies jetzt auch in den sich verändernden klimatischen Zonen, die vom Meeresklima über das Festlandklima bis weit hineinreichen, in das sich ostwärts ausdehnende Eroberungsgebiet Europas. Die Wanderungen sind also beständig im Fluss. Zugvögel fliegen manchmal nicht mehr so weit nach Süden und passen sich den klimatischen Bedingungen in milderen nördlichen Gegenden an. So gibt es bereits übers Jahr Flamingos in Norddeutschland. Die Mönchsgrasmücke überwintert jetzt im Süden von England. Auch die Verhaltensweisen von ehedem als wild bezeichneten Tieren evoluieren in so erstaunlichem Masse, dass die Bestandsaufnahmen fast nicht mehr kontrollierbar, nicht mehr überschaubar geworden sind. Wildschweine, Waschbären, Rehe, Dachse und Füchse in den Städten, Wölfe und Marder dringen ebenfalls in Wohngebiete ein. Damwild vermehrt sich dort, wo die Jagd verboten ist, in der Nähe von Siedlungen. Diese Tiere haben festgestellt, dass in den Wohngebieten eine außergewöhnliche Schonung stattfindet. Ich habe in englischen Gärten erlebt, dass Hochwild, wie Rehe und Hirsche in Privatgärten eindringen, um dort speziell Rosen zu äsen.

 

Ist es nicht beachtenswert, wenn festgestellt wird, wie viele Nachtigall Paare zurzeit sich in Berlin wohlfühlen. Man hat über 1000 Brutpaare gezählt. Das scheint außergewöhnlich zu sein. Dabei war die Nachtigall bis dato ein recht scheuer Vogel, der selten und wenn schon, dann nur hörbar, bis an menschliche Siedlungen herankam. Eine hochinteressante Erkenntnis nährt meine Überzeugung, dass alle Lebewesen in der Natur mit ähnlicher, allerdings artspezifischer Intelligenz ausgerüstet sind, wie wir Menschen. Wie sonst ließe sich erklären, dass verschiedene Bienenarten ihren Erzfeinden, den Hornissen, zu Leibe rücken, mit differenzierten, aber höchst perfektionierten Techniken. Sobald Hornissen in den Bienenstand eingedrungen sind, bilden die Bienen einen dichten Ballen rundum dem Fressfeind, der alsdann durch die ihn umgebende und sich schnell erwärmende Luft erstickt. Eine andere Methode ist noch viel intelligenter. Da die Hornisse über Poren in ihrem Panzer atmet, kitten die intelligenten Bienen diese Atemporen zu, mit Wachs, wodurch die in den Bienenkorb eingedrungene Hornisse unweigerlich erstickt. Diese Bienen müssen biologische Kenntnisse entwickelt haben, um zu wissen, wozu die Poren im Panzer der Hornisse dienen und dass ein kausaler Zusammenhang besteht mit dem Tod der Hornisse, wenn diese Poren mit Wachs versiegelt werden. Rezente Experimente mit Schimpansen Kindern haben ergeben, dass deren Kurzzeitgedächtnis desjenigen eines Menschenkindes gleichen Alters, weit überlegen ist. Dass diese Fähigkeiten beim erwachsenen Menschen wahrscheinlich zu entarten beginnen, indem sie nachlassen, wird die Forscher sicher beschäftigen.

 

Die oben aufgeführte Erklärung des biologischen Gleichgewichtes sowie die ihr zugeschriebene Bedeutung ist wirklich absurd, denn es ist ein Zustand, wie sich der primitive Mensch ihn vorstellt, was aber mit der Realität keinesfalls in Einklang zu bringen ist. Ein vermutlich gesunder Mensch befindet sich ebenfalls in einem relativen Gleichgewicht, solange er nicht nach außen hin krank erscheint. Die Natur ist aber nicht mit einem Schachspiel zu vergleichen, auf dessen Brett die Züge mathematisch berechnet werden können. Das so genannte biozönotische Gleichgewicht ist ein Hirngespinst, das permanent den winzigsten Schwankungen, in den verschiedenen Lebensräumen unterworfen ist und zumeist schleichend darauf reagiert. Die Wissenschaft beschreibt erklärbare Fakten, doch wie sich ständig verändernde Momentzustände in der Natur auswirken, kann bisher noch niemand zuverlässig sagen. Nachdem das einstige Schreckgespenst, der saure Regen, nicht mehr auf der Tagesordnung steht und besonders die Wälder noch immer arg bedroht sind, weiß noch niemand welches die direkten Folgen sind. Eine wirklich zuverlässige Erklärung, für das jetzt auf einmal wieder unerklärlich gewordene Phänomen Baumsterben, muss noch gefunden werden.

 

Man weiß heute, dass der saure Regen durch übermäßigen Staub und Abgase in der Atmosphäre entstanden ist. Heute wissen wir, dass der Staub jedoch in unserer Atmosphäre überraschend stark abgenommen hat. Ich denke dabei an den lange vergessenen, undurchdringlichen Nebel in London, hervorgerufen durch die Millionen Kamine, in welchen Abgase der Kohleverbrennung in die Umwelt ausgeschüttet wurden. In den industriellen Anlagen setzen sich Filteranlagen der Abluft immer stärker durch. Die schnell einsetzende, sehr stark reduzierte Staubentwicklung in der Atmosphäre hat unweigerlich dazu geführt, dass die Sonnenstrahlung weitaus ungehinderter, bis zum Erdboden vordringen kann. Die Folgen sind ersichtlich und messbar geworden. Nur wird nicht darüber gesprochen. Hätte man bereits vor 300 Jahren etwas gegen die Staubpartikel in der Atmosphäre unternommen, wäre sicherlich bereits vor 300 Jahren eine schnellere Erhöhung der Durchschnitt Temperatur erkennbar geworden. Man sollte jedoch eine Lehre daraus ziehen, dass dieser Eingriff, die massive Verringerung von Staubstoffen in unserer Luft, einen reellen Impact, nicht nur auf die Witterungsbedingungen hatte, sondern auch auf das Wohlbefinden der Menschen. Wen kümmern die durch erhöhten CO2-Gehalt in Luft sicherlich bereits von der Natur eingeleiteten Anpassungen? Nur ein Uhrmacher versteht, mit welcher Präzision man den Pendel einer Uhr einstellen muss, um nach Wunsch die Zeitangabe zu regulieren. „Hat der alte Hexenmeister sich doch einmal wegbegeben, und nun sollen seine Geister auch nach meinem Willen leben.“

 

Ich habe das Bedürfnis noch etwa tiefer in diese extrem komplexe Materie einzudringen,

 

In Nordamerika sind die Lebensbedingungen für Fauna und Flora komplett anders als in Europa, deshalb finden wir dort eine auch weitaus größere Artenzahl an Tieren und Pflanzen. Und die Erklärung ist einfach. Die geologische Gebirgsformation ist dort anders verlaufen als in Europa. In Europa stellen die, mehr oder weniger, von Ost nach West verlaufenden Alpen und Pyrenäen, sowie die Tatra und auch der Kaukasus, eine natürliche Barriere dar für den Eroberungsfeldzug, der südländischen Pflanzen- und Tierwelt.

 

Das Godwana-Land, die große Kontinentalplatte mit Afrika auf dem Buckel, hat sich vor Milliarden Jahren von Südamerika gelöst und ist ostwärts gewandert. Wie das Zusammenfalten eines Leinentuches knickten unter diesem ungeheuren Druck die Gebiete im Süden Europas zusammen. Es entstanden die Pyrenäen, die Alpen, die Karpaten. Diese Landmasse, die sich zu einer nahezu 5000 Meter hohen Kältebarriere aufstülpte, wird sicherlich, wenn die klimatische Entwicklung weiterhin so voranschreitet, wohl einst überwunden werden und weitaus mehr Pflanzen aus den Mittelmeerländern werden neue Nischen im Norden erobern. Die offene Erdspalte, aus welcher immer wieder Magma austritt, die sich vom Nordpol bis zum Südpol, im Atlantik erstreckt, weitet sich andauernd aus. Die sich daraus ergebende Entwicklung bei Fauna und Flora ist nicht aufzuhalten und es werden ihr wahrscheinlich noch viele Sanchos auf ihrer Rosinante vergeblich zu Leibe rücken. Wer gibt ihnen das Recht diese fortschreitende Entwicklung beeinflussen zu wollen?

 

 In Amerika ist die Gebirgsfaltung ganz anders verlaufen als in Europa. Sie hat Täler und Hochebenen entstehen lassen, die von Süden nach Norden reichen. Über diesen schrankenlosen, vereinfachten Zugangsweg eroberten nach der Eiszeit, viel schneller und viel mehr Pflanzenarten, den Norden, bis weit nach Kanada hinein. Das Verhältnis wird sich wahrscheinlich rapide ändern, wenn man in naher Zukunft die Artenvielfalt und deren Verbreiterungsdichte mit derjenigen in Europa vergleicht. Die bisherigen Kältebarrieren der Gebirgsketten Europas, die Pyrenäen, die Alpen bis hin zu den Karpaten werden eines Tages kein unüberwindliches Problem mehr für einen ungeheuren Schwall an neuen Einwanderern darstellen. Fauna und Flora werden in Zukunft das Wildleben, die Bioszene, in Europa gewaltig verändern. Mein Kollege wird ganz sicher seine Palmen nicht mehr über den Winter einpacken müssen. Dann wird man sich unter Palmen am Bodensee oder sogar am Titisee oder am Niederrhein sonnen können, wie das bereits der Fall ist, an der Westküste England, bis hinaus ins schottische Territorium.

 

 Einige alpine Pflanzen haben den höchsten erreichbaren Punkt „ihres“ idealsten Standortes erreicht und schon wird vorausgesagt, dass diese Pflanzen keine Ausweichmöglichkeiten mehr haben und somit aussterben werden. Keine Anpassungsmöglichkeiten mehr haben, bedeutet dem Aussterben ausgesetzt zu sein. Dabei nennt die Universität von Padua Namen der Pflanzen um, für welche man sich Sorge macht: Gentiana bavarica und Hieracium intybaceum. Nur die negativen Betrachtungen werden breit gestreut, dabei weiß man genau, dass sich die einst als selten eingestuften Hochgebirgspflanzen kräftig vermehren und sicher bald nicht mehr als selten zu betrachten sind.

 

Der Samen dieser Pflanzen ist zwar gespeichert an der Universität in Padua und auch bei der Samenbank „Millennium Seed Bank Wakehurst Place“ Diesen Satellitengarten der Botanischen Gartens von Kew haben wir anlässlich verschiedener Studienreisen mit unsern Mitgliedern der „AAT – Garten- und Teichfreunde Luxemburgs“ besucht. Dabei fielen mir die Organisation, sowie auch die Führung zu. Leider war damals erst diese große Samenbank im Gespräch, deshalb konnten wir uns nur ein Bild machen von der unvorstellbaren Wichtigkeit einer solchen Samenbank. Die Samenbank für Getreidearten auf Spitzbergen geht in dieselbe Richtung.

 

Hier stellt sich eine weitere kruziale Frage. Reproduktion ex situ, das heißt vielleicht auf einem höheren Berg? Geht dabei in bestimmten Fällen die Endemie verloren? Als endemisch werden Pflanzen und Tiere bezeichnet, die nur an einem bestimmten Standort vorkommen, wie zum Beispiel auf der Insel Teneriffa.

 

Auch in unseren Gärten veränderte sich die Blütezeit. Rosen blühten in diesem Jahr außergewöhnlich früh und lange, obschon die Blätter nicht so recht mitmachen wollten. Die Blühdauer hat sich überhaupt in den vergangenen 5 Jahren um Wochen verlängert. (Quelle: The Garden)

 

Es ist meines Erachtens keinesfalls völlig abwegig dieser scheinbar unaufhaltbaren Entwicklung entgegen wirken zu wollen, indem man nach menschlichem Ermessen ordnend eingreifen will.

 

Auf diesem Diskussionsfeld gibt es also zwei Begriffe, mit denen ich mich noch etwas beschäftigen möchte. In situ und ex situ. Wer sich mit der bedrohten Tier- oder Pflanzenwelt abgibt, kommt ganz sicher auch auf den Gedanken, bedrohte Lebewesen einfach unter Schutz zu stellen, was sich ganz besonders die Naturschutzgesellschaften vorgenommen haben. Wer Tiere oder Pflanzen in einer ganz bestimmten Zone schützen will, sogar zur schnelleren Vermehrung mit Hand anlegen will, der kann dies auf besagtem Fundort tun, dann geschieht die Vermehrung in situ. Geschieht die Vermehrung zum Beispiel von seltenen Tieren in einem Zoo, dann geschieht dies ex situ. Ex situ Reproduktion wird in botanischen Gärten, in Privatgärten oder sogar in spezialisierten Zuchtanstalten betrieben. In situ dagegen ist schwieriger zu bewerkstelligen bei Tieren oder Pflanzen, die sich nur in einem ganz bestimmten Milieu reproduzieren lassen.

 

Wie bei all den Fragestellungen, die sich beim Naturschutz aufdrängen, gibt es für beide Lösungsansichten Protagonisten und Antagonisten. Ich zähle mich keinesfalls zu den Antagonisten, wenn es um Reproduktion ex situ geht. Ein vortreffliches Beispiel kann ich aus meinem Wirkungsfeld als Naturschützer geben,

 

Als ich vor etwa 30 Jahren zufällig in Erfahrung gebracht habe, dass von dem Königsfarn Osmunda regalis nur noch ein Stock im Luxemburger Land bekannt sei, da habe ich mich gefragt ob es in diesem Fall doch nicht sinnvoller wäre dem bedrohten Farn bei seiner Reproduktion nachzuhelfen. Gesagt getan. In der englischen Pteridological Society, mit Sitz im Britischen Museum, dessen Mitglied ich seit langer Zeit bin, bestellte ich Sporen von allen in Luxemburg bekannten Farnarten. Kollegen in der Naturschutzgesellschaft AAT - Garten- und Teichfreunde Luxemburgs starteten mit mir die Nachzucht dieser Farne aus besagtem Sporenmaterial. Der Erfolg war verblüffend. Auf Anhieb gelang es uns unwahrscheinlich viele Farne, von nahezu allen in Luxemburg vorkommenden Arten, hochzuziehen und an die Mitglieder zu verteilen. In unserem Heckefräsch wurde darüber berichtet und es meldeten sich Leute die ebenfalls sich bei der nächsten Nachzuchtaktion ex situ beteiligen wollten. Die Gärtnerschaft wurde auf diese Lakune in den Hausgärten aufmerksam und bald rollte parallel neben der Produktion von allmöglichen Wasserpflanzen, in ganz Europa die Reproduktion auch von Farnen an.

 

Heute kann ich mit Sicherheit sagen, dass durch unsere spezifische Aktion in Luxemburg, nicht nur Osmunda regalis, sondern auch Thelepteris palustris, der Sumpffarn, wieder eine große Verbreitung fand. Das war natürlich eine wunderbare Voraussetzung, weil durch die so über das Land verbreiteten Mutterpflanzen Sporen über Wind und Vögel schnellstens verbreiten konnten. Ich würde heute gerne die Bestandsaufnahme kennenlernen, allein von diesen Pflanzen, die durch unsere ex situ Reproduktion vermehrt worden sind. Natürlich hat sich da ein Häuflein Puristen gefunden, denen dieser Erfolg nicht genehm war. Sie drängten die Forstverwaltung, Maßnahmen gegen unsere Gesellschaft zu ergreifen. (Siehe diesbezügliche Korrespondenz in der Chronologie der AAT-Vereinigung).

 

Das Gleiche versuchten wir mit dem kleinen Fisch Bitterling Rhodeus sericeus amarus, den wir ohne Probleme in Aquarien nachgezogen und mit besonderer Erlaubnis auch in Baggerweihern und Gartenteichen ausgesetzt haben. Leider sind unsere Naturgewässer, gerade da wo sich der Bitterling am besten selber reproduzieren könnte, unverständlicherweise mit Raubfischen besetzt worden, sodass unserem Vorhaben dabei unüberwindlich scheinende Barrieren vorgeschoben sind. Sogar die Forstverwaltung, in gemeinsamer Arbeit mit der Fischereiwirtschaft, (die mit Sportfischern gemeinsame Sache machen) haben im Stausee in Esch an der Sauer, tausende Bitterlinge ausgesetzt, die in ein paar Tage allesamt als Futter von den dort ebenfalls ausgesetzten Raubfischen, wie Barsch, Forelle und Zander ins Jenseits befördert wurden. Ganz krass kann man hier die beiden Methoden gegeneinander ausspielen. Die mühselig, in speziellen Fischteichen, also ex situ herangezüchteten Bitterlingen – sie reproduzieren sich in lebenden Muscheln - wurden, nachdem sie in situ zur weiteren Reproduktion gebracht waren, einfach durch die dort vorherrschenden unangemessenen Zustände eliminiert.

 

Ähnliche verschiedenartig gedeutete Zustände gibt es bei den Ornithologen. In einer vor kurzem gesehenen Sendung erläuterte ein Vogelschutzvertreter, dass in England man außergewöhnlichen Erfolg erzielt habe durch ganzjährige Vogelfütterung. Er bezeichnete andere Vogelschützer, die diese Ganzjahresfütterung ablehnten als Idioten. In der gleichen Sendung konnte man sofort die Gegenargumente hören. „Wenn dieser Mann uns als Idioten darstellen will, dann ist er selber ein Idiot.“ Protagonisten und Antagonisten halten sich das Gleichgewicht, weil sie jeweils in ihrem Gegenüber einen Idioten sehen.

 

 In derselben Sendung wurde ebenfalls darüber gesprochen, dass der Spatz immer seltener wird. Das kann ich aus meiner Sicht keinesfalls bestätigen, weil die Zahl der Spatzen, die an meinem Futterstand zu Gast sind, hat erstaunlicherweise zugenommen.

 

Die sehr hart und kontrovers geführte Diskussion, ob man im Winter, oder sogar das ganze Jahr über die Vögel füttern solle, kann weder als richtig noch als falsch bewiesen werden. Das berühmte Gleichgewicht stand unterschwellig zur Diskussion. Fakt ist die Erfahrung einer ganzjährigen Fütterung, besonders praktiziert in England, die einen angeblich ungeahnten Erfolg zu verzeichnen hat, auf die Diversität und mengenmäßige Zunahme der Brutpaare. Damit stehen dem Menschen weitaus mehr biologische, lies natürliche Waffen, gegen Schadinsekten in unsern Wäldern zu Verfügung, wodurch Insektizide mit unbekannten Nebenwirkungen reduziert werden können. Auf den ersten Blick scheint die kalkulierbare Bilanz zugunsten einer Jahresfütterung aufzugehen.

 

Außerdem stellt sich eine ganzjährige Vogelfütterung, dem Vogelfang in südlichen Ländern entgegen, der dort zu kulinarischen Zwecken verwendet wird und wohl schwer auszurotten ist. Es ist längst bekannt, dass an den hohen Fensterscheiben der Wolkenkratzer in einem Jahr mehr Vögel sterben, als deren aus den Eiern schlüpfen. Die amerikanischen Studien haben auf einen ständig sich verringernden Vogelbestand aufmerksam gemacht. Bereits ist man im Begriff besser wirksame Abwehrmaßnahmen, an diesen Glaswänden einzurichten, als die hierzulande angebotenen Vogelsilhouetten, die nur Geld in die Kasse der Vogelschützer brachten.

 

Ich stimme, diesen Beispielen zufolge, prinzipiell mit den Protagonisten der ex situ Protektion und Reproduktion völlig überein. Ich bewundere die Arbeiten in den botanischen Gärten, sowie in den zoologischen Anlagen, die sich immer mehr der Verantwortung bewusst werden, dass ihre Arbeit eine absolute Notwendigkeit geworden ist. Es gibt allerdings die kurzsichtigen Politiker, die Botanische Gärten, sowie zoologische Parks das nötige Geld fürs Überleben streichen. Das scheint mir jedoch skandalös zu sein.

 

 Eines möchte ich noch den Perfektionisten, die mit allerlei Argumenten gegen die ex situ Reproduktion ins Feld ziehen, ins Tagebuch schreiben. Ich bin einverstanden, dass alle Lebewesen Unikate sind, die inmitten ähnlicher oder verwandter Sippen heranwachsen. Man könnte es als abwegig bezeichnen, wenn sich jetzt Pflanzen aus anderen Beständen hinzugesellen würden, wobei wahrscheinlich die angebliche Reinheit eines Bestandes gestört wäre. Wer aus dieser Überlegung heraus seinen Naturschutz betreiben will, kommt wahrscheinlich nicht über die reine Beobachtungsphase hinaus und bleibt erfolglos in puncto Reproduktion. Das Einzige, was er in so einem Fall erreichen wird, ist die Eintragung in seinem Heft festzuhalten, dass das letzte Exemplar ausgestorben sei. Er hat durch seine Gesinnung, die eine Rettungsmöglichkeit abgewiesen hat, sich in unverantwortlicher Weise an dem Aussterben mitschuldig gemacht hat.

 

Mein Süßwasser Aquarium betreibe ich bereits über 40 Jahre. Es enthält mehr als 500 Liter Wasser von der Trinkwasserleitung. Insgesamt wiegt das Aquarium, mitsamt Steinaufbauten und Sandboden, das selbstverklebte Glas inbegriffen, nahezu 1000 kg. Diesem Gewicht wurde bereits beim Bau des Hauses Rechnung getragen, durch einen solide armierten Betonunterzug im Keller. Es wird beleuchtet mit einigen speziellen, mit Schaltuhr betriebenen Leuchtstoffröhren, die einem auserwählten Farbspektrum entsprechen. Eine Wasserumwälzpumpe mit Filtertechnik sorgt für eine ständige Durchmischung des Wassers. Dichte Bepflanzung produziert genügend Sauerstoff. Selektionierte Steine, Sand und Moorkienholz runden die naturnahe Gestaltung ab. Eine automatische Fütterung mit einer den Fischarten entsprechenden Mischung sorgt für Trockennahrung, weil die Erfahrung gezeigt hat, dass Lebendfutter aus der Natur manchmal katastrophale Folgen haben kann. Besonders können eingeschleppte Milben die Fische todbringend befallen. Da gibt es aber noch einen wichtigen Punkt. Um das Aquarium ziemlich frei von allmöglichen Algenarten zu halten, wurde der Fischbesatz dementsprechend ausgewählt. Die Tiere sollen Algen fressen, brauchen dabei jedoch eine von der Bepflanzung ausgehenden Unterstützung, die alle Abfallprodukte schnell verarbeitet, denn mehr als 5 Dutzend Fische sind beständig hungrig und geben eine Menge Düngerwerte ans Wasser ab. Einen Teil der natürlichen Düngung verbrauchen die Pflanzen. Auch ist es sehr nützlich, wenn man den pH-Wert etwas unter 7 anpeilt, was ebenfalls den Algen das Auftreten erschwert. Dabei kommen wir nun zu dem kritischsten Punkt. Um den pH-Wert beständig unter 7 zu halten, insofern das Aquarienwasser nicht von selber stabil ist und immer wieder über 7 hinaus schwappt, kann man versuchen das erstrebte ideale, „biologische Gleichgewicht“ in die Praxis umzusetzen, erfordert aber viel Einfühlungsvermögen. Das geschieht mit Hilfe einer immer wieder neu zu eichenden Elektrode, die beständig im Wasser hängt und dauernd den pH-Wert zwischen 4 und 7 reguliert. Diese Elektrode schaltet die Zufuhr von CO2-Gas, das eine üppigere Bepflanzung bewirkt und den pH-Wert senken kann. Der Spielraum rundum den idealen Zustand des Biotops ist gering. Der erstrebenswerte Mittelwert kommt einem gedachten biologischen Gleichgewicht sehr nahe.

 

 Wer sich über 4o Jahre mit der Feinregulierung seines Aquariums beschäftigt hat, dessen Lebensbedingungen nach idealen Vorstellungen zu steuern, der weiß, dass der angestrebte Idealzustand ständigen Schwankungen ausgesetzt ist. Das kann man ganz gut an der pH-Messung feststellen, die kaum einige Sekunden lang auf demselben Messwert verharrt, weil der Sonde immer wieder neue Wassermischungen, durch die erzeugte Strömung zugeführt werden. Dies bedeutet, dass allein schon die Chemie des Wassers in einem Aquarium nicht konstant auf demselben Wert zu halten ist. In die Natur projiziert, erlebten wir an allen stehenden und fließenden Gewässern, die wir mit wissenschaftlichen Mitteln untersuchten (AAT – Garten- und Teichfreunde), beständig sich verändernde Werte.

 

Im Aquarium gibt es, diesen Beobachtungen zufolge, keine statische Situation. Die freie Natur kann nahezu überhaupt nicht so hautnah in ihren beständig stattfindenden Veränderungen verfolgt werden, als in einem Aquarium. Dieses verrät aber im Detail, dass ein sogenanntes biologisches Gleichgewicht über eine längere Zeitdauer eine Illusion ist. Erinnern wir uns an den vollbesetzten Zug, der rein äußerlich, ohne die geringste sichtbare Veränderung von einem Bahnhof zum andern fährt. Dabei vergessen wir schon viel zu schnell, dass allein die zeitraubende Fahrt bereits eine Veränderung darstellt. Wer kennt nicht die vielen kleinen und großen Ereignisse, welche sich in einem fahrenden Zug abspielen.

 

Beispiele gefällig. Der Schaffner entdeckt einen blinden Mitfahrer. Es gibt eine heftige Diskussion. Ein Greis spekuliert auf den Platz, auf welchem ein junges Mädchen sitzt. Im Nichtraucherabteil beginnen einige Jugendliche zu qualmen. Jemand hat einen Hund auf die Pfoten getreten, der heult und beißt den Nachbarn in die Wade. 2 junge Mädchen drängen sich durch den besetzten Hauptgang, um ihre Freundinnen zu finden. In einer stillen Ecke nährt eine junge Mutter heimlich ihr plärrendes Kind. Im dichtesten Gedränge greift einer seinem Nachbarn heimlich in die Tasche und klaut dessen Handy und sein Portemonnaie. Jugendliche sind im Begriff eine Wette abzuschließen, wer sich denn traut die Notbremse zu ziehen. Und dann die Randerscheinungen auf der Strecke, an der Bahnschranke, im Stellwerk. Der technische Zustand, der Lokomotive, der Schienen, der Oberleitung, alles Faktoren die zu einem guten oder miserablen Funktionieren beitragen können. Eine oberflächliche Betrachtungsweise kann nur zu einer falschen Gesamteinschätzung führen. Eine zu schließende Schlussfolgerung zeigt an, dass sich all diese kleinen Ereignisse, insofern sie sich in einem kontrollierbaren, überschaubaren Bereich in erträglichem Masse abspielen. Bricht aber eines der Ereignisse aus dem Gewohnten aus, was potentiell immer möglich ist, dann schlägt die scheinbare Ordnung in Unordnung um. Soweit könnte ich noch mit der Analyse eines ökologischen Gleichgewichtes einverstanden sind.

 

Ich glaube zu wissen, dass jeder Leser genau versteht, was sich im und rundum den voll besetzten Zug noch alles abspielen kann. Oberflächlich betrachtet scheint der vorbeifahrende Zug sich in einem biologischen Gleichgewicht zu befinden. Nur ein erfahrener Zugführer und der Schaffner wissen Einiges mehr über die Fracht, deren Transport sie übernommen haben.

 

 Panta rhei. Alles ist in beständiger Bewegung, im ständigen Fluss.“

 

H.: „Du hast aber einen riesiges Denkfeld entwickelt. Ich bin hoch erstaunt über das was du mir jetzt vorgetragen hast. Ich bin dir dankbar, denn ich muss gestehen, dass manches mir jetzt etwas verständlicher geworden ist.“

P.: „ Gewiss, aber du bist ja noch viel jünger als ich und kannst noch eine Menge lernen. Aber eines möchte ich dir noch ganz klar vortragen. Es gibt wahrscheinlich Leser, welche genau so wie du ganz aufmerksam sich in das Geschriebene einarbeiten um dann bei Wikipedia um Hilfe zu rufen. Das aber keinesfalls um das eigene Bildungsgrad noch zu erhöhen, sondern ausnahmslos um mir ankreiden zu können, wo ich was kopiert habe. Spätestens an dieser Stelle wird einem das Wort Plagiat einfallen, womit er dann seine selber nicht erkannte Eifersucht besänftigen will und mir zugleich den Erfolg meiner Ausführungen verniedlichen, besser noch zu erniedrigen versuchen.

Plagiat ist außerdem ein anderes Thema mit welchem ich mich beschäftigt habe, denn schon zu meiner Studentenzeit habe ich seine Bekanntschaft gemacht, und musste darunter leiden.“

H.: „ Ach ja, es gibt ja diese obskuren Gesellen, die literarische Leichen ausgraben, um deren Gestank in der Gesellschaft zu verbreiten. Jetzt bin ich aber gespannt, was du mir jetzt noch zu bieten hast.


 

Plagiat

P: „Es ist wieder still geworden in Deutschland. Wahrscheinlich haben die Halsabschneider keine Zeit gehabt um den vielen, anscheinend unrechtmäßigen Doktoren- und Professorentitel, auf den Zahn zu fühlen. Denjenigen, welche ihre Doktorandenarbeit niemals selber redigiert haben, rückt man nicht auf den Pelz. Das könnten die jeweiligen Redakteure ans Licht bringen, doch wollen diese selber im Dunkeln bleiben, denn das verdiente Geld hat eine Farbe. Es ist schwarz. Wenn schon nicht das sogenannte Autorenrecht remuneriert werden muss, dann sollte man auf jeden Fall die Autorenpflicht einführen, denn ich glaube es gibt sie nicht. Ich habe noch niemals nachgeprüft, on ein Buch das Autorenrecht beansprucht oder nicht.

Um dieses geht ja schließlich und es scheinen mir keinesfalls die inkriminierten Autoren ihr Recht zu beanspruchen, denen man nachgehen kann. Alles andere ist Mache.

Mich plagen ebenfalls die Streitigkeiten in Deutschland, die sich immer wieder mit dieser hochgestylten Plage, mit dem Plagiat, befassen.

Wenn ein Musiker ein bestimmtes Thema eines andern Komponisten aufnimmt, um darüber „Variationen sur un thême“ zu komponieren, dann findet die heutige, allzu wenig selbstkritische Gesellschaft, dies vollständig in Ordnung. Das kommt daher weil man meistens selber schon weiss, wer Urheber des Originals ist. Es brauch dazu kein Instrument, um dies der Öffentlichkeit in die Ohren zu blasen.

Nun gibt es bei Doktorat Arbeiten aber Schriften, die sich unbedingt auf Meinungen und Darstellungen anderer Autoren stützen müssen, um das Thema in seiner kontinuierlichen Bearbeitung, weiter zu entwickeln.

Wenn aber ein Doktorand, in seiner Doktorarbeit ebenso vorgeht, aber nicht ausdrücklich zu dem Geschriebenen namentlich vermerkt, dass er sich das Denken und Schreiben Anderer angeeignet hat, dann ist das ein verwerfliches Plagiat. Das klingt so als ob es verboten wäre mit dem Gelesenen, ein umfangreiches Wissen aufzubauen. Zitate ohne Quellenangabe seien Plagiat. Dabei besteht doch die Unterlassung nicht beim Autoren, sondern beim kritischen, beim anklagenden Leser, der eigentlich genau weiss, wer was geschrieben oder wie und was dieser gedacht hat. Da erübrigt sich meines Erachtens jeglicher Autoren – Nachweis. Ich bin der Meinung dass eine bibliografische Quellenangabe nur dann ihre Wichtigkeit hat, wenn sie zu einer weiterführenden Lektüre hinweisen soll. Alles Andere scheint mir kleinkariert und purer Antagonismus. Satire und Spott sind zum gesellschaftspolitischen Übel geworden.

Das Vorgehen löst bei mir Zwiespalt aus, denn in meiner Fachbibliothek besitze ich über 5000 Fachbücher. Sie dienen mir zu meinem ständigen Gebrauch. Drei davon sind die bekanntesten Hüter von drei Landessprachen. Der Duden im Deutschen, der Littré im Französischen, sowie der Oxford Dictionary im Englischen. Sie sind mir immer noch von Nutzen im alltäglichen Sprachgebrauch. Hier gibt es auch keinen Autorenstatus.

Das Copyright liegt ausschließlich auf dem gesamten Werk! Wenn über Plagiat gesprochen wird, dann geht es jedoch nicht allein um eine geschützte komplette Schrift, sondern um den Hinweis auf einen erwähnenswerten Gedankengang der „en bloc“ übernommen wurde, um die Variationen über ein Thema weiter zu führen. Ob der Autor den Urheber des übernommenen Textes namentlich erwähnt, sollte ihm nach Ermessen, frei stehen, ob zur weiterführenden Lektüre angeregt werden soll oder nicht. Bei einer Doktorarbeit sollte dies meines Erachtens jedem Doktoranden überlassen bleiben, die Wichtigkeit von Detailangaben eines übernommenen Textes hervor zu heben oder nicht.

Meiner Meinung nach sollte es genügen, bei den Quellenangaben, alle benutzte Originale separat, neben den angeratenen Quellen, anzugeben, damit dies nicht bei jedem Zitat geschehen muss. Doch wer weiss denn schon ob es sich um einen Urtext handelt, oder ob nicht auch bereits übernommen wurde?

Nun führe ich einmal diese Diskussion über das Plagiat ins Absurde und betrachte es als abwegig wenn ich ausdrücklich vermerken würde, aus welchen obigen Wörterbüchern ich das etymologisch entstandene Wort in meinen Wortschatz aufgenommen habe. Nicht einmal die Lexika geben immer an, wer der Urheber eines neuen Begriffes, eines neuen Ausdruckes, einer neuen Erkenntnis, und einer neuen Sichtweise ist.

Ich kann hier erwähnen dass ich diesbezüglich einen Wortwechsel hatte mit meinem ehemaligen Englischprofessor, der mich verdonnerte, eine von mir in Time Life gefundene, bisher unbekannte Wortneubildung, ohne Quellenangabe benutzt zu haben. Die Diskussion hierüber, in welcher ich den Professoren fragte ob er bei jedem neuen Wort, welches er gebraucht, immer die Quelle angebe, in welchem Band des „Oxford Dictionary“ er das Wort gelernt hat zu gebrauchen, war mir wenig von Nutzen, denn er bewertete meine Arbeit als hinterlistigen Betrug, mit einer schlechten Note. Also kein Lob für das Erlernte sondern Tadel für das neue Wissen. Ob diese Denkweise dem beruflich diktierten Streben meines Professors näher gekommen ist, mir recht viel Wissen anzueignen, ist fraglich. Man hat ihm nicht ohne Ursache den Spottnamen ‚Scheissi‘ verpasst.

Mir ist eines klar. Es geht den Kritikern augensichtlich nicht so sehr darum das Gedankengut des Urhebers eines Schreibens zu schützen, sondern wahrscheinlich in Ermangelung des eigenen Besserwissens, um den Feldzug gegen einen weiträumiger denkenden Rivalen. In Deutschland scheint dies eine politisch orientierte Grundbedürfnis zu sein. Es muss doch ein unbeugsamer Drang den Kritiker dazu führen, anstatt einen großen Teil seiner eigenen Leistungsfähigkeit kreativ zu nutzen, unnütze Zeit zu vergeuden, beim Nachforschen wie der angebliche, geistige Diebstahl zustande gekommen sei. In diesem Fall scheint mir der Vorwurf des Plagiates verwerflicher zu sein als das Plagiat selber.

Deutschland hat noch immer nicht gelernt, den in der Vergangenheit üblen und überstrapazierten Missbrauch von Ehre und Stolz zu vergessen. Am besten manifestiert die Masse dies, bei einem verlorenen Fußballspiel, nicht nur in der Bundesliga. Anstatt nach einer Niederlage die Hosen der Spieler zu wechseln, wird der Trainer ausgetauscht. Diese Nachwehen, des speziell in Deutschland grassierenden, ehrenvollen akademischen Schmisses sollten längst traurige Vergangenheit sein. Wortmensuren kann ich nur als Zeichen aufgekommener mentaler Schwäche betrachten. Akademisches Denken, sollte nicht zur akadämlichen Hetzjagd degradieren.

Jetzt wird wiederum der Falsche zerfleischt. 2 bekannte Doktoranden haben ihren Doktortitel jetzt öffentlich aberkannt bekommen…na warum denn eigentlich? Genau genommen müsste die Universität, der Pate des Doktoranden und seine Vorgesetzten eine Bestrafung bekommen, weil sie jetzt erst zig Jahre nach den Doktorarbeiten zugeben, dass sie (egal aus welchem Motiv) den Doktortitel zu Unrecht verliehen haben. Genau dies aber geschieht nicht und das ist für mich der Beweis, dass man auf der einen Seite lieber eine Universität sieht mit vielen falschen Doktoranden und weil man in Parteikreisen die Situation ausnützt um der Gegenpartei eins aus zu wischen. Es geht also keinesfalls um Ehrlichkeit, sondern lediglich um vermeintliches, ja vorgetäuschtes Ehrempfinden. Mentalität lässt Grüßen.“

Gegen die Treibjagd auf Wildsäue wird fleißig

gemeckert.

Gegen den Homo sapiens, dieses arme Schwein,

wird jede Hetzjagd zum Sport.“

Kunden gesucht

Tausender: „Mit mir verharren vernachlässigte Wegbegleiter, die nicht in all die Monologe und Dialoge eingebunden werden konnten.

Vasco da Gama hält den Kopf so steif wie ein Graf seinen Federkiel, so steif wie er sich auch zeigen würde, wenn er sein Gut in andere Hände geben müsse. Die Schöne ist ein wenig traurig, oder sogar enttäuscht, weil das Erlebte nicht so recht spannend, sondern eher traurig war. Sie lächelte dem Kassierer zu, weil dieser einen recht passablen Eindruck auf sie hinterlassen hat. Der Ölsardinien Schmiss, verlor an Duftunfreundlichkeit durch den Fingerabdruck der Frau Grotz, die ihrem Mann mit Kölnisch Wasser, die Glatze polierte und mich danach in den Händen hielt.

Das Leben in der Bank nahm also einen erneuten Anlauf, für die kommenden Tage. Zuerst erschien der Tramschaffner erneut mit seinem Kleingeld, womit er mit dem Hupen aufhörte, jedes Mal wenn er an der Bank vorbeifuhr. Das ist einem Polizisten aufgefallen, wobei es alsdann eine Ermahnung gab. Ausnahmsweise erschien ein neuer Kunde, nämlich der Polizist, der Münzen brauchte beim Pokerspiel auf der Revierstube, das man zuerst vorsichtig mit Kleingeld spielte. Die Zeitung wurde abgegeben und Herr Grotz fand wieder Artikel über die amerikanische Hühnchen & Hähnchen. Es stellte sich heraus, dass in seinem Lande, die politisch Neutralen, ebenfalls Hähnchen verzehrten. Frau Grotz klingelte wieder um den Teil der Zeitung zu haben, mit dem Roman, dem Kreuzworträtsel und Sudoku. Hochzeiten und Sterbefällte, sowie Geburten waren ebenfalls auf diesen Seiten zu finden. Hochzeiten sind beliebte Analyse Objekte, weil man besondere Rechnungen anstellen kann.

Und Frau Mayer kam noch einmal vorbei um offensichtlich ihre Schuld noch einmal zu begleichen, wie sie versprochen hatte. P. merkte sofort dass bei ihr kurzfristig etwas in Vergessenheit geraten sei.

Frau Grotz klingelte wieder, damit P. die benötigten Zeitungsteile hochbringt. Dieser wollte zuerst noch in den Blumenladen nebenan um der Frau des Chefs einen Blumenstrauß zu überreichen, doch besann er sich, dass dies im jetzigen Augenblick vielleicht doch nicht angebracht sei. So wählte er die richtigen Seiten der Zeitung aus um diese nach oben zu bringen. Dort angekommen redete er Frau Grotz sofort an:

P. : „Ich bedanke mich recht gerne bei Ihnen, verehrte Frau Grotz, besonders für die grandiose Aufwartung mit der Wurst. Es konnte sicherlich nur auf Ihre Empfehlung hin geschehen, dass Ihr Mann so schnell zur Besinnung zurückfand. Er küsste sie einmal auf die Wange, und sie küsste ihn zweimal, zuerst auf die Wange, dann auf…... Er musste sich in der Treppe den Lippenstift abwischen, was Frau Grotz ihrerseits nicht zu tun brauchte, dafür erinnerte Sie aber der Papagei an das Geschehene, mit einem kräftigen: „Charly, küss mich.“

Als P. wieder im Büro angekommen war, legte Herr Grotz ihm noch einmal beide Hände auf die Schultern und meinte sichtlich erregt: “Ich bin überaus glücklich, diese fatale Situation so gut überstanden zu haben. Ich werde es nie vergessen, dass Sie so spontan bereit waren, mir behilflich zu sein, um eine bevorstehende Blamage im Keime zu ersticken. Danke, danke für Alles.“

Ich persönlich habe noch immer keinen neuen Besitzer gefunden. Sobald dies geschehen ist, melde ich mich wieder zurück. Wahrscheinlich wird dies erst nach der grassierenden Geldkrise möglich sein, wenn wieder Tausender im Umlauf gefragt sind.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Nachtrag

Wikipedia hat es möglich gemacht, dass ich bei vielen Bildbeschreibungen in meiner Homepage, den im Internet vorgefundenen und gratis nutzbaren Text, nach Bedarf und stichwortartig übernommen habe. Als Dank und Anerkennung dafür habe ich der Non-profit Gesellschaft Wikipedia eine Spende (als eine Art Aufführungsrecht – droit d’auteur) von 20 Euro überwiesen. Damit fühle ich mich der öffentlichen Bezichtigung des Plagiats entzogen.

Nachfolgend das Dankesschreiben von Wikipedia.

Dear Henri,

You are amazing, thank you so much for donating to the Wikimedia Foundation!

This is how we pay our bills -- it's people like you, giving five dollars, twenty dollars, a hundred dollars. My favourite donation last year was five pounds from a little girl in England, who had persuaded her parents to let her donate her allowance. It's people like you, joining with that girl, who make it possible for Wikipedia to continue providing free, easy access to unbiased information, for everyone around the world. For everyone who helps pay for it, and for those who can't afford to help. Thank you so much.

I know it's easy to ignore our appeals, and I'm glad that you didn't. From me, and from the tens of thousands of volunteers who write Wikipedia: thank you for helping us make the world a better place. We will use your money carefully, and I thank you for your trust in us.

Thanks,

Sue Gardner
Wikimedia Foundation Executive Director

For your records: Your donation on 2012-10-09 was EUR 20.00.

This letter may serve as a record of your donation. No goods or services were provided, in whole or in part, for this contribution. The Wikimedia Foundation, Inc. is a non-profit charitable corporation with 501(c)(3) tax exempt status in the United States. Our address is 149 New Montgomery, 3rd Floor, San Francisco, CA, 94105. U.S. tax-exemt Nummer: 20-0049703

Heute 2015 habe ich meine Spende an die Wikipedia Gesellschaft erneuert. 30 Euro.

Guten Tag Henri,

vielen Dank für Ihren unschätzbaren Beitrag, allen Menschen auf der Welt Wissen zu vermitteln.

Mein Name ist Lila Tretikov und ich bin Geschäftsführerin der Wikimedia-Stiftung. Während des letzten Jahres haben Spenden wie Ihre uns darin unterstützt, die Wikipedia auf 287 Sprachen zu erweitern und sie überall auf der Welt verfügbar zu machen. Unser Ziel ist es, vor allem die Menschen zu erreichen, die keinen anderen Zugang zu Bildung haben. Wir bringen Wissen an Leute wie Akshaya Iyengar aus Solapur, einer kleinen Stadt in Indien, in der Textilien hergestellt werden. Akshaya benutzte Wikipedia als ihre Hauptlernquelle. Für Studierende in Gegenden, in denen Bücher selten sind, die aber über Internetzugang verfügen, ist Wikipedia daher entscheidend. Akshaya schloss ihr Hochschulstudium in Indien ab und arbeitet nun als Softwareingenieurin in den Vereinigten Staaten. Sie ist der Meinung, dass sie die Hälfte ihres Wissens Wikipedia zu verdanken habe.

Akshayas Geschichte ist kein Einzelfall. Unser Auftrag ist anspruchsvoll und stellt uns vor große Herausforderungen. Die meisten Wikipedia-Nutzer sind überrascht wenn sie erfahren, dass Wikipedia durch eine gemeinnützige Organisation betrieben wird, die sich durch Spenden wie die Ihrige finanziert. Jedes Jahr spenden gerade genügend Personen, damit das gesamte menschliche Wissen allen verfügbar bleibt. Wir danken Ihnen, dass Sie diese Mission möglich machen.

Im Namen einer halben Milliarde Menschen, die Wikipedia lesen, Tausender freiwilliger Autoren, sowie den Mitarbeitern der Wikimedia-Stiftung bedanke ich mich bei Ihnen dafür, dass Sie dabei helfen, dass Wikipedia auch dieses Jahr weiter existieren kann und frei von Werbung bleibt.

Vielen Dank,

Lila

Lila Tretikov
Geschäftsführerin,
Wikimedia Foundation
donate.wikimedia.org

 

 

 

Wie die Giraffe zu ihrem langen Hals kam.  (25.03.2017)

 

 

Vor einer Woche publizierte ein wissenschaftliches Institut, im Facebook, einen Artikel über Giraffen. Darin wird erwähnt, dass Charles Darwin bereits  den langen Hals der Giraffen als Produkt der Evolution beschrieben habe. Da wird gesagt, weil die Giraffen die untersten Äste der Bäume und Sträucher fressen, diese Tiere immer höher greifen müssen und deshalb wäre ihnen ein langer Hals gewachsen.

Da mir diese Erläuterung als abwegig erschien antwortete ich im Facebook und versuchte meine Bedenken  an den Mann zu bringen.

Sofort stellte sich die Frage warum denn andere Savannentiere keine langen Hälse haben, die fressen ebenfalls nahezu das gleiche Grün wie die Giraffen. Die Giraffen bevorzugen dabei aber Akazien.

Eine weitere Frage war evident. Warum sind, um das gleiche Ziel zu erreichen, den Giraffen die Beine nicht noch länger gewachsen? Der Hals bedarf, allein wegen der Blut- und Sauerstoffzufuhr in den Kopf, eine viel kompliziertere Entwicklung, als wenn diese die Beine allein betroffen hätte. Die Antwort liegt auf der Hand. Der intelligentere Teil des Tieres, dort wo das Denkvermögen angesiedelt ist,  musste dem Lebensumfeld angepasst werden.

Das Bild im Facebook, neben dem erschienenen Bericht, verrät aber sofort und sehr auffällig, warum die Hälse der Giraffen länger gewachsen sind. Auf dem Bild sind sie nämlich inmitten einer grünen Heckenlandschaft zu sehen und ihre Köpfe schauen über die Futterquelle hinaus in die Sawanne.

Es gibt nicht wenige Tiere, die wie ein U-Boot, so einen Schnorchel entwickelt haben.

Es liegt also näher dass die Evolution, aus dieser Zielsetzung heraus, sich entwickelt hat und auffälliger Weise nicht aus Bedarf heraus um Bäume und Sträucher abfressen zu können. So wie sie sich bis heute entwickelt haben, können sie die Hecken und Bäume von oben herunter abgrasen, was nicht die Gewohnheit anderer Mitfresser ist. Nur so schaffen sie es und halten sich zur gleichen Zeit dabei den Blick frei übers weite und gefährliche Umfeld.

Als meine widersprechende Erläuterung, neben jener des Institutes publiziert zu lesen war, dauert es nur einen Tag, dann hatte man meine Bemerkungen gelöscht. Zwei Tage später war auch der Hauptartikel gelöscht.

Zuerst dachte ich an Gemeinheiten, weil meine Aussage vermeintlich nicht genehm war. Wollte man meine Feststellung missbrauchen, als eigenes Denken? Doch lehrte mich mein Verstand dass der Schreiber dieses Artikels ebenfalls zur Einsicht gekommen ist, dass die Darwin’sche Erläuterung nicht stimmen kann. Doch herrschte bis dato unter den Wissenschaftlern die Meinung, was Darwin gelehrt habe, muss auch so verstanden werden.

Man hatte eben nicht bedacht dass auch die Intelligenz eine Evolution durchmacht und wer sich belehren lassen will, der nimmt den Artikel mitsamt meinen Bemerkungen nicht aus Facebook heraus. Diese weltweit genutzte Wissensquelle, neben vielen anderen, darf keinesfalls zu einem Fakebook ausarten.

Ausserdem wird meine vorgetragene Ansicht noch verständlicher, wenn ich die Hälse von Sträussen und Guanakos ins Bild bringe. Deren verlängerte Hälse dienen ausschliesslich zur eigenen Sicherheit, um weiter hinaus auf Land schauen zu können, denn deren Nahrungsquelle wächst ebenerdig.

Dem Elefanten, der nahezu keine persönlichen Feinde hat, ist ein praktischer Rüssel gewachsen. Diese Verlängerung, ohne Kopf an der Spitze, genügt um ins obere Blattwerk vordringen zu können. Die Sicherheit spielte in diesem Fall keine Rolle.

Es hätte mich gefreut,  wenn da über eine falsche Deutung berichtet worden sei, denn man braucht sich, bei Richtigstellungen, keinesfalls zu verkriechen.

19.02.2017